L 7 AS 813/12 NZB

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 AS 178/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 813/12 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Auch nach der früheren Rechtslage war eine Absenkung der SGBII-Leistungen aufgrund eines Eingliederungsverwaltungsaktes möglich, insoweit ist keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 144 Absatz 2 SGG gegeben.
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt B., A-Stadt, wird abgelehnt.



Gründe:


I.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Bf) wendet sich gegen eine Absenkung seiner Leistungen nach dem SGG II um 30 % für die Zeit vom 01.01.2011 bis einschließlich 31.03.2011 in Höhe von 107,70 Euro monatlich.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (Bg) verhängte diese Sanktion mit Bescheid vom 06.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2011, dieser wiederum in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26.03.2011, mit der Begründung, der Bf habe gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 29.10.2010 verstoßen, nachdem er an der Maßnahme "Orientierung im Handwerk" nicht teilgenommen habe. Wichtige Gründe für diesen Pflichtverstoß hätten nicht vorgelegen.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Landshut mit Urteil vom 23.10.2012 als unbegründet ab. Die Sanktion habe aufgrund des Eingliederungverwaltungsaktes ergehen dürfen. Nicht nur Verstöße gegen Eingliederungsvereinbarungen, sondern auch gegen Eingliederungsverwaltungsakte seien nach der damaligen Rechtslage mit Sanktionen zu ahnden gewesen. Insoweit habe eine planwidrige wesentliche Regelungslücke bestanden, die im Wege der Analogie geschlossen habe werden müssen. Die Berufung wurde im Urteil nicht zugelassen.
Hiergegen hat der Bf Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Dem Rechtsstreit käme grundsätzliche Bedeutung zu. Es sei zu klären, inwieweit die Sanktionsregelung aus § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II a.F. auch auf Sachverhalte Anwendung findet, in denen Grundlage nicht eine Eingliederungsvereinbarung sondern ein Eingliederungsverwaltungsakt gewesen sei. Außerdem liege Divergenz zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vor. Das Bundessozialgericht habe klar festgelegt, was welche Tatbestandsalternative des § 31 SGB II zu regeln vermag. Eine planwidrige Regelungslücke habe es nicht erkannt. Da bezüglich des streitgegenständlichen Zeitraums eine Abänderung des Bewilligungsbescheides mit Änderungsbescheid vom 06.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2011, dieser wiederum in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26.03.2011 erfolgte, werde um richterlichen Hinweis gebeten, soweit das Landessozialgericht der Ansicht sein sollte, dass der eine oder andere Bescheid gemäß § 44 SGB X mittels Überprüfungsantrag vorher hätte überprüft werden müssen.
Der Bg hält die Beschwerde für unbegründet mangels Vorliegen von Zulassungsgründen.

II.

Die zulässige Beschwerde - sie ist insbesondere statthaft, nachdem der Beschwerdewert von 750,- Euro nicht erreicht ist, vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - ist nicht begründet.
Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Grundsätzliche Bedeutung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor.
Zum einen hat sich die Rechtslage seit 01.04.2011 dahingehend geändert, dass der Gesetzgeber klargestellt hat, dass auch bei einem Verstoß gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt die gleichen Rechtsfolgen eintreten wie bei einem Verstoß gegen eine Eingliederungsvereinbarung. Hierauf hat das SG in seinem Urteil zutreffend hingewiesen, ebenso darauf, dass nicht ersichtlich ist, dass noch über eine Vielzahl von Fällen aufgrund der alten Rechtslage zu entscheiden wäre.
Zum anderen hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 17.12.2009, Az.: B 4 AS 20/09 ER - anders als das Sozialgericht meint - bereits entschieden, dass nach der früheren Rechtslage auch aufgrund eines Eingliederungsverwaltungsaktes die gleichen Sanktionsmöglichkeiten wie bei einer Eingliederungsvereinbarung gegeben waren (BayLSG Beschluss vom 28.01.2013, Az.: L 7 AS 431/12 NZB). In diesem Urteil vom 17.12.2009, Az.: B 4 AS 20/09 R hat das Bundessozialgericht für die bis zum 31.03.2011 geltende Rechtslage zunächst geprüft, ob eine Absenkung aufgrund eines Pflichtverstoßes gegen eine Eingliederungsvereinbarung vorliegt. Dann hat das Bundessozialgericht weiter geprüft, ob die Absenkung rechtmäßig aufgrund eines Verwaltungsaktes gewesen wäre (Urteil Rz. 17) und ausgeführt: "Auch einen die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt (§ 15 Abs. 1 Satz 5 SGB II) hat die Beklagte nicht erteilt". Damit hat das Bundessozialgericht für die damalige Rechtslage entschieden, dass auch aufgrund eines Verwaltungsaktes Sanktionen nach dem damaligen § 31 SGB II möglich waren; anders kann dieser Satz des Bundessozialgerichts in dieser Entscheidung nicht verstanden werden.

Im Hinblick auf diese Entscheidung des Bundessozialgerichts liegt auch keine Divergenz im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor.
Das Sozialgericht Landshut hat bei seiner Entscheidung inhaltlich die genannte Entscheidung des Bundessozialgerichts im Ergebnis zutreffend umgesetzt, auch wenn es davon ausgegangen ist, dass nach der alten Rechtslage eine Sanktion aufgrund eines Eingliederungsverwaltungsaktes nur im Wege der Analogie zulässig gewesen sein sollte. Damit hat es im Ergebnis die damals geltende Vorschrift des § 31 SGB II in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG angewendet, wonach die Sanktion aufgrund eines Eingliederungsverwaltungsaktes aufgrund dieser Vorschrift möglich ist.
Verfahrensfehler nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG sind nicht ersichtlich.
Soweit der Bevollmächtigte der Bf das Gericht um Hinweis in Bezug auf einen möglichen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gebeten hat, stellt dies keine Rüge eines Verfahrensverstoßes dar. Im Übrigen hat das SG diese Bescheide in seine Entscheidung mit einbezogen, so dass ein Verfahrensverstoß wegen Nichteinbezugs relevanter Bescheide nicht vorliegt. Ob inhaltlich das SG bezüglich dieser Bescheide zutreffend entschieden hat, ist einer Überprüfung im Wege der Zulassungsbeschwerde nicht zugänglich, da die inhaltliche Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht Gegenstand des Zulassungsverfahrens ist.
Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen mit der Folge, dass die Entscheidung des Sozialgerichts Landshut rechtskräftig ist, § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass der Bf mit seinem Begehren erfolglos blieb.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt B. ist mangels hinreichender Erfolgsaussichten - wie sich aus den oben dargestellten ergibt - abzulehnen, §§ 73a SGG i.V.m. 114 Zivilprozessordnung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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