L 11 AS 109/13 B PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AS 604/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 109/13 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Keine Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 21.01.2013 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Streitig ist die Höhe des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.01.2012 bis 30.06.2012.
Die aus Frankreich nach Deutschland zurückgekehrte Klägerin erhielt für Dezember 2011 Leistungen von französischen Arbeitsbehörden und beantragte am 08.12.2011 Alg II beim Beklagten. Am 13.12.2011 schloss sie einen Kaufvertrag über ein Wohnhaus samt Grundstück über 28.000,00 EUR ab, das sie hinsichtlich der zum Teil sofort fälligen Zahlungen über private zinslose Darlehen finanzierte. Weiterhin waren von ihr monatliche Tilgungsraten in Höhe von 200,00 EUR und einmal jährlich ein Betrag von 1.846,98 EUR zu zahlen.
Mit Bescheid vom 10.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2012 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 01.01.2012 bis 30.06.2012 vorläufig Alg II. Unterkunftskosten bewilligte der Beklagte allerdings nicht, denn diese seien bisher nicht nachgewiesen worden. Die monatlichen Tilgungsbeiträge seien nicht zu übernehmen. Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren begehrt.
Nach Vorlage von Nebenkostenzahlungen für die Unterkunft bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 22.10.2012 endgültig Alg II für die Zeit vom 01.01.2012 bis 30.06.2012 unter zusätzlicher Berücksichtigung von Heiz- und Nebenkosten in Höhe von 71,96 EUR und eines Mehrbedarfes für die Erzeugung von Warmwasser. Dieser Bescheid sei Gegenstand des laufenden sozialgerichtlichen Verfahrens. Von der Deutschen Rentenversicherung erhält die Klägerin seit 01.09.2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit (Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen: 13.02.2012), vom Landratsamt bezieht sie vom 25.04.2012 bis 30.08.2012 Hilfe zum Lebensunterhalt, die zum Teil durch die Leistungen des Beklagten als erfüllt anzusehen waren.
Das SG hat die Bewilligung von PKH mit Beschluss vom 21.01.2013 abgelehnt. Eine hinreichende Erfolgsaussicht bestehe unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 16.02.2012 - B 4 AS 14/11 R -) nicht. Der Kaufvertrag über die Immobilie sei erst zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden, als bereits ein Antrag auf Alg II gestellt worden sei.
Dagegen hat die Klägerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Ihre Erkrankung sei erst im Februar 2012 eingetreten, es sei vorher nicht absehbar gewesen, dass sie die Tilgungsraten in Höhe von 200,00 EUR monatlich nicht aufbringen könne. Eine Stelle mit geringfügigem Einkommen hätte ausgebaut werden können. Es liege kein mit der vom SG genannten Rechtsprechung vergleichbarer Fall vor.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.
Die Beschwerde ist zulässig, denn die Klägerin macht zuletzt noch Tilgungsbeiträge in Höhe von 200,00 EUR monatlich für die Zeit vom 01.01. bis 24.04.2012 (Tag vor Bezug von Grundsicherungsleistungen) als zusätzlich zu zahlende Unterkunftskosten geltend, auch wenn ggf. allenfalls ein Anspruch bis 12.02.2012 (Tag vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung) bestehen könnte.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R (Rn.26) - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 73a Rn.7) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH- Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 (Rn.21) - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 (Rn. 29) - BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 (Rn. 23) - NJW 2008, 1060ff).
Vorliegend ist keine hinreichende Erfolgsaussicht gegeben. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.02.2012 - B 4 AS 14/11 R -, Urteil vom 07.07.2011 - B 14 AS 79/10 R - sowie Urteil vom 18.06.2008 - B 14/11b AS 67/06 R - alle veröffentl. in juris) muss zur Übernahme von Tilgungsleistungen ein besonderer Ausnahmefall vorliegen. Dies ist nach der Rechtsprechung dann der Fall, wenn Immobilien vor dem Leistungsbezug erworben worden sind. Hieran fehlt es vorliegend, denn die Klägerin hatte bereits einen Antrag auf Alg II gestellt und wegen der lediglich ausgeübten geringfügigen Tätigkeit war für die Klägerin ein Leistungsbezug absehbar. Eine Möglichkeit zum Ausbau der geringfügigen Tätigkeit ist nicht nachgewiesen. Unabhängig hiervon fehlt es zudem an einer weitgehend abgeschlossenen Finanzierung der Immobilie durch die Klägerin, denn die sofort fälligen Anteile am Kaufpreis hat sie mittels zinsloser Privatdarlehen gezahlt und neben den 200,00 EUR monatlich hat sie noch jährlich 1.846,98 EUR aufzubringen. Im Ergebnis hat sie vom Kaufpreis erst einen geringen Teil selbst beglichen, ohne dafür Schulden aufgenommen zu haben.
Offen gelassen werden kann nach alledem, ob der endgültige Bescheid vom 22.10.2012 tatsächlich Gegenstand des Verfahrens gegen den vorläufigen Bewilligungsbescheid geworden ist, der sich durch den endgültigen Bescheid erledigt haben könnte.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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