L 1 KR 56/13 KL

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 56/13 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 A 1/14 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der Vereinbarkeit von satzungsrechtlichen Regelungen einer Krankenkasse mit höherrangigem Recht (hier: Bezuschussung von Sehhilfen für Versicherte ab 18 Jahren)
Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Satzungsänderung der Klägerin.

Die Klägerin beabsichtigte u. a., zusätzlich zu den gesetzlich vorgesehenen Leistungen ab dem 1. Januar 2013 Versicherten für alle ausgestellten personalisierten Rechnungen zu Brillen und Kontaktlinsen ab Vollendung des 18. Lebensjahres einen Zuschuss in Höhe von maximal 50,00 EUR – unabhängig von einer Änderung der Sehfähigkeit – alle zwei Kalenderjahre zu gewähren. Der Anspruch auf diese Leistung sollte bestehen, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung eine ungekündigte Mitgliedschaft oder eine Familienversicherung vorliege. Einen entsprechenden Entwurf für den 3. Satzungsnachtrag zur Satzung der Klägerin vom 1. Januar 2011 leitete die Klägerin der Beklagten mit der Bitte um Vornahme einer Vorprüfung am 31. Oktober 2012 zu. Im Rahmen der Vorprüfung wies die Beklagte mit Schreiben vom 5. Dezember 2012 darauf hin, dass für die geplanten zusätzlichen Satzungsleistungen Konkretisierungsbedarf gesehen werde. Aufgrund der Formulierung "Zuschuss für Brillen" sei zunächst nicht ersichtlich, ob der geplante Zuschuss für Brillengestelle oder Brillengläser oder für beides gezahlt werden solle. Zudem sei eine augenärztliche Untersuchung und Verordnung zu fordern. Darüber hinaus solle eine Altersgrenze (bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres) eingeführt werden, die sich an der Familienversicherung - § 10 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) - orientiere. Gegen die Bezuschussung von Prämien für eine Pflegezusatzversicherung (Art. II Anlage 2 § 14) bzw. gegen die geplanten Regelungen zum Wahltarif Selbstbehalt (Art. I § 12a Abs. IX) bestünden hingegen keine Bedenken. Der Verwaltungsrat der Klägerin beschloss in seiner Sitzung am 11. Dezember 2012 eine Ergänzung in dem Art. I § 12 Abs. VII (Leistungen) der Satzung vom 1. Januar 2011 mit dem folgenden Inhalt:

"Zusätzliche Leistungen

Die Betriebskrankenkasse übernimmt ab dem 01.01.2013 zusätzlich zu den gesetzlich vorgesehenen Leistungen die nachfolgend aufgeführten Leistungen aus dem Bereich Hilfsmittel für alle Versicherten ab 18 Jahren.

Die Leistung, Zuschuss für Brillengläser und Kontaktlinsen bei einer vorliegenden Sehschwäche, wird nach erfolgter augenärztlicher Untersuchung alle zwei Kalenderjahre, unabhängig von der Änderung der Sehfähigkeit, mit einem Maximalbetrag von insgesamt bis zu 50,00 EUR bezuschusst. Liegen die Kosten dieser Leistung unter dem genannten Zuschuss, wird maximal der tatsächliche Rechnungsbetrag erstattet.

Die Erstattung erfolgt nach Vorlage einer personalisierten Rechnung eines Augenarztes oder Augenoptikers und einer Verordnung vom Augenfacharzt.

Der Anspruch auf diese Leistung besteht nur, wenn zum Zeitpunkt der Beantragung eine ungekündigte Mitgliedschaft oder Familienversicherung nach § 10 SGB V bei der Betriebskrankenkasse besteht."

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 die Genehmigung des 3. Nachtrags zu der Satzung vom 1. Januar 2011 bei der Beklagten. Mit Bescheid vom 30. Januar 2013 genehmigte die Beklagte den vom Verwaltungsrat am 11. Dezember 2012 beschlossenen 3. Nachtrag zur Satzung mit Ausnahme von Art. I § 12 Abs. VII (Zusätzliche Leistungen) und insoweit Art. II (Inkrafttreten) gemäß § 195 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 90 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV). Gegen den vorgesehenen Kostenzuschuss bestünden Bedenken, da die Verordnungsfähigkeit von Sehhilfen (Brillengläser und Kontaktlinsen) für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, nach dem Gesetz und den Hilfsmittelrichtlinien an enge Voraussetzungen geknüpft sei. Die geplante Regelung der Klägerin finde in § 11 Abs. 6 SGB V keine rechtliche Grundlage. Diese Norm ermögliche ein Tätigwerden des Satzungsgebers lediglich innerhalb des vorgegebenen normativen Rahmens und nicht im Sinne einer schrankenlosen Bereichsausweitung. Ähnlich wie beim Zahnersatz, bei dem im Gesetz keine Satzungsausweitung zugelassen worden sei, um das bewährte System von Festbeträgen und Festzuschüssen nicht zu gefährden, verhalte es sich auch bei Sehhilfen und Kontaktlinsen. Die satzungsrechtliche Eröffnung eines voraussetzungslosen Anspruchs für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, stelle einen neuen Versicherungsfall außerhalb des durch § 33 SGB V definierten Bereichs dar.

