L 4 AS 73/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 11 AS 2677/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 73/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. &8195;

Tatbestand:

Strittig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung verpflichtet ist und ob diese andernfalls durch Verwaltungsakt ersetzt werden kann.

Am 30. März 2010 forderte der Beklagte den am XXXXX1989 geborenen, erwerbsfähigen und im laufenden Leistungsbezug stehenden Kläger auf, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, die ihn u.a. verpflichten sollte, monatlich mindestens acht Bewerbungsbemühungen nachzuweisen.

Diese Eingliederungsvereinbarung reichte der Kläger dann am 10. April 2010 an den Beklagten zurück, vermerkte jedoch handschriftlich hierauf, dass er die Unterschrift unter der Eingliederungsvereinbarung nur unter Protest, mithin nicht freiwillig leiste und sich Schadensersatzansprüche vorbehalte.

Der Beklagte bewertete diesen handschriftlichen Zusatz als nicht unterschriebene, und damit nicht zustande gekommene Eingliederungsvereinbarung und erließ mit Bescheid vom 21. April 2010 eine der ursprünglichen Eingliederungsvereinbarung wortgleiche Eingliederungsvereinbarung für den Zeitraum vom 21. April 2010 bis 31. Juli 2010 durch Verwaltungsakt.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und verwies inhaltlich auf seinen Widerspruch vom 4. Dezember 2009. Er machte verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich des Abschlusses von Eingliederungsvereinbarung bzw. deren Ersetzung durch Verwaltungsakt geltend und sah insbesondere einen Verstoß gegen Artikel 1, 2 und 12 Grundgesetz (GG). Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass eine wirksame Eingliederungsvereinbarung nicht zustande gekommen sei. Zwar habe der Kläger die ihm überreichte Eingliederungsvereinbarung unterschrieben und zurückgereicht, jedoch deren Regelungsgehalt durch den handschriftlichen Zusatz derart verändert, dass eine übereinstimmende Willenserklärung zwischen dem Kläger und dem Beklagten nicht zustande gekommen sei. Ein wichtiger Grund für die Weigerung, die Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, habe nicht bestanden. Daher seien die betreffenden Regelungen per Verwaltungsakt zu erlassen gewesen.

Mit seiner Klage vom 22. Juli 2010 verfolgte der Kläger seinen Anspruch weiter. Aus mehreren Gründen sei er nicht in der Lage, einer Eingliederungsvereinbarung zuzustimmen; im Übrigen müsse er sich diese auch nicht per Verwaltungsakt aufzwingen lassen. Es handele sich dabei nicht um Vereinbarungen, sondern um Vorstellungen und Anordnungen seiner Sachbearbeiterin. Das verfassungsrechtlich geschützte Gut der freien Entfaltung der Persönlichkeit nach Artikel 2 GG, die Freiheit der Berufswahl nach Artikel 12 GG und auch das Grundrecht auf Freizügigkeit nach Artikel 11 GG seien beeinträchtigt. Auch in der Rechtsfolgenbelehrung mit Leistungskürzungen bis zur völligen Versagung sehe er sich in seinen verfassungsmäßigen Grundrechten beeinträchtigt.

Mit Gerichtsbescheid vom 24. Januar 2012 wurde die Klage vom Sozialgericht Hamburg abgewiesen. Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage sei mittlerweile unzulässig geworden, da sich der Bescheid vom 21. April 2010 durch Zeitablauf erledigt habe. Ein gegebenenfalls geltend gemachter Fortsetzungsfeststellungsanspruch sei jedenfalls unbegründet. Der Beklagte sei gemäß § 15 Abs. 1 Satz 6 Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II) berechtigt gewesen, die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt zu ersetzen, da nach dem gegebenen Sachverhalt davon auszugehen sei, dass eine einvernehmliche Vereinbarung nicht zustande gekommen sei. Im Übrigen lägen auch keine Anhaltspunkte vor, dass die inhaltliche Ausgestaltung gegen geltendes Recht verstoße. Gegen die durch Verwaltungsakt geregelte Eingliederungsvereinbarung bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. So liege insbesondere kein Verstoß gegen sein Grundrecht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (Art. 2 GG), auf freie Berufswahl (Art. 12 GG) und auf Freizügigkeit (Art. 11GG) vor.

Dagegen hat der Kläger am 23. Januar 2012 Berufung eingelegt und erneut die bereits genannten Grundrechtsbeeinträchtigungen eingewendet. So seien die Gestaltungsmöglichkeiten der Leistungsempfänger gering und die Sachbearbeiter des Beklagten würden den Inhalt der Vereinbarung im Wesentlichen festlegen. Erwerbslose und Erwerbstätige würden letztlich gezwungen, "schlechte" Arbeitsverträge abzuschließen und der Niedriglohnsektor würde wachsen. Auch die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften werde untergraben und die wirtschaftliche Zwangslage der Betroffenen ausgenützt. Eingliederungsvereinbarungen hätten Disziplinierungscharakter und verstießen gegen das Übereinkommen (Nr. 105) der IOA über die Abschaffung der Zwangsarbeit. Daneben enthalte jede Eingliederungsvereinbarung die Pflicht des permanenten Aufenthalts am angegebenen Wohnort, was gegen das Grundrecht auf Freizügigkeit verstoße.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Januar 2012 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 21. April 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2010 rechtswidrig ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich der Beklagte auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils. Im Übrigen läge kein Feststellungsinteresse vor, da der Kläger die Möglichkeit habe, Widerspruch gegen den Eingliederungsverwaltungsakt einzulegen, der zwar keine aufschiebende Wirkung entfalte, insoweit könne der Kläger jedoch im Wege des gerichtlichen Eilrechtsschutzes seine Rechte weiterverfolgen.

Mit Beschluss vom 31. Juli 2012 wurde das Verfahren nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Berichterstatterin übertragen, die zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2012, die Prozessakte und die beigezogene Leistungsakte des Beklagten verwiesen. &8195;

Entscheidungsgründe:

Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, dass der Bescheid vom 21. April 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2012 rechtswidrig war, da der Beklagte zu Recht die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt erlassen hat. Insoweit wird zunächst auf die Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwiesen.

Unstreitig hat sich der streitgegenständliche Verwaltungsakt mit dem Ablauf seiner Gültigkeit am 31. Juli 2010 erledigt, da er aktuell keine rechtliche Beschwer mehr für den Kläger enthält. Damit ist die ursprünglich erhobene Anfechtungsklage unzulässig geworden. Der Kläger kann jedoch in diesem Fall zulässigerweise seine Klage umstellen und nun im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage einen Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides weiterverfolgen.

Zusätzlich zu den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen, die hier vorliegen, setzt die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG voraus, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes hat. Insoweit genügt ein durch die Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein kann (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 10. Aufl., § 131 Rn. 10a mit weiteren Nachweisen). Dieses notwendige Interesse liegt hier vor, da der Kläger in diesem Verfahren klären lassen will, ob der Beklagte grundsätzlich eine Eingliederungsvereinbarung auch ohne Mitwirkung des Betroffenen erlassen kann (vgl. BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 13/09 R). Die Klärung dieser Frage verliert nicht mit dem Auslaufen der Gültigkeitsdauer der Eingliederungsvereinbarung an Bedeutung, da der Kläger grundsätzlich auch zukünftig solange er im Leistungsbezug des Beklagten steht mit entsprechenden Eingliederungsvereinbarungen rechnen muss. Da im Regelfall innerhalb der Gültigkeitsdauer einer Eingliederungsvereinbarung nicht mit einer gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zu rechnen ist, hat der Kläger nur die Möglichkeit diese Überprüfung im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage zu erreichen. Der Kläger kann auch nicht darauf verwiesen werden, sich gegebenenfalls gegen Sanktionsbescheide, die bei Nichtbeachtung der Regelungen der Eingliederungsvereinbarung zu erwarten sind, mit den entsprechenden Rechtsbehelfen zu wenden, da er insoweit Gefahr läuft, seinen Leistungsanspruch zu verlieren, wenn die getroffenen Regelungen nicht zu beanstanden sind. Dies gilt insbesondere deshalb, da der Kläger hier im Wesentlichen grundsätzliche Einwände gegen den Eingliederungsverwaltungsakt und seine Regelungen vorträgt, die auch für künftige Eingliederungsvereinbarungen von Bedeutung sind.

Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da der Bescheid vom 21. April 2010 materiell-rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II soll eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Einigung nicht zustande kommt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger hat zwar die Eingliederungsvereinbarung zunächst unterschrieben, aber gleichzeitig hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er mit den Regelungen nicht einverstanden ist. Um Unklarheiten zu vermeiden, hat der Beklagte aus diesem Grund zu Recht die Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen. Der Grundsicherungsträger trifft insoweit eine nicht justiziable Opportunitätsentscheidung, welchen Weg er zur Erfüllung des Ziels der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wählt (so BSG, Urteil vom 22.9.2009. a.a.O.,juris-Rn. 13 ff). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung grundsätzlich eher im Interesse des Grundsicherungsträgers als im Interesse des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen liegt, da die Nichterfüllung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung eng mit Sanktionsmöglichkeiten verknüpft sind. Der Leistungsempfänger hingegen besitzt seinen Leistungsanspruch unabhängig vom Bestehen einer Eingliederungsvereinbarung. Im Übrigen hat der Leistungsberechtigte die Möglichkeit, die gesetzlich vorgesehenen Eingliederungsleistungen, die er für seine Eingliederung in Arbeit für notwendig und sinnvoll hält, konkret zu beantragen und ist auch insoweit nicht darauf angewiesen, im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung einvernehmliche Regelungen mit dem Grundsicherungsträger zu treffen. Über diese Anträge hat der Grundsicherungsträger dann mit Verwaltungsakt zu entscheiden, der wiederum anfechtbar ist. Damit sind auch für den Fall fehlender Verhandlungen vor Abschluss oder Erlass einer Eingliederungsvereinbarung keine unmittelbaren Nachteile für den Leistungsempfänger verbunden.

Damit liegt hier auch kein Verstoß gegen die grundgesetzlich garantierte Vertragsfreiheit (Art. 2 Grundgesetz –GG) vor, was der Kläger moniert, da er gerade nicht gezwungen ist, eine einvernehmliche Regelung mit dem Grundsicherungsträger zu treffen. Ergeht dann, wie hier, die Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt, hat der Kläger die Möglichkeit, die getroffenen Regelungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Insoweit liegt ein anfechtbarer belastender Verwaltungsakt vor; ein Eingriff in die Vertragsfreiheit des Klägers ist damit nicht verbunden.

Es ist auch nicht erkennbar, das der Eingliederungsverwaltungsakt die freie Berufswahl (Art. 12 GG) des Klägers einschränkt. Dies gilt sowohl für die in Ziffer 2 der Eingliederungsvereinbarung enthaltene Pflicht, wöchentlich mindestens 2 Bewerbungen nachzuweisen, als auch für die weitere Verpflichtung, sich zeitnah auf Vermittlungsvorschläge zu bewerben und die damit verbundene Sanktionsandrohung im Falle eines Verstoßes.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach § 2 SGB II gehalten ist, alle Maßnahmen zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Diesem Ziel dienen die oben genannten Verpflichtungen. Auch die Verknüpfung eines Verstoßes gegen die genannten Verpflichtungen mit zu erwartenden Sanktionen im Leistungsbereich, ist nicht zu beanstanden. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts an, das bereits zu den entsprechenden Vorschriften des Bundessozialhilfegesetz (BSHG) festgestellt hat, dass die Regelungen über gemeinnützige Arbeit in § 19 Abs. 2 BSHG und über den Verlust des Anspruchs auf Sozialhilfe bei Weigerung, zumutbare Arbeit zu leisten, mit höherrangigem Recht vereinbar seien; insbesondere stünden sie nicht in Widerspruch zu Art. 12 Abs. 2 und 3 GG und zu den Regelungen des Gesetzes betreffend das Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisationen vom 28.06.1930 über Zwangs- oder Pflichtarbeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.02.1979, Az.: 5 B 114/78).

&8195; So heißt es in der genannten Entscheidung:

"Die Bundesrepublik Deutschland hat die Durchführung des Übereinkommens durch Art. 12 Abs. 2 und 3 GG verwirklicht; im Verhältnis zu diesen über den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes stehenden Verfassungsnormen hat das Übereinkommen keine weiterreichende Bedeutung. Durch BVerwGE 11, 252 ist aber geklärt, daß gegen die erwähnten Verfassungsnormen nicht verstoßen wird, wenn die Leistung von Sozialhilfe von der Leistung zumutbarer Arbeit seitens des Hilfesuchenden abhängig gemacht werden darf. Zwar ist diese Entscheidung noch in Anwendung des § 19 der Verordnung über die Fürsorgepflicht vom 13. Februar 1924 ergangen. Das dort Gesagte hat aber ohne weiteres für die Nachfolgevorschriften des Bundessozialhilfegesetzes zu gelten. Auch sie widerstreiten weder dem Verbot des Arbeitszwanges (Art. 12 Abs. 2 Satz 1 GG) noch dem der Zwangsarbeit (Art. 12 Abs. 3 GG); denn auch sie sind nicht auf die Erzwingung einer Arbeit oder die Leistung von Zwangsarbeit gerichtet, sondern überlassen es dem Betroffenen, ob er ihm angebotene gemeinnützige (zusätzliche) Arbeiten leisten will. Auch § 25 Abs. 1 BSHG regelt nur die Folge, die sich aus der Ablehnung solcher angebotenen Arbeit ergeben kann. Diese Folge besteht in dem Verlust des Rechtsanspruchs auf die Hilfe zum Lebensunterhalt, ohne daß der Hilfesuchende aus der Betreuung des Trägers der Sozialhilfe entlassen ist. § 25 BSHG ist überdies – was der Kläger offenbar übersieht – keine Sanktionsnorm, sondern im Gesamtsystem der Sozialhilfe eine der vielfältigen Hilfenormen, deren Sinn und Zweck es ist, den Hilfeempfänger (Hilfesuchenden) letzten Endes von der Sozialhilfe unabhängig zu machen (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 BSHG). Auch dies ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (siehe besonders BVerwGE 29, 99 (104/105)). Soweit die Anwendung dieser Vorschrift einen "Zwang" bewirkt, ist dieser kein anderer als derjenige, der von dem das Sozialhilferecht beherrschenden Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 BSHG) allgemein ausgeht und der sich auch in einem anderen Sozialleistungsbereich vergleichbar ausgedrückt findet, nämlich in § 100 Abs. 1 in Verbindung mit § 103 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes vom 25. Juni 1969 (BGBl. I S. 582). Danach ist für den Anspruch auf Arbeitslosengeld unter anderem Voraussetzung, daß der Arbeitslose zur Verfügung steht; das bedeutet, daß er bereit ist, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die er ausüben kann. Jedermann muß nach Maßgabe seiner Kräfte wenigstens dann zur Beschaffung seines notwendigen Lebensunterhalts arbeiten, wenn er andernfalls der Allgemeinheit zur Last fiele. Die Inanspruchnahme der Freiheit ohne jene Rücksichtnahme auf die Gemeinschaft wäre ein Mißbrauch, der wegen der Sozialbindung der Grundrechte keinen Grundrechtsschutz genösse (Bachof in Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, Bd. III/1, S. 155 (257)). "

Für die entsprechenden Vorschriften des SGB II, die die diesbezüglichen Regelungen des BSHG für erwerbsfähige Leistungsberechtigte abgelöst haben, gilt nichts anderes.

Auch die im Eingliederungsverwaltungsakt enthaltenen Ausführungen zur Ortsanwesenheit beeinträchtigen den Kläger nicht in seinem Grundrecht auf Freizügigkeit (Art. 11 GG). Dies gilt insbesondere, da die Eingliederungsvereinbarung hierzu keine eigenständige Verpflichtung enthält, sondern lediglich Erläuterungen zu dem in § 7 Abs. 4a SGB II geregelte Leistungsausschluss für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die sich ohne Zustimmung des zuständigen Trägers außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufhalten und deshalb nicht für die Eingliederung zur Verfügung stehen. Der gesetzlich geregelte Leistungsausschluss bei ungenehmigter Ortsabwesenheit ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und ist mithin hier auch nicht auf seine Verfassungsmäßigkeit hin zu überprüfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.

Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, da kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr.1 oder Nr. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Saved