L 11 AS 783/12 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 17 AS 692/12 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 783/12 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Positive Feststellung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.09.2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.



Gründe:


I.
Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Nach einem Umzug von A-Stadt nach B-Stadt beantragte die Antragstellerin (ASt) am 06.10.2010 beim Antragsgegner (Ag) Alg II für sich und ihren 1996 geborenen Sohn P. A. (PS). Mit dem Antrag wurde u.a. auch ein Mietvertrag vom 08.07.2010 bezüglich der Anmietung einer 3-Zimmer-Wohnung vorgelegt. Mit dem Vermieter, Herr K. N ... (N.), hatte die ASt eine gemeinsame Tochter, die im März 2010 verstarb. Er ist auch Vater des am 08.03.2011 geborenen, gemeinsamen Sohn P. N ... (PN).

Der Ag beauftragte darauf den Außendienst mit den Ermittlungen der Wohnverhältnisse der ASt. Sie habe angegeben mit N. nicht liiert zu sein, sondern lediglich eine abgeschlossene Wohnung im gleichen Haus zu bewohnen. In seinem Bericht vom 06.12.2010 hielt der Außendienstmitarbeiter fest, das Haus sei in mehrere Wohnungen aufgeteilt. An einem der Briefkästen sei der Name "B. A." angebracht; ein Türschild mit dem Namen der ASt fehle. Man habe zunächst nur PS in der Wohnung des N. angetroffen. Auch bei einem Anruf beim Anschluss von N. habe sich PS gemeldet. Bei einem weiteren Besuch habe man festgestellt, dass zwischenzeitlich eine Klingel mit "A." angebracht worden sei, geöffnet habe aber niemand. Auf ein Klingeln bei N. habe die ASt geöffnet. Sie habe angegeben, N. seit 2006 zu kennen. Wegen der erneuten Schwangerschaft von N. sei sie nach B-Stadt umgezogen und bewohne seitdem dessen Wohnung. Auch ihre Zahnbürste und Kleidung würden sich dort befinden. In der Erdgeschosswohnung (EG-Wohnung) befänden sich ihre Möbel aus der alten Wohnung sowie Kleidungsstücke. Wegen einiger Mängel werde sie noch nicht bewohnt. Dort seien auch Umzugskartons zum Teil noch nicht ausgepackt. PS habe sein Zimmer in der EG-Wohnung, halte sich wegen des Fernsehers aber meist in der Wohnung von N. auf. Die ASt sei während des Gesprächs mehrmals in die Küche der Wohnung von N. gegangen, wo sie Essen gekocht habe. Nach der Inaugenscheinnahme der EG-Wohnung sei nur das Kinderzimmer von PS bewohnbar, während die weiteren Räume mit Umzugskartons und Möbelteilen verstellt gewesen seien. Mittig in der Wohnung sei ein Arbeitszimmer/Büro eingerichtet, wo sich auch Ordner mit dem aufgedruckten Namen "N." befunden hätten. Die ASt habe abschließend geäußert, sie verzichte wegen der noch nicht bezugsfertigen Wohnung auf eine Mietzahlung durch den Ag.

Im Weiteren gab die ASt gegenüber dem Ag an, sie koche derzeit in der Küche "ihres Freundes", da ihr Cerankochfeld kaputtgegangen sei. Sie lebe weder in einer Wirtschafts- noch in einer Haushaltsgemeinschaft mit N ... Sie verfüge über eine eigene Wohnung, in der sie auch lebe. Wegen der bestehenden Risikoschwangerschaft habe sie ihre Umzugskartons noch nicht ausgeräumt. Sie müsse auch alle ihre Kosten (Unterkunftskosten, Versicherungen, Kosten für PS, Autokosten, Nahrungsmittel, Hygieneartikel, etc.) tragen. Sie legte zudem Kontoauszüge über Mietzahlungen für September und Oktober 2010 und weitere Kontoauszüge für die Zeit vom 05.08.2010 bis 05.11.2010 vor.

Mit Bescheid vom 30.12.2010 lehnte der Ag eine Leistungsgewährung ab. Die Indizien für das Bestehen einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft mit N. seien nicht widerlegt und auch keine Nachweise über dessen Einkommen und Vermögen vorgelegt worden. Es sei deshalb von ausreichendem Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes auszugehen. Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch trug die ASt vor, der Umzug sei nur deshalb erfolgt, damit das Kind seinen Vater öfter sehen könne. Sie wohne in der abgeschlossenen EG-Wohnung. Zuvor habe sie N. versichern müssen, dass sie alle ihre und PS´s Kosten selbst trage. Sie müsse sich ständig bei einer Freundin Geld leihen. Der Ag wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2011 zurück. Über die dagegen beim Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobene Klage (Az: S 17 AS 184/11) ist bislang nicht entschieden.