Hiergegen hat die Klägerin am 27. Februar 2013 Klage bei dem Hessischen Landessozialgericht erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass die Beklagte mit dem angegriffenen Genehmigungsbescheid zwar einen grundsätzlich begünstigenden Verwaltungsakt bekanntgegeben habe. Durch die Nichtgenehmigung der streitigen Regelung zu den Sehhilfen habe sie diesen an sich begünstigenden Verwaltungsakt jedoch zugleich mit einem für sie belastenden Element im Sinne einer Auflage als Nebenbestimmung zu dem Hauptverwaltungsakt versehen, sodass die Teilanfechtungsklage vorliegend die zutreffende Klageart sei. Durch die rechtswidrige Ablehnung der Genehmigung des Satzungsnachtrags verletze die Beklagte sie in ihrer Selbstverwaltungsautonomie. Als Selbstverwaltungsträger sei sie im Rahmen der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben nach § 30 SGB IV dazu berechtigt, die Regelungen in ihrer Satzung autonom und ungehindert durch fachliche Kontrolle oder durch fachliche Eingriffe seitens der Beklagten als Staatsaufsicht zu treffen. Sie habe innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens der §§ 30 SGB IV, 11 Abs. 6 und 33 SGB V einen sehr weiten Gestaltungsspielraum. Innerhalb dieses Spielraumes dürfe sie politisch, d. h. nach eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen, selbstständig handeln. Durch die Aufhebung des Suspensiveffekts nach § 195 Abs. 2 SGB V und die Installation eines verfassungswidrigen Totalvorbehalts sei sie der Beklagten faktisch unterlegen, da praktisch durch diese keine Rechtsaufsicht, sondern eine versteckte Fachaufsicht ausgeübt werde. Auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts komme dem Selbstverwaltungsgrundsatz "als einem tragenden Organisationsprinzip der Sozialversicherung" eine ganz besondere Bedeutung zu, wobei das Satzungsrecht als Akt der autonomen Rechtsetzung von diesem Selbstverwaltungsgrundsatz mitumfasst werde. Sie habe mit der streitgegenständlichen Satzungsregelung nicht gegen Normen verstoßen und sich an den ihr zuerkannten Ermessensspielraum gehalten. Auch die aktuell gültige Mustersatzung sehe noch keine Regelung zu den Sehhilfen vor, sodass ihr ein planerisches Gestaltungsermessen zur individuellen Ausgestaltung ihrer Satzung verbleibe, den sie vorliegend zutreffend ausgefüllt habe. Im Stadium der Vorprüfung habe die Beklagte auch einen Alternativvorschlag in Form der Zulässigkeit der betreffenden Zuschussregelung bei Anhebung der Volljährigkeitsgrenze – analog der Familienversicherung – auf das 25. Lebensjahr unterbreitet, von dem die Beklagte dann im Genehmigungsverfahren unerwartet und ohne jede weitere Beratung wieder abgewichen sei. Allein bei 6 landesunmittelbaren Betriebskrankenkassen (BKKen) bestünden zudem beinahe identische Satzungsregelungen zu den Sehhilfen, die in mehreren Genehmigungsverfahren durch die jeweiligen Landesaufsichten bereits bewilligt worden seien (Satzungen der BKK Scheufelen – Baden Württemberg –, der BKK Akzo Nobel – Bayern –, der BKK EUREGIO – Nordrhein-Westfalen –, der BKK EWE – Niedersachsen –, der BKK der Thüringer Energieversorgung und der BKK Schleswig-Holstein). Bei der 82. Aufsichtsbehördentagung am 22./23. Mai 2013 in Saarbrücken hätten die Aufsichtsbehörden der Länder zudem beschlossen, den Ausgang des vorliegenden Gerichtsverfahrens abzuwarten, sodass die ausgesprochenen Genehmigungen zunächst Bestand hätten. Die unterschiedliche Genehmigungspraxis auf Bundes- und Landesaufsichtsebene führe zu einer Wettbewerbsverzerrung, was § 11 Abs. 6 SGB V zuwider laufe. Nach der Intention des Gesetzgebers solle diese Norm den gesetzlichen Wettbewerb unter den Krankenkassen stärken. Nach § 11 Abs. 6 SGB V stehe es im Ermessen der Klägerin, die Satzungsregelung zu den Sehhilfen als "zusätzliche, vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene" Leistung mit Hilfsmitteln anzubieten. Sie habe bei ihrer Entscheidung zur Einführung der streitgegenständlichen Satzungsregelung die vom Gesetzgeber geforderte Abwägung zwischen den Belangen der Solidargemeinschaft und dem Interesse des Einzelnen vorgenommen. Ermessensfehler, auf deren Prüfung die Beklagte vorliegend beschränkt sei, seien nicht erkennbar. Die Altersgrenze nach § 33 SGB V sei im Interesse einer bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten ab dem Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres überholt und obsolet, weshalb sie im Bereich der Sehhilfen eine legitime und aufsichtsrechtlich nicht zu beanstandende Satzungsregelung zur Aufhebung der Altersgrenze geschaffen habe. Der Gesetzgeber könne in diesem wichtigen Bereich der gesetzlichen Grundversorgung mit Hilfsmitteln ab einem bestimmten Lebensalter keinen totalen Versorgungsausfall gewollt haben. Durch die streng reglementierte Grundversorgung oberhalb der gültigen Volljährigkeitsgrenze (Zuschuss von maximal 50,00 EUR alle zwei Kalenderjahre) erfolge gerade keine volle Leistungserstattung, sondern – ähnlich wie bei Festbeträgen – lediglich die Garantie der Grundversorgung. Die Satzungsänderung legitimiere sich zudem über die §§ 1 und 2 SGB V, den Einweisungsnormen zum SGB V, denen eine übergreifende Bedeutung über eine reine Auslegungshilfe hinaus, wie z. B. der Präambel im Grundgesetz, zukomme. Zudem werde durch die Nichtgenehmigung des vorgesehenen Zuschusses zu den Sehhilfen das Grundrecht der Versicherten auf Leben und körperliche Unversehrtheit im Sinne des Art. 2 Grundgesetz unterlaufen. Vorliegend trete sie insoweit im staatlich übertragenen Auftrag der von ihr betreuten Solidargemeinschaft, also