L 9 SO 85/12

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 28 SO 158/10
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 9 SO 85/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur örtlichen Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers für die Kostenübernahme bei Unterbringung in teilstationären Einrichtungen.

2. Die örtliche Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers für die Kostenübernahme bei der Unterbringung einer eingliederungshilfebedürftigen Person in einer teilstationären Einrichtung folgt aus direkter Anwendung von § 98 Abs. 2 SGB XII oder analoger Anwendung von § 98 Abs. 2 oder Abs. 5 SGB XII.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 27. November 2012 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten, die ihr im Rahmen einer Eingliederungshilfemaßnahme für R D entstanden sind.

Der am. 1968 geborene R D wurde mit Urteil des Landgerichts Verden vom 4. Dezember 2001 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Seit März 2002 befand er sich im Maßregelvollzug im Landeskrankenhaus B. Anschließend war er in Einrichtungen der "Brücke Schleswig-Holstein gGmbH" untergebracht. Ab 20. Februar 2006 wurde R in einer Wohngemeinschaft der "h K gGmbH" in K betreut. Die Maßnahme wurde zunächst vom Landeskrankenhaus B finanziert.

Am 24. Juli 2006 ging bei dem Beklagten ein Schreiben des R vom 21. Juni 2006 ein, mit dem dieser Leistungen der Eingliederungshilfe für die Zeit nach der bedingten Entlassung aus dem Maßregelvollzug beantragte. Diesen Antrag leitete der Beklagte mit Schreiben vom 1. August 2006 per Fax vorab an die Klägerin weiter mit der Begründung, die Zuständigkeit für die teilstationäre Wohngemeinschaft in der "h K gGmbH" liege bei der Klägerin.

Mit Beschluss des Landgerichts Stade vom 9. Oktober 2006 wurde die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt mit der Auflage, in der Wohngemeinschaft der "h K gGmbH" zu verbleiben.

Die Klägerin übernahm mit Bescheiden vom 1. Februar, 31. Mai und 1. Juni 2007 die Kosten für die teilstationäre Betreuung von R D in der Zeit vom 26. Ok¬tober 2006 bis zum 7. November 2007. Ab 8. November 2007 war R D abgängig.

Bereits mit Schreiben vom 7. Februar 2007 hatte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht. Mit weiteren Schreiben vom 7. Juni und 12. Oktober 2007 sowie vom 26. November 2008 forderte sie den Beklagten erneut zur Zahlung auf und bezifferte den Erstattungsanspruch mit 19.123,16 EUR.

Die Klägerin hat am 29. Dezember 2010 Klage erhoben und vorgetragen, zuständig für die Leistungen bei der "h K gGmbH" sei der Beklagte, denn R D habe vor seiner Inhaftierung im Bereich des Beklagten gewohnt. Zwar werde die "h K gGmbH" als teilstationäre Einrichtung bezeichnet, tatsächlich habe es sich aber um eine ambulant betreute Wohnform gehandelt, so dass der Beklagte nach § 98 Abs. 5 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), zuständig sei. Selbst bei einer teilstationären Unterbringung sei nach der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts der frühere Kostenträger zuständig.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die Kosten der Eingliederungshilfe für R D in der Zeit vom 26. Oktober 2006 bis 7. Novem¬ber 2007 in Höhe von insgesamt 19.123,16 EUR zu erstatten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat darauf verwiesen, dass es sich bei der "h K gGmbH" laut Leistungsvereinbarung um eine teilstationäre Einrichtung handele, für die gemäß § 98 Abs. 1 SGB XII die Klägerin zuständig sei.

Das Sozialgericht Kiel hat mit Urteil vom 27. November 2012 den Beklagten verurteilt, der Klägerin die Kosten der Eingliederungshilfe für R D in der Zeit vom 26. Oktober 2006 bis 7. November 2007 in Höhe von insgesamt 19.123,16 EUR zu erstatten. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe auf Grundlage von § 14 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX), Anspruch auf Erstattung der für R D aufgewandten Kosten. Der Beklagte sei nach § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII für die Unterbringung von R D nach dessen Wechsel vom Landeskrankenhaus B in die "h K gGmbH" zuständig gewesen. Dementsprechend sei er auch weiterhin zuständig für die Betreuung von R D nach Entlassung aus dem Maßregelvollzug in derselben Einrichtung. Dabei handele es sich um eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII. Die nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen bei der ambulant betreuten Wohnmöglichkeit seien ihrer Art nach äußerst vielfältig und erfassten unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung als auch in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften. Selbst wenn die streitige Betreuungsleistung aber eine teilstationäre Maßnahme wäre, wäre die Zuständigkeit des Beklagten nach der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts (Urteil vom 9. März 2011 – L 9 SO 12/10) ebenfalls gegeben.

Der Beklagte hat am 21. Dezember 2012 Berufung eingelegt und vorgetragen, die Betreuung des R D in der "h Kiel gGmbH" sei über eine ambulante Betreuung weit hinausgegangen. Vielmehr habe es sich dabei um eine teilstationäre Einrichtung gehandelt. Für teilstationäre Einrichtungen sei § 98 Abs. 5 SGB XII nicht anwendbar. Die Zuständigkeit folge aus § 98 Abs. 1 SGB XII und liege damit bei der Klägerin. Die Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts sei nicht zutreffend, denn damit werde praktisch jegliche Zuständigkeitsregelung nach § 98 Abs. 1 SGB XII ausgehebelt. Diese Vorschrift sei dann nur noch für ambulante Leistungen eröffnet, die unabhängig von einer betreuten Wohnform geleistet würden. Jedenfalls könne die analoge Anwendung von § 98 Abs. 5 bzw. 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII nicht für alle teilstationären Einrichtungen angenommen werden, denn anderenfalls wäre auch die Betreuung in einer Werkstatt für behinderte Menschen als teilstationäre Einrichtung davon betroffen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 27. November 2012 aufzuheben und die Klage der Klägerin abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich darauf, dass es sich bei der Betreuung in der "h K gGmbH" um eine ambulant betreute Wohnform gehandelt habe mit der Folge, dass der Beklagte für die Kosten dieser Einrichtung zuständig sei.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichts- und Beiakten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden kann, ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat der Klage der Klägerin zu Recht stattgegeben. Diese hat gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Kosten in Höhe von 19.123,16 EUR für die Betreuung des R D in der Zeit vom 26. Oktober 2006 bis 7. November 2007 durch die "h K gGmbH".

Der geltend gemachte Anspruch folgt aus § 14 Abs. 4 SGB IX. Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX erstattet der Rehabilitationsträger, der für die Leistung zuständig ist, dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen, wenn nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX festgestellt wird, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist.

§ 14 Abs. 4 SGB IX normiert für den zweitangegangenen Träger einen den allgemeinen Erstattungsansprüchen nach §§ 102 bis 105 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X), vorgehenden Anspruch auf Erstattung der Kosten, die der zweitangegangene Rehabilitationsträger für eine in die Zuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträgers fallende Maßnahme aufgewandt hat (Götze in: Hauck/Noftz, SGB IX, § 14 Rdn. 24 ff. unter Berufung auf BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 – B 1 KR 34/06 R). Die Vorschrift begründet einen Ausgleich dafür, dass der zweitangegangene Rehabilitationsträger nach dem Regelungskonzept des § 14 SGB IX im Interesse der raschen Zuständigkeitsklärung nach Weiterleitung eines Antrags auf eine Leistung zur Teilhabe durch den erstangegangenen Träger an ihn im Verhältnis zum Versicherten bzw. Leistungsberechtigten abschließend zu entscheiden und bei Vorliegen eines entsprechenden Rehabilitationsbedarfs die erforderlichen Rehabilitationsleistungen selbst dann zu erbringen hat, wenn er der Meinung ist, hierfür als Rehabilitationsträger im Sinne des § 6 Abs. 1 SGB IX nicht zuständig zu sein (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. Januar 2012 – L 4 SO 67/11, recherchiert bei juris, Rdn. 22).

Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 SGB IX sind hier gegeben. Die Klägerin ist nach der fristgerechten Weiterleitung des Leistungsantrages durch den Beklagten gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX im Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten zuständig geworden und hat als zweitangegangener Rehabilitationsträger vorläufig gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGB IX die Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht. Die Klägerin hat den Anspruch gegenüber dem Beklagten auch innerhalb der Frist des § 111 SGB X geltend gemacht, wonach der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen ist, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Sie hat mit Bescheid vom 1. Februar 2007 für den Zeitraum vom 26. Ok¬tober 2006 bis zum 25. April 2007, mit Bescheiden vom 31. Mai und 1. Juni 2007 für den Zeitraum bis zum 25. Oktober 2007 und danach in Fortführung der Zuständigkeit aus § 14 SGB IX bis zum 7. November 2007 Leistungen gewährt und mit Schreiben vom 7. Februar, 7. Juni, 12. Oktober und 26. November 2008 den Kostenerstattungs¬anspruch bei dem Beklagten geltend gemacht. Verjährung nach § 113 SGB X ist angesichts der Klageerhebung am 29. Dezember 2010 nicht eingetreten.

Die Zuständigkeit des Beklagten folgt entweder unmittelbar aus § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII oder aus dem Sinn und Zweck der Regelungen über die örtliche Zuständigkeit, insbesondere aufgrund des Zusammenspiels von Abs. 2 und Abs. 5 des § 98 SGB XII.

Nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII ist für Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Form ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII normiert, dass für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig ist, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Satz 2 dieser Vorschrift besagt, dass in dem Fall, dass bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten waren, oder nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall eintritt, der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend ist.

R D wohnte vor seiner Inhaftierung in H im Bereich des Beklagten. Daher war dieser seit der Inhaftierung und dem angeordneten Maßregelvollzug für stationäre Leistungen zuständig. Die Aufnahme in den Maßregelvollzug und die Entzugsklinik im Landeskrankenhaus B wird nach § 98 Abs. 4 SGB XII wie eine stationäre Leistung behandelt. Bejaht man mit der Klägerin das Vorliegen einer ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit in der "h K gGmbH", ergäbe sich die Zuständigkeit des Beklagten unmittelbar aus § 98 Abs. 5 SGB XII, denn der Beklagte war bei dem Wechsel aus dem Maßregelvollzug in die Eingliederungshilfemaßnahme als Kostenträger zuständig.

Es kann aber offenbleiben, ob es sich bei der Betreuung durch die "h K gGmbH" um eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit oder – wovon der Beklagte ausgeht und wofür auch Einiges spricht – um eine teilstationäre Einrichtung handelt. Auch bei Vorliegen einer teilstationären Einrichtung wäre der Beklagte örtlich zuständig. Obwohl § 98 SGB XII insoweit keine ausdrückliche Regelung trifft, ergibt sich dies durch Auslegung der Norm.

Nach § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII wäre die Zuständigkeit des Beklagten gegeben, weil er vor dem Wechsel in die Eingliederungshilfemaßnahme zuständig war und nunmehr gemäß § 98 Abs. 4, Abs. 2 Satz 2 SGB XII durch den Übertritt des R D in die Eingliederungshilfemaßnahme weiterhin zuständig bleibt. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 9. November 2005 – L 9 B 268/05 SO ER – und in seinem Urteil vom 9. März 2011 – L 9 SO 12/10 – (jeweils veröffentlicht bei juris) ausgeführt hat und woran er weiterhin festhält, gilt für teilstationäre Einrichtungen dieselbe Zuständigkeit wie für stationäre Einrichtungen, denn ausgehend vom Sinn und Zweck der Norm, den Einrichtungsort schützen zu wollen (vgl. Schoch in: LPK SGB XII, 8. Aufl. 2007, § 98 Rdn. 25), wäre es zweckwidrig, bei teilstationär erbrachten Leistungen die Zuständigkeit an den Einrichtungsort nach § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu knüpfen. Bei Leistungserbringung für Hilfen in derartigen Einrichtungen sind die anfallenden Kosten in der Regel höher als in ambulant betreuten Wohnmöglichkeiten, aber geringer als in stationären Einrichtungen. Wenn schon bei der Einrichtung mit geringster ebenso wie mit höchster Kostenlast (gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) eine Zuständigkeit beim Beklagten begründet ist, ist kein Grund ersichtlich, dass dies bei Einrichtungen mit "mittlerer" Kostenlast anders sein sollte. Diese Auslegung lässt sich auch mit dem Wortlaut der Norm in Einklang bringen, denn eine "teil"-stationäre Einrichtung ist eine Unterform der stationären Einrichtung.

Hielte man die vorstehende am Wortlaut orientierte Auslegung aufgrund der ansonsten im Gesetz vorgenommenen Differenzierung zwischen teilstationären und stationären Einrichtungen (vgl. § 13 SGB XII) für unzutreffend, wäre eine analoge Anwendung von § 98 Abs. 2 bzw. Abs. 5 SGB XII auf teilstationäre Einrichtungen gerechtfertigt, die hier ebenfalls zur Zuständigkeit des Beklagten führte. Eine planwidrige Regelungslücke und Vergleichbarkeit der Sachverhalte wäre zu bejahen. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber für teilstationäre Einrichtungen anders als für ambulant betreute Wohnmöglichkeiten und stationäre Einrichtungen bewusst eine Zuständigkeit des Trägers der Sozialhilfe am Einrichtungsort hätte schaffen wollen. Dies widerspräche der Intention des Gesetzgebers, die bei Schaffung der heute in § 98 Abs. 5 SGB XII enthaltenen Regelungen deutlich wird. Mit deren Einfügung sollte die Zuständigkeit desjenigen Trägers der Sozialhilfe sichergestellt werden, der vor Eintritt der Person in Formen betreuter ambulanter Wohnmöglichkeiten zuletzt zuständig war (vgl. BT-Drucks. 15/1514, S. 67 zu § 93 SGB XII a. F.).

Die besonderen Zuständigkeitsregelungen für die Leistungsgewährung in stationären Einrichtungen in § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII und die Regelung des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII dienen dem Schutz der Sozialhilfeträger am Ort derartiger Wohnmöglichkeiten vor überproportionalen Kostenbelastungen durch Leistungen an "Zuzügler" und gewährleisten diesen Schutz auch dann, wenn der Leistungsberechtigte aus einer Einrichtung in eine andere oder von dort in weitere Einrichtungen bzw. betreute Wohnmöglichkeiten übertritt. Hierdurch werden die Träger innerhalb der "Einrichtungskette" geschützt, indem das Gesetz den Sozialhilfeträger für zuständig erklärt, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die erste Einrichtung hatte (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 26. April 2011 – L 9 SO 60/11 B ER; Urteil vom 25. Januar 2012 L 4 SO 67/11). Zum Schutz der Einrichtungsorte ist eine Analogie somit geboten (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 25. Januar 2012 – L 4 SO 67/11). Eine Analogie ist insbesondere dann geboten, wenn ein Hilfebedürftiger aus einer stationären Einrichtung oder der gleichgestellten Einrichtung gemäß § 98 Abs. 4 SGB XII in eine teilstationäre Einrichtung wechselt, denn dadurch wird dem Gebot des Schutzes der Einrichtungsorte Geltung verschafft.

Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dann laufe § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII leer, wonach für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Die Regelung knüpft an die physische Anwesenheit an und an das Prinzip der Bedarfsdeckung, nämlich dass dort, wo der Bedarf entsteht, er auch gedeckt werden muss, sowie an den Grundgedanken, dass der ortsnahe Hilfeträger am effektivsten in der Lage ist, eine gegenwärtige akute Notlage zu beseitigen (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 4. Aufl. 2012, Rdn. 8, 11). Das besagt aber – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht, dass der Gesetzgeber bewusst § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auch auf die teilstationären Einrichtungen beziehen wollte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Entscheidung über die Zulassung der Revision erfolgt gemäß § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGG; der Senat misst der Frage der rechtlichen Einordnung einer teilstationären Unterbringung in § 98 SGB XII, die sich in einer Mehrzahl von Fällen stellt, grundsätzliche Bedeutung bei.
Rechtskraft
Aus
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