Am 21.09.2011 erschien in der Fränkischen Zeitung eine Geburtsanzeige von PN, worin u.a. vermeldet wird, er wohne mit "Mami A. und Papi K. N ..." in B-Stadt. Weitere Ermittlungen des Ag ergaben, dass die ASt zeitweise Verfügungsberechtigung über verschiedene Konten des N. hatte. Hierzu wies die ASt darauf hin, die Konten seien nur im Hinblick auf eine Kreditaufnahme eröffnet und zwischenzeitlich wieder aufgelöst worden. Anschreiben des Ag an N., Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse ab 01.10.2010 zu geben, blieben in der Sache unbeantwortet. Hinsichtlich eines insofern erlassenen Bußgeldbescheides gegen N. wurde dieser mit Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 06.06.2012 freigesprochen, weil der Vorwurf der Ordnungswidrigkeit nicht mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachzuweisen sei. Aus den in diesem Verfahren vorgelegten Betriebskostenabrechnungen des Jahres 2011 ergibt sich ein Warmwasserverbrauch für die EG-Wohnung von 7,708 m³, die Wohnungen im 1. OG von insgesamt 17,198 m³ und für die von N. bewohnte Dachgeschosswohnung (DG-Wohnung) von 12,345 m³. Der Stromabschlag für N. beträgt danach 99,00 EUR monatlich und für die ASt 86,00 EUR monatlich. Diesbezüglich verwies N. auf den höheren Stromverbrauch durch seine Aquarien.

Nach einem weiteren Hausbesuch bei der ASt am 20.08.2012 vermerkte der Ag, auf das Klingeln bei der ASt habe niemand geöffnet. Als man bei N. geklingelt habe, habe sich dieser über die Türsprechanlage gemeldet und sei zwei bis drei Minuten später zur Tür des Hauses gekommen. Dort habe er erklärte, er müsse niemanden in die Wohnung lassen. Die ASt wolle wegen ihrer psychischen Verfassung voraussichtlich niemanden sprechen. N. habe dann auf Nachfragen erklärt, er kümmere sich abends um den PN und habe "die Pflegschaft" für die ASt beantragt. Sie leide unter Weichteilrheuma und könne manchmal am Morgen die Finger und Hände nur eingeschränkt bewegen. Er müsse deshalb auch manchmal PN morgens wickeln und versorgen. Er und die ASt seien ein Paar, lebten aber nicht zusammen.

Am 10.07.2012 hat die ASt beim SG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sie verfüge über keinerlei Einkommen. Nach dem Freispruch durch das Amtsgericht B-Stadt stünden einer Leistungsgewährung nun keine Hindernisse mehr entgegen.

Das SG hat im Rahmen eines Erörterungstermins die ASt befragt und die Zeugen N., J. N. (Vater des N.), C. H. (Eigentümerin der Wohnung 1. OG), W. T. (Nachbar) und G. G. (Nachbar) vernommen und mit Beschluss vom 19.09.2012 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die ASt bilde mit N. eine Bedarfsgemeinschaft, da beide in einem gemeinsamen Haushalt im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft leben würden. Sie würden sich seit 2006 kennen, hätten miteinander zwei Kinder gehabt und lebten in einer auf Ausschließlichkeit angelegten Partnerschaft. N. erbringe auch Pflegeleistungen für die ASt, soweit sie diese benötige. Die Raumverteilung im Haus des N. und die Ergebnisse aus dem ersten Hausbesuch im Dezember 2010 hätten ergeben, dass die ASt und N. zusammen mit PN grundsätzlich die DG-Wohnung bewohnen, während die EG-Wohnung allenfalls als Rückzugsraum für die ASt und hauptsächlich als Lebensraum für den mittlerweile sechzehnjährigen PS diene. Im Hinblick auf die Rheumaerkrankung der ASt sei nicht davon auszugehen, dass sie sich freiwillig mit der unbequemeren Variante einer Ausziehcouch im Vergleich zum Doppelbett im Dachgeschoss begnügen würde. Auch ein Kellerlagerraum werde gemeinsam benutzt. Für das Zusammenleben sprächen zudem die Feststellungen zum Warmwasserverbrauch und die Stromrechnungen. Beim Hausbesuch am 04.12.2010 habe die ASt angegeben, sie wohne wegen der mangelnden Bezugsfertigkeit der EG-Wohnung mit in der DG-Wohnung. Auch habe sie - anders als N. - eingeräumt, sie schlafe dort, wenn PN gelegentlich im Kinderzimmer der DG-Wohnung schlafe. Bei der Beweiswürdigung sei insofern zu berücksichtigen, dass die ASt am 20.08.2012 den Ermittler des Ag nicht in ihre Wohnung gelassen habe. Hinzu kämen die Hilfestellungen des N. bei der morgentlichen Toilette der ASt, teilweise gemeinsame Mahlzeiten und das Kochen der ASt in der Wohnung des N. beim ersten Hausbesuch. Ein getrenntes Wirtschaften sei auch nicht glaubhaft. So verzichte die ASt einerseits gegenüber dem Außendienst auf die Übernahme der Unterkunftskosten, andererseits würden wohl pro forma Mietüberweisungen ausgeführt. Ungereimtheiten würden sich im Hinblick auf Unterhaltszahlungen für die bereits verstorbene gemeinsame Tochter M. A. ergeben. Weiter spreche zu Lasten der ASt der Anbau eines Wintergartens an die EG-Wohnung durch N ... Dass N. der ASt seine Aquarien geschenkt habe, wirke eher so, als es beiden nicht darauf ankomme, in welcher Wohnung die Aquarien stünden. Zudem trage N. die Kosten für Telefon- und Internetanschluss. Gegen ein getrenntes Wirtschaften würden die Kontoflüsse und die Angaben der ASt im Erstantrag im Zusammenhang mit der anschließenden Rücknahme des Antrages bezüglich der Kosten der Unterkunft sprechen. Unglaubwürdig sei es, dass eine Freundin ihr finanziell nicht nur punktuell ausgeholfen habe, sondern mittlerweile über mehrere Jahre. So sei auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erst im Juli 2012 nicht nachvollziehbar. Zu der Frage des Einkaufens hätten die ASt und N. widersprechende Angaben gemacht, was gegen ihre Glaubwürdigkeit sprechen würde. Im Hinblick auf ein Zusammenleben als Partner für länger als ein Jahr, das gemeinsame Kind im Haushalt und die Versorgung eines weiteren Kindes im Haushalt seien drei gesetzliche Vermutungstatbestände iSv § 7 Abs 3a SGB II erfüllt. Im Hinblick auf die Vollzeitbeschäftigung von N. und dessen Mieteinnahmen sei davon auszugehen, dass dessen Einkommen zur Deckung des Bedarfs der Bedarfsgemeinschaft ausreiche. Zudem trage die ASt die Beweislast für ihre Hilfebedürftigkeit. Die Einstandspflicht des N. gelte auch für Partnerkinder.

Dagegen hat die ASt Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren beantragt. Sie habe niemals angegeben, nicht mit N. liiert zu sein. Man führe eine Beziehung, jeweils aber mit eigenem Hausstand. Ein Namensschild mit "B. A." habe es nicht gegeben, vielmehr nur ein solches mit "A.". Es sei unzutreffend, dass sie seit ihrem Umzug in der Wohnung des N. gewohnt habe und sich ihre Zahnbürste und Kleidung dort befänden. Sie habe sofort nach dem Umzug mit PS in der EG-Wohnung gewohnt. PS sei nur ab und zu zum Fernsehen in die Wohnung des N. gegangen. Es sei unzutreffend, dass N. auf Mietzahlungen verzichtet habe. So habe sie seit September 2010 ihre Miete gezahlt. Bei den mit "N." beschrifteten Ordnern handele es sich um Unterlagen bezüglich PN und der Wohnung. Es liege keine Bedarfsgemeinschaft vor. Sie würden in verschiedenen Wohnungen und unterschiedlichen Haushalten leben. Jeder versorge sich selbst. Sie gehe seit einigen Monaten zur Tafel, um sich und ihre Kinder mit Lebensmitteln zu versorgen. Über den Kindesunterhalt hinaus könne N. keine Leistungen erbringen, da er nicht über genügend Einkünfte verfüge. Der geringe Wasserverbrauch ergebe sich daher, dass Sie sparsam mit Wasser umgehe. Der hohe Wasser- und Stromverbrauch von N. ergebe sich aus seinen Aquarien. Die andere Bewohnerin putze, dusche und bade sehr oft.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Ag und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig (§§ 172 Abs 1, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ist § 86b Abs 2 Satz 2 SGG.

Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn den ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 - BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 - BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl, Rn 652).

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den die ASt ihr Begehren stützen - voraus. Die Angaben hierzu haben die ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Aufl, § 86b Rn 41).

Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927 und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO).

Ein Anordnungsgrund ist vorliegend nicht gegeben. Der ASt steht kein Anspruch auf Alg II zu.

Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II Personen, die hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr 1), aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen (Nr 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs 1 SGB II). Gemäß § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Wer zur Bedarfsgemeinschaft gehört, ergibt sich dabei aus § 7 Abs 2 Satz 1 SGB II. Das sind die Personen, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Nach § 7 Abs 3 Nr 3c iVm Abs 3a SGB II (in der ab 01.08.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 - BGBl I S 1706) gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammen lebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner (Nr 1) länger als ein Jahr zusammenleben, (Nr 2) mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, (Nr 3) Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder (Nr 4) befugt sind, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen.

Der Gesetzgeber hat durch die Einfügung des § 7 Abs 3a SGB II die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Indizien für den Bestand einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aufgegriffen und hieraus eine gesetzliche Vermutung entwickelt, wobei im Grundsatz die Kriterien aus der bisherigen Rechtsprechung für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft fortgelten, modifiziert lediglich um die Voraussetzung, dass es sich bei der Partnerschaft nicht (mehr) um eine Partnerschaft von Mann und Frau handeln muss (vgl Spellbrink in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, § 7 Rn 44). Der Begriff der eheähnlichen bzw. partnerschaftlichen Gemeinschaft ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Dem Leistungsträger ist daher kein Ermessen bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen eingeräumt. Die Auslegung durch den Leistungsträger unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Eine Partnerschaft in diesem Sinne ist die Verbindung zweier Personen, wenn sie auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt (vgl dazu auch BSG, Urteil vom 23.08.2012 - B 4 AS 34/12 R - juris) und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, also über die Beziehung einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht (vgl BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - juris; BSG, Urteil vom 29.04.1998 - B 7 AL 56/97 R - juris).

Ob eine Partnerschaft vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung von Hinweistatsachen zu beurteilen. Solche - nicht abschließend aufzählbaren (vgl LSG Essen, Beschluss vom 21.04.2005 - L 9 B 6/05 SO ER - juris) - Indizien können sich u.a. aus der Dauer des Zusammenlebens ergeben. Zur Beurteilung, wann eine derartige Beziehung als dauerhaft verfestigt bewertet werden kann, bot sich aus Sicht des Bundessozialgerichts eine Orientierung an den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches an, die - gewissermaßen für den umgekehrten Fall - das Scheitern einer Ehe erst nach dreijähriger Trennung unwiderlegbar vermuten; dies lege nahe, diesen Gedanken insoweit nutzbar zu machen, als erst eine dreijährige Dauer der Beziehung genügende Ernsthaftigkeit und Kontinuität bezeugt (vgl zum Ganzen: BSG, Urteil vom 29.04.1998 - B 7 AL 56/97 R - juris). Hierbei ist aber nicht davon auszugehen, dass die Dreijahresgrenze im Sinne einer absoluten zeitlichen Mindestvoraussetzung zu verstehen ist, unterhalb derer das Vorliegen einer Partnerschaft immer und in jedem Fall verneint werden müsse (vgl dazu LSG Essen aaO; Spellbrink aaO Rn 47; BayLSG, Urteil vom 19.10.2005 - L 10 AL 352/04 - juris). Vielmehr kann eine dauerhafte Beziehung bereits ab dem ersten Tag des Zusammenlebens vorliegen. Nach dreijährigem Zusammenleben hingegen dürften ohne gegenteilige Anhaltspunkte keine Zweifel mehr an der Dauerhaftigkeit bestehen. Dies schlägt sich auch in der ab 01.08.2006 getroffenen Neuregelung der Vorschritt nieder, die bereits bei einem einjährigen Zusammenleben von einer solchen Gemeinschaft ausgeht. Ebenso kann auch die Dauer und Intensität der Bekanntschaft vor der Gründung der Wohngemeinschaft, der Anlass des Zusammenziehens, die Versorgung und Erziehung gemeinsamer Kinder oder sonstiger Angehöriger im gemeinsamen Haushalt oder die Pflege des bedürftigen anderen Partners, die das Zusammenleben prägt, zu berücksichtigen sein (vgl Urteil des Senats vom 16.10.2008 - L 11 AS 368/07 - juris - mwN). Weitere Hinweistatsachen können sich aus der Ausgestaltung des Mietverhältnisses oder der Art des (räumlichen) Zusammenlebens ergeben, wobei das bloße Zusammenleben unter derselben Meldeadresse regelmäßig nicht zur Annahme einer Partnerschaft genügt (vgl BVerfG, Beschluss vom 02.09.2004 - 1 BvR 1962/04 - juris). So spricht das Nichtvorhandensein einer eigenen Intimsphäre innerhalb der Wohnung oder die gemeinsame Nutzung mehrerer Räume, insbesondere eines Schlafzimmers, für eine innere Bindung, wobei jedoch auch getrennte Wohn- oder Schlafbereiche nicht zwangsläufig zur Ablehnung der Annahme einer Partnerschaft führen wird. Auch der Frage, ob und inwieweit die Partner gemeinsam wirtschaften, ob etwa die Befugnis besteht, über Einkommen und Vermögen des jeweils anderen zu verfügen (dazu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.01.2006 - L 7 AS 5532/05 ER-B - juris), oder ob gar ein gemeinsames Konto besteht, kann Bedeutung zukommen. So stellt das Vorhandensein eines gemeinsamen Kontos zwar ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer Partnerschaft dar, dessen Fehlen schließt eine solche jedoch nicht aus. Die Annahme einer Partnerschaft setzt hingegen nicht voraus, dass zwischen den Partnern geschlechtliche Beziehungen bestehen (vgl BSG, Urteil vom 29.04.1998 - aaO unter Hinweis auf BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - juris). Sind solche jedoch - ohne dass Ermittlungen durch den Leistungsträger in diese Richtung vorzunehmen sind (vgl hierzu: BVerfG, Beschluss vom 17.11.1992 aaO) - bekannt und damit verwertbar, so kann auch dies Indiz für eine enge innere Bindung sein. Ein "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" iSv § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II erfordert das Bestehen einer "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft". Mithin bedarf es neben einem Zusammenleben auch einem "Wirtschaften aus einem Topf". Dies bedeutet, dass die Partner in "einer Wohnung" zusammenleben und die Haushaltsführung an sich sowie das Bestreiten der Kosten des Haushalts gemeinschaftlich durch beide erfolgen müssen (vgl BSG, Urteil vom 23.08.2012 - B 4 AS 34/12 R).

Das SG hat zur Ermittlung der Hinweissachen Zeugen vernommen und deren Aussagen sowie die Darlegungen der ASt ausführlich und umfassend gewürdigt. Es ist zu dem Schluss gekommen, dass von einem gemeinsamen "Wirtschaften aus einem Topf" der ASt und N. auszugehen sei und eine Haushaltsgemeinschaft vorliege. Im Hinblick auf die Vermutungstatbestände des § 7 Abs 3a SGB II liege eine Bedarfsgemeinschaft zwischen beiden vor. Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG insoweit an und sieht von einer Darstellung der Begründung ab, § 142 Abs 2 Satz 3 SGG.

Ergänzend ist auszuführen, dass das SG in der Begründung seiner Entscheidung nicht auf die Frage der angeblichen Angabe der ASt zu Beginn, sie sei mit N. "nicht liiert" und auf die Beschriftung des Klingelschildes abgestellt hat. Soweit insofern die Vermerke des Ag im Tatbestand angegeben wurden, ist dies unerheblich. In jedem Fall wird von der ASt aber insofern auch das Leben in einer Beziehung mit N. uneingeschränkt eingeräumt. Für eine Partnerschaft sprechen zudem das gemeinsame Verbringen von Weihnachten oder Geburtstagen sowie das gemeinsame Grillen mit den Eltern des N ... Im Hinblick auf die Wohnsituation hat das SG zutreffend darauf verwiesen, dass von einem funktionellen Zusammenleben in beiden Wohnungen auszugehen ist. Nicht entscheidend ist damit, in welcher Wohnung sich wann einer der Beiden aufgehalten hat. Aus der Einvernahme der ASt vor dem SG wird aber deutlich, dass sie die Wohnung im Erdgeschoss als "Ausweichmöglichkeit" ansieht, wenn ihr "etwas auf den Keks geht". Dies stellt aber einen Unterschied zu zwei strikt getrennten Wohnungen mit zwei getrennten Haushallten dar. Soweit die ASt mit ihrer Beschwerde vorträgt, PS sei lediglich ab und zu zum Fernsehen in der Wohnung des N. gewesen, ist anzumerken, dass es zum einen nicht ungewöhnlich erscheint, wenn PS überwiegend sein eigenes Zimmer in der EG-Wohnung nutzt, ohne dass ein Bezug zu N. dadurch abgesprochen werden könnte, zum anderen ist nach dem Bericht über die Hausbesuche 2010 festgehalten, dass PS sowohl an das Telefon in N.´s Wohnung gegangen ist als auch beim Hausbesuch auf das Klingeln bei N. die Tür geöffnet hat. Ob die ASt gegenüber dem Mitarbeiter des Ag beim Hausbesuch 2010 erklärt hat, sie verzichte einstweilen auf Mietzahlungen durch den Ag kann dahinstehen. Insofern hat das SG auf den Scheincharakter der entsprechenden Mietüberweisungen der ASt an N. hingewiesen. Zudem war die Zahlung des Mietzinses wohl auch Voraussetzungen für die Beantragung und den - zumindest zeitweisen - Bezug von Wohngeld. Davon, dass sich die ASt und N. jeweils selbst versorgen, kann nicht ausgegangen werden. So ist unstreitig, dass N. die ASt im Hinblick auf deren Rheuma-Erkrankung pflegerisch unterstützt. Auch gemeinsame Einkäufe hat die ASt eingeräumt. Im Übrigen fällt insoweit anhand der in den Akten befindlichen Kontoauszügen (05.08.2010 bis 05.11.2010 und 24.02.2012 bis 20.07.2012) auf, dass dort keinerlei Abbuchungen für Lebensmitteleinkäufe oder Einkäufe von anderen Haushaltsgegenständen und Hygieneartikeln verbucht sind. Auch Barabhebungen sind nach den Auszügen nicht erfolgt. Dies spricht ebenfalls dafür, dass gemeinsame Einkäufe - jedenfalls teilweise - von N. bezahlt werden. Nach den Angaben in der Beschwerdeschrift geht die ASt erst seit einigen Monaten zur Tafel, weshalb dies keine Erklärung für die oben genannten Zeiträume ist. Zutreffend hat das SG auch darauf verwiesen, dass es nicht glaubhaft erscheint, eine Freundin habe die Klägerin über mehr als zwei Jahre finanziell unterstützt. Hierzu ist in der Beschwerdeschrift nichts vorgebracht worden. Schließlich zeigen die zeitweise eingeräumten Kontovollmachten, dass - wenn auch nur im Hinblick auf etwaige Darlehen - ein gegenseitiges Vertrauen in finanziellen Dingen vorhanden ist.

Im Hinblick auf die insofern anzunehmende Bedarfsgemeinschaft der ASt mit ihren Söhnen und N. fehlt es an einer Hilfebedürftigkeit der ASt, da das Einkommen und Vermögen des N. zu berücksichtigen ist. Anhaltspunkte dafür, N. verfüge über kein ausreichendes Einkommen, gibt es nicht. Weder er noch die ASt haben darüber Auskunft erteilt. Eine Unaufklärbarkeit würde dabei aber letztlich zulasten der ASt gehen, da sie den Anspruch auf Alg II geltend macht. Soweit das Amtsgericht B-Stadt im Ordnungswidrigkeitenverfahren N. frei gesprochen hat, ist dies unerheblich, da in dem dortigen Verfahren ein anderer Prüfungsmaßstab - das Amtsgericht ging seinerzeit davon aus, die Tat sei nicht mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachzuweisen - anzulegen ist und eine Bindung der Sozialgerichte an die Entscheidung des Amtsgerichts nicht besteht. Schließlich ergibt sich aus dem zeitlichen Verlauf des Falles nichts anderes. Erst nach mehr als 20 Monaten seit dem Umzug in den Bereich des Ag und der Beantragung von Alg II hat die ASt einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Auch dies spricht dafür, dass die Bedarfsgemeinschaft ihren Bedarf selbst decken kann.

Die Beschwerde hat somit keinen Erfolg und ist abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Die Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen. Aus den oben dargelegten Gründen fehlt es an der notwendigen hinreichenden Erfolgsaussicht der Beschwerde.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved