L 2 U 104/13

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 U 30/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 104/13
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Feststellung weiterer Unfallfolgen im Bereich des Knies (insbesondere horizontaler Außenmeniskusriss).
2. Der Ausspruch einer zeitlichen befristeten unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit stellt eine unzulässige Elementenfeststellung dar.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 28. November 2012 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt 1/6 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist noch, ob bei der 1955 geborenen Klägerin und Berufungsklägerin weitere Gesundheitsstörungen im Bereich des linken Knies als Folgen des Arbeitsunfalls vom 4. Oktober 2008 festzustellen sind.

Die Klägerin, die als selbstständige Einzelhandelskauffrau in einem eigenen Zeitungsladen tätig ist, war am 4. Oktober 2008 auf der obersten Kante einer dreistufigen Treppe in ihrem Geschäft mit dem Fuß hängen geblieben. Nach dem Durchgangsarztbericht des Prof. v. Dr. Sch. (A-Stadt) vom 6. Oktober 2008 verdrehte sie sich stehenden Fußes das Knie und stürzte. Als Erstdiagnose wurde ein Verdacht auf ein Kniebinnentrauma geäußert. Dr. Sch. äußerte im weiteren Verlauf den Verdacht auf einen Kniebinnenschaden, auf eine vordere Kreuzbandruptur und auf einen Meniskusschaden.

Ein Magnetresonanztomogramm (MRT) des linken Kniegelenks vom 10. Oktober 2008 brachte einen Schrägriss am Außenmeniskushinterhorn mit Oberflächenkontakt, eine Zerrung des vorderen Kreuzbandes, keine Ruptur, Bone bruise am ventralen lateralen Femurcondylus ohne Frakturierung zum Vorschein. Es erfolgte eine Arthroskopie am linken Kniegelenk am 21. Oktober 2008 mit der Diagnose: Traumatische Knorpelfraktur Tibiaplateau links lateral, Außenmeniskusriss horizontal vermutlich frisch bei alter Meniskusnarbe links, VKB-Elongation links mit Einblutung, Knorpelfraktur mediale Patellafacette im Bereich der medialen Kante links. Nach dem pathologischen Bericht vom 24. Oktober 2013 bestanden 1. bis 4. Faserknorpelanteile mit geringen Einrissen und soweit an den kleinen Partikeln beurteilbar mäßiggradigen degenerativen Veränderungen ohne Nachweis doppelbrechender kristalliner Ablagerungen und allenfalls diskreten Reparationszeichen.

Vom 5. bis 31. Januar 2009 befand sich die Klägerin zur Rehabilitation im Klinikum L., Bad K ... Nach dem Entlassungsbericht vom 4. Februar 2009 klagte sie weiterhin über Schmerzen im linken Kniegelenk. Ferner bestand noch ein deutliches Streckdefizit. Am 10. Februar 2009 wurde eine erneute Arthroskopie durchgeführt. Im Bereich des Meniskus wurde ab der Pars intermedia bis zum Vorderhorn ein lang gestreckter Riss entdeckt, der größer erschien als das letzte Mal (Außenmeniskusreruptur).
Auf den histologischen Befund vom 13. Februar 2009 wird verwiesen. Es schloss sich eine erneute Reha-Maßnahme an.

Die Beklagte beauftragte zunächst Prof. Dr. H. (Universitätsklinikum C-Stadt) mit der Erstellung eines orthopädisch-unfallchirurgischen Gutachtens zur Zusammenhangsfrage: Dieser führte in dem Gutachten vom 4. März 2009 aus, dass in Zusammenschau des OP-Berichtes sowie der Aufarbeitung der Gewebeproben von einem asymptomatischen degenerativen Außenmeniskusvorschaden auszugehen sei. Durch den Unfall sei es zu einer richtungsgebenden vorübergehenden Verschlimmerung durch traumaassoziierte Außenmeniskusläsion, eingemündet in einen bereits bestehenden degenerativen Vorschaden des Außenmeniskus, gekommen. Ein Knorpelschaden sei folgenlos ausgeheilt. Unfallbedingt sei ein Meniskuseinriss mit noch bestehender Beschwerdesymptomatik. Die noch bestehende Behandlungsbedürftigkeit beruhe auf den durch die Degeneration bestehenden Beschwerdekomplex.

Vom 2. Juni bis 9. Juli 2009 fand eine stationäre Rehabilitation in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik B-Stadt statt bei Kniegelenkstreife links nach Distorsionstrauma mit Rekonstruktion des Außenmeniskus vom 21. Oktober 2008 und arthroskopischer Meniskusrefixation vom 10. Februar 2009 nach Reruptur und Quadriceps-Parese bei Nervus-femoralis-Läsion unklarer Genese. Das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren sei abzuschließen. Die weitere Behandlung aufgrund der Quadrizepsschwäche sollte durch die Krankenversicherung übernommen werden.

Prof. Dr. B. (Unfallklinik B-Stadt) führte in seinem Gutachten vom 29. Juni 2009 mit radiologischem Zusatzgutachten vom 14. Juli 2009 aus, das Unfallereignis sei nur eine Gelegenheit gewesen, anlässlich der ein bereits weit fortgeschrittenes degeneratives Gelenkleiden mit den Merkmalen einer Erkrankung zu Trage getreten sei. Der Außenmeniskusriss und der Knorpelschaden am lateralen Tibiaplateau seien vorbestehend und als Schadensanlage zu sehen. Die Ursache für die sich im weiteren Verlauf entwickelnde Quadrizepsparese links bleibe unklar. Eine direkte Schädigung des Nervus femoralis durch das Unfallereignis könne ausgeschlossen werden. Es könne nur vermutet werden, dass es, bedingt durch die postoperativen Schmerzen, zu einer Hemmung der Quadrizepsmuskulatur gekommen sei. Da die Arthroskopie aufgrund der degenerativen Veränderungen durchgeführt worden sei, sei die nun beobachtete Quadrizepslähmung ebenfalls nicht als Unfallfolge zu werten. Maßgeblich für diese Beurteilung seien die Bilddokumentation der Arthroskopie vom 21. Oktober 2008 mit ausgeprägten degenerativen Veränderungen im Bereich des Außenmeniskus und lateralen Tibiaplateaus, die Bestätigung durch die histopathologische Untersuchung, bestehende X-Beinstellung sowie das Übergewicht der Klägerin.
Einzige Unfallfolge bei der Verdrehung des linken Kniegelenks sei ein kernspintomographisch nachgewiesenes Knochenmarksödem im Bereich der äußeren Oberschenkelrolle. Behandlungsbedürftigkeit habe bis 31. Dezember 2008 bestanden, ebenso unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit. Es bestehe keine unfallbedingte MdE.

Nach dem nervenärztlichen Zusatzgutachten des Dr. J. (UK B-Stadt) vom 5. August 2009 liegen Unfallfolgen auf nervenärztlichem Fachgebiet nicht vor. In jedem Fall könne aufgrund der Lokalisation beschriebener Veränderungen ein ursächlicher Zusammenhang mit einem isolierten Knietrauma ohne weitere Verletzungen am körpernahen Oberschenkel hinlänglich ausgeschlossen werden.

Nach dem Bericht des Universitätsklinikums C-Stadt vom 12. August 2009 bestand insgesamt kein Hinweis auf das Vorliegen einer organisch-neurologischen Störung; die Quadrizepsschwäche sei am ehesten auf Inaktivität und Schonung zurückzuführen. Prof. Dr. B. äußerte sich hierzu nochmals am 22. September 2009 und sah weiterhin das Ende der unfallbedingten Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit für den
31. Dezember 2008 gegeben.

Mit Bescheid vom 27. Oktober 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Sie hat ferner festgestellt: "Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bestand längstens bis zum 31.12.2008." Maßgebend hierfür sei ein unfallbedingtes Knochenmarksödem im Bereich der äußeren Oberschenkelrolle links. Der Außenmeniskusriss, der Knorpelschaden im Bereich des Schienbeinkopfes und die Veränderungen der Quadrizepsmuskulatur links seien nicht auf den Unfall zurückzuführen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2010 zurück.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg hat das Sozialgericht ein Gutachten des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. C. vom 30. Dezember 2010 eingeholt. Die Schädigung durch den Unfall sei, so der Sachverständige, relativ gering gewesen und bis zum 31. Dezember 2008 ausgeheilt. Die Veränderungen der Oberschenkelstreckermuskulatur mit motorischer Beeinträchtigung der Hüftbeuger und Kniestreckergruppe im linken Oberschenkel sei unfallunabhängig. Die erste Arthroskopie vom 21. Oktober 2008 sei zwar zur Abklärung der Diagnose von der Beklagten bewilligt und bezahlt worden. Bei dieser habe sich herausgestellt, dass die gefundenen Schäden und die darauf folgende Therapie (Rekonstruktion des Meniskus) unfallunabhängig waren. Die zweite Arthroskopie sei nicht durch Unfallfolgen, sondern durch die degenerativen Vorschäden begründet. Es habe ein Vorschaden am linken Kniegelenk bestanden, der stumm gewesen sei. Durch das Unfallereignis selbst sei es zu einer Distorsion im Bereich des linken Kniegelenks mit Zerrung von Bandstrukturen (vorderes Kreuzband) gekommen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe bis 31. Dezember 2008 bestanden.

Der gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Prof. v. Dr. Sch. (A-Stadt) hat in seinem Gutachten vom 22. August 2011 dargelegt, dass unfallbedingt eine traumatische Knorpelfraktur am Tibiaplateau links lateral eingetreten sei, ferner ein horizontaler Außenmeniskusriss links bei vorbestehender alter Meniskusnarbe, eine vordere Kreuzbandelongation links mit Einblutung ohne Ruptur sowie eine Knorpelfraktur im Bereich der medialen Patellafacette im Bereich der medialen Kante links. Die degenerative Vorschädigung des Außenmeniskus habe nicht wesentlich dazu beigetragen, dass es zu einem Meniskusriss gekommen sei. Das Trauma hätte auch einen gesunden Meniskus schädigen können. Nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die unfallbedingte Veränderungen zurückzuführen sei die Quadrizepsschwäche. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe deshalb bis 9. Juli 2009 bestanden. Behandlungsbedürftigkeit bestehe weiterhin. Ab diesem Zeitpunkt überwiege die unfallunabhängige Erkrankung der Quadrizepsmuskulatureinschränkung. Unfallbedingt sei insbesondere auch die zweite Arthroskopie mit Meniskusrefixation, die sich aus der Reruptur des Meniskus erkläre. Es sei bei dem Unfall zu einer Mehrbelastung des Außenmeniskus und der Knorpelstrukturen im Bereich des körperseitswärts gerichteten Kompartimentes gekommen. Ein Einriss am Außenmeniskus und eine Zerrung des vorderen Kreuzbandes sowie ein vermehrtes Knochenmarksödem im Bereich der Oberschenkelrolle und des Schienbeinkopfes lateralseitig seien kernspintomographisch gesichert. Bestätigt werde dies durch einen nun nachgeforderte histologische Zweitbegutachtung vom 22. Februar 2012. Danach hat es sich in allen vier Fragmenten um vernarbte Meniskusanteile gehandelt mit Hinweisen auf ein älteres, jedoch rezidiviertes und jetzt auch frischeres Trauma.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 28. November 2012 abgewiesen. Weitere Unfallfolgen seien nicht anzuerkennen. Das Gericht hat sich dabei auf die Beurteilung des Dr. C. gestützt. Gerade die Reruptur des Außenmeniskus sei ein Zeichen für die degenerativen Vorgänge in diesem Bereich, so dass dem Gutachten des Prof. Dr. Sch. nicht zu folgen sei. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis einschließlich 9. Juli 2009 sei deshalb nicht anzuerkennen.

Zur Begründung der Berufung hat sich die Klägerin auf das Gutachten des Prof.
Dr. Sch. gestützt. Bei den sich widersprechenden Gutachten hätte eine weitere Sachaufklärung durch das Sozialgericht erfolgen müssen.

Dr. C. hat in einer ergänzenden Stellungnahme vom 3. Juli 2013 ausgeführt, dass auch nach Ansicht der Vorgutachter der Anteil der äußeren Umstände und der degenerativen Veränderungen weit in den Vordergrund zu stellen sei, so dass kein Zusammenhang zwischen den weiter bestehenden Folgen nach dem Unfallereignis mit diesem zu sehen sei. Die massiven vorbestehenden und nachweisbaren degenerativen Veränderungen zusammen mit dem fortgeschrittenen Alter, dem Übergewicht und den X-Beinen mit den Veränderungen an den Knien, insbesondere am linken, sprächen für eine Gelegenheitsursache.

In der mündlichen Verhandlung vom 27. November 2013 hat die Beklagte als weitere Unfallfolge eine Distorsion im Bereich des linken Kniegelenks mit Zerrung von Bandstrukturen (vorderes Kreuzband) sowie die Aufhebung des Ausspruchs in dem streitgegenständlichen Bescheid: "Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bestand längstens bis zum 31.12.2008", anerkannt; die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat die Teilanerkenntnisse angenommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 28. November 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, eine traumatische Knorpelfraktur am Tibiaplateau links lateral, einen horizontalen Außenmeniskusriss links bei vorbestehender alter Meniskusnarbe sowie eine Knorpelfraktur im Bereich der medialen Patellafacette im Bereich der medialen Kante links als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 4. Oktober 2008 festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet, soweit sie nicht mehr von den beiden angenommenen Teilanerkenntnisses umfasst ist. Streitgegenstand ist somit nur noch die Anerkennung einer traumatischen Knorpelfraktur am Tibiaplateau links lateral, eines horizontalen Außenmeniskusrisses links bei vorbestehender alter Meniskusnarbe sowie einer Knorpelfraktur im Bereich der medialen Patellafacette im Bereich der medialen Kante links als weitere Unfallfolgen. Die Gewährung einer Verletztenrente ist nicht beantragt.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässig (BSG vom 15. Februar 2005, SozR 4-2700 § 8 Nr. 12). Zu den abstrakt feststellbaren Anspruchselementen gehören neben dem Versicherungsfall nach §§ 7, 8 SGB VII auch die (sog. unmittelbaren) Unfallfolgen im engeren Sinn, also die Gesundheitsschäden, die wesentlich (und deshalb zurechenbar) spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls verursacht wurden (so z.B. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3. Mai 2013, Az.: L 3 U 29/11).

Unstreitig ist das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nach §§ 7, 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII, der in dem Ereignis vom 4. Oktober 2008 zu sehen ist. Die Gesundheitsbeeinträchtigung muss in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden Einwirkung stehen. Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei ist allerdings die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen Würdigung. Verursacht sind nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z.B. Vorerkrankungen nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung war oder zumindest von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache). Eine wesentliche Mitursache liegt dann nicht vor, wenn beim Versicherten eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Die für die Bejahung des Zusammenhangs der Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfall notwendige Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung zu Ätiologie und Pathogenese den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt (BSG vom 5. September 2006, Az.: B 2 U 25/05 R; BSG vom 2. Mai 2001, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S. 26).

Als Unfallfolge hat die Beklagte die beantragten Gesundheitsbeeinträchtigungen, wie sie sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. Sch. ergeben - d.h. eine traumatische Knorpelfraktur am Tibiaplateau links lateral, einen horizontalen Außenmeniskusriss links bei vorbestehender alter Meniskusnarbe, eine vordere Kreuzbandelongation links mit Einblutung ohne Ruptur sowie eine Knorpelfraktur im Bereich der medialen Patellafacette im Bereich der medialen Kante links - nicht als Unfallfolgen anerkannt - mit Teilanerkenntnis vom
27. November 2013 wurde im Bereich des vorderen Kreuzbandes jedoch eine Distorsion im Bereich des linken Kniegelenks mit Zerrung von Bandstrukturen anerkannt. Im Rahmen des streitgegenständlichen Bescheides wurde vielmehr der "degenerative Außenmeniskusriss sowie degenerative Knorpelschaden links, Veränderungen der Oberschenkelstreckermuskulatur links" ausdrücklich als unfallunabhängig gewertet.

Dies ist nicht zu beanstanden. Der Senat stützt sich dabei wie das Sozialgericht auf das Gutachten des Dr. C., der in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 3. Juli 2013 nochmals auf die Bedeutung der auch nach dem Gutachten des Prof. Dr. Sch. vorhandenen degenerativen Vorschädigungen mit Vernarbungen hinweist. Er sieht diese als erheblich und insgesamt im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung als wesentlich an; ein nach der reinen Bedingungstheorie bestehender Kausalzusammenhang mit dem Unfallgeschehen tritt damit zurück. Bereits das MRT vom 10. Oktober 2008, also zeitnah nach dem Unfall angefertigt, ergab nach Darstellung des Sachverständigen Hinweise auf degenerative Veränderungen. Die anschließende Arthroskopie mit der Entnahme und histologischen Auswertung von Gewebeproben zeigte eindeutig degenerative Veränderungen. Es fanden sich bei der Arthroskopie degenerative Veränderungen auf der Außenseite des linken Knies, die zusätzlich durch intraoperativ durchgeführte Aufnahmen dokumentiert wurden. Therapeutisch wurden im Anschluss die degenerativen Veränderungen repariert. Hinzu kommen die X-Beinstellung der Klägerin sowie ein Übergewicht, die das Entstehen der degenerativen Veränderungen erklären.

Auch der von Prof. Dr. Sch. bewertete erneute pathologische Bericht vom 22. Februar 2012 der Schnittpräparate aus dem Archiv beschreibt Hinweise auf ein älteres, jedoch rezidiviertes und jetzt auch frischeres Trauma und somit degenerative Vorschäden. Dr. C. führte in seiner ergänzenden Stellungnahme aus, dass sich aus diesem erneuten Histologiebefund nicht entscheidend Neues ergibt.

Durch den Unfall kam es zu einer Distorsion einschließlich einem Ödem, einer Zerrung des vorderen Kreuzbandes und eines Bone bruise. Eine massive Zerrung oder Verdrehung ist auszuschließen, da es nicht zu einem sog. "Unhappy-triad" mit Zerreißen oder Schädigung des Innen- oder Außenbandes, des vorderen oder hinteren Kreuzbandes und eines entsprechenden Meniskus gekommen ist. Vielmehr kam es zu einer Rissbildung im mittleren und vorderen Bereich des Außenmeniskus. Histologisch wurden in diesem Bereich bereits Narben beschrieben. Ein vernarbter Meniskus ist nach Darstellung des Sachverständigen leichter verletzlich. Es kann nicht ohne Weiteres (histologische Aufarbeitung des gesamten Meniskus) geklärt werden, ob der Riss eine Verlängerung aus einer degenerativ vorgeschädigten Zone darstellt oder aus einer gesunden Zone stammt.

Das Gutachten des Dr. C. einschließlich der ergänzenden Stellungnahme ist für den Senat überzeugend, zumal es sich mit der Einschätzung des Prof. Dr. B. sowie des Prof. Dr. H. deckt. Prof. Dr. B. führte ergänzend aus, dass sich unfallbedingte Außenmeniskusschädigungen üblicherweise kapselnah als Längsriss darstellen. Vorliegend sprechen deshalb auch die Rissart und die Lokalisation des Außenmeniskushorizonalrisses für eine degenerative und gegen eine traumatische Verursachung. Auch der beschriebene Knorpelschaden am lateralen Tibiaplateau ist nach Darstellung des Gutachters ebenfalls nicht einem frischen traumatischen Ereignis zuzuordnen.

Der Senat folgt damit nicht dem Gutachtensergebnis des Prof. Dr. Sch., zumal auch dieser degenerative Veränderungen des Außenmeniskus bzw. einen degenerativ, narbig abgeheilten Außenmeniskus beschreibt. Dass es durch das Trauma auch zu einer Verletzung eines gesunden Meniskus hätte kommen können, ist durch dieses Gutachten nicht belegt, zumal die bildgebenden Befunde sowie die Arthroskopieberichte einschließlich der histologischen Befunde eine erhebliche Degeneration belegen und die Zerrung des vorderen Kreuzbandes im Sinne einer ligamentären Begleitverletzung als gering einzustufen ist.

Die geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen am linken Kniegelenk sind somit als degenerativ und unfallbedingt anzusehen, auch wenn der Vorschaden offensichtlich bis dahin stumm gewesen war. Die geltend gemachten weiteren Unfallfolgen sind somit nicht anzuerkennen.

Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass - wie durch die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Teilanerkenntnisse geschehen - als weitere Unfallfolge eine Distorsion im Bereich des linken Kniegelenks mit Zerrung von Bandstrukturen (vorderes Kreuzband), wie von Dr. C. beschrieben, anzuerkennen war. Darüber hinaus stellt die im Tenor des Bescheides vom 27. Oktober 2009 erfolgte Feststellung einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zu einem bestimmten Datum eine Elementenfeststellung (hierzu allgemein Keller, in: Meyer-Ladewig/ Keller/
Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 55 Rn. 9 zur Elementenfeststellungsklage im Rahmen des § 55 Abs. 1 SGG) dar, die als unzulässig anzusehen ist und somit aus formellen Gründen aufzuheben gewesen wäre (so zuletzt auch: LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O. mit Verweis auf Keller, a.a.O., Rn. 19 f. Als zulässig erachtend z.B.: LSG NRW, Urteil vom 8. August 2012, L 17 U 41/09). Da im Übrigen jedoch die Berufung unbegründet ist, war eine Quotelung wie erfolgt angezeigt.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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