L 7 AS 239/14 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 26 AS 29/14 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 239/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Behandlung des Ausschlusstatbestandes des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in Anbetracht des
Beschlusses des BSG vom 12.12.2013 - B 4 AS 9/13 R und des Urteils des EuGH vom 19.09.2013 - C 140/12 "Brey" (Fortsetzung zu SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013 - L 7 AS 964/12 B ER, juris)
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. Januar 2014 abgeändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 15.04.2014 bis 30.04.2014 i.H.v. 330,13 EUR - längstens bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache - zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragsstellers für das Antrags- und das Beschwerdeverfahren zu einem Achtel.

Gründe:

Der Antragsteller begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 03.01.2014 bis 30.04.2014.

Der 1978 geborene Antragsteller ist slowakischer Staatsangehöriger. Er hält sich seit März 2011 im Bundesgebiet auf. Einer Erwerbstätigkeit ist der Antragsteller in dieser Zeit nicht nachgegangen. Der Antragsgegner gewährte dem Antragsteller – mit Unterbrechungen – ab dem 01.07.2012 Leistungen nach dem SGB II. Daneben bewilligte er Leistungen zur Beschaffung einer Wohnungserstausstattung. Die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II nahm er zuletzt mit Bescheid vom 23.04.2013 für den Zeitraum vom 01.05.2013 bis 31.10.2013 in Höhe von monatlich 618,79 EUR vor.

Den Weiterbewilligungsantrag des Antragstellers vom 04.10.2013 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 24.10.2013 ab. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, weil er allein ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II) habe. Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Antragstellers. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gelte nicht für Ausländer, die wie er nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind. Den Widerspruch des Antragstellers wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2013 zurück. Der Kläger hat am 06.01.2014 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) Klage (S 26 AS 62/14) erhoben.

Am 03.01.2014 hat der Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG gestellt. Die Argumente des Antragsgegners seien nicht nachvollziehbar, da er bereits seit mehr als zwei Jahren in der Bundesrepublik Deutschland lebe und länger als drei Monate Leistungen beziehe. Er sei arbeitssuchend und habe sich fortlaufend – leider erfolglos – beworben. Die Ablehnung des Antrages verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 4 VO (EG) 883/2004. In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung sei umstritten, ob ein arbeitssuchender EU-Bürger nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen werden könne. Das Bundessozialgericht (BSG) habe deshalb die strittige Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt. Nachdem im Klageverfahren nicht mit einer alsbaldigen rechtskräftigen Entscheidung über den Arbeitslosengeld-II-Anspruch des Antragstellers gerechnet werden kann, sei der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung berechtigt.

Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 13.01.2014 abgelehnt. Der Antragsteller verfüge über kein Aufenthaltsrecht mehr im Bundesgebiet. Er sei entgegen seiner Auffassung "nicht mehr als Arbeitnehmer zur Arbeitssuche freizügigkeitsberechtigt im Sinne von § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU" und verfüge daher nicht mehr über ein Aufenthaltsrecht. Denn ein solches bestehe für Arbeitslose, die nach ihrer Einreise entweder keine Arbeitstätigkeit aufgenommen haben oder die kürzer als ein Jahr erwerbstätig waren, nur für die Dauer von sechs Monaten. Der Antragsteller sei bislang nicht beschäftigt gewesen und halte sich bereits länger als sechs Monate im Bundesgebiet auf. Gleichwohl setze die Bewertung, dass der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Bundesgebiet habe, noch die Feststellung einer Ausreisepflicht nach § 7 FreizügG/EU voraus. Daran fehle es hier. Der Ausschluss von Leistungen beruhe hier jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Danach seien Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe, und ihre Familienangehörigen von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Zwar gelte diese Vorschrift unmittelbar nur für den Personenkreis, der noch über ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche verfüge. Im Wege des "Erst-Recht-Schlusses" gelte diese Vorschrift aber umso mehr für Unionsbürger, deren ursprünglich bestehendes Aufenthaltsrecht durch Zeitablauf entfallen sei. Insofern sei die Vorschrift entsprechend dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers ergänzend auszulegen. Auch wenn nunmehr das BSG (Beschluss vom 12.12.2013 – B 4 AS 9/13 R) die einschlägigen Rechtsfragen dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt habe und dementsprechend eine eindeutige höchstrichterliche Entscheidung noch nicht vorliege, habe das SG eine eigene Rechtsprüfung vorzunehmen. Wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens verbiete sich im Übrigen eine eigene Vorlage dieses Rechtsstreites zur Vorabentscheidung nach Artikel 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) an den EuGH (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 41 RdNr. 26b). Die Kammer sei von der Europarechtswidrigkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht überzeugt. Entgegen der Auffassung einiger Landessozialgerichte (SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013 – L 7 AS 964/12 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2013 – L 7 AS 130/13) sei die Kammer vielmehr der Auffassung, dass § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II – jedenfalls für diesen Einzelfall – nicht europarechtswidrig sei. Da derartige Umstände nicht vorlägen, sei die Kammer der Auffassung, dass insbesondere das Gleichbehandlungsgebot aus Artikel 4 VO (EG) 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit nicht die Einschränkungen berühre, die Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 (EG) über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, den Mitgliedsstaaten bei der Ausgestaltung von Sozialhilfeleistungen für zuwandernde EU-Bürger vorbehalten habe. Von diesem Vorbehalt habe die Bundesrepublik Deutschland durch die hier in Rede stehende Ausschlussnorm Gebrauch gemacht. Dafür, dass der Vorbehalt des Art. 24 Abs. 2 Richtlinie 2004/38 (EG) auch bei Grundsicherungsleistungen des SGB II greife, spreche die aktuelle Entscheidung des EuGH vom 19.09.2013 – C-140/12 (Brey). Der EuGH habe hier zum Begriff der Sozialhilfe und der Abgrenzung von Sozialhilfeleistungen nach der Richtlinie 2004/38 (EG) zu den besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen im Sinne der VO (EG) 883/2004 Folgendes ausgeführt:

"Unter diesen Umständen kann der Begriff der Sozialhilfeleistungen in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht auf die sozialen Fürsorgeleistungen reduziert werden, die nach Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 nicht in deren Anwendungsbereich fallen Folglich ist dieser Begriff so zu verstehen, dass er sich auf sämtliche von öffentlichen Stellen eingerichtete Hilfesysteme bezieht, die auf nationaler, regionaler oder örtlicher Ebene bestehen und die ein Einzelner in Anspruch nimmt, der nicht über ausreichende Existenzmittel zur Bestreitung seiner Grundbedürfnisse und derjenigen seiner Familie verfügt und deshalb während seines Aufenthalts möglicherweise die öffentlichen Finanzen des Aufnahmemitgliedstaates belasten muss, was Auswirkungen auf das gesamte Niveau der Beihilfe haben kann".

Damit sei der EuGH einer materiellen Auslegung des Begriffes der Sozialhilfe in der Richtlinie 2004/38 (EG) gefolgt. Hiervon ausgehend träfen die vom EuGH aufgestellten Kriterien einer Sozialhilfeleistung ohne weiteres auf die Grundsicherungsleistungen im Sinne der §§ 19 bis 22 SGB II zu. Auch das Arbeitslosengeld II diene als subsidiäre beitragsfreie und bedürftigkeitsabhängige Leistung der Deckung des notwendigen (soziokulturellen) Existenzminimums der Betroffenen. Sei damit der Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/38 (EG) eröffnet, dürfe der bundesdeutsche Gesetzgeber abweichend von dem Gleichbehandlungsgrundsatz Einschränkungen auf die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II nach Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 (EG) vornehmen. Davon habe der Gesetzgeber in zulässiger Weise durch § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II Gebrauch gemacht. Schon aus diesem Grund könne ein Verstoß gegen Art. 4 VO (EG) 838/2004 nicht vorliegen. Soweit die EU-Kommission in ihrer Stellungnahme vom 27.09.2013 nach der nach Vorlagebeschluss des SG Leipzig vom 03.03.2013 – S 17 AS 2198/12 zum EuGH anhängigen Rechtssache C-333/13 sinngemäß den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II als zu umfassend angesehen habe, könne dies hier zu keinem anderen Ergebnis führen. Zunächst habe die Stellungnahme den Fall einer nicht wirtschaftlich aktiven, d.h. nicht aktiv arbeitssuchenden Unionsbürgerin betroffen und sei schon deshalb nicht übertragbar auf den hier vorliegenden Fall des arbeitssuchenden Antragstellers. Überdies werde hier von der Kommission möglicherweise nicht in der ganzen Tragweite gesehen, dass der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II durchaus begrenzt sei und dadurch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bezüglich der Einschränkungen der Freizügigkeitsrechte Rechnung getragen werde. So betreffe diese Vorschrift schon nicht die Gruppe der Selbstständigen und die der sogenannten Aufstocker. Weiterhin greife der Ausschlussgrund nur dann, wenn sich das Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2013 - B 4 AS 54/12 R). Soweit andere Aufenthaltsrechte bestünden, greife § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht mehr. Selbst wenn man der Stellungnahme der EU-Kommission vom 27.09.2013 folgen würde, sei diese auf den Fall des Antrag¬stellers nicht übertragbar. Denn dieser betreffe ohne jede Besonderheit den Kernbereich des Anwendungsfalls des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Die Frage, ob einer vermittelnden Rechtsaufassung zu folgen sei, wie sie etwa das LSG Bayern vertrete (BayLSG, Urteil vom 19.6.2013 - L 16 AS 847/12), stelle sich daher für den vorliegenden Fall nicht. Die von diesem Gericht geforderte tatsächliche Verbindung mit dem bundesdeutschen Ar¬beitsmarkt habe der Antragsteller nicht vorzuweisen. Schon wegen dieser fehlenden individuellen Besonderheiten sei mit der Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf den Antragsteller keine unverhältnismäßige und gleich-heitswidrige Einschränkung seiner Freizügigkeitsrechte verbunden. Die Vorschrift diene in Umsetzung des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 (EG) dem Schutz des inländischen Sozialhilfe¬systems. Es solle damit ein Anreiz zu einer Zuwanderung von EU-Bürgern aus anderen Mitgliedstaaten in unser System der beitragsfreien Fürsorgeleistungen, zu denen auch das Arbeitslosengeld II zähle, vermieden werden. Dafür sei auch kein konkreter Nachweis er¬forderlich, wie groß die finanzielle Belastung für das inländische Sozialsystem durch eine solche Zuwanderung tatsächlich sei bzw. sein würde. Denn es sei Ausdruck der gesetzgebe¬rischen Freiheit, einer solchen nicht von der Hand zu weisenden möglichen Belastung durch entsprechende präventive Schutzvorschriften vorbeugen zu können. Insoweit habe der Bundesgesetzgeber von seinem gesetzgeberischen Ermessen in zulässiger Weise Gebrauch gemacht. Auch dies sei von den europarechtlichen Vorgaben gedeckt.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 13.01.2014 zugestellten Beschluss hat dieser am 10.02.2014 beim SächsLSG Beschwerde eingelegt. Ein Ausschluss des Anspruchs des Antragstellers gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II widerspreche dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004. Er könne daher erwarten, ebenso wie ein deutscher Staatsangehöriger behandelt zu werden, der Grundsicherungsleistungen zum Zwecke der Arbeitssuche erhalte. Er hat auf den Vorlagebeschluss des BSG im Verfahren B 4 AS 9/13 R Bezug genommen. Er habe vielfältige Bemühungen unternommen, um eine Arbeit zu finden. Zur Glaubhaftmachung dessen hat der Antragsteller auf Aufforderung des Senats am 04.04.2014 Kopien von 16 Bewerbungsschreiben, die überwiegend aus dem Jahr 2013 stammen, vorgelegt. Eilbedürftigkeit bestehe, weil der Antragsteller bei Ablehnung des Anspruchs befürchten müsse, seine Wohnung zu verlieren. Eine weitergehende Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes ist – trotz Aufforderung des Senats – nicht erfolgt.

Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),

den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 13.01.2014 aufzuheben und dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache monatliche Leistungen in Höhe von mindestens 618,79 EUR für den Zeitraum vom 03.01.2014 bis 30.04.2014 zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er erachtet den erstinstanzlichen Beschluss für zutreffend. Eine intensive und ernsthafte Arbeitssuche des Antragstellers liege nicht vor.

Dem Senat liegen die Verfahrensakten des Antrags- und des Beschwerdeverfahrens sowie die Verwaltungsakte des Antragsgegners vor.

II.

Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Daher ist der Beschluss des SG vom 13.01.2014 abzuändern. Der Antragsgegner ist im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 15.04.2014 bis 30.04.2014 in Höhe von 330,13 EUR – längstens bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache – zu gewähren.

Dem Antragsteller steht vom 15.04.2014 bis 30.04.2014 ein Anspruch auf vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache zu.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG können die Gerichte auf Antrag, der gemäß § 86 b Abs. 3 SGG bereits vor Klageerhebung zulässig ist, zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu ist gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung ergehen und dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung der Hauptsache gesichert werden soll (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen.

1. Der Antragsteller hat seit 03.01.2014 einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn die einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes bezüglich eines streitigen Rechtsverhältnisses nötig erscheint. Bei der Prüfung des Anordnungsanspruchs sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Soweit das Hauptsacheverfahren nach überschlägiger Prüfung voraussichtlich Aussicht auf Erfolg haben wird, wovon jedenfalls dann auszugehen ist, wenn die Erfolgsaussichten des Antragstellers in der Hauptsache deutlich überwiegen, liegt ein Anordnungsanspruch vor.

Gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Personen Leistungen nach dem SGB II, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) sowie hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte; Nr. 4). Ausgenommen sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (Nr. 1), Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen (Nr. 2) sowie Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (Nr. 3). Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 SGB II gilt § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

a) Der 1978 geborene Antragsteller hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Er ist nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren lediglich möglichen summarischen Prüfung auch hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II).

b) Der Antragsteller ist erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II. Nach § 8 Abs. 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Gemäß § 8 Abs. 2 SGB II können Ausländerinnen und Ausländer im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Die rechtliche Möglichkeit, die Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 Aufenthaltsgesetz aufzunehmen, ist ausreichend. Als slowakischer Staatsangehöriger benötigt der Kläger wegen der ihm zustehenden uneingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit zur Beschäftigungsaufnahme keine Arbeitsgenehmigung (vgl. BSG, Beschluss vom 12.12.2013 – B 4 AS 9/13 R, RdNr. 12; BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R, RdNr. 15 ff.). Dem Antragsteller ist als freizügigkeitsberechtigtem Unionsbürger die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt.

c) Der Antragsteller hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Das BSG hat im Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R, RdNr. 17 ff. entschieden:

Tenor:

"Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum zu beurteilen (BSG SozR 3-1200 § 30 Nr. 5 S 8). Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist. Mit einem Abstellen auf den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik soll - auch im Sinne einer Missbrauchs-abwehr - ausgeschlossen werden, dass ein Wohnsitz zur Erlangung von Sozialleistungen im Wesentlichen nur formal begründet, dieser jedoch tatsächlich weder genutzt noch beibehalten werden soll (Schlegel in jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2012, § 30 RdNr. 24 mit Verweis auf BT-Drucks 7/3786 S 5 zu § 30; zur Begründung eines Wohnsitzes ‚nach den faktischen Verhältnissen‘ im Sinne von Art. 1 lit j VO (EG) 883/2004 unter Einbeziehung der Definition in Art 11 VO (EG) Nr. 987/2009 und Abgrenzung zur ‚legal residence in Directive 2004/38‘ Frings, Grundsicherungsleistungen für Unionsbürger unter dem Einfluss der VO (EG) Nr. 883/2004 in ZAR, 2012, 317 ff, 322). Ein zu dem gewöhnlichen Aufenthalt hinzutretendes Anspruchsmerkmal im Sinne des Innehabens einer bestimmten Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU bzw. eines bestimmten Aufenthaltstitels nach dem AufenthG fehlt im SGB II. Unabhängig hiervon liegt eine fehlende Dauerhaftigkeit des Aufenthalts im Sinne einer nicht vorhandenen Zukunftsoffenheit bei Unionsbürgern regelmäßig nicht vor, weil ihr Aufenthalt nicht nach einer bereits vorliegenden Entscheidung der dafür allein zuständigen Ausländerbehörde auflösend befristet oder auflösend bedingt ist. Zwar verfügte die Klägerin - anders als in den vom 14. Senat des BSG entschiedenen Fallgestaltungen (BSGE 107, 66 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 21 RdNr 13; BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 28 RdNr 17) - offenbar (Feststellungen des LSG hierzu fehlen) nicht über eine Freizügigkeitsbescheinigung (§ 5 FreizügG/EU; entfallen durch Art 1 des Gesetzes zur Änderung des FreizügigkeitsG/EU und weitere aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21.1.2013 (BGBl I 86)). Einer solchen Bescheinigung kommt aber lediglich deklaratorische Bedeutung zu, weil sich das Freizügigkeitsrecht unmittelbar aus Gemeinschaftsrecht ergibt (BT-Drucks 15/420 S 101; BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 28 RdNr 17; BVerwGE 110, 40, 53: subjektiv-öffentliches Unionsbürgerrecht unabhängig vom Zweck seiner Inanspruchnahme). Auch bei Staatsangehörigen aus den neuen Mitgliedstaaten kann der Aufenthalt während der Übergangsphase nur unter den Voraussetzungen der §§ 5 Abs 5, 6 und 7 FreizügG/EU wegen des Wegfalls, des Verlustes oder des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts, also nach Durchführung eines Verwaltungsverfahren, beendet werden (Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 2. Aufl 2011, § 13 RdNr 57, 61; OVG Bremen Beschluss vom 21.1.2011 - 1 B 242/10, juris-RdNr 4). Das Aufenthaltsrecht besteht, solange der Aufnahmemitgliedstaat nicht durch einen nationalen Rechtsakt festgestellt hat, dass der Unionsbürger bestimmte vorbehaltene Bedingungen iS des Art 21 AEUV nicht erfüllt (Harms in Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 1. Aufl 2008, § 2 FreizügG RdNr 4 mwN). Auch § 13 FreizügG/EU steht der Vermutung einer Freizügigkeit nicht entgegen. Danach findet, soweit ua nach Maßgabe des Vertrags vom 25.4.2005 über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (BGBl II 1146) abweichende Regelungen anwendbar sind, das FreizügG/EU Anwendung, wenn die Beschäftigung durch die BA gemäß § 284 Abs 1 SGB III genehmigt wurde. Trotz des unklaren Wortlauts des § 13 FreizügG/EU schränkt der Umstand, dass die Beitrittsverträge nationale Übergangsmaßnahmen im Hinblick auf den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt innerhalb eines längstens sieben Jahre dauernden Zeitraums durch die Mitgliedstaaten zulassen, nicht grundsätzlich das Freizügigkeitsrecht der neuen Unionsbürger ein (OVG Hamburg Beschluss vom 21.1.2011 - 1 B 242/10, juris-RdNr 4; HK-AuslR/Geyer, 1. Aufl 2008, § 13 FreizügG RdNr 2)." (Vgl. auch BSG, Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., RdNr. 13)."

Der Antragsteller hat – nach summarischer Prüfung – den örtlichen Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland. Auch ist (bisher) nicht durch nationale Rechtsakte ein Entfallen des Aufenthaltsrechts festgestellt worden.

d) Der Antragsteller hält sich länger als drei Monate in der Bundesrepublik Deutschland auf, so dass er nicht mehr gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen ist.

Der Antragsteller ist Ausländer im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, dessen Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Er ist nach eigenen Angaben arbeitssuchend. Zur Glaubhaftmachung dessen hat er – auf Aufforderung des Senats – Kopien von 16 Bewerbungsschreiben vorgelegt. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lediglich möglichen summarischen Prüfung bestehen keine gravierenden Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller in Wirklichkeit keinerlei ernsthafte Absichten zur Beschäftigungsaufnahme verfolgt (BSG, Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., RdNr. 19; EuGH, Urteil vom 26.02.1991 – C-292/89 [Antonnissen], juris, RdNr. 22; EuGH, Urteil vom 23.03.2004 – C 138/02 [Collins], juris, RdNrn. 67 ff; BayVGH, Beschluss vom 16.01.2009 – 19 C 08.3271, juris, RdNr. 7).

e) Ob die Norm des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gegen Europarecht verstößt, ist in der Rechtsprechung sehr umstritten (vgl. zur Auffassung des Senats: SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013 – L 7 AS 964/12 B ER m.w.N.). Das BSG hat ein zu dieser Frage anhängiges Revisionsverfahren mit Beschluss vom 12.12.2013 (a.a.O.) ausgesetzt und diese Problematik betreffende Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist auf den Antragsteller möglicherweise schon wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 unanwendbar.

aa) Der Antragsteller unterfällt dem persönlichen Geltungsbereich der VO (EG) 883/2004. Nach Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 gilt diese Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedsstaaten gelten oder galten sowie für ihre Familienangehörigen. Nach der Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., RdNr. 32) sind "Rechtsvorschriften" nach Art. 1 Buchst. l VO (EG) 883/2004 für jeden Mitgliedsstaat die Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 genannten Zweige der sozialen Sicherheit. Damit wird ein Bezug des Betreffenden zu einem Sozialversicherungs- oder Familienleistungssystem in einem der Mitgliedsstaaten gefordert (BSG, Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., RdNr. 32). Der persönliche Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 ist bereits deshalb eröffnet, weil für den Antragsteller die bundesdeutschen Rechtsvorschriften gemäß Art. 1 Buchst. l i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der VO (EG) 883/2004 über Leistungen bei Krankheit gelten und er ausweislich der Bescheinigungen der AOK Plus vom 07.08.2012 und 16.11.2012 bei dieser ab 01.07.2012 gesetzlich krankenversichert war (vgl. auch Stellungnahme der Europäischen Kommission in dem Verfahren vor dem EuGH C 333/13 vom 27.09.2013, RdNr. 69).

bb) Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II sind besondere beitragsunabhängige Geldleistungen im Sinne des Art. 70 VO (EG) 883/2004 (BSG, Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., RdNr. 33; SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013 – L 7 AS 964/12 B ER, juris, RdNr. 44).

Ob das Gleichbehandlungsgebot nach Art. 4 VO (EG) 883/2004 auch auf besondere beitragsunabhängige Geldleistungen anwendbar ist, hängt davon ab, wie der Begriff der "Rechtsvorschriften" in Art. 4 VO (EG) 883/2004 auszulegen ist (BSG, Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., RdNr. 34). Es sind nach dem genannten Beschluss des BSG verschiedene Auslegungen denkbar. Der Begriff wird vereinzelt in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung dahingehend verstanden, dass nur die Rechtsvorschriften im Sinne der Legaldefinition des Art. 1 Buchst. l VO (EG) 883/2004 erfasst sind und sich das Gleichbehandlungsgebot nur auf die im Einzelnen aufgeführten Zweige der sozialen Sicherheit nach Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 bezieht. Nach anderer Auffassung (u.a. SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013, a.a.O., RdNr. 44) unterfallen auch nach der VO (EG) 883/2004 sämtliche beitragsunabhängigen besonderen Geldleistungen mit Ausnahme der in Art. 70 Abs. 3 VO (EG) 883/2004 direkt genannten Ausschlüsse uneingeschränkt dem sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung, also auch dessen Art. 4. Zu dieser Ansicht neigt auch das BSG (Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., RdNr. 35; ebenso Europäische Kommission, Stellungnahme dem Verfahren vor dem EuGH C 333/13 vom 27.09.2013, RdNrn. 47 f., 60). Hierfür spricht, dass mit der Einbeziehung sämtlicher Bürger der Europäischen Union durch die Neuformulierung des persönlichen Anwendungsbereichs der Verordnung nicht gleichzeitig hinter den Stand der Koordinierung besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen nach der VO (EWG) 1408/71 zurückgegangen werden sollte (BSG, Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., RdNr. 35). Hierfür spricht auch, dass Art. 70 Abs. 3 VO (EG) 883/2004 den Ausschluss nur der "Rechtsvorschriften" des Titels III beinhaltet (BSG, Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., RdNr. 35; SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013, a.a.O., RdNr. 43). Der EuGH hat zudem ausgeführt, dass der in der VO (EWG) 1408/71 an verschiedenen Stellen verwendete Begriff der "Rechtsvorschriften" nicht nur nach seinem Wortlaut, sondern auch nach seinem Kontext und den jeweiligen Zielen auszulegen sei (BSG, Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., RdNr. 35). Das BSG hat aufgrund der verschiedenen Auffassungen die Frage "Gilt das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004 auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen i.S.v. Art. 70 Abs. 1, 2 VO (EG) 883/2004?"

dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Bis zur Entscheidung des EuGH kann die Frage daher nicht als geklärt angesehen werden.

Das BSG ist im Beschluss vom 12.12.2013 (a.a.O., RdNr. 37) zu der Auffassung gelangt, dass, wenn eine Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgebots des Art. 4 VO (EG) 883/2004 auch auf beitragsunabhängige besondere Geldleistungen zu bejahen ist, die nationale Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II unmittelbar diskriminierend ist.

cc) Zudem hat das BSG im genannten Beschluss dem EuGH zur Vorabentscheidung folgende Frage vorgelegt: "Sind – gegebenenfalls in welchem Umfang – Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots des Art. 4 VO (EG) 883/2004 durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in Umsetzung des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG möglich, nach denen der Zugang zu diesen Leistungen ausnahmslos nicht besteht, wenn sich ein Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers in einem anderen Mitgliedsstaat allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt?"

Das BSG ordnet mittlerweile Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Sozialhilfeleistungen i.S.d. Richtlinie 2004/38/EG ein (BSG, Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., RdNr. 41; zweifelnd noch BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R, RdNr. 25; offen lassend: SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013, a.a.O., RdNrn. 51 bis 60).

Der Begriff der Sozialhilfe bezieht sich nach der Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., RdNr. 41) nach der Entscheidung des EuGH in Sachen Brey "auf sämtliche von öffentlichen Stellen eingerichteten Hilfesysteme, die auf nationaler, regionaler oder örtlicher Ebene bestehen und die ein Einzelner in Anspruch nimmt, der nicht über ausreichende Existenzmittel zur Bestreitung seiner Grundbedürfnisse und derjenigen seiner Familie verfügt und deshalb während seines Aufenthalts möglicherweise die öffentlichen Finanzen des Aufnahmemitgliedstaates belasten muss, was Auswirkungen auf das gesamte Niveau der Beihilfe haben kann".

Das BSG hält es für klärungsbedürftig, ob ein ausnahmsloser Ausschluss von Sozialhilfeleistungen zulässig ist, wenn sich ein Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Es hat ausdrücklich ausgeführt, dass die in Art. 24 Abs. 2 Richtlinie 2004/38/EG enthaltene Formulierung "oder gegebenenfalls für einen längeren Zeitraum" so auszulegen sein könnte, dass nationale Regelungen bei einem Ausschluss Arbeitssuchender von Sozialleistungen für mehr als drei Monate eine Einzelfallprüfung zulassen müssen. Eine solche sieht § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht vor (BSG, Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., RdNr. 37).

Das BSG hat im Beschluss vom 12.12.2013 (a.a.O., RdNr. 44) weiter ausgeführt, dass unabhängig von einem möglichen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004 die spezifischen Freizügigkeitsrechte der betroffenen Unionsbürger als Arbeitssuchende ihrem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegenstehen könnten: "In seinem Urteil vom 4.6.2009 (C-22/08, C-23/08 (Vatsouras) - Slg 2009, I-4585 = SozR 4-6035 Art 39 Nr 5 RdNr 31) hat der EuGH unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung ausgeführt, dass es angesichts der Einführung der Unionsbürgerschaft und der Auslegung, die das Recht der Unionsbürger auf Gleichbehandlung in der Rechtsprechung erfahren habe, nicht mehr möglich sei, vom Anwendungsbereich des Art 39 Abs 2 EG (nunmehr Art 45 Abs 2 AEUV) im Lichte des Art 12 EG (nunmehr Art 18 AEUV; vgl EuGH Urteil vom 25.10.2012 - Rs C-367/11 (Prete) -ABl EU 2012, C 399, 6 - zur Veröffentlichung in Slg 2012 vorgesehen, RdNr 23) eine finanzielle Leistung auszunehmen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats erleichtern solle. Es sei jedoch legitim, dass ein Mitgliedstaat eine solche Beihilfe erst leiste, nachdem das Bestehen einer tatsächlichen Verbindung des Arbeitsuchenden mit dem Arbeitsmarkt dieses Staates festgestellt worden sei (aaO mwN). Insofern hält der Senat für klärungsbedürftig, ob die nationale Regelung gegen europäisches Primärrecht verstößt, weil sie eine solche Prüfung für die Dauer eines Aufenthaltsrechts als Arbeitsuchende nicht ermöglicht. Dies dürfte davon abhängen, ob bei einem alleinigen Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche generell eine ausreichende Verbindung zum Arbeitsmarkt des Mitgliedstaats verneint werden kann." (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 31.01.2013, a.a.O., RdNrn. 52, 55 ff.).

Ferner geht das BSG im Beschluss vom 12.12.2013 (a.a.O., RdNr. 45) davon aus, dass es sich bei Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts – auch wenn diese "Sozialhilfeleistungen" i.S.d. Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG sind – nach der vom bundesdeutschen Gesetzgeber vorgenommenen Ausgestaltung des Systems existenzsichernder Leistungen aus Steuermitteln gleichzeitig auch um Leistungen handelt, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013, a.a.O., RdNrn. 55 ff.; Europäische Kommission, Stellungnahme der in dem Verfahren vor dem EuGH C-333/13 vom 27.09.2013, RdNrn. 91 ff.). Der bundesdeutsche Gesetzgeber habe sich mit der Neustrukturierung existenzsichernder Leistungen seit 2005 für eine "stärkere Aktivierung erwerbsfähiger Personen im Sinne einer Arbeitsmarktintegration" entschieden. Weiter hat das BSG in der zitierten Entscheidung (RdNr. 47) ausgeführt: "Für die Einordnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, spricht daher zunächst die Anspruchsvoraussetzung der Erwerbsfähigkeit (vgl EuGH Urteil vom 4.6.2009, Rs C-22/08, C-23/08 (Vatsouras) - Slg 2009 I-4585, RdNr 43 f). Die Zuordnung zu dem Leistungssystem des SGB II und die damit verbundene Zuständigkeit der mit der Arbeitsmarkintegration erfahrenen Jobcenter erleichtert den Zugang zum Arbeitsmarkt. Weiter enthält das SGB II in einem gesonderten Kapitel die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, die spezielle, für die Personengruppe der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach dem SGB II vorgesehene Leistungen enthalten (zB Einstiegsgeld nach § 16b SGB II ‚wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist‘; Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II ‚zur Erlangung oder Wiedererlangung ihrer Beschäftigungsfähigkeit, die für eine Eingliederung in Arbeit erforderlich ist‘; Förderung von Arbeitsverhältnissen durch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt an Arbeitgeber für die Beschäftigung zugewiesener erwerbsfähiger Leistungsberechtigter nach § 16e SGB II).

Vor dem Hintergrund einer Einordnung der SGB II-Leistungen als solche Sozialleistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern, hält der Senat für klärungsbedürftig, ob die Ausschlussklausel des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II mit europäischem Primärrecht konform ist. Gegen die Verhältnismäßigkeit der Regelung könnte insofern sprechen, dass gerade bei guten Aussichten der Arbeitsuche und Vermittlung, also weiterhin - über drei bzw sechs Monate hinaus - bestehendem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche, der Ausschluss von den SGB II-Leistungen ohne gesetzlich fixierte Endgrenze fortbesteht. Es ist fraglich, ob eine zulässige Typisierung vorliegt, wenn die nationale Regelung davon ausgeht, dass für eine nicht im vorhinein eindeutig festgelegte Zeit regelmäßig keine ausreichende Verbindung zum innerstaatlichen Arbeitsmarkt bestehen kann. Für Unionsbürger mit einem Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche lässt die Ausschlussregelung des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II keine einzelfallbezogene Berücksichtigung einer dennoch bestehenden Verbindung zum innerstaatlichen Arbeitsmarkt bzw einer sonstigen tatsächlichen Verbindung zum Aufnahmemitgliedstaat (EuGH Urteil vom 21.7.2011 - Rs C-503/09 (Stewart) - Slg 2011, I-6497, RdNr 104) zu."

Deshalb hat das BSG dem EuGH zur Vorabentscheidung folgende weitere Frage vorgelegt: "Steht Art. 45 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art. 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegen, die Unionsbürgern, die sich als Arbeitssuchende auf die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts berufen können, eine Sozialleistung, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die Zeit eines Aufenthaltsrechts nur zur Arbeitssuche und unabhängig von der Verbindung mit dem Aufnahmestaat verweigert?"

Bereits vor dem Beschluss vom 12.12.2013 (a.a.O.) hatte das BSG im Urteil vom 30.01.2013 (B 4 AS 54/12 R, RdNr. 26) Zweifel an der europarechtlichen Zulässigkeit des nicht nach dem Grad der Verbindung des arbeitssuchenden Unionsbürgers zum Arbeitsmarkt differenzierenden sowie zeitlich unbefristeten Ausschlusses geäußert.

f) Zudem ist das Urteil des EuGH vom 19.09.2013 – C-140/12 ("Brey", juris, Ziff. 80) zu beachten, wonach "das Unionsrecht, wie es sich insbesondere aus den Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, 8 Abs. 4 und 24 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/38 ergibt, dahin auszulegen ist, dass es einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, wonach selbst in der Zeit nach einem dreimonatigen Aufenthalt die Gewährung einer Leistung wie der Ausgleichszulage nach § 292 Abs. 1 ASVG an einen wirtschaftlich nicht aktiven Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedsstaats unter allen Umständen und automatisch aufgrund der Tatsache ausgeschlossen ist, dass dieser, obwohl ihm eine Anmeldebescheinigung ausgestellt wurde, die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt für mehr als drei Monate im Hoheitsgebiet des ersten Staates deshalb nicht erfüllt, weil dieses Aufenthaltsrecht davon abhängt, dass dieser Staatsangehörige über ausreichende Existenzmittel verfügt, um diese Leistung nicht beantragen zu müssen." Nach dem Maßstab des Primärrechts ist eine Ungleichbehandlung u.a. nur dann gerechtfertigt, wenn ohne Leistungsausschluss Sozialhilfeleistungen unangemessen in Anspruch genommen würden (EuGH, a.a.O, RdNrn. 61, 64, 65, 66, 80). Es ist daher "eine umfassende Beurteilung der Frage vorzunehmen, welche Belastung die Gewährung dieser Leistung nach Maßgabe der die Lage des Betroffenen kennzeichnenden individuellen Umstände konkret für das gesamte Sozialhilfesystem darstellen würde" (EuGH, a.a.O., RdNr. 77). Es kann nach der Rechtsprechung des EuGH zur genaueren Beurteilung des Ausmaßes der Belastung, die eine solche Zahlung für das nationale Sozialhilfesystem darstellen würde, von Bedeutung sein, den Anteil derjenigen Empfänger dieser Leistung zu ermitteln, die Unionsbürger und Empfänger der bestimmten Leistung in einem anderen Mitgliedsstaat sind (EuGH, a.a.O., Ziff. 78; Europäische Kommission, Stellungnahme der in dem Verfahren vor dem EuGH C-333/13 vom 27.09.2013, RdNrn. 98 ff.).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II sieht eine Einzelfallprüfung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für wirtschaftlich aktive Unionsbürger weder in zeitlicher Hinsicht noch bezüglich der Verbindung zum innerstaatlichen Arbeitsmarkt noch eine Prüfung der Belastungen für das Sozialsystems vorsieht, obwohl der EuGH selbst bei wirtschaftlich nicht aktiven Unionsbürgern einen Ausschluss von Sozialleistungen ohne Einzelfallprüfung und ohne Prüfung der Belastungen für das Sozialhilfesystem für nicht europarechtskonform erachtet (ebenso: Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 – L 6 AS 433/13 B ER, juris, RdNrn. 25 ff.; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19.11.2013 – L 7 AS 753/13 B ER, insbesondere RdNr. 23; Hessisches LSG, Urteil vom 20.09.2013 – L 7 AS 474/13, juris, RdNr. 29; Fuchs, ZESAR 2014, S. 103, 111; vgl. auch Behrend, jurisPR-SozR 3/2014, Anm. 1; Janda, ZFSH/SGB 2013, S. 453, 460).

Angesichts dessen und der dem EuGH vorgelegten Rechtsfragen sind dem Antrag des Antragstellers Erfolgsaussichten nicht abzusprechen.

2. Der Antragsteller hat ab 15.04.2014 einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsgrund besteht, wenn der Betroffene bei Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache Gefahr laufen würde, seine Rechte nicht mehr realisieren zu können oder gegenwärtige schwere, unzumutbare, irreparable rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile erlitte. Die individuelle Interessenlage des Betroffenen, unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar betroffener Dritter muss es unzumutbar erscheinen lassen, den bzw. die Betroffenen zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (SächsLSG, Beschlüsse vom 08.11.2012 – L 7 AS 705/12 B ER und vom 30.10.2007 – L 2 B 472/07 AS-ER).

In einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes grundsätzlich nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Antrag entscheidet. Im Beschwerdeverfahren ist dies grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (SächsLSG, Beschlüsse vom 08.11.2012 – L 7 AS 705/12 B ER und vom 06.02.2008 – L 2 B 601/07 AS-ER m.w.N).

Soweit Leistungen für einen zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufenen Zeitraum beansprucht werden, ist ein Anordnungsgrund regelmäßig gegeben (SächsLSG, Beschlüsse vom 08.11.2012, a.a.O., und vom 17.09.2007 – L 2 B 291/07 AS-ER).

Sofern Leistungen für einen zu diesem Zeitpunkt in der Vergangenheit liegenden Zeitraum geltend gemacht werden (hier: 03.01.2014 bis 14.04.2014), ist ein Anordnungsgrund nur dann zu bejahen, wenn noch ein gegenwärtiger schwerer unzumutbarer Nachteil besteht, der glaubhaft gemacht wird (SächsLSG, Beschluss vom 08.11.2012, a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.04.2006 – L 10 B 136/06 AS-ER). Grundsätzlich besteht ein Anordnungsgrund nicht für Leistungszeiträume vor Stellung des Antrags auf einstweilige Anordnung beim SG (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.05.2007 – L 13 AS 32/06 ER).

Einen fortbestehenden schweren unzumutbaren Nachteil aus der Nichtgewährung der Leistungen für den zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Vergangenheit liegenden Zeitraum hat der Antragsteller vorliegend – trotz ausdrücklicher Aufforderung des Senats – nichtglaubhaft gemacht. Ein solcher ist gegeben, wenn ein besonderer Nachholbedarf besteht, d.h. wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistungen in der Vergangenheit auch in Zukunft fortwirkt und eine weiterhin gegenwärtige, die einstweilige Anordnung rechtfertigende Notlage begründet (Phillip, NVWZ 1984, S.489; Knorr, DÖV 1981, Seite 79; Sächsisches OVG (SächsOVG), Beschluss vom 19.08.1993 – 2 S 183/93, SächsVBl. 1994, Seiten 114, 115; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.05.1980 – 8 B 1376/79, DÖV 1981, Seite 302). Dies kann gegeben sein, wenn der Antragsteller zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts Verbindlichkeiten eingegangen ist, deren Tilgung unmittelbar bevorsteht (SächsLSG, Beschluss vom 21.01.2008 – L 2 B 621/07 AS-ER; SächsOVG, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; Phillip, a.a.O.; Knorr, a.a.O.). Es ist ferner denkbar, dass vorangegangene Einsparungen nachwirken (OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; SächsOVG, a.a.O.), beispielsweise wenn die Verweigerung der (darlehnsweisen) Bewilligung von Schülerbeförderung für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum zum gegenwärtigen Ausschluss des betroffenen Kindes von der Schülerbeförderung führt (SächsLSG, Beschluss vom 06.02.2008 – L 2 B 601/07 AS-ER).

3. Da eine endgültige Prüfung der Sach- und Rechtslage im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich ist, ist im Rahmen der Folgenabwägung zu entscheiden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Beschluss vom 12.05.2005 (1 BvR 596/05, juris, RdNr. 25) entschieden, die Gerichte müssten in Fällen, in denen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, die Sach- und Rechtslage nicht bloß summarisch, sondern abschließend prüfen. Das gilt insbesondere, wenn der einstweilige Rechtsschutz vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht.

Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand der Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.12.2005, a.a.O.). Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen in Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, a.a.O., Rdnr. 26).

Die Folgen einer Nichtbewilligung von Leistungen wiegen für den Antragsteller erheblich schwerer als die Folgen für den Antragsgegner, eventuell zu Unrecht in Anspruch genommen zu werden. Die begehrten Leistungen dienen zur Sicherung des Existenzminimums des Antragstellers, insbesondere der Erhaltung der Wohnung als Lebensmittelpunkt. Bei der Leistungshöhe ist zu berücksichtigen, dass die Regelleistung für einen alleinstehenden Leistungsberechtigten im maßgeblichen Zeitraum monatlich 391,00 EUR betrug. Die bis dahin gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen monatlich 228,00 EUR. Der monatliche Gesamtbedarf liegt folglich bei 619,00 EUR. Der Leistungsanspruch steht dem Antragsteller gemäß § 41 Abs. 1 SGB II für den Zeitraum vom 15.04.2014 bis 30.04.2014 (16 Tage) zu (619,00 EUR: 30 Tage x 16 Tage = 330,13 EUR).

Hinsichtlich der Begrenzung des Leistungszeitraums orientiert sich der Senat an der Dauer des üblichen Bewilligungsabschnitts (vgl. § 41 Satz 4 SGB II; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 14.09.2011 – L 3 AS 155/11 B ER, L 3 AS 207/11 B PKH, juris RdNr. 23).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

Weinholtz Brügmann Dr. Anders
Rechtskraft
Aus
Saved