L 1 KR 383/12 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 28 KR 1330/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 KR 383/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 04.06.2012 wird zurückgewiesen. 2. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

In der Hauptsache wendet sich der Kläger gegen die Versagung von Krankengeld (Krg) über den 17.07.2011 hinaus.

Der Kläger war bis zum 31.12.2010 als Arbeitnehmer in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bei der Beklagten pflichtversichert. In der Zeit vom 01.01.2011 bis 17.07.2011 bezog er laufend Krg, zuletzt aufgrund einer ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit (AU) bis Sonntag, 17.07.2011. Am Montag, 18.07.2011 suchte der Kläger seinen behandelnden Arzt auf und erhielt eine AU-Folgebescheinigung bis zum 31.07.2011.

Mit Bescheid vom 26.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2011 verneinte die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Krg über den 17.07.2011 hinaus, weil der Kläger am 18.07.2011 nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert gewesen sei. Der Kläger war daraufhin ab dem 18.07.2011 als Alg II-Bezieher pflichtversichert.

Mit der am 02.11.2011 erhobenen Klage verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf Krg weiter und trägt vor, der Kläger sei frühestmöglich, nämlich am Montag nach Ablauf der AU am Wochenende, zum Arzt gegangen. Dieser habe eine Folgebescheinigung ausgestellt, so dass der Kläger durchgehend AU gewesen sei. Der behandelnde Arzt sei zu einer früheren Bescheinigung der AU nicht bereit gewesen. Die Beklagte habe zudem das ihr zustehende Ermessen nicht ausgeübt.

Den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H, I, hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 04.06.2012, dem Kläger zugestellt am 28.06.2012, abgelehnt, weil die AU des Klägers nicht fortlaufend bescheinigt worden und er deshalb nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert gewesen sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers vom 05.07.2012.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts.

Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 117 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint und hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Für die Bejahung der hinreichenden Erfolgsaussicht genügt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Antrags eine nicht ganz entfernt liegende Möglichkeit des Obsiegens besteht (BVerfG vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88, BVerfG 81, 347; BVerfG vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07, NJW 2008 Seite 1060; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage § 73 a Rd. 7 a; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschluss vom 02.04.2012 - L 1 KR 63/12 B; Beschluss vom 08.11.2010 - L 1 B 1/09 BK).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bietet die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts mangels Erfolgsaussicht der Klage verneint, denn dem Kläger steht über den 17.07.2011 hinaus kein Krg zu.

Gemäß § 44 Abs. 1 SGB V haben "Versicherte" Anspruch auf Krg, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Dabei ist für den geltend gemachten Krg-Anspruch an den jeweils in Betracht kommenden Entstehenstatbestand anzuknüpfen. Das bei Entstehen eines Krg-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als Versicherter Anspruch auf Krg hat (vgl BSG, SozR 4-2500 § 48 Nr 4 RdNr 9; SozR 4-2500 § 192 Nr 4 RdNr 13; SozR 4-2500 § 44 Nr 14 RdNr 12; SozR 4-2500 § 44 Nr 12 RdNr 13; SozR 4-2500 § 46 Nr 2 RdNr 12; BSG Urteil vom 26.6.2007 - B 1 KR 2/07 R, juris RdNr 12; SozR 4-2500 § 47 Nr 6, RdNr 10). Bei fortdauernder AU, aber abschnittsweiser Krg-Bewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig zu prüfen (BSG, stRspr, vgl zB SozR 4-2500 § 44 Nr 12 RdNr 16 mwN; SozR 4-2500 § 44 Nr 6, RdNr 24). Ermessen steht der Beklagten bei dieser Prüfung nicht zu.

Der Kläger war, als er am 18.07.2011 seinen Arzt aufsuchte, um die Fortdauer seiner AU feststellen zu lassen, nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert. Das die Mitgliedschaft in einer Krankenkasse vermittelnde Versicherungsverhältnis des Klägers endete mit dem Ablauf des Tages, an dem auch sein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endete (§ 190 Abs 2 SGB V), also des 31.12.2011. In einem solchen Fall besteht die durch die Beschäftigtenversicherung begründete Mitgliedschaft (nur) unter den Voraussetzungen des § 192 SGB V fort. Sie bleibt nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V u.a. erhalten, solange Anspruch auf Krg besteht (vgl auch BSG, SozR 4-2500 § 44 Nr 12 RdNr 16; BSG, Beschluss vom 16.12.2003 - B 1 KR 24/02 B - juris RdNr 7). § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V verweist damit auf die Vorschriften über den Krg-Anspruch, die ihrerseits voraussetzen, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krg vorliegt. Nach § 46 S 1 SGB V entsteht der Anspruch auf Krg von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der AU folgt. Wird Krg wegen ärztlich festgestellter AU begehrt, ist für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der AU folgt (BSG, SozR 4-2500 § 46 Nr 2 RdNr 11). Um diesen Anforderungen zu entsprechen, reicht es aus, wenn Versicherte am letzten Tage des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krg alle Voraussetzungen erfüllen, um spätestens mit Beendigung des Ablaufs dieses Tages - und damit zugleich mit Beginn des nächsten Tages - einen Krg-Anspruch entstehen zu lassen. Für die Aufrechterhaltung des Krg-Anspruchs aus der Beschäftigtenversicherung ist es demnach erforderlich, aber auch ausreichend, dass die AU vor Ablauf des Krg-Bewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird (BSG, SozR 4-2500 § 44 Nr 12 RdNr 16 mwN; SozR 4-2500 § 46 Nr 1, RdNr 17; SozR 4-2500 § 44 Nr 6, RdNr 24). Der Kläger musste also vor Ablauf des letzten Abschnitts der Krg-Bewilligung seine AU erneut ärztlich feststellen lassen, um seine aus dem Beschäftigungsverhältnis resultierende Mitgliedschaft als Pflichtversicherter mit Krg-Anspruch zu erhalten. Dies geschah hier nicht. Es genügt nicht, wenn die Feststellung - wie hier - erst am Tag nach dem Ablauf der festgestellten AU erfolgt, auch wenn es sich hierbei um einen Montag handelt (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2007, B 1 KR 2/07 R).

Anhaltspunkte für einen Sachverhalt, bei dem die AU-Feststellung für einen weiteren Bewilligungsabschnitt ausnahmsweise - rückwirkend auf den letzten Tag des abgelaufenen Krg-Bezugs - hätte nachgeholt werden können (vgl zu in den Verantwortungsbereich der KK fallenden Hinderungsgründen BSG SozR 4-2500 § 46 Nr 1, RdNr 18 ff; zur Notwendigkeit, solche Gründe innerhalb der Frist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V vorzutragen vgl. BSG, aaO, RdNr 22) ergeben sich aus dem Sachverhalt nicht. Die erneute Pflichtmitgliedschaft des Klägers als Leistungsbezieher nach dem SGB II ab 18.07.2011 begründete keinen neuen Krg-Anspruch (§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V).

Die demnach zu verneinende Erfolgsaussicht der Klage kann auch nicht deshalb bejaht werden, weil zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrags am 22.11.2011 die dem Kläger zur Verdeutlichung der Rechtslage übersandte Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 10.05.2012 (B 1 KR 19/11 R) noch nicht ergangen war. Denn die hier zu entscheidenden Rechtsfragen sind nicht, wie der Kläger meint, erst durch dieses Urteil geklärt worden. Es fasst insoweit vielmehr nur die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zusammen, wie sie schon seit langem besteht (vgl. dazu die jeweiligen Rechtsprechungshinweise).

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved