L 15 SB 127/12 B PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 34 SB 32/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SB 127/12 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
wegen Prozesskostenhilfe
Die Gewährung von PKH kann nicht deshalb abgelehnt werden, weil der bevollmächtigte Rechtsanwalt gleichzeitig Betreuer des Klägers ist.
I. Der Beschluss des Sozialgerichts München vom 6. August 2012 wird aufgehoben.

II. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht München,
Az.: S 34 SB 21/12, Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung ab Antragstellung bewilligt; beigeordnet wird Rechtsanwalt C., B-Straße, B-Stadt.

Gründe:

I.
Zugrunde liegt ein Rechtsstreit über die Höhe der Erstattung der Kosten für ein Widerspruchsverfahren.

Für den Beschwerdeführer ist eine rechtliche Betreuung, unter anderem mit dem Aufgabenkreis der Vertretung gegenüber Behörden eingerichtet. Zum berufsmäßigen Betreuer wurde am 02.10.2008 einer seiner Bevollmächtigten (im Folgenden: Bevollmächtigter) im zugrunde liegenden Rechtsstreit bestellt.

Mit dem Bevollmächtigten als Absender und unter Namensangabe des Bevollmächtigten unter der Unterschriftszeile, aber nur mit der Unterschrift des Beschwerdeführers, nicht auch der des Bevollmächtigten versehen, beantragte der Beschwerdeführer unter Verwendung des im Internet vom Beschwerdegegner eingestellten Formulars (https://www.schwerbehindertenantrag.bayern.de/onlineantrag/default.aspx) unter Angabe eines Antragsdatums vom 18.03.2011, eingegangen beim Beschwerdegegner am 26.03.2011, die Neufeststellung des Grads der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) mit mindestens 70 wegen einer vorgetragenen Verschlimmerung. Nachdem eine Auswertung der beigezogenen ärztlichen Unterlagen Hinweise nicht auf eine Verschlimmerung, sondern auf eine Besserung des Gesundheitszustands des Beschwerdeführers ergeben hatte, hörte der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer zur beabsichtigten Herabsetzung mit an seinen Bevollmächtigten adressiertem Schreiben vom 24.05.2011 an. Eine Reaktion des Beschwerdeführers oder seines Bevollmächtigten erfolgte darauf nicht. Gegen den Herabsetzungsbescheid vom 06.07.2011, der mit einer Heilungsbewährung der Alkoholkrankheit des Beschwerdeführers begründet und mit dem der GdB auf 40 herabgesetzt worden war, erhob der Bevollmächtigte mit anwaltlichem Schreiben vom 11.07.2011 Widerspruch. Dem Widerspruch wurde mit Abhilfebescheid vom 08.09.2011 voll Rechnung getragen.

Für das Widerspruchsverfahren stellte der Bevollmächtigte dem Beschwerdegegner eine anwaltliche Gebührenrechnung über insgesamt 309,40 EUR; zugrunde gelegt wurde eine Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 der Anlage 1 Vergütungsverzeichnis (VV) zum Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG).

Mit Bescheid vom 17.10.2011 setzte der Beschwerdegegner die zu erstattenden Aufwendungen auf 166,60 EUR fest. Dabei legte er eine Geschäftsgebühr Nr. 2410 VV RVG zugrunde, da der Bevollmächtige bereits im vorausgegangen Verwaltungsverfahren tätig gewesen sei.

Nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 02.01.2012) hat der Beschwerdeführer Klage zum Sozialgericht München erhoben und gleichzeitig die Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Bevollmächtigten beantragt.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 06.08.2012 die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und dies wie folgt begründet: Ob die höhere Gebühr nach Nr. 2400 VV RVG oder die niedrigere Gebühr nach Nr. VV 2401 VV RVG Anwendung finde, hänge davon ab, ob der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers bei der Anhörung nach § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bereits im Rahmen des Verwaltungsverfahrens als Rechtsanwalt tätig geworden sei. Die entscheidungserhebliche Frage betreffe damit ausschließlich das Innenverhältnis des gesetzlichen Vertreters in der Funktion als Betreuer und des Bevollmächtigten in seiner Funktion als Rechtsanwalt. Einem sach- und rechtskundigen Rechtsanwalt im Rahmen des § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) einen Anwalt beizuordnen, sei mit Sinn und Zweck der Gewährung von Prozesskostenhilfe in einem sozialgerichtlichen Verfahren, in dem für den Kläger keine Gerichtskosten anfallen, nicht vereinbar. Die Beiordnung sei auch unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit der Parteien nicht erforderlich.

Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 08.08.2012 Beschwerde erhoben. Die Antwort auf die entscheidungserhebliche Frage sei nicht im Innenverhältnis, sondern im Außenverhältnis zu suchen. Der Bevollmächtigte werde offiziell nach außen immer als Rechtsanwalt tätig; er könne seine Berufsbezeichnung im Rahmen der Betreuungstätigkeit ja schlecht verschweigen.

II.
Die gemäß §§ 172 ff. SGG zulässige Beschwerde ist begründet.

Die Feststellung des Sozialgerichts, dass es mit Sinn und Zweck der Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht vereinbar sei, einem sach- und rechtskundigen Rechtsanwalt im Rahmen des § 73 a SGG einen Anwalt beizuordnen, ist zwar in ihrer Abstraktheit durchaus zutreffend, nicht aber auf den vorliegenden Fall anwendbar. Auch kann der Klage eine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des Prozesskostenhilferechts nicht abgesprochen werden. Da der Beschwerdeführer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, ist ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren und sein Bevollmächtigter beizuordnen.

Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint und die Beiordnung eines Rechtsanwalts aus Gründen der Waffengleichheit im Sinne des § 121 Abs. 2 ZPO geboten ist.

Bei der Prüfung, ob Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, ist der verfassungsrechtliche Hintergrund der Prozesskostenhilfe zu berücksichtigen. Das Grundgesetz gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein verankert ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet. Danach darf Unbemittelten die Rechtsverfolgung und
-verteidigung im Vergleich zu Bemittelten nicht unverhältnismäßig erschwert werden. Der Unbemittelte muss grundsätzlich ebenso wirksamen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können wie ein Begüterter. Er muss einem solchen Bemittelten gleichgestellt werden, der seine Aussichten vernünftig abwägt und dabei auch sein Kostenrisiko berücksichtigt.

1. Zur Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts

Das Sozialgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe schon deshalb abgelehnt, weil es - so das Sozialgericht - keine Erforderlichkeit erkennen könne, einem Rechtsanwalt einen Anwalt beizuordnen.

Mit dieser Begründung kann im vorliegenden Fall die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht abgelehnt werden; sie beruht auf einer fehlerhaften Bewertung des zugrunde liegenden Sachverhalts.

1.1. Allgemeines zum Begriff der Erforderlichkeit

Die Erforderlichkeit gemäß § 121 Abs. 2 ZPO beurteilt sich nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache sowie nach der Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Entscheidend ist, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Davon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschlüsse vom 22.06.2007, Az.: 1 BvR 681/07, und vom 06.05.2009, Az.: 1 BvR 439/08). Das vom Gesetzgeber in § 121 Abs. 2 ZPO festgeschriebene Erfordernis der Erforderlichkeit anwaltlicher Vertretung beruht im Wesentlichen auf dem Grundsatz der Waffengleichheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.10.1988, Az.:
1 BvR 1340/88). Daneben - wenn auch nur nachrangig - fließen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen in die Beurteilung der Erforderlichkeit ein. Denn der Vergleichsmaßstab eines vernünftig handelnden Bemittelten, den das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat, beinhaltet auch, dass der Bemittelte seine Aussichten vernünftig abwägt und dabei auch sein Kostenrisiko berücksichtigt (ständige Rechtsprechung des BVerfG, z.B. Beschlüsse vom 13.06.1979, Az.: 1 BvL 97/78, und vom 02.07.2012, Az.: 2 BvR 2377/10 - m.w.N.). Nicht zulässig ist es aber, allein aufgrund einer Beurteilung des Verhältnisses von Streitwert und Kostenrisiko zu der Einschätzung einer fehlenden Erforderlichkeit zu kommen; auch bei sogenannten Bagatellstreitigkeiten ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe daher nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.03.2011, Az.: 1 BvR 1737/10 und 1 BvR 2493/10). Allenfalls dann, wenn die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe mit Sicherheit, d.h. auch bei einem Obsiegen in der Hauptsache, wegen der vom Betroffenen selbst zu tragenden Anwaltskosten zu einem "Verlustgeschäft" für den Betroffenen würde, wäre die Versagung von Prozesskostenhilfe aus rein wirtschaftlichen Gründen geboten. Dies kann jedoch nur in solchen Verfahren der Fall sein, in denen eine Erstattung der Kosten für die anwaltliche Vertretung grundsätzlich, d.h. unabhängig vom Erfolg, ausgeschlossen ist, wie dies beispielsweise für Verfahren auf gerichtliche Kostenfestsetzung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) oder für Beschwerdeverfahren nach dem JVEG gemäß § 4 Abs. 8 Satz 2 JVEG geregelt ist.

1.2. Zur Erforderlichkeit der Beiordnung eines Anwalts im hier zu entscheidenden Fall

Zwar wäre - wie das Sozialgericht zutreffend angenommen hat - die Beiordnung eines Rechtsanwalts für einen Rechtsanwalt (oder für den Rechtsanwalt selbst) unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit bzw. unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht erforderlich. Denn ein vernünftig handelnder Kläger, der gleichzeitig Rechtsanwalt ist, würde - jedenfalls in einer schwerbehindertenrechtlichen oder gebührenrechtlichen Angelegenheit, die keine anwaltlichen Spezialkenntnisse voraussetzt - nicht einen anderen Rechtsanwalt einschalten, um das für den Fall des Verlierens bestehende Kostenrisiko nicht eingehen zu müssen. In einem solchen Fall ist vielmehr davon auszugehen, dass er selbst über ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, um das Verfahren in jedem Stadium durch sachdienlichen Vortrag und Anträge effektiv fördern zu können, was einen Ausschlussgrund für die Gewährung von Prozesskostenhilfe darstellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.05.2009, Az.: 1 BvR 439/08). Auch wäre es dem Rechtsanwalt zumutbar, seine beruflichen Fähigkeiten und seine eigene Tätigkeit als Teil seines Vermögens zumutbar einzusetzen, sodass es an der Bedürftigkeit fehlen würde.

Das Sozialgericht hat aber in seiner Begründung übersehen, dass nicht der Betreuer als Rechtsanwalt Kläger im zugrunde liegenden Verfahren ist, sondern der von ihm Betreute. Der Bevollmächtigte macht also keinen eigenen Anspruch als Rechtsanwalt geltend, sondern die Kosten des Widerspruchsverfahrens, die dem Betreuten entstanden sind. Insofern geht es im vorliegenden Verfahren nicht darum, einem Rechtsanwalt einen Anwalt beizuordnen, sondern um die Frage, ob es erforderlich ist, einem Antragsteller, der nicht Rechtsanwalt ist, einen Anwalt beizuordnen.

Die Erforderlichkeit entfällt nicht deshalb, weil der unter Betreuung stehende Beschwerdeführer einen Rechtsanwalt als Betreuer hat. Denn mit der Bestellung eines Rechtsanwalts als Betreuer wird nicht die gesamte Tätigkeit des Anwalts(betreuers) zu einer solchen, die sich als Teil seiner Tätigkeit als Betreuer darstellt. Anderenfalls wäre eine eklatante Benachteiligung des Anwaltsbetreuers gegenüber Betreuern mit anderem beruflichen Hintergrund gegeben. Letztere könnten die anwaltlichen Tätigkeiten nicht selbst ausüben und dürften dafür einen Rechtsanwalt einschalten. Der Anwaltsbetreuer hingegen müsste dann Tätigkeiten umfangreicheren Ausmaßes allein deshalb ausüben, weil er Rechtsanwalt wäre, ohne dass er dafür eine höhere Honorierung seiner Betreuertätigkeit erhalten würde. Dem hat der Gesetzgeber mit §§ 1835 Abs. 3, 1908 i Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Rechnung getragen. Ein als Berufsbetreuer bestellter Rechtsanwalt kann eine Betreuertätigkeit nach anwaltlichem Gebührenrecht abrechnen, wenn sich die zu bewältigende Aufgabe als eine für den Beruf des Rechtsanwalts spezifische Tätigkeit darstellt. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass der Betreute - und bei mittellosen Betroffenen die Staatskasse - keinen Vorteil daraus ziehen soll, dass sein Betreuer zufällig aufgrund einer besonderen beruflichen Qualifikation als Rechtsanwalt etwas verrichten kann, wozu ein anderer Betreuer berechtigterweise die entgeltlichen Dienste eines Dritten, nämlich eines Anwalts, in Anspruch nehmen würde. Hat der Betroffene in einem gerichtlichen Verfahren daher Anspruch auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, ist sie ihm auch für die Prozessführung durch seinen Anwaltsbetreuer unter dessen Beiordnung als Prozessbevollmächtigter zu gewähren (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.12.2006, Az.: XII ZB 118/03). Irgendwelche anderen Gründe, dem Beschwerdeführer die Erforderlichkeit anwaltlicher Unterstützung abzusprechen, sind nicht ersichtlich.

2. Zur hinreichenden Aussicht auf Erfolg

2.1. Allgemeines zum Begriff der hinreichenden Aussicht auf Erfolg

Das Tatbestandsmerkmal der hinreichenden Aussicht auf Erfolg ist unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Bezüge auszulegen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes geboten. Das ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, das in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.06.1979, Az.: 1 BvL 97/78). Verfassungsrechtlich ist es zwar nicht zu beanstanden, wenn die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig gemacht wird, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Aussicht auf Erfolg soll aber nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das bedeutet, dass Prozesskostenhilfe nur dann verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Aussicht auf Erfolg aber nur eine entfernte ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990, Az.: 2 BvR 94/88). Nach der Rechtsprechung des BVerfG kann nicht nur die Behandlung schwieriger Rechtsfragen im Prozesskostenhilfeverfahren zu einer unzulässigen Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens führen. Auch Beweiserhebungen oder Beweiswürdigungen müssen daraufhin untersucht werden, ob sie den Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens sprengen. So darf Prozesskostenhilfe nicht verweigert werden, wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Betroffenen ausgehen wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008, Az.: 1 BvR 1807/07).

Im Gegenschluss bedeutet dies, dass die Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender hinreichender Aussicht auf Erfolg dann abzulehnen ist, wenn unter Zugrundelegung objektiver Maßstäbe die Beweisaufnahme nach Lage der Dinge mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem für den Betroffenen negativen Ergebnis führen wird oder wenn die Beweisaufnahme bereits abgeschlossen ist und alles auf ein Scheitern des Begehrens in der Sache hindeutet. Gleiches gilt, wenn nach objektivem Maßstab eine Beweisaufnahme überhaupt nicht erforderlich ist und das Ergebnis des Verfahrens für den Betroffenen mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ sein wird.

2.2. Zur hinreichenden Aussicht auf Erfolg im hier zu entscheidenden Fall

Bei Berücksichtigung der aufgezeigten Vorgaben kann der Klage eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden.

Aus Sicht des Senats steht derzeit lediglich mit einer im Sinne des Prozesskostenhilferechts erforderlichen Gewissheit fest, dass dem Kläger für das Tätigwerden seines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 17.10.2011 ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Widerspruchsverfahren gemäß § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zusteht. In welcher Höhe dieser Anspruch besteht und ob der Beschwerdeführer mit seiner Klage Erfolg haben wird, lässt sich derzeit nicht sicher prognostizieren. Damit ist eine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des Prozesskostenhilferechts gegeben.

Die vom Sozialgericht zu treffende Entscheidung wird von der Beurteilung nicht ganz einfacher Rechtsfragen (z.B. zu den Anforderungen an eine vorausgegangene Tätigkeit im Verwaltungsverfahren und zum Umfang der Tätigkeit eines Betreuers) abhängen; auch werden vor einer Entscheidung des Sozialgerichts weitere Ermittlungen (z.B. dazu, wann eine Tätigkeit des Bevollmächtigten nachgewiesen ist) erforderlich sein. Eine Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe würde damit eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache darstellen.

3. Die Rechtsverfolgung ist nicht mutwillig im Sinn von § 114 ZPO.

4. Der Kläger ist bedürftig. Aufgrund der vorliegenden Nachweise zur Einkommens- und Vermögenssituation des Beschwerdeführers ist Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu gewähren.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m.127 Abs. 4 ZPO).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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