als Selbstverwaltungskörperschaft des Bürgers auf. Durch die Satzungsregelung liege im Weiteren kein Verstoß gegen den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes vor. Zwar seien Satzungsregelungen der Krankenkassen, welche den begrenzten Umfang der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 6 SGB V nicht beachteten, als nichtig einzustufen. Vorliegend legitimierten die §§ 1, 2 SGB V i.V.m. Art. 2 Grundgesetz sie jedoch zur Aufnahme der streitigen Regelung in ihre Satzung. Sie wolle lediglich durch die Satzungsänderung einen bereits dauerhaft bestehenden Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit der Versicherten aufheben. Ein weiteres formelles Gesetz zur – noch dazu kontrollierten – Aufhebung der bisherigen Altersgrenze nach § 33 SGB V sei nicht erforderlich. § 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I), der einen Totalvorbehalt für jegliches sozialrechtliches Verwaltungshandeln in Form eines formellen Gesetzes als Ermächtigungsgrundlage auch im Bereich der begünstigenden Leistungsverwaltung fordere, sei verfassungswidrig und insoweit sei eine konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Grundgesetz zu erwägen. Der Totalvorbehalt beschränke in Abkehr von der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten so genannten Wesentlichkeitstheorie die Ausübung der Selbstverwaltung in verfassungswidriger Weise. Der Gesetzgeber verhindere im Bereich des Sozialrechts – neben dem Kommunalrecht der zweite wichtige Bereich der Selbstverwaltung – die Selbstverwaltungsautonomie und setze die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einfach außer Kraft. Dies stehe im Widerspruch zur Selbstverwaltung im Rahmen der parlamentarischen Demokratie. Auch liege kein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V durch die streitgegenständliche Satzungsbestimmung vor. Sie sei als Form eines adäquaten Ausgleichs zur bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten in der Solidargemeinschaft unabdingbar und diene der kontrollierten Aufhebung einer bislang noch gültigen Altersgrenze. Zur Bestätigung ihres Vorbringens hat die Klägerin das Protokoll der 82. Arbeitstagung der Aufsichtsbehörden der Sozialversicherungsträger vom 22. bis 23. Mai 2013 in Saarbrücken (TOP 10) und Werbeveröffentlichungen der BKK der Thüringer Energieversorgung und der BKK Scheufelen vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 30. Januar 2013 insoweit aufzuheben als die Beklagte die Genehmigung des vom Verwaltungsrat der Klägerin am 11. Dezember 2012 beschlossenen 3. Nachtrags zur Satzung vom 1. Januar 2011 hinsichtlich Art. I § 12 Abs. VII (Zusätzliche Leistungen) und Art. II (Inkrafttreten) versagt hat und die Beklagte zu verurteilen, den 3. Satzungsnachtrag hinsichtlich Art. I § 12 Abs. VII (Zusätzliche Leistungen) und Art. II (Inkrafttreten) zu genehmigen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie trägt im Klageverfahren vor, dass zunächst in prozessualer Hinsicht eine Aufsichtsklage in Form der Verpflichtungsklage die zutreffende Klageart sei, da eine teilweise Versagung einer beantragten Genehmigung vorliege und mit der Klage die ausnahmslose Genehmigung begehrt werde. Eine isolierte Anfechtung scheide aus, da die Satzung der Genehmigung bedürfe. Somit beinhalte die vollständige oder teilweise Ablehnung keine Auflage, deren Kennzeichen eine - mit den Mitteln des Verwaltungszwangs gesondert durchsetzbare - eigenständige bzw. zusätzliche Verpflichtung im Sinne des § 32 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) sei. Die getroffene behördliche Ablehnungsentscheidung erschöpfe sich in der Versagung. Materiell rechtlich komme ihr zudem als Aufsichtsbehörde mit der Genehmigung ein staatliches Mitwirkungsrecht im Sinne einer Rechtskontrolle zu. Die Genehmigung sei keine aufsichtliche Maßnahme, sodass sie bei der Rechtskontrolle nicht auf die Überprüfung einer ermessensfehlerfreien Entscheidung hinsichtlich der Satzungsregelungen beschränkt sei. Nach dem Vorbehalt des Gesetzes dürfe die Selbstverwaltung satzungsrechtlich nur aufgrund gesetzlicher Ermächtigung tätig werden, Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz, §§ 194 Abs. 2 Satz 2 SGB V, 30 SGB IV. Dies werde im Rahmen des Genehmigungsverfahrens durch sie gerade überprüft. Aus einer noch nicht erfolgten Regelung (Mustersatzung) könne auch nicht die Rechtmäßigkeit einer beabsichtigten Regelung hergeleitet werden. Die Rechtsaufsicht könne zudem keine "Alternativvorschläge" anbieten, sondern lediglich gegebenenfalls Anstöße zu einer die Rechtskonformität wahrenden oder herstellenden Modifizierung geben. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erteilung der von ihr begehrten Genehmigung zu, da sich die von ihr beabsichtigte satzungsrechtliche Regelung nicht in den durch § 11 Abs. 6 SGB V gezogenen Grenzen für satzungsrechtliche Regelungen bewege. Im Sinne des § 194 Abs. 2 Satz 2 SGB V enthalte § 11 Abs. 6 SGB V die Rechtsgrundlage für satzungsmäßige Zusatzangebote für die in § 11 Abs. 6 Satz 1 SGB V aufgelisteten Bereiche (hier: § 33 SGB V). Ein Tätigwerden des Satzungsgebers könne nur in dem normativen Rahmen erfolgen und ermögliche es diesem nicht, den konkreten Leistungsbereich der Norm eigenmächtig innerhalb der Satzung zu definieren. Im konkreten Fall ergebe sich die Definition des Bereichs aus § 33 SGB V, der eine klare Altersgrenze vorgebe, welche die Klägerin nicht autonom überschreiten dürfe. Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz habe der Gesetzgeber verdeutlicht, dass es sich bