L 12 KA 91/13

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 43 KA 663/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 91/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 10/14 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.04.2013 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme wegen Verstoßes gegen das Sachleistungsprinzip und die Präsenzpflicht. Der Kläger war seit 1996 bis 31.06.2012 als Facharzt für Augenheilkunde zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seit dem 01.07.2012 ist er angestellter Arzt in einem Medizinischen Versorgungszentrum.

Am 29.12.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten das Ruhen seiner Zulassung vom 01.01.2012 bis 30.06.2012 und begründete dies mit Krankheit sowie "aus sonstigem Grund". Auf Nachfrage der Beklagten sowie den Hinweis, dass die nächste Sitzung des Zulassungsausschusses am 07.03.2012 geplant sei, präzisierte der Kläger seinen Antrag. Die Behandlung gesetzlich Krankenversicherter sei ab dem 01.01.2012 eingestellt worden, ein Attest zu seiner Erkrankung werde bis spätestens 07.03.2012 nachgereicht. Als "sonstiger Grund" wurde die Verfolgung wegen Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Beklagten genannt, die nicht mehr auszuhalten seien. Daraufhin wies die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 11.01.2012 darauf hin, dass er bis zu einer Entscheidung des Zulassungsausschusses eine Versorgungsverpflichtung sowie Sprechzeiten von mindestens 20 Wochenstunden anzubieten habe. Der Kläger teilte daraufhin mit, er sei in den letzten Jahren überproportional tätig gewesen, diese Zeit werde er nunmehr in Form von Überstunden abfeiern. Am 26.01.2012 stellte der Vorstand der Beklagten einen Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen Verstoß gegen das Sachleistungsprinzip sowie die Präsenzpflicht. Am 28.02.2012 legte der Kläger ein Attest, datiert vom 24.02.2012 vor, wonach er seit dem 27.12.2011 bis voraussichtlich 30.06.2012 aus ärztlicher Sicht außer Stande sei, die vertragsärztlichen Verpflichtungen wahrzunehmen. Mit Beschluss vom 07.03.2012 stellte der Zulassungsausschuss das Ruhen der Zulassung des Klägers vom 8.03. bis 31.03.2012 fest. Ein Ruhen für abgelaufene Zeiträume sei jedoch nicht zulässig. Mit Beschluss vom gleichen Tag verpflichtete der Zulassungsausschuss den Kläger, sich bei einem (namentlich benannten) Gutachter zur Überprüfung seines Gesundheitszustandes in Bezug auf die Vorbereitung einer möglichen Zulassungsentziehung vorzustellen. Mit Schreiben vom 04.04.2012 informierte die Beklagte den Kläger über die Sitzung des Disziplinarausschusses am 18.04.2012. Am 17.04.2012 beantragte der Kläger eine Verlegung des Termins, da er von der Einladung erst am 16.04.2012 Kenntnis erlangt habe. Die Praxis sei vorher wegen Fortbildung geschlossen gewesen.

Mit Beschluss vom 18.04.2012 setzte der Disziplinarausschuss der Beklagten gegen den Kläger eine Geldbuße in Höhe von 2000 EUR fest. Die Einleitung des Disziplinarverfahrens sei zulässig, da dem Kläger ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden sei. Er sei mit Schreiben vom 03.02.2012 und 05.03.2012 über die Möglichkeit der Beantragung einer mündlichen Verhandlung informiert worden, habe jedoch von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Seine schriftlichen Stellungnahmen seien berücksichtigt worden, so dass ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden sei. Der Kläger habe durch sein Verhalten gegen die Pflicht zur Behandlungsübernahme (§ 13 Abs. 7 BMV-Ä und § 13 Abs. 6 EKV-Ä) verstoßen. Dies sei nachgewiesen durch die Schreiben dreier Patienten, die bekundet hätten, der Kläger behandle nur noch gegen Bezahlung, die Vorlage der Krankenversichertenkarte sei nicht erforderlich. Der Kläger habe auch selbst mehrfach geäußert, seine Praxis ab dem 01.01.2012 in eine Vorsorgepraxis umgestellt zu haben, um der Bevormundung durch die KV zu entgehen und den Patienten mehr als nur eine 08/15 Behandlung zukommen zu lassen. Diese Vorgänge seien auch in mehreren Presseberichten verbreitet worden. Das vom Kläger vorgelegte Attest genüge nicht den Mindestanforderungen, die an ein Attest zu stellen seien. Insbesondere enthalte es keine Befundtatsachen, kein Untersuchungsdatum sowie die Angabe, inwieweit die sich aus der Krankheit ergebende Beeinträchtigung die vertragsärztliche Versorgung verhindert. Der Ausschuss sehe das vorgelegte Attest als eine wertlose Gefälligkeit an. Offenbar handele es sich bei dem Kläger um eine Erkrankung zur Vermeidung vertragsärztlicher Tätigkeit, da er sich gegen Bezahlung durchaus in der Lage gesehen habe, Leistungen des GKV-Katalogs zu erbringen. Zudem habe der Kläger gegen das in § 13 Abs. 2 SGB V normierte Sachleistungsprinzip verstoßen, wonach seine Leistungen als Sachleistungen für den Kassenpatienten gänzlich kostenfrei zu erbringen seien. Der Kläger habe durch die Terminsvergabe nur für den Fall der Selbstzahlung bei den Versicherten eine ausreichende und zweckmäßige Behandlung in der Praxis nur Privatpatienten und Selbstzahlern angeboten. Der Kläger habe auch schuldhaft, sogar vorsätzlich gehandelt. Da er sich im Rahmen durchgeführter Wirtschaftlichkeitsprüfungen ungerecht behandelt gefühlt habe, habe er beschlossen, GKV-Patienten nur noch gegen Selbstzahlung zu behandeln. Sodann begründete der Ausschuss ausführlich die Festsetzung einer Geldbuße in Höhe von 2000 EUR. Für den Kläger spreche, dass er bislang disziplinarisch nicht in Erscheinung getreten sei, gegen ihn, dass er gegen elementare Grundsätze des Vertragsarztrechts verstoßen habe und uneinsichtig sei.

Die hiergegen am 16.06.2012 zum Sozialgericht in München erhobene Klage wird im Wesentlichen mit einem Verstoß gegen Grundrechte, insbesondere die Berufsausübungsfreiheit und das Verhältnismäßigkeitsprinzip begründet. Als Disziplinarmaßnahme wäre auch ein Ruhen der Zulassung möglich gewesen, was dem Interesse des Klägers entsprochen hätte und verhältnismäßig gewesen wäre. Die Beklagte hätte zudem schneller über den Antrag auf Ruhen der Zulassung entscheiden müssen. Die vertragsärztliche Versorgung sei zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen, da genügend zugelassene Augenärzte zur Verfügung gestanden hätten. Zudem hätte berücksichtigt werden müssen, dass gegen den Kläger diverse Wirtschaftlichkeitsprüfungen eingeleitet worden seien, gegen die er sich gewehrt habe. Es sei dem Kläger nicht zuzumuten, ungerechtfertigte Honorarkürzungen hinzunehmen und zum Nulltarif zu arbeiten. Der Bescheid sei schon wegen eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör aufzuheben. Der Kläger habe zudem berechtigt die Behandlungsübernahme gegen Vorlage der Versichertenkarte verweigert, da die genannten Vorschriften rechtswidrig seien. Die Beklagte setze den Kläger rechtswidrig unter Druck und lege die Vorschriften entgegen ihrer Fürsorgeverpflichtung so aus, wie es ihr gefalle. Zudem habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass der Kläger in den vergangenen 15 Jahren überobligatorisch gearbeitet habe und nunmehr zu Recht diese Überstunden abbauen dürfe. Der Kläger sei krank gewesen, was er durch die Vorlage des Attestes auch nachgewiesen habe. Dieses sei zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Die Rechtsgrundsätze, gegen die der Kläger angeblich verstoßen habe, seien rechtswidrig und verfassungswidrig. Uneinsichtig zeige sich nicht der Kläger, sondern die Beklagte, die sich weigere, das Vorbringen des Klägers kritisch zu hinterfragen.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 10.04.2013 ab. Die Beklagte habe die Disziplinarstrafe zu Recht ausgesprochen. Der Kläger habe mit Attest vom 24.02.2012 vorgetragen, dass er außer Stande sei, seinen vertragsärztlichen Pflichten nachzukommen. Er sei aber der Praxis nicht wegen seiner Krankheit ferngeblieben, sondern habe lediglich die Behandlung von gesetzlich Versicherten verweigert. Dies habe er aus Überzeugung getan, was auf seiner Homepage nachzulesen gewesen sei sowie sich in den Äußerungen, die der Kläger in der Öffentlichkeit über die von ihm behaupteten Schwächen beziehungsweise Nachteile des Systems ausgeführt hatte, wiedergefunden habe. Damit habe der Kläger gegen elementare Pflichten des Vertragsarztrechts verstoßen. Inwiefern dieses Verhalten einer Krankheit geschuldet sein könne, erschließe sich dem fachkundigen Gericht nicht. Von einem Verschulden sei auszugehen. Ebenso sei dem Kläger ausreichendes rechtliches Gehör gewährt worden. Hinsichtlich der Auswahl der Disziplinarmaßnahme sei das Gericht nur eingeschränkt zur Überprüfung berechtigt und verpflichtet, die Verhängung einer Geldbuße erscheine jedoch angesichts des Verhaltens des Klägers in keinem Fall unverhältnismäßig.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung zum Bayerischen Landessozialgerichts, in der er die bisherige Argumentation wiederholt. Das SG habe sich mit seinen Argumenten nicht ausreichend auseinandergesetzt, das Urteil sei bereits aus diesem Grund aufzuheben. Insbesondere habe sich das Gericht mit entscheidungsfremden Sachverhalten auseinandergesetzt. Der Kläger habe sich vielmehr aus gesundheitlichen Gründen vor dem System schützen wollen. Das Gericht sei auch nicht auf die Wirtschaftlichkeitsprüfungen eingegangen, denen der Kläger ungerechtfertigt ausgesetzt sei. Zudem sei es unzutreffend, das der Kläger im 1. Quartal 2012 keine Kassenpatienten behandelt habe. Eine Abrechnung sei vielmehr in Vorbereitung. Es könne nicht sein, dass einerseits Zahlungen eingestellt würden, andererseits aber noch eine Geldbuße auferlegt werde. Eine Aufstellung sei in Vorbereitung.

Der Klägerbevollmächtigte stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 31.8.2013,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.04.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 18.04.2012 aufzuheben.

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend. Die verhängte Disziplinarstrafe sei sowohl in der Sache als auch in der festgelegten Höhe rechtmäßig und verhältnismäßig. Der Berufungskläger habe in dem betreffenden Zeitraum die Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten verweigert, während er Privatpatienten und Selbstzahler in der Praxis versorgt habe. Hierdurch habe er gegen grundlegende vertragsärztliche Pflichten wie das Sachleistungsprinzip und die Präsenzpflicht verstoßen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten des Beklagten und des Sozialgerichts. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Disziplinarausschuss der Beklagten hat die streitgegenständliche Geldbuße gegen den Kläger zu Recht verhängt. Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ein Vorverfahren findet nicht statt (§ 81 Abs. 5 S. 4 SGB V).

Rechtsgrundlage für die Disziplinarmaßnahme durch die Beklagte ist § 81 Abs. 5 SGB V in Verbindung mit § 18 Abs. 1 der Satzung der Beklagten. Danach kann die Beklagte gegenüber Mitgliedern, die ihre vertragsärztlichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllen, je nach Schwere der Verfehlung eine Verwarnung, einen Verweis oder eine Geldbuße bis zu 10.000 EUR aussprechen oder das Ruhen der Zulassung beziehungsweise der vertragsärztlichen Beteiligung bis zu 2 Jahren anordnen.
Die formellen Voraussetzungen für die Einleitung des Disziplinarverfahrens wurden eingehalten. Der Antrag auf Einleitung des Verfahrens wurde nach § 18 Abs. 2 Satz 1 der Satzung vom zuständigen Vorstand der Beklagten am 26.01.2012 innerhalb der Frist des § 18 Abs. 3 der Satzung (2 Jahre seit Bekanntwerden der Verfehlung) gestellt. Der Kläger hatte ausreichend Gelegenheit, sich zu den Vorwürfen zu äußern, indem ihm mit Schreiben vom 03.02.2012 der Antrag des Vorstandes zur Stellungnahme zugeleitet wurde und er sowohl in diesem Schreiben als auch mit Schreiben vom 05.02.2012 auf die Möglichkeit der Beantragung einer mündlichen Verhandlung aufmerksam gemacht wurde, was er jedoch nicht tat. Er hat sich jedoch schriftlich geäußert.

Für die richterliche Kontrolle von Disziplinarbescheiden gilt ein besonderer Prüfungsmaßstab. Soweit der Disziplinarausschuss nach seinem Ermessen zu entscheiden hat, ist der Verwaltungsakt nach § 54 Abs 2 SGG nur bei Ermessensüberschreitung oder Ermessensfehlgebrauch rechtswidrig. Das Gericht hat dazu die Voraussetzungen des Ermessens festzustellen und insbesondere auch zu prüfen, ob der Disziplinarausschuss von einem richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und sich von sachgerechten Gründen hat leiten lassen. Dabei ist es auf die im Verwaltungsakt mitgeteilten Ermessenserwägungen beschränkt. Kommt das Gericht zum Ergebnis, der Disziplinarausschuss habe seiner Entscheidung in fehlerhafter Weise Tatsachen zugrunde gelegt, führt die Verengung des zugrunde liegenden Sachverhalts nicht zwingend dazu, dass der Disziplinarausschuss sein Ermessen neu ausüben muss. Allerdings darf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Disziplinarbescheids durch das Gericht nicht im Widerspruch zu den dargelegten Ermessenserwägungen des Disziplinarausschusses stehen. Uneingeschränkt durch die Gerichte überprüfbar ist hingegen die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vertrags(zahn)arztes eine disziplinarisch zu ahndende Pflichtverletzung darstellt (BSGE 62, 127). Im Rahmen der Prüfung, ob die Behörde den richtigen Sachverhalt zu Grunde gelegt hat, darf das Gericht die maßgeblichen Tatsachen abweichend feststellen und Beweismittel anders würdigen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10.A., § 54 Rd. 28b).

Hieran gemessen erweist sich die Entscheidung des Disziplinarausschusses über die Auferlegung einer Geldbuße als rechtmäßig. Der Kläger hat gegen das in § 13 Abs. 2 SGB V normierte Sachleistungsprinzip verstoßen, wonach der Vertragsart verpflichtet ist, den Versicherten die erforderlichen Leistungen als Sach- oder Dienstleistung zur Verfügung zu stellen. Nach dem Sachleistungsprinzip hat der Arzt seine Leistung als Sachleistung, das heißt für den Kassenpatienten gänzlich kostenfrei zu erbringen. Der Kläger hat sowohl nach eigener Aussage als auch nach Aussage von mindestens zwei Patienten (Patientin Sch. und Patient B.) eine Behandlung im 1. Quartal 2012 gegen Vorlage der Krankenversicherungskarte verweigert und vielmehr eine Terminsvergabe nur noch gegen Selbstzahlung oder für Privatpatienten ermöglicht. Die Ablehnung der Behandlung der dritten Patientin fand während des Ruhens der Zulassung des Klägers statt (Terminsabsage für den 27.03.2012) und kann ihm daher nicht im Rahmen dieser Disziplinarmaßnahme vorgeworfen werden. Ein Pflichtenverstoß, der die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme rechtfertigt, liegt aber schon in der Nichtbehandlung der zwei GKV-Patienten, die der Beklagten namentlich bekannt sind. Der Disziplinarausschuss der Beklagten hat den Sachverhalt auch unter Berücksichtigung der schriftlichen Äußerungen des Klägers gegenüber der Beklagten zutreffend und umfassend zugrunde gelegt. Keine andere Beurteilung ergibt sich durch den Vortrag des Klägers, er habe sehr wohl im 1. Quartal 2012 GKV-Patienten behandelt, eine Liste und die Abrechnung seien in Vorbereitung. Zum einen wurde eine entsprechende Liste oder Abrechnung weder der Beklagten im Verwaltungsverfahren noch im Gerichtsverfahren vorgelegt. Zudem läge der Verstoß gegen das Sachleistungsprinzip gegenüber den zwei genannten Patienten trotz Behandlung von GKV-Patienten vor, so dass die Beklagte den Pflichtverstoß der Disziplinarmaßnahme zu Recht zugrunde gelegt hat.

Der Kläger hat auch gegen die Präsenzpflicht verstoßen. Nach § 24 Abs. 2 Ärzte-ZV ist der Vertragsarzt verpflichtet, am Vertragsarztsitz in den Praxisräumen Sprechstunde zu halten. Ärzte mit vollem Versorgungsauftrag wie der Kläger haben mindestens 20 Wochenstunden für gesetzlich Versicherte und Gleichgestellte zur Verfügung zu stehen. In den Sprechstundenzeiten muss der Arzt dauernd für die ärztliche Versorgung der Patienten bereit sein (§ 32 Abs. 1 Ärzte-ZV), sofern er keinen zulässigen Unterbrechungsgrund vorweisen kann. Der Kläger hat in Telefonaten gegenüber den Patienten sowie über die Presse nach außen kundgetan hat, keine GKV-Patienten mehr zu behandeln und demnach nicht mehr für mindestens 20 Stunden pro Woche für GKV-Patienten zur Verfügung zu stehen. Das "Abfeiern" überobligatorischer Leistungen in späteren Quartalen ist nicht zulässig. Der Kläger kann sich auch nicht auf einen zulässigen Unterbrechungsgrund berufen. Das vorgelegte Attest ist aus den im Bescheid genannten Gründen nicht ausreichend, um einen solchen zulässigen Unterbrechungsgrund für die Zeit vom 01.01.2012 bis 07.03.2012 nachzuweisen. Zudem wäre der Kläger verpflichtet gewesen, sich für diesen Zeitraum durch einen anderen Arzt vertreten zu lassen, um seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen. In dem angefochtenen Bescheid sind die Verstöße zutreffend und eingehend dargelegt.

Ein Verstoß gegen Grundrechte ist unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ersichtlich, insbesondere, welche konkreten Normen rechtswidrig und verfassungswidrig sein sollen, wie vom Klägerbevollmächtigten in den Raum gestellt. Zudem gehen die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf die noch laufenden Wirtschaftlichkeitsprüfungen ins Leere, da die Disziplinarmaßnahme nicht wegen fortlaufender Unwirtschaftlichkeit, sondern wegen anderer Verstöße verhängt wurde. Der Zulassungsausschuss hat auch zu Recht ein Ruhen der Zulassung als statusbegründenden Akt für vergangene Zeiträume abgelehnt. Dass ein mögliches Ruhen der Zulassung erst ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses möglich ist, hat der Kläger auch gewusst, da die Beklagte ihn bereits Anfang Januar hierauf hingewiesen hatte. Zudem verkennt der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass die vertragsärztliche Versorgung durch den Kläger als zugelassener Vertragsarzt selbst zu erbringen ist und im Hinblick auf die Pflicht zur Versorgung nicht auf andere Leistungserbringer verwiesen werden kann.

Der Kläger hat auch schuldhaft gehandelt. Nicht nur vorsätzliches, sondern auch fahrlässiges Verhalten ist schuldhaft (vgl. Hesral in: Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Hrsg. Ehlers, 2. Aufl. 2013, RdNr 219 ff).

Im Hinblick auf die Auswahl der Disziplinarmaßnahme hat das SG zutreffend auf die eingeschränkte Überprüfbarkeit hingewiesen und die Auswahl und Höhe zu Recht als zumindest nicht unverhältnismäßig festgestellt, zumal grundsätzlich die Geldbuße gegenüber dem Ruhen der Zulassung das mildere Mittel ist. Eine Abwägung der möglichen Disziplinarmaßnahmen mit einer ermessensfehlerfreien Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 2000 EUR ist erfolgt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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