L 5 AS 21/09

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 15 AS 893/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 21/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Mai 2005 höhere Leistungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Der 1956 geborene Kläger zu 1. und die 1962 geborene Klägerin zu 2. sind verheiratet und Eltern der 2002 geborenen Klägerin zu 3. und eines volljährigen, seinerzeit in H. wohnenden Sohns. Der Kläger zu 1. hatte bis 28. April 2003 Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) bezogen. Für die Klägerin zu 3. und den Sohn wurde Kindergeld gezahlt.

Die Klägerin zu 2. war Eigentümerin eines Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 126 m² und einer Grundstücksgröße von 362 m² in R. Der Verkehrswert war mit 125.000 EUR beziffert. Die Beheizung und Warmwasserbereitung erfolgten mittels Ölheizung. Die Klägerin zu 2. hatte im August 1998 zur Bewohnbarmachung einen Kredit in Höhe von 245.000 DM aufgenommen. Diesen hatte die kreditgebende Bank am 10. Februar 2003 gekündigt und zum 28. Februar 2003 einen Rückzahlungsbetrag von 146.331,63 EUR fällig gestellt. Gleichzeitig war die Zwangsversteigerung eingeleitet worden. Am 31. Dezember 2004 war noch ein Betrag von 143.718,57 EUR offen. Die Bank erhob Verzugszinsen in Höhe von 2,5 % über dem Basiszinssatz (3,63 % im September 2004, 3,71% ab Januar 2005). Zwischen September und November 2004 waren vom örtlichen Sozialhilfeträger 245,57 EUR/Monat an die Bank gezahlt worden. Nach ihren schriftlichen Angaben leisteten die Kläger ab 2005 keine Zahlungen mehr an die Bank. Sie verließen das Haus im Jahr 2010; es ist mittlerweile verkauft worden.

Für das Eigenheim fielen im streitigen Zeitraum folgende Aufwendungen an:

( nachfolgender Absatz im Original als Tabelle dargestellt )

- Grundsteuer im März 18,36 EUR und Mai 18,36 EUR
- Abfall im Febr. 45,45 EUR und Mai 30,30 EUR
- Schornsteinfeger im März 55,09 EUR
- Trinkwasser im Jan. 39,00 EUR und März 39,00 EUR
- Abwasser im Jan. 58,00 EUR und März 58,00 EUR
- Heizöl im Jan. 262,52 EUR, im Feb. 147,54 EUR, im März 181,64 EUR

Gesamtkosten: 1.030,56 EUR
(Jan. 359,52 EUR, Febr. 192,99 EUR, März 352,09 EUR, Mai 48,66 EUR)

In ihrem Leistungsantrag vom 13. Dezember 2004 gaben die Kläger an, die Betriebskosten des Eigenheims beliefen sich auf 167,78 EUR/Monat. Für Schuldzinsen seien monatlich 606,21 EUR zu leisten.

Der Beklagte bewilligte zunächst mit Bescheid vom 14. Januar 2005 für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Mai 2005 593,66 EUR/Monat. Er legte KdU in Höhe von 76,66 EUR zu Grunde. Mit Änderungsbescheid vom 25. Februar 2005 bewilligte der Beklagte für Januar 2005 Leistungen in Höhe von 856,18 EUR und für die Folgemonate in Höhe von 717,66 EUR/Monat. Als KdU berücksichtigte er im Januar 2005 339,18 EUR und ab Februar 2005 wieder 76,66 EUR/Monat. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 3. Juni 2005 bewilligte der Beklagte für Januar 2005 nur noch 628,99 EUR und für die übrigen Monate 752,09 EUR/Monat. Als KdU seien die tatsächlichen Nebenkosten in Höhe von 111,09 EUR anzuerkennen. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 18. Oktober 2005 berücksichtigte der Beklagte - bei unveränderten KdU - einen befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II. Die Leistungshöhe betrug nun für Januar 679,99 EUR, für Februar bis März 2005 803,99 EUR, für April 2005 799,69 EUR und für Mai 2005 752,99 EUR.

Im streitigen Zeitraum leistete der Beklagte ferner insgesamt 592,45 EUR in Form von Gutscheinen für Winterbefeuerungsbeihilfe (Bescheide vom 17. Januar 2005 (263 EUR), 21. Februar 2005 (148 EUR), 3. März 2005 (182 EUR)) Unter dem 20. April 2005 wurde ein Restbetrag von 0,75 EUR als Zuschuss bewilligt.

