S 47 SO 90022/09

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
47
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 47 SO 90022/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Bewilligung „bis auf weiteres" deutet nach dem Empfängerhorizont des Leistungsberechtigten regelmäßig auf eine Hilfegewährung für einen unbestimmten Zeitraum nach Bescheiderlass und nicht nur für den nächstliegenden Zeitraum hin. Wenn der Sozialhilfeträger Leistungen nur Monat für Monat gewähren will, muss er dies im Bewilligungsbescheid durch entsprechende, für den Hilfeempfänger verständliche Formulierungen deutlich machen. Sonst handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung.
Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2011 wird aufgehoben, soweit der Beklagte seinen Bescheid vom 5. Februar 2009 für den Bewilligungszeitraum vom 18. Dezember 2008 bis zum 30. Juni 2009 aufgehoben und die Höhe der Leistungen neu festgesetzt hat.

Der Bescheid des Beklagten vom 23. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2011 wird aufgehoben, soweit die Aufhebung der mit Bescheid vom 22. Juni 2009 bewilligten Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Juli 2011 einen Betrag von 18,26 EUR und für den Bewilligungszeitraum ab 1. August 2011 einen Betrag von monatlich 63,26 EUR übersteigt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu 70 Prozent zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ab 18. Dezember 2008.

Der Kläger ist am ... 1960 geboren und bewohnt allein ein eigenes Haus in H.

Mit Bescheid vom 5. Februar 2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger ab 18. Dezember 2008 bis auf weiteres Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt für den Monat Dezember 2008 in Höhe von 227,43 EUR und ab Januar 2009 in Höhe von 487,35 EUR. Davon entfielen auf den Regelbedarf 351 EUR, auf Kosten der Unterkunft 81 EUR und auf Heizkosten 55,35 EUR.

Mit Schreiben vom 17. Februar 2009 erhob der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch. Zur Begründung führte er unter anderem sinngemäß an, dass die Berechnung des Leistungsanspruches unvollständig sei. Es fehle ein ernährungsbedingter Mehrbedarf. Kosten für die Werterhaltung seines Wohnhauses seien nicht berücksichtigt worden. Zudem müsse sich die Leistung für die Heizung nach dem Wärmebedarf für 80 m² Wohnfläche und den aktuellen Heizmittelpreisen richten.

Mit Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland vom 8. Mai 2009 wurde dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2008 bewilligt. Die laufende Rentenzahlung betrug ab 1. Juli 2009 monatlich 389,53 EUR. Der auf den Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis zum 30. Juni 2009 entfallende Nachzahlungsbetrag in Höhe von 2640,75 EUR wurde einbehalten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2009 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte er aus, dass dem Kläger ein ernährungsbedingter Mehrbedarf nicht zuerkannt werden könne, da er weder eine ärztliche Bescheinigung für eine kostenaufwändigere Ernährung vorgelegt noch angegeben habe, welche konkreten Mehrkosten entständen. Als Kosten der Unterkunft habe der Kläger lediglich Abfallgebühren in Höhe von monatlich 9,27 EUR nachgewiesen. Instandhaltungskosten und Heizkosten seien nicht pauschal, sondern nur in Höhe der tatsächlich anfallenden Kosten gegen Nachweis zu berücksichtigen. Unter diesen Umständen würde sich ein Gesamtbedarf von lediglich 360,27 EUR monatlich ergeben. Da der Kläger Leistungen in Höhe von 487,35 EUR monatlich erhalte, sei er nicht beschwert.

Am 12. Juni 2009 hat der Kläger beim Sozialgericht Stendal Klage erhoben. Der Klageschrift fügte er den Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2009 bei.

Mit Änderungsbescheid vom 22. Juni 2009 hob der Beklagte den Bescheid vom 5. Februar 2009 rückwirkend ab 18. Dezember 2008 teilweise auf, soweit die Erwerbsminderungsrente nicht als Einkommen angerechnet wurde. Die Höhe der Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt wurde für den Monat Dezember 2008 auf 50,71 EUR, ab dem Monat Januar 2009 auf monatlich 110,34 EUR und ab dem Monat Juli 2009 auf monatlich 105,82 EUR festgesetzt. Dabei rechnete der Beklagte als Einkommen für den Monat Dezember 2008 Erwerbsminderungsrente in Höhe von 176,72 EUR und ab Januar 2009 in Höhe von 377,01 EUR monatlich an. Für den Zeitraum ab Juli 2009 berücksichtigte er bei der Bedarfsermittlung einen höheren Regelsatz von 359 EUR und rechnete als Einkommen bis auf weiteres 389,53 EUR Erwerbsminderungsrente monatlich an.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 13. Juli 2009 Widerspruch, da er mit der Höhe des ermittelten Bedarfs nicht einverstanden war.

Mit Bescheid vom 23. Juni 2011 hob der Beklagte seinen Änderungsbescheid vom 22. Juni 2009 mit Wirkung vom 1. Juli 2011 ganz auf. Dabei stützte er sich auf die zum 1. Januar 2010 in Kraft getretene Richtlinie zur Umsetzung der durch den Landkreis J. an die Arbeitsgemeinschaft Grundsicherung im Jobcenter J. übertragenen Aufgaben zur Umsetzung des SGB II. Danach seien die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht mehr pauschal, sondern in Höhe der nachgewiesenen tatsächlichen Kosten zu berücksichtigen. Zudem stellte der Beklagte darauf ab, dass dem Kläger aufgrund des zum 1. Januar 2009 geänderten Wohngeldgesetzes höhere Leistungen zuständen, als nach dem SGB XII zu bewilligen wären.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 12. Juli 2011 ebenfalls Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2011 wies der Beklagte die Widersprüche des Klägers vom 13. Juli 2009 und vom 12. Juli 2011 jeweils als unbegründet zurück. Hierzu führte er aus, dass der Kläger aufgrund seines Einkommens aus der Erwerbsminderungsrente seit Dezember 2008 keinen Leistungsanspruch gehabt hätte und damit durch die Aufhebungsentscheidungen nicht beschwert sei.

Daraufhin hat der Kläger am 6. Oktober 2011 erneut Klage erhoben, ohne diese weiter zu begründen. Die Klage ist unter dem Aktenzeichen S 47 SO 175/11 anhängig.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid des Beklagten vom 5. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2009 und die Bescheide des Beklagten vom 22. Juni 2009 und vom 23. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2011 abzuändern und dem Kläger höhere Leistungen zu gewähren.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18. Dezember 2012 hat die Vertreterin des Beklagten nach Erörterung der Sach- und Rechtslage zur Niederschrift des Gerichts folgendes Teilanerkenntnis abgegeben:

1. Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2011 wird aufgehoben, soweit der Beklagte seinen Bescheid vom 5. Februar 2009 für den Bewilligungszeitraum vom 18. Dezember 2008 bis zum 30. Juni 2009 aufgehoben und die Höhe der Leistungen neu festgesetzt hat.

2. Der Bescheid des Beklagten vom 23. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2011 wird aufgehoben, soweit die Aufhebung der mit Bescheid vom 22. Juni 2009 bewilligten Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Juli 2011 einen Betrag von 18,26 EUR und für den Bewilligungszeitraum ab 1. August 2011 einen Betrag von monatlich 63,26 EUR übersteigt.

3. Der Beklagte erstattet dem Kläger 70 % der außergerichtlichen Kosten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage über das Teilanerkenntnis hinaus abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt er seine Ausführungen aus den Widerspruchsbescheiden vom 29. Mai 2009 und 9. September 2011.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, nachdem es in der Terminsladung, die dem Kläger am 28. November 2012 zugestellt wurde, auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

1. Die zulässige Klage ist in dem im Urteilsausspruch genannten Umfang begründet.

Insoweit war über den Klageanspruch nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 307 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) durch Anerkenntnisurteil zu entscheiden. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung den Anspruch des Klägers zum Teil (§ 307 Satz 1 Alt. 2 ZPO) vorbehaltlos und endgültig anerkannt. Der Rechtsstreit konnte nicht durch Annahme dieses Anerkenntnisses erledigt werden, weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war. In diesem Fall ist ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für eine Entscheidung durch Anerkenntnisurteil anzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juli 1988 – 4/11a RA 16/87– zitiert nach juris, Rdnr. 11).

Die Verurteilung des Beklagten war insoweit geboten, ohne dass es der Prüfung bedurfte, ob die Voraussetzungen des Klageanspruchs vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 1977 – 5 RKn 18/76 – zitiert nach juris, Rdnr. 11). Ein ausdrücklicher Antrag des Klägers auf Erlass eines Anerkenntnisurteils ist nicht erforderlich (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. November 2000 – L 11 KA 167/99 – zitiert nach juris, Rdnr. 6).

2. Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg.

a) Gegenstand des Klageverfahrens sind neben dem Bescheid vom 5. Februar 2009 auch die Bescheide vom 22. Juni 2009 und vom 23. Juni 2011. Rechtsgrundlage hierfür ist § 96 Abs. 1 SGG. Diese Vorschrift bestimmt, dass nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt dann Gegenstand des Klageverfahrens wird, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Eine Änderung liegt vor, wenn der Verwaltungsakt teilweise aufgehoben und durch eine Neuregelung ersetzt wird. Um eine Ersetzung handelt es sich, wenn der neue Verwaltungsakt ganz an die Stelle des alten tritt (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 96 Rdnr. 4). Maßgebend dafür ist, ob der Regelungsgegenstand des einzubeziehenden Verwaltungsaktes mit dem des früheren identisch ist. Dies ist durch Vergleich der Verfügungssätze festzustellen.

Der Bewilligungsbescheid vom 5. Februar 2009 war ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Für die Frage, ob eine Sozialhilfeleistung durch einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligt worden ist, kommt es auf den Regelungsgehalt des Bewilligungsbescheides an, der durch Auslegung zu ermittelnden ist (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 45 Rdnr. 66). Hierbei gelten die allgemeinen Grundsätze der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für die Auslegung von Willenserklärungen. Es kommt auf den objektiven Sinngehalt einer Erklärung an. Abzustellen ist auf den Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann.

Mit dem Bescheid vom 5. Februar 2009 ist dem Kläger eine bestimmte Leistung "bis auf weiteres" bewilligt worden. Das SGB XII regelt die regelmäßige Bezugsdauer der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel nicht verbindlich. Zwar sieht § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XII für Leistungen nach dem Vierten Kapitel in der Regel einen Bewilligungszeitraum von 12 Kalendermonaten vor. Dem Beklagten stand es frei, die Hilfe für einen längeren Zeitraum zu bewilligen. Der Bescheid vom 5. Februar 2009 enthält keine Befristung des Bewilligungszeitraumes. Er konnte nur so verstanden werden, dass die Leistung ab dem jeweils genannten Zeitpunkt auf unbestimmte Zeit zuerkannt wird (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 6. März 2007 - L 9 SO 3/07- zitiert nach juris, Rdnr. 28; ebenso bereits LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 24. Januar 2006 - L 8 SO 83/05 ER - ; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2006, L 15 B 1105/05 SO – zitiert nach juris). Wenn die Behörde, insbesondere im Hinblick auf eine einfachere Möglichkeit der Leistungseinstellung, die Hilfe zum Lebensunterhalt nur Monat für Monat oder nur für einen bestimmten Bewilligungszeitraum gewähren will, muss sie dies im Bewilligungsbescheid durch entsprechende, für den Hilfeempfänger verständliche Formulierungen deutlich machen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2006 – L 15 B 1105/05 SO ER – zitiert nach juris, Rdnr. 23). Daran fehlt es hier gänzlich.

Mit Änderungsbescheid vom 22. Juni 2009 hob der Beklagte den Bescheid vom 5. Februar 2009 rückwirkend ab 18. Dezember 2008 teilweise auf. Die Höhe der Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt wurde für den Monat Dezember 2008 auf 50,71 EUR, ab dem Monat Januar 2009 auf monatlich 110,34 EUR und ab dem Monat Juli 2009 auf monatlich 105,82 EUR neu festgesetzt. Damit wurde der Ausgangsbescheid vom 5. Februar 2009 abgeändert.

Dies gilt für den Bescheid vom 23. Juni 2011 gleichermaßen. Nach Auffassung des Gerichtes ist der Verfügungssatz des Bescheides so auszulegen, dass der Beklagte nicht nur seinen Änderungsbescheid vom 22. Juni 2009 mit Wirkung vom 1. Juli 2011 ganz aufhob, sondern damit gleichzeitig den Ausgangsbescheid vom 5. Februar 2009 erneut abänderte.

Um den objektiven Regelungsgehalt des Aufhebungsbescheides vom 23. Juni 2011 anhand der bereits genannten Auslegungskriterien zu bestimmen, ist neben dem Tenor auch die Begründung des Bescheides heranzuziehen (Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 31 Rdnr. 26). Hieraus ist vorliegend zweifelsfrei zu entnehmen, dass dem Kläger ab 1. Juli 2011 keine Leistungen mehr bewilligt werden sollten.

Durch eine solche Regelung wird in den gesamten bereits bewilligten Leistungszeitraum eingegriffen. Davon ist nicht nur der Änderungsbescheid vom 22. Juni 2009, sondern auch der Ausgangsbescheid vom 5. Februar 2009 betroffen. Beide Bescheide sind gemäß § 96 SGG automatisch Gegenstand des Verfahrens geworden.

b) Hinsichtlich des Bescheides vom 5. Februar 2009 ist die Klage bereits unzulässig, da er den Kläger nicht beschwert. Der Beklagte hat bei der Ermittlung des Bedarfes – offenbar in Anlehnung an den zuvor ergangenen Bescheid des Jobcenters J. vom 2. Januar 2009 (Blatt 18 der Verwaltungsakte) - pauschal 81 EUR als Kosten der Unterkunft und 55,35 EUR als Heizkosten berücksichtigt.

Leistungen für die Unterkunft und Heizung werden nach § 29 Abs. 1 und 3 SGB XII in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Dementsprechend belegt sind lediglich Abfallgebühren in Höhe von monatlich 9,27 EUR (Blatt 64 der Verwaltungsakte). Das Gericht hatte den Kläger bereits in dem Verfahren S 47 SO 169/11 ER gebeten, sämtliche Aufwendungen für seine Unterkunft zu beziffern und zu belegen. Daraufhin hat der Kläger lediglich Grundsteuern in Höhe von 118,11 EUR für das Jahr 2009 und in Höhe von 126,70 EUR für das Jahr 2010 nachgewiesen. Insgesamt liegen die tatsächlichen Kosten erheblich unter dem vom Beklagten pauschal angesetzten Bedarf.

c) Der Änderungsbescheid vom 22. Juni 2009 hält einer rechtlichen Überprüfung stand, soweit er nicht durch das Teilanerkenntnis des Beklagten aufgehoben wurde.

Da es sich bei dem Bewilligungsbescheid vom 5. Februar 2009 um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, durfte er nur im Falle einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse unter den Voraussetzungen der §§ 24 Abs. 1, § 48 SGB X SGB X geändert werden.

Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheides bestehen nicht, insbesondere war nach § 24 Abs. 2 Nr. 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) keine vorherige Anhörung des Klägers erforderlich, weil eine einkommensabhängige Leistung den geänderten Verhältnissen, nämlich der Erzielung von Einkommen, angepasst wurde. Der Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt (vgl. § 48 Abs. 4, § 44 Abs. 3 SGB X).

In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, ist eine wesentliche Änderung eingetreten, soweit der Kläger durch die Erwerbsminderungsrente ab 1. Juli 2009 Einkommen erzielt hat. Diese Änderung ist nach dem Erlass des Bewilligungsbescheides erfolgt und führte zu einer Minderung des Anspruchs des Klägers auf laufende Leistungen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X).

Zugunsten des Klägers war nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB X die Erhöhung des Regelbedarfs zum 1. Juli 2009 auf 359 EUR zu berücksichtigen.

Gegen die Ermittlung des zukünftigen Leistungsanspruchs bestehen folglich keine Bedenken.

Ermessen war seitens des Beklagten nicht auszuüben, sondern der Bewilligungsbescheid zwingend mit Wirkung zum 1. Juli 2009 aufzuheben.

d) Der Bescheid vom 23. Juni 2011 ist rechtmäßig, soweit ihn der Beklagte nicht durch sein Teilanerkenntnis abgeändert hat.

Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheides greifen nicht durch. Zwar hat der Beklagte vor Erlass des Bescheides kein Anhörungsverfahren nach § 24 Abs. 1 SGB X durchgeführt. Die Begründung des Bescheides enthält jedoch alle wesentlichen Tatsachen, auf die es nach der Rechtsansicht des Beklagten für seine Entscheidung ankommt. Dem Kläger ist damit im Rahmen des Widerspruchsverfahrens die Gelegenheit gegeben worden, sich zu den maßgeblichen Tatsachen zu äußern (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 41 Rdnr. 15). Der Anhörungsmangel ist gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X geheilt worden.

Die materiellen Voraussetzungen des § 48 SGB X sind erfüllt. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. In diesem Sinne wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sie rechtserheblich ist. Vorausgesetzt wird also eine Änderung, die dazu führt, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt (so) nicht erlassen dürfte, etwa weil der im Bescheid festgestellte Anspruch materiell-rechtlich nicht mehr besteht (Steinwedel in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 65. EL 2010, § 48 SGB X, Rdnr. 13).

Hier haben sich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die bei Erlass des Änderungsbescheides vom 22. Juni 2009 vorgelegen haben und für die Gewährung der Leistungen an den Kläger rechtserheblich waren, in mehrfacher Hinsicht nachträglich geändert.

Zugunsten des Klägers war nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB X ein höherer Regelbedarf von 364 EUR zu berücksichtigen.

Die Erhöhung der Abfallgebühren ab 1. Januar 2011 auf 152 EUR jährlich wirkt sich wegen der durch den Beklagten für die Kosten der Unterkunft gewährten Pauschalen nicht bedarfserhöhend aus.

Die Einkommensverhältnisse des Klägers haben sich insoweit wesentlich geändert, als die Höhe der Erwerbsminderungsrente ab 1. Juli 2011 auf monatlich 392,09 EUR gestiegen ist. Zudem ist dem Kläger mit Bescheid vom 21. Juli 2011 (Blatt 197 der Verwaltungsakte) ab 1. Juli 2011 Wohngeld in Höhe von 45 EUR monatlich bewilligt worden. Die laufende Zahlung an den Kläger wurde im Juli 2011 für den Folgemonat aufgenommen. Gleichzeitig wurden 37,86 EUR nachgezahlt. (Der monatliche Bewilligungsbetrag in Höhe von 45 EUR wurde um 7,14 EUR gemindert, da der Beklagte letztmalig für den Monat Juli 2011 Leistungen nach dem SGB XII in dieser Höhe gezahlt hatte.)

Ab 1. Juli 2011 setzt sich der Bedarf des Klägers aus dem Regelsatz von 364 EUR sowie den mit den Vorbescheiden bestandkräftig bewilligten Pauschalen für Unterkunft in Höhe von 81 EUR und Heizung in Höhe von 55,35 EUR zusammen.

Für den Monat Juli 2011 ist auf den Gesamtbedarf in Höhe von 500,35 EUR das Einkommen aus der Erwerbsminderungsrente in Höhe von 392,09 EUR sowie Wohngeld in Höhe von insgesamt 82,86 EUR anzurechnen. Damit ergibt sich ein Leistungsanspruch in Höhe von 25,40 EUR. Das Teilanerkenntnis des Beklagten in Höhe von insgesamt 18,26 EUR berücksichtigt den bereits gewährten Betrag von 7,14 EUR.

Für die Folgemonate ab August 2011 sind auf den Gesamtbedarf in Höhe von 500,35 EUR die Erwerbsminderungsrente in Höhe von 392,09 EUR sowie Wohngeld in Höhe von 45 EUR anzurechnen. Damit ergibt sich ein Leistungsanspruch in Höhe von 63,26 EUR.

Soweit der Bewilligungsbescheid nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft teilweise aufzuheben war, hatte der Beklagte kein Ermessen auszuüben.

Nach alledem musste die Klage erfolglos bleiben, soweit das Begehren über das Teilanerkenntnis des Beklagten hinausging.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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