L 7 AS 348/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 8 (12) AS 64/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 348/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15.01.2010 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger auch im Berufungsverfahren zu tragen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 07.12.2005 bis zum 31.03.2006 streitig.

Die am 00.00.1971 geborene Klägerin zu 1) und der am 00.00.1966 geborene Kläger zu 2) sind Partner in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Sie leben in Bedarfsgemeinschaft mit dem 2002 geborenen Kläger zu 3) und dem 2005 geborenen Kläger zu 4). Für die Kläger zu 3) und 4) wurde im streitigen Zeitraum Kindergeld gewährt. Ein Antrag auf Kinderzuschlag vom 04.10.2005 lehnte die Familienkasse mit Bescheid vom 30.12.2005 mit der Begründung ab, das Einkommen und/oder Vermögen erreiche in den Monaten ab August 2005 bis fortlaufend nicht die Mindesteinkommensgrenze.

Der Kläger zu 2) übte nach eigenen Angaben ab Januar 1992 eine selbstständige Tätigkeit mit einer kurzen Unterbrechung im Jahre 1992 (Monate Mai bis August) ca. 14 Jahre aus. Nach der (in der Verwaltungsakte abgehefteten, nicht unterschriebenen) Gewerbeabmeldung vom 15.08.2005 erfolgte die Betriebsaufgabe zum 01.09.2005. Seit dem 03.03.2006 geht der Kläger zu 2) einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Die Auszahlung des Lohnes für Monat März 2006 erfolgte im April. Die Klägerin zu 1) nahm ab dem 01.05.2006 eine Beschäftigung als Bürokraft, die sie bereits vor dem Mutterschutz ausgeübt hatte, wieder auf. Die Kläger sind Eigentümer eines BMW 523i (Unfallwagen), Erstzulassung August 1998, sowie eines BMW 318, Baujahr 1997.

Am 07.12.2005 beantragten die Kläger bei der Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Zu diesem Zeitpunkt war die Aufnahme der Beschäftigung des Klägers zu 2) im März 2006 noch nicht voraussehbar. Im Antrag führten sie aus, der Kläger zu 2) sei aufgrund einer selbstständigen Tätigkeit von der Rentenversicherungspflicht befreit. Nach Mitteilung der E Lebensversicherung AG vom 19.08.2005 verfügte der Kläger zu 2) über eine Rentenversicherung mit einem Rückkaufswert zum Stichtag vom 01.09.2005 in Höhe von 3.886,93 Euro. Dem standen zum 01.09.2005 eingezahlte Beiträge in Höhe von 4.806,22 Euro gegenüber. Des Weiteren verfügte der Kläger zu 2) bei der W Lebensversicherung AG über eine Rentenversicherung mit einem Rückkaufswert zum 01.09.2005 in Höhe von 9.465,27 Euro (Schreiben vom 17.08.2005). Dem standen bis zum 01.09.2005 eingezahlte Beiträge in Höhe von 11.886,94 Euro gegenüber. Dieser Vertrag begann am 01.03.1992 und endet zum 01.10.2026. Die garantierte Altersrente ab 01.10.2026 wurde mit 193,63 Euro beziffert.

Mit Bescheid vom 27.01.2006 lehnte die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ab. Das Vermögen der Kläger überschreite mit einem Betrag von 6.566,12 Euro die Schonvermögensgrenze des § 12 Abs. 2 SGB II (a.F.). Dabei übersteige die Summe der Lebensversicherungen in Höhe von 16.939,40 Euro den Vermögensfreibetrag um 3.984,12 Euro. Auch der Wert der beiden Autos überschreite den Freibetrag um 2.582,00 Euro. Für jeden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gäbe es gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 2 SGB II einen Freibetrag für ein angemessenes Kraftfahrzeug in Höhe von 5.000,00 Euro. Nach dem Wertermittlungsprogramm der T-Versicherung betrage der Vermögenswert der beiden Autos insgesamt 12.582,00 Euro. Aus der dem Bescheid beigefügten Vermögensaufstellung geht hervor, dass die Beklagte für den BMW 318, Baujahr 1997 einen Betrag von 4.173,00 Euro und für den BMW 523i einen Betrag von 8.409,00 Euro zugrunde gelegt hat.

Zur Begründung des gegen den ablehnenden Bescheid eingelegten Widerspruchs führten die Kläger aus, eine Verwertung der beiden Renten- bzw. Lebensversicherungen des Klägers zu 2) sei unwirtschaftlich. Bei einer Verwertung könne jeweils ca. 20 % weniger erzielt werden als bislang an Beiträgen eingezahlt worden sei. Nach den Maßstäben der Arbeitslosenhilfe habe ein Verlust bis 10% als zumutbar gegolten. Damit seien die beiden Versicherungen nicht zu berücksichtigen. Der von der Beklagten zugrunde gelegte Kaufpreis für das Auto des Klägers zu 2) in Höhe von 8.409,00 Euro sei unrealistisch. Sie hätten im letzten Jahr bei einem Autohändler eine reale Wertschätzung des Wagens vornehmen lassen. Dabei sei ein Wert von 5.200,00 Euro herausgekommen, z.B. wegen der Schäden, die in der Idunaliste gar nicht vorkämen. Der Wagen sei vor fünf Jahren angeschafft worden, als der Kläger zu 2) mit regelmäßigem Einkommen voll erwerbstätig gewesen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2006 wies der Kreis T den Widerspruch der Kläger zurück. Unter Berücksichtigung der Freibeträge betrage das einzusetzende Vermögen insgesamt 5.890,57 Euro. Die Renten- bzw. Lebensversicherungen des Klägers seien nicht gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 6 Alternative 1 SGB II geschützt. Die Voraussetzungen für eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit oder einer besondere Härte seien nicht gegeben.

Dagegen haben die Kläger am 30.03.2006 beim Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben. Dabei wiederholen sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2006 zu verurteilen, ihnen für die Zeit vom 07.12.2005 bis zum 31.03.2006 Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzliche Bestimmungen zu gewähren, hilfsweise die Berufung zuzulassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Berufung zuzulassen.

Sie ist der Auffassung, die Kläger seien wegen ausreichenden und verwertbaren Vermögens nicht hilfebedürftig. Zum Zeitpunkt der Antragstellung hätten die Kläger über folgende Vermögenswerte verfügt:

B T N S L I I I

Sparbücher - 33,77 - 65,98 - 1.045,66 - 260,00
Investmentkonten - 570,70
2.247,72
Lebensversicherungen - 9.465,27 - 3.287,20
3.886,93
Girokonto - 226,00 - 298,00
KfZ - 8.409,00 - 4.101,00
davon geschützt - 5.000,00 - 4.101,00
zu berücksichtigen - 3.409,00 - 0,00
Summe - 17.020,97 - 6.469,60 - 1.045,66 - 260,00

Der Klägerin und dem Kläger zu 2) stehen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II jeweils ein Grundfreibetrag in Höhe von 200,00 Euro je vollendetem Lebensjahr, also 7.800,00 Euro (39 Jahre x 200,00 Euro) für den Kläger zu 2), 6.800,00 Euro für die Klägerin sowie ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von jeweils 750,00 Euro zu. Den minderjährigen Kindern stehe gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1a SGB II jeweils ein Grundfreibetrag in Höhe von 4.100,00 Euro zu. Daneben hätten sie ebenfalls einen Anspruch auf den Freibetrag von 750,00 Euro. Nicht ausgeschöpfte Freibeträge könnten auf den Partner übertragen werden. Somit sei der nicht ausgeschöpfte Freibetrag der Klägerin zu 1) in Höhe von 1.080,40 Euro (6.469,60 Euro - 7.550,00 Euro) auf den Kläger zu 2) zu übertragen. Von den Kindern könne lediglich der Freibetrag nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 SGB II für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750,00 Euro übertragen werden. Somit ergäbe sich folgendes verwertbares Vermögen:

Summe Vermögen 17.020,97 Euro
Gesamtfreibetrag 8.550,00 Euro

Einzusetzendes Vermögen 8.470,97 Euro

Abzüglich Überhang
T I - 1.080.40 Euro
Überhang N - 750,00 Euro
Überhang S - 750,00 Euro

Verwertbares Gesamtvermögen 5.890,57 Euro

Das bereinigte und einzusetzende Vermögen von insgesamt 5.890,57 Euro reiche aus, um den monatlichen Bedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.523,91 Euro sicherzustellen. Hinsichtlich des BMW des Klägers zu 2) gehe sie nunmehr von einem Verkehrswert in Höhe von 7.500,00 Euro aus.

Das SG hat mit Urteil vom 15.01.2010 unter Zulassung der Berufung die Beklagte verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 07.12.2005 bis zum 31.03.2006 Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Rentenversicherungen seien kein verwertbares Vermögen, weil deren Verwertung bei einem Verlust von 19,12 % bzw. von 20,37 % offensichtlich unwirtschaftlich sei.

Gegen das der Beklagten am 04.02.2010 zugestellte Urteil hat diese am 23.02.2010 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, die Kläger seien nicht hilfebedürftig, weil sie über verwertbares Vermögen oberhalb der Freibeträge des § 12 Abs. 2 SGB I verfügen würden. Die Verwertung der beiden Rentenversicherungen sei unter Berücksichtigung des Rückkaufswertes und der jeweils eingezahlten Beträge nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Bislang habe das BSG es vermieden, eine absolute Grenze für die offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung einer Lebensversicherung festzulegen. Allerdings sei den Entscheidungen zu entnehmen, dass bei einem Verlust von 18,5 % Zweifel an der Wirtschaftlichkeit bestehen können. Ihrer Auffassung nach könne bei Verlusten von ca. 20 % noch von keiner offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit ausgegangen werden. Eine besondere Härte sei ebenfalls nicht gegeben, weil der Kläger zu 2) im streitigen Zeitraum bei einem Alter von 39 Jahren und uneingeschränkter gesundheitlicher Leistungsfähigkeit noch hinreichend in der Lage sei, durch Erwerbstätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt das seinerzeit erreichte Niveau seiner Altersvorsorge zu verbessern. Zudem hätten die Kläger die Möglichkeit eines Verwertungsausschlusses im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II gehabt, um die Ansprüche aus den Rentenversicherungen zur Altersvorsorge abzusichern. Hiervor hätten sie bewusst keinen Gebrauch gemacht, weil der Kläger zu 2) nach eigener Aussage weiterhin flexibel sein wolle. Dann müsse er auch das Risiko tragen, seine Rentenversicherungen vor Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II zur Beseitigung seiner Hilfebedürftigkeit sowie der seiner Lebensgefährtin zunächst einsetzen zu müssen.

Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15.01.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sind der Auffassung, dass insbesondere die Verwertung der Rentenversicherung der W Lebensversicherung bei einem Verlust in Höhe von ca. 20 % offensichtlich unwirtschaftlich sei. Eine besondere Härte läge ebenfalls vor. Es sei zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 2) zum Zeitpunkt der Antragstellung keine Krankenversicherung gehabt habe, da es ihnen nicht möglich gewesen sei, die private Krankenversicherung aus den Einkünften zu bezahlen. Der Eintritt in einer gesetzlichen Krankenversicherung sei ebenfalls nicht möglich gewesen, weil der Kläger zu 2) weder Alg I noch Alg II bezogen habe. Bei einem Notfall hätten sie bei einem Verwertungsausschluss kein Geld zur Verfügung gehabt. Auch die laufenden monatlichen Kosten (Miete, Kindergartenbeitrag, GEZ usw.) seien weiter zu bestreiten gewesen. Ihre finanziellen Reserven, von denen sie bereits seit April 2005 gelebt haben, wären im Dezember 2005 erschöpft gewesen. Aus diesem Grunde hätten sie den Antrag auf Alg II am 07.12.2005 gestellt. Den streitigen Zeitraum hätten sie finanziell nur dadurch überbrücken können, weil ihnen der Großvater Geld geliehen habe. Im Übrigen sei ein Verwertungsausschluss der weiterhin bestehenden Rentenversicherungen auch nicht notwendig gewesen, weil ihrer Auffassung nach eine Verwertung bereits offensichtlich unwirtschaftlich gewesen sei.

Der Senat hat Auskünfte von der E Lebensversicherung Aktiengesellschaft und von der W Lebensversicherung AG eingeholt. Nach Auskunft der E Lebensversicherung AG vom 08.11.2010 hätte am 01.12.2005 der Auszahlbetrag 4.279,59 Euro (Leistung bei Rückkauf 4.354,18 Euro zuzüglich Überschussanteile 129,89 Euro abzüglich Kapitalertragssteuer 193,82 Euro abzüglich Solidaritätszuschlag 10,66 Euro) und am 01.01.2006 4.290,20 Euro betragen. Die eingezahlten Beiträge beliefen sich jeweils auf 4.857,35 Euro, da die Versicherung seit dem 01.10.2005 bis heute beitragsfrei gestellt sei. Nach Mitteilung der W Lebensversicherung vom 22.02.2011 haben die Rückkaufswerte einschließlich Gewinnanteile am 01.12.2005 9.712,67 Euro, am 01.01.2006 9.734,53 Euro und am 31.03.2006 9.799,89 Euro betragen. Ab dem 01.10.2005 bestehe die Rentenversicherung in beitragsfreier Form mit einer beitragsfreien monatlichen Altersrente in Höhe von 76,89 Euro. Der Rentenbeginn sei am 01.12.2026. Bis zum 01.10.2005 seien Beiträge in Höhe von 12.884,04 Euro entrichtet worden. Nach Vorhalt der Beklagten, dass im Schreiben vom 17.08.2005 die Summe (Stand 01.09.2005) mit 11.886,94 Euro (Stand 01.09.2005) angegeben worden sei und die Abweichung angesichts eines seinerzeit zu zahlenden Monatsbeitrags von 76,69 Euro nicht plausibel sei, hat die W Lebensversicherung in einer weiteren Auskunft vom 01.06.2011 die eingezahlten Beiträge weiterhin mit 12.884,04 Euro beziffert. Aufgrund der Beitragsfreistellung zum 01.10.2005 seien Gewinnanteile aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung in Höhe von 475,20 Euro fällig geworden. Einen Verwertungsausschluss habe der Kläger nicht vereinbart.

Der Kläger zu 2) hat eine Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung Westfalen vom 07.05.2011 zu den Akten gereicht, wonach die bislang erreichte Rentenanwartschaft nach heutigem Stand einer monatlichen Rente von 234,09 Euro entspräche. Sollten bis zur Regelaltersgrenze Beiträge wie im Durchschnitt der letzten fünf Kalenderjahre gezahlt werden, sei ohne Berücksichtigung von Rentenanpassungen von einer monatlichen Rente in Höhe von 744,47 Euro auszugehen. In diesem Zusammenhang haben die Kläger darauf hingewiesen, dass bei der Renteninformation der Zeitraum von März 2006 bis 31.12.2010, in dem der Kläger zu 2) bereits wieder Einkünfte hatte, mit in die Berechnung der Rente eingeflossen sei.

Unter der Annahme, dass eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit und/oder eine besondere Härte vorliegt, hat die Beklagte auf Nachfrage des Senats die Ansprüche der Kläger für die Zeit vom 07.12.2005 bis 31.03.2006 berechnet und mit einer Gesamtsumme in Höhe von 3.880,00 Euro beziffert.

Der Senat hat mit Beschluss vom 08.08.2012 unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.02.2010, B 4 AS 14/11 R) den Kreis T beigeladen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 07.12.2005 bis zum 31.03.2006 Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Kläger sind durch den angefochtenen Bescheid vom 27.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2006 gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist rechtswidrig. Die Kläger haben gegenüber der Beklagten für die Zeit vom 07.12.2005 bis zum 31.03.2006 einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Die Rentenversicherung des Klägers zu 2) bei der W-Lebensversicherung ist nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Die Verwertung dieser Rentenversicherung ist offensichtlich unwirtschaftlich. Darüber hinaus stellt die Verwertung der beiden Rentenversicherungen des Klägers zu 2) eine besondere Härte dar.

Streitgegenständlich bei einer vollständigen Leistungsversagung ist grundsätzlich die Zeit ab Antragstellung (07.12.2005) bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012, B 4 AS 99/11 R; BSG, Urteil vom 15.04.2008, B 14/7b AS 68/06 R). Durch die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung durch den Klägern zu 2) und der damit einhergehenden Erzielung von Einkommen (erste Auszahlung des Lohnes im April 2006) oberhalb des grundsicherungsrechtlichen Bedarfs ist jedoch, entsprechend dem Antrag der Kläger, lediglich die Zeit vom 07.12.2005 bis zum 31.03.2006 streitig.

Die Klägerin und der Kläger zu 2) erfüllen die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 SGB II in der für den streitigen Zeitraum maßgeblichen Fassung. Sie haben das 15. Lebensjahr vollendet, nicht jedoch das 65 Lebensjahr, sie sind erwerbsfähig und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie waren auch in der Zeit vom 07.12.2005 bis zum 31.03.2006 hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II. Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II (in der bis zum 31.03.2006 gültigen Fassung) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Diese Voraussetzungen liegen vor. Entgegen der Ansicht der Beklagten übersteigt das Vermögen der Kläger im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II nicht den Schonvermögensbetrag des § 12 Abs. 2 SGB II. Die Rentenversicherung des Klägers zu 2) bei der W Lebensversicherung AG ist gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 1 SGB II nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Ihre Verwertung ist offensichtlich unwirtschaftlich.

Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 1 SGB II sind Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist, als Vermögen nicht zu berücksichtigen. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit liegt vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht (BSG, Urteil vom 23.05.2012, B 14 AS 100/11 R; BSG, Urteil vom 22.03.2012, B 4 AS 99/11 R; BSG, Urteil vom 30.08.2010, B 4 AS 70/09 R; BSG, Urteil vom 15.04.2008, B 14/7b AS 68/06 R). Umgekehrt ist offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Verwertung ist auf das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers abzustellen. Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüber zu stellen. Der Substanzwert ist keine feste Größe, der sich nur aus dem Anschaffungswert ergibt. Es ist nach Vermögensgegenständen zu differenzieren (BSG, Urteil vom 23.05.2012, B 14 AS 100/11 R, Rn. 23 juris). Der Substanzwert ergibt sich bei einem Lebensversicherungsvertrag bzw. bei einer Rentenversicherung aus den eingezahlten Beiträgen und der Verkehrswert aus dem Rückkaufswert der Versicherung (BSG, Urteil vom 15.04.2008, B 14/7b AS 68/06 R, Rn. 34 juris; BSG, Urteil vom 06.09.2007, B 14/7b AS 66/06 R).

Welche Verlustgrenze zur offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit führt, ist in der bisherigen Rechtsprechung des BSG noch nicht im Einzelnen geklärt (vgl. insbesondere Urteil vom 23.11.2006, Az.: B 11b AS 17/06 R sowie Urteil vom 15.04.2008, B 14/7b AS 68/06 R, BSG; Urteil vom 15.04.2008, B 14 AS 27/07 R). Des Weiteren hat das BSG noch nicht abschließend dazu Stellung bezogen, ob bei der Ermittlung der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 1 SGB II allein das Verhältnis zwischen den eingezahlten Beiträgen und dem Rückkaufswert entscheidend ist oder ob weitere Faktoren in die Prüfung einbezogen werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008, B 14/7 b AS 68/06 R, Rn. 34 juris). Zugleich hat das BSG bezogen auf eine Lebensversicherung darauf hingewiesen, dass der Substanzwert einer Lebensversicherung nicht nur darin besteht, dass Beiträge einbezahlt wurden, sondern dass zugleich mit einer Lebensversicherung eine Chance bzw. Anwartschaft auf eine wesentlich höhere Gesamtsumme im Fall der Auszahlung bzw. der Rentenzahlung verbunden ist. Angesichts dessen hat es das BSG als zweifelhaft angesehen worden, ob ein Verlust von 18,5 % (bei rein isolierter Betrachtung des Verhältnisses von eingezahlten Beträgen und Rückkaufswert) noch im Bereich der Wirtschaftlichkeit liegt (vgl. Urteil BSG vom 15.04.2008, B 14 AS 27/07 R, Rn. 42 juris)

Nach diesen Grundsätzen ist die Verwertung der Rentenversicherung des Klägers zu 2) bei der W Lebensversicherung AG offensichtlich unwirtschaftlich. Zur Überzeugung des Senats stellt ein Verlust von über 20 % bei Verwertung einer Lebens- oder Rentenversicherung unter Zugrundelegung der eingezahlten Beiträge und des Rückkaufswertes eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II dar. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Rentenversicherung bei der W Lebensversicherung vor, nicht hingegen bei der Rentenversicherung der E Lebensversicherung AG. Dabei kann dahinstehen, ob bei der Ermittlung der Verlustgrenze weitere Faktoren, wie z. B. die (voraussichtliche) Dauer des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II, berücksichtigt werden müssen.

Die Grenze der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II ist nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, bei einem Verlust von 12,9 % bei der Verwertung einer Lebensversicherung noch nicht erreicht (BSG, Urteile vom 15.04.2008 - B 14 AS 27/07 R = juris Rn 42 und vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 66/06 R = juris Rn 23). Vorliegend hätte der Verlust bei einer Verwertung der Rentenversicherung bei der E Lebensversicherung AG im Dezember 2005 bei einem Auszahlbetrag 4.279,59 Euro -unter Zugrundelegung eines Rückkaufwerts der Rentenversicherung von 4.354,18 Euro zuzüglich Überschussanteile von 129,89 Euro abzüglich der Kapitalertragssteuer von 193,82 Euro und abzüglich des Solidaritätszuschlages von 10,66 Euro- und der bis zum 30.09.2005 eingezahlten Beiträge von 4.857,35 Euro ca. 12 % betragen.

Bei einer Verwertung der Rentenversicherung bei der W Lebensversicherung hätte sich der Verlust auf mindestens 20,3 % belaufen. Im streitigen Zeitraum sind Beiträge zur W Lebensversicherung in Höhe von 12.884,04 Euro eingezahlt worden. Die Höhe dieses Betrages hat die W Lebensversicherung im Schreiben vom 01.06.2011 auch nach nochmaliger Nachfrage durch den Senat bestätigt. Unter Zugrundelegung eines Rückkaufswertes zum 01.12.2005 in Höhe von 9.712,67 Euro, zum 01.01.2006 in Höhe von 9.734,53 Euro und am 31.03.2006 in Höhe von 9.799,89 Euro beläuft sich der Verlust zum 01.12.2005 auf rund 24,6 % und zum 31.03.2006 auf ca. 23,9 %. Selbst wenn die vor der Antragstellung der Kläger aufgrund der Beitragsfreistellung zum 01.10.2005 aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung fällig gewordenen Gewinnanteile in Höhe 475,20 Euro dem jeweiligen Rückkaufswert hinzuaddiert werden, ergibt sich ein Verlust von über 20 % (zum 01.12.2005 von ca. 21 %, zum 31.03.2006 in Höhe von ca. 20,3 %).

Da die Rentenversicherung bei der W Lebensversicherung nicht bei der Berechnung des Vermögens zu berücksichtigen war, unterschreitet das anzurechnende Vermögen die zu berücksichtigenden Freibeträge der Kläger. Eine Hilfebedürftigkeit der Kläger liegt vor. Der Beurteilung stehen auch nicht die Verkehrswerte der Kraftfahrzeuge der Kläger entgegen. Beide Kraftfahrzeuge waren nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob bezüglich des Kraftfahrzeuges des Klägers zu 2) der Betrag der Beklagten in Höhe von nunmehr 7.500,00 Euro oder der von den Klägern angegebene Betrag in Höhe von 5.200,00 Euro zugrunde zu legen ist. Denn nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 06.09.2007, B 14/7b AS 66/06 R, Rn. 16 juris) ist davon auszugehen, dass ein PKW, der einen Verkehrswert von 7.500,00 Euro nicht überschreitet, angemessen im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II ist. Zur Überzeugung des Senats übersteigt auch der Verkehrswert des Autos des Klägers zu 2) keinesfalls den Betrag von 7.500 Euro, weil es sich um einen Unfallwagen handelt.

Die Leistungsberechtigung der Kläger zu 3) und zu 4) ergibt sich aus § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. Danach erhalten nicht erwerbsfähige Angehörige, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, wie vorliegend, in einer Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches haben.

Darüber hinaus stellt zur Überzeugung des Senats die Verwertung der beiden Rentenversicherungen des Klägers zu 2) eine besondere Härte dar. Der Ausschlusstatbestand des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 2 SGB II greift zu seinen Gunsten ein. Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R m.w.N., Rn. 32 juris) handelt es sich bei dem im Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 2 SGB II verwandten Begriff "besondere Härte" um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Ob von einer besonderen Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6, Alternative 2 SGB II auszugehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebend sind dabei nur außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden. Demnach setzt § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II voraus, dass die Umstände dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ist nicht allein der Verlust der Altersvorsorge und dessen Zeitpunkt, sondern beides nur zusammen mit einer Versorgungslücke geeignet, eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II darzustellen. Es sind nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 23.05.2012, B 14 AS 100/11 R, Rn. 27 juris; BSG, Urteil vom 30.08.2010, B 4 AS 70/09 R, Rn. 20 juris; BSG Urteile vom 15.04.2008, B 14/7b AS 52/06 R, Rn. 32 juris und B 14 AS 27/07R, Rn. 45 juris). In den Gesetzesmaterialien wird für das Vorliegen eines Härtefalles im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 2 SGB II als Beispielsfall ausgeführt, dass eine solche Härte dann vorliege, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen müsse, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbstständiger Tätigkeit aufweise (BT-Drucks. 15/1749 Seite 32). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers im Beispielsfall kommt es nicht allein auf den Verlust der Altersvorsorge und dessen Zeitpunkt, sondern beides nur zusammen mit der Versorgungslücke an. Die Privilegierung einer Lebensversicherung im Rahmen des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 2 SGB II kommt nur in Betracht, wenn die Lebensversicherung tatsächlich zur Altersvorsorge bestimmt ist. Es ist erforderlich, dass der Hilfebedürftige das Vermögen nach Eintritt in den Ruhestand zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich verwenden will und eine der Bestimmung entsprechend Vermögensdisposition getroffen hat. Diese Disposition muss sicherstellen, dass der Zugriff auf das Vermögen vor dem Ruhestand erheblich erschwert wird (vgl. BSG Urteile vom 15.04.2008, B 14/7b AS 68/06 R, Rn. 32 juris und B 14 AS 27/07 R, Rn. 46 juris).

Eine besondere Härte liegt vor. Zwar hat der Kläger zu 2) bei der Antragsstellung im Dezember 2005 nicht kurz vor Renteneintritt gestanden, sondern erst das 39. Lebensjahr vollendet. Auch bestand bei Antragstellung am 07.12.2005 keine konkret begründete Aussicht für eine kurze Leistungs- bzw. Anspruchsdauer, die eine besondere Härte begründen kann (vgl. BSG Urteil vom 06.05.2010, B 14 AS 2/09 R, Rn 26 juris), weil die Aufnahme der Beschäftigung durch den Kläger zu 2) im März 2006 bei Antragstellung noch nicht voraussehbar war. Es besteht jedoch bei dem Kläger zu 2) eine atypische Erwerbsbiographie, die zu Lücken im Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung geführt hat So ergibt sich aus der Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung Westfalen vom 07.05.2011, dass die bisher erreichte Rentenanwartschaft sich lediglich auf 234,09 Euro beläuft. Zur Überzeugung des Senats sind die Rentenversicherungen auch tatsächlich zur Altersvorsorge bestimmt. Die Kläger wollten bzw. wollen das Vermögen nach Eintritt in den Ruhestand zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich verwenden. Hierfür spricht, dass die Rentenversicherungen auch weiterhin bestehen. Dass die Kläger keinen Verwertungsausschluss vereinbart haben, weil sie nach ihrem Vorbringen das Geld möglicherweise zum Lebensunterhalt benötigen würden, steht dem nicht entgegen. Zwar ist die Verwendung der Rentenversicherungen disponibel gehalten worden. Für das Absehen eines Verwertungsausschlusses lagen triftige Gründe vor. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 2) zum Zeitpunkt der Antragstellung keine Krankenversicherung hatte, da es den Klägern nicht möglich war, die private Krankenversicherung aus den Einkünften zu bezahlen. Der Eintritt in einer gesetzlichen Krankenversicherung war ebenfalls nicht möglich, weil der Kläger zu 2) weder Alg I noch Alg II bezogen hat. Bei einem Verwertungsausschluss hätten die Kläger bei einem Notfall kein Geld zur Verfügung gehabt. Auch waren die laufenden monatlichen Kosten (Miete, Kindergartenbeitrag, GEZ usw.) aufzubringen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass im Gegensatz zu abhängig Beschäftigten, die nach mehreren Berufsjahren arbeitslos werden und zunächst einen Anspruch auf Alg I haben, der Kläger zu 2) als selbstständig Tätiger bei Antragstellung sofort auf Leistungen nach dem SGB II zur Bestreitung seines Lebensunterhalts bzw. seiner Familie angewiesen ist. Damit hätten die Kläger auch eine kurze Arbeitslosigkeit (wie vorliegend) grundsätzlich nur aus eigenen Mitteln durch Verwertung von Vermögen überbrücken können, sofern ihnen Leistungen nach dem SGB II (rechtswidrig) vorenthalten werden. Bei Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses hätten den Klägern trotz finanzieller Notlage ab Dezember 2006 keine finanziellen Mittel zur Verfügung gestanden, da die finanziellen Reserven, von denen die Kläger bereits seit April 2005 gelebt haben, im Dezember 2005 erschöpft waren. Schließlich war zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Widerspruchsbehörde am 07.03.2006 das Ende der Arbeitslosigkeit des Klägers zu 2) abzusehen, weil dieser zuvor (03.03.2006) eine Beschäftigung aufgenommen hat. Nach alledem stellt die Verwertung der Rentenversicherungen eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 2 SGB II dar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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