Während des laufenden Widerspruchsverfahrens teilte die kreditgebende Bank dem Beklagten telefonisch am 30. Juni 2005 mit, dass eine Minderung der Restschuld nicht zu einer Rücknahme der Zwangsversteigerung führen würde und der Wohnraum auf keinen Fall erhalten werden könne.

Der Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2005 zurück. Der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft betrage monatlich 906,09 EUR (Regelleistung und Sozialgeld, KdU 111,09 EUR für die Betriebskosten). Die als Schadensersatz berechnete Zinsforderung der kreditgebenden Bank könne nicht berücksichtigt werden. Verzugs- und Darlehenszinsen sicherten zwar die Nutzung der Unterkunft und könnten daher dem Grunde nach als KdU anerkannt werden. Jedoch würde die Minderung der Restschuld nicht zur Zurücknahme der Zwangsversteigerung führen. Die Unterkunft sei demnach durch Übernahme der Verzugszinsen nicht mehr zu sichern und deren Übernahme somit nicht möglich. Der Grundsicherungsanspruch betrage im Januar 2005 628,09 EUR und in den übrigen Monaten 752,09 EUR/Monat.

Dagegen hat zunächst nur der Kläger zu 1. am 22. November 2005 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben. Im Verlauf des Verfahrens ist eine Vollmacht der Kläger zu 2. und 3. vorgelegt worden. Sie haben vorgetragen, die Kausalität der Verzugszinsen mit den Herstellungskosten des Hauses sei durch die Vertragskündigung nicht unterbrochen worden. Sollten die Verzugszinsen unangemessen sein, bestünde ein Anspruch auf angemessene Wohnungskosten. Mit einer Zwangsversteigerung sei wegen des zu erwartenden niedrigen Erlöses nicht zu rechnen. Auch Sinn und Zweck von § 22 Abs. 1 SGB II sprächen für die Berücksichtigung der Verzugszinsen. Vor der Darlehenskündigung wären die Schuldzinsen im Rahmen der Sozialhilfe als KdU anzurechnen gewesen. Es seien regelmäßige Aufwendungen für die mit dem Eigentum unmittelbar verbundenen Lasten (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1987, 5 C 36/85). Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits beantragt, ihnen unter Abänderung der entgegenstehenden Bescheide Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung der Verzugszinsen, hilfsweise Kosten Unterkunft in angemessener Höhe, zu gewähren.

Der Beklagte hat ausgeführt, der Einzelfallentscheidung des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 12. Dezember 2003 (13 B 4970/03) könne nicht gefolgt werden. Der Vermögensschutz des selbstbewohnten Eigenheims führe nicht dazu, dass alle mit dem Erhalt verbundenen Kosten auf unbestimmte Zeit zu berücksichtigen seien. Bei den Verzugszinsen handele es sich nicht um eine Gegenleistung für ein Wohnrecht.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 6. November 2008 abgewiesen. Die Kläger hätten den Streitgegenstand wirksam auf die KdU beschränkt. Sie hätten jedoch keinen Anspruch auf höhere KdU als 111,09 EUR/Monat. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft lägen insgesamt unter den berücksichtigten KdU. Soweit der Beklagte für einzelne Monate zu wenig KdU bewilligt habe, führe dies nicht zu einem Zahlungsanspruch. Denn er habe in den Monaten davor zuviel KdU geleistet, so dass dieser Betrag bei der Konkretisierung des Monatsbedarfs anzurechnen sei. Der Beklagte habe insoweit den Erstattungsanspruch bereits in den Vormonaten erfüllt. Die Verzugszinsen seien nicht zu übernehmen. Sie seien ein pauschalierter Mindestschadensersatz. Als Unterkunftskosten kämen hingegen nur die vertraglich geschuldeten Zinsen in Betracht. Die Bank habe als Schadensausgleich Anspruch auf Verzugszinsen, die schon ihrer Bestimmung nach keine Aufwendungen für die Unterkunft seien. Es bestehe auch kein Anspruch auf angemessene KdU in der Mietern zu gewährenden Höhe.

Gegen das ihnen am 10. Dezember 2008 zugestellte Urteil haben die Kläger am 12. Januar 2009, einem Montag, Berufung eingelegt. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen haben sie ausgeführt: § 22 Abs. 1 SGB II verlange nicht, dass die Wohnung auf Dauer gesichert werden könne. Ausreichend sei die Sicherung der augenblicklichen Wohnbedürfnisse. Hier handele es sich zumindest um absehbare Wohnbedürfnisse, da nicht feststehe, ob und wann sie das Haus verlassen müssten. Sowohl Mieter als auch Bewohner eines Einfamilienhauses könnten ebenfalls jederzeit ausziehen. Die Miete müsse auch übernommen werden, nachdem ein Mietvertrag gekündigt sei. Dies gelte ebenso für Lasten eines Einfamilienhauses nach dessen Veräußerung bis zum Zeitpunkt des Auszugs. Erforderlich sei lediglich eine Kausalität zwischen den Zinsen und der Wohnungsnutzung. Die Verzugszinsen seien auch keine gesetzlichen, sondern vertragliche Zinsen.

Die Kläger haben auf die Aufforderung, weitere Unterlagen vorzulegen (Belege für Zahlungen an die Bank ab Kündigung des Kreditvertrags bis Ende 2005, Höhe von Zinssatz und Restschuld im Zeitraum Januar bis Mai 2005, Schriftverkehr über die Einleitung der Zwangsversteigerung und ggf. deren Durchführung sowie Mitteilung von Aktenzeichen und zuständigem Gericht, Vereinbarung mit der kreditgebenden Bank über die Aussetzung der Zwangsversteigerung bei Zahlung von Verzugszinsen) nicht reagiert.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 29. Juni 2012 hat der Kläger zu 1. angegeben, im Jahr 2005 seien Verzugszinsen gezahlt worden. Es hätte auch eine Vereinbarung mit der Bank gegeben, wonach bei Zahlung der Verzugszinsen von einer Zwangsvollstreckung abgesehen werde. Den Klägern ist aufgegeben worden, Nachweise für diese Vereinbarung vorzulegen. In der Folgezeit haben die Kläger lediglich mitgeteilt, aus der Zwangsversteigerungsakte 3 K 14/03 des Amtsgerichts K. ergäben sich keine Hinweise zu den aufgeworfenen Fragen.

Unter dem 28. September 2012 sind die Kläger unter Hinweis auf § 106a Abs. 2, 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgefordert worden, die Anfragen des Senats innerhalb von drei Wochen nach Zugang des Schreibens zu beantworten. Der Bevollmächtigte der Kläger hat am 2. November 2012 mitgeteilt, von diesen keine weiteren Unterlagen oder Informationen erhalten zu haben.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 6. November 2008 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 14. Januar 2005 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 25. Februar 2005, 3. Juni 2005 und 18. Oktober 2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Oktober 2005 abzuändern und diesen zu verurteilen, ihnen für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Mai 2005 höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung von Verzugszinsen, hilfsweise in angemessener Höhe, zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten des Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Berufung der Kläger ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG erhoben worden. Die Monatsfrist zur Einlegung der Berufung begann am Tag nach der Zustellung des Urteils am 10. Dezember 2008. Da der 10. Januar 2009 ein Samstag war, endete die Frist gemäß § 64 Abs. 2 und 3 SGG am 12. Januar 2009.

Die Berufung ist auch statthaft i.S.v. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG in der ab dem 1. April 2008 geltenden Fassung. Danach bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Die Kläger begehren die Übernahme von weiteren KdU unter Berücksichtigung von Verzugszinsen in Höhe von 442,65 EUR/ Monat (5.311,84 EUR: 12) für fünf Monate. Der Wert des Beschwerdegegenstands überschreitet im Betrag von 750 EUR.

2. Zu Recht hat das Sozialgericht alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft als Kläger in das Klageverfahren einbezogen, obwohl die Klage am 22. November 2005 allein im Namen des Klägers zu 1. erhoben worden ist. Für eine bis zum 30. Juni 2007 dauernde Übergangszeit waren Anträge in Gerichtsverfahren, die eine Bedarfsgemeinschaft betreffen, besonders großzügig auszulegen. Im Zweifel war von Anträgen aller Bedarfsgemeinschaftsmitglieder, vertreten durch eines ihrer Mitglieder auszugehen (BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 8/06 R). Erkennbar ging es den Klägern von Anfang an um höhere Leistungen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft.

3. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind die den Klägern im streitigen Zeitraum zustehenden KdU einschließlich der Heizungskosten, welche nicht isoliert bestandskräftig werden können (BSG, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R (10)). Die Kläger haben bereits im sozialgerichtlichen Verfahren ihre Ansprüche auf die Bewilligung höherer KdU beschränkt und dies auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt.

Daher hatte der Senat nicht zu prüfen, ob die Berechnung des Gesamthilfebedarfs, die bedarfsmindernde Anrechnung von Kindergeld und die Berechnung des befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen haben (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 60/07 R (12)). Ebenso wenig ist zu prüfen, ob ein Anspruch auf ein Darlehen für die Verzugszins- und die Zahlungsforderung der Bank gemäß § 22 Abs. 5 SGB II bestanden hätte. Denn ein solches haben die Kläger nicht beantragt (BSG, Urteil vom 19. August 2010, B 14 AS 47/09 R (11)).

II. Die Berufung ist unbegründet, da die Kläger keinen Anspruch auf höhere KdU als die bereits bewilligten Leistungen im streitigen Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Mai 2005 haben. Vielmehr sind bereits mehr KdU bewilligt worden als ihnen zugestanden hätten. Die angefochtenen Bescheide sowie das Urteil des Sozialgerichts sind rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Die Kläger waren dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.

Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten sind nach § 7 in der ab dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung Abs.1 SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Die Kläger zu 1. und 2. waren im entsprechenden Alter, hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und waren erwerbsfähig. Die Klägerin zu 3. hatte als nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige Anspruch auf Sozialgeld nach § 28 Abs. 1 SGB II. Über zumutbar einzusetzendes Vermögen verfügten die Kläger nicht.

2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf höhere KdU, insbesondere nicht für die geltend gemachten Verzugszinsen.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit ist anhand der Wohnraumgröße und des Wohnraumstandards zu ermitteln (vgl. grundlegend BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 18/08 R, Rn. 16 ff.).

a. Die der kreditgebenden Bank geschuldeten Verzugszinsen in Höhe von 3,71% pro Jahr auf den Betrag von 143.718,57 EUR (Stand 31. Dezember 2004) sind keine KdU i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II.

Zu den Unterkunftskosten für das selbstgenutzte Eigenheim zählen auch die Schuldzinsen für ein Immobiliendarlehen (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/11b AS 67/06 R (25)). Dabei spielt keine Rolle, ob es sich um Schuldzinsen aus Darlehen für die Bebauung des Hausgrundstücks oder - wie hier - zur Sanierung oder Modernisierung eines bereits im Eigentum des Darlehensnehmers befindlichen Eigenheims vor dessen Erstbezug handelt (so auch: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. Mai 2008, L 2 B 94/07 AS ER). Zu berücksichtigen sind jedoch nur die vertraglich geschuldeten Zinsen gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB (so auch: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, a.a.O.; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Mai 2012, L 13 AS 3212/11, juris). Dies folgt schon aus dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck von § 22 Abs. 1 SGB II und dem systematischen Zusammenhang mit § 22 Abs. 5 SGB II. Nur die tatsächlich für die Unterkunft aufgebrachten Aufwendungen können als KdU anerkannt werden. Nichts anderes ergibt sich aus dem von den Klägern zitierten Urteil des BVerwG vom 7. Mai 1987. In dem dort entschiedenen Fall ging es um eine Bedürftigkeitsprüfung unter Berücksichtigung von Zinsen wegen der Inanspruchnahme von Fremdmitteln beim Erwerb eines Einfamilienhauses. Es handelte sich gerade nicht um den Fall eines aufgekündigten Immobiliendarlehens

Bei den Verzugszinsen handelt es sich nicht um vertragliche Schuldzinsen gemäß § 448 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn der Darlehensvertrag wurde von der kreditgebenden Bank im Februar 2003 gekündigt. Vielmehr stellen diese einen pauschalierten Mindestschadenersatz dar (Stadler in: Jauernig, BGB, 12. Auflage, § 288 Rn. 2). Nach § 497 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind für den Fall des Verzugs mit Zahlungen aufgrund eines Immobiliardarlehensvertrags die geschuldeten Beträge für das Jahr mit 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Dabei sind Zahlungen, die nicht zur Tilgung der gesamten fälligen Schuld ausreichen, zunächst auf die Kosten der Rechtsverfolgung, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung anzurechnen (§ 497 Abs. 3, 4 i.V.m. § 367 Abs. 1 BGB).

Es handelt sich auch nicht um die Gegenleistung für ein das Wohnrecht gewährleistendes Darlehen, sondern um einen für die Nichterfüllung vertraglicher Verpflichtungen geschuldeten Ersatz. Ein Bezugspunkt zu dem - nicht mehr existenten - Darlehensvertrag ist nicht vorhanden. Ihre Rechtsnatur gründet sich gerade nicht auf dem früheren Darlehensvertrag, der die Nutzbarkeit des Einfamilienhauses sicherte. Dies ergibt sich schon daraus, dass gezahlte Teilbeträge zunächst auf die Kosten der Rechtsverfolgung, dann auf die Zinsen und erst zuletzt auf den (früheren) Darlehensbetrag anzurechnen gewesen wären. Darüber hinaus wären die Verzugszinsen auch nach dem Auszug der Kläger aus dem Haus weiterhin so lange zu erbringen gewesen, bis der Rückforderungsbetrag beglichen war. Es fehlt daher ein kausaler Zusammenhang zwischen der Zahlung der Verzugszinsen und einem Anspruch auf weitere Nutzung des Eigenheims.

Es kann offen bleiben, ob etwas anderes gälte, wenn die Kläger mit der kreditgebenden Bank eine Vereinbarung über die Aussetzung der Zwangsvollstreckung für die Dauer der Zahlung von Verzugszinsen getroffen haben sollten. In diesem Fall hätte die Unterkunft gesichert werden können, wenn die Kläger den jährlichen Verzugszinssatz von 5.331,96 EUR an die kreditgebende Bank abgeführt hätten. Insoweit ist ein kausaler Zusammenhang zwischen Zahlung der Verzugszinsen und Sicherung der Unterkunft nicht von der Hand zu weisen (so wohl: VG Oldenburg, Beschluss vom 12. Dezember 2003).

Zwar hat der Kläger zu 1. im Erörterungstermin vom 29. Juni 2012 angegeben, eine entsprechende Vereinbarung der Bank habe es gegeben, und es seien auch im Jahr 2005 Verzugszinsen an diese gezahlt worden. Diese Behauptung haben die Kläger jedoch nicht bewiesen. Letztere widerspricht auch ihren schriftlichen Angaben im Rahmen des Prozesskostenhilfeantrags, wonach im Jahr 2005 keine Zahlungen an die kreditgebende Bank erfolgt sind. Auch deren Auskunft gegenüber dem Beklagten während des Verwaltungsverfahrens spricht gegen die Richtigkeit dieser Behauptung. Auf telefonische Nachfrage hatte die zuständige Sachbearbeiterin der kreditgebenden Bank am 30. Juni 2005 angegeben, eine Minderung der Restschuld würde nicht zur Rücknahme der Zwangsversteigerung führen und der Wohnraum könne auf keinen Fall erhalten werden. Diese hat die Zwangsversteigerung auch fortgesetzt.

Die Kläger sind im Lauf des Berufungsverfahrens unter Fristsetzung nach § 106a SGG erfolglos zur Vorlage entsprechender Urkunden aufgefordert worden. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der objektiven Beweislast geht die Nichterweislichkeit einer entsprechenden Vereinbarung zulasten der Kläger.

b. Die Kosten für die Beheizung des Hauses sind in dem streitigen Zeitraum in vollem Umfang von dem Beklagten übernommen worden. Dieser hatte Winterbefeuerungsbeihilfen in Höhe von insgesamt 592,45 EUR geleistet, für die die Kläger Heizöl im Wert von 591,70 EUR erworben haben. Dabei hat der Beklagte - zu ihren Gunsten - einen Abzug für die aus der Regelleistung aufzubringenden Kosten der Warmwasserbereitung unterlassen.

c. Ob die kalten Betriebskosten für das 126 qm große Eigenheim angemessen gewesen sind, kann vorliegend dahinstehen. Zwar ist der Grundsicherungsträger nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nur verpflichtet, die tatsächlichen KdU zu übernehmen, soweit diese angemessen sind. Waren diese Kosten unangemessen hoch, so sind sie nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der bis 31. März 2006 gültigen Fassung als Bedarf der Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen, wie es ihnen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Auf die Unangemessenheit hat der Leistungsträger den Hilfebedürftigen hinzuweisen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 10/06 R, Juris, Rn. 29). Eine solche Kostensenkungsaufforderung hat der Beklagte den Klägern nicht erteilt. Der Senat geht daher bei der Berechnung der Betriebskosten des Hauses im vorliegenden Fall von den tatsächlich monatlich anfallenden Kosten aus.

Zwar haben die Kläger in ihrem Leistungsantrag vom 13. Dezember 2004 mit der Angabe monatlicher Nebenkosten von 167,78 EUR erkennbar einen Durchschnittswert angegeben. Auch der Beklagte hat bei seiner Berechnung die ihm bekannten jährlichen Kosten des Jahres 2004 für die einzelnen Monate gezwölftelt. Der ständigen Rechtsprechung des BSG folgend (etwa Urteil vom 15. April 2008, B 14/7b AS 58/06 R(36)), berücksichtigt der Senat jedoch zur Ermittlung der tatsächlichen KdU bei Teilzahlungen deren konkrete Höhe zum jeweiligen Fälligkeitstermin in dem entsprechenden Monat.

Daraus folgt, dass die Kläger - mit Ausnahme des Monats März 2005 - erheblich höhere Leistungen erhalten haben als tatsächlich Betriebs- und Heizkosten anfielen:

( 2 nachfolgende Absätze im Original als Tabelle dargestellt )

Bewilligt gesamt: 1.375,24 EUR
(Jan. 602,18 EUR, Febr. 259,09 EUR, März 293,09 EUR,
April 111,84 EUR, Mai 111,09 EUR)

Kosten gesamt: 1.030,56 EUR
(Jan. 359,52 EUR, Febr. 192,99 EUR, März 352,09 EUR,
April 0,00 EUR, Mai 48,66 EUR)

Im Januar standen den tatsächlichen Kosten in Höhe von 359,52 EUR bewilligte KdU in Höhe von 602,18 EUR gegenüber (Änderungsbescheid vom 25. Februar 2005, Bescheid über Winterbefeuerungsbeihilfe vom 17. Januar 2005). Im Februar standen den tatsächlichen Kosten in Höhe von 192,99 EUR bewilligte KdU in Höhe von 259,09 EUR gegenüber (Änderungsbescheid vom 18. Oktober 2005, Bescheid über Winterbefeuerungsbeihilfe vom 22. Februar 2005). Im April fielen keine Kosten an und es waren KdU in Höhe von 111,84 EUR bewilligt worden (Änderungsbescheid vom 18. Oktober 2005, Bescheid über Winterbefeuerungsbeihilfe vom 20. April 2005). Im Mai standen den tatsächlichen Kosten in Höhe von 48,66 EUR wiederum bewilligte KdU in Höhe von 111,09 EUR gegenüber (Änderungsbescheid vom 18. Oktober 2005). Lediglich im März überstiegen die tatsächlichen Kosten in Höhe von 352,09 EUR die bewilligten KdU in Höhe von 293,09 EUR (Änderungsbescheid vom 18. Oktober 2005, Bescheid über Winterbefeuerungsbeihilfe vom 3. März 2005).

Insgesamt waren im streitigen Zeitraum 1.030,56 EUR Betriebs- und Heizkosten fällig und 1.375,24 EUR, also 344,68 EUR zuviel bewilligt worden.

Die Kläger haben aber keinen Anspruch auf Bewilligung weiterer 59,00 EUR für März 2005 (293,09 EUR - 352,09 EUR). Zwar dürfen nach der Rechtsprechung des BSG innerhalb eines Bewilligungszeitraums Überzahlungen für einzelne Monate mit zu geringen Leistungen für andere Monate nicht im Sinne einer Gesamtbetrachtung saldiert werden (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2007, B 11b AS 15/06 R (42)). Zumindest im vorliegenden Fall, in dem der Beklagte als KdU - für die Kläger erkennbar und von diesen im Leistungsantrag auch so geltend gemacht - Pauschalen gezahlt hat, müssen sich diese die Summen entgegenhalten lassen, die als Pauschalen in den einzelnen Monaten an sie gezahlt wurden und die sie zur Deckung der KdU verwenden konnten. Zumindest für Einmalbedarfe hat das BSG eine Anrechnung von bereits gezahlten Pauschalen ausdrücklich als geboten erachtet (zum Einmalbedarf Heizöl: BSG, Beschluss vom 16. Mai 2007, B 7b AS 40/06 R (7), Urteil vom 19. September 2008, B 14 AS 54/07 R (19)).

Nichts anderes kann für die mehr oder weniger regelmäßig wiederkehrenden Betriebskosten gelten. Die Aufteilung der unregelmäßig anfallenden KdU bei Eigenheimbesitzern auf anteilige Kosten in den einzelnen Monaten spiegelt nicht den konkreten Bedarf der Hilfeempfänger wieder (wie etwa bei wechselndem Einkommen), sondern dient allein der Verwaltungsvereinfachung. Die Kläger haben sich auch nicht darauf berufen, die vom Beklagten gezahlten monatlichen KdU der Monate Januar und Februar 2005 anderweitig verbraucht zu haben. Sie konnten daher die in diesen Monaten entstandene Überzahlung von 344,68 EUR zur vollständigen Deckung des Fehlbetrags für März 2005 verwenden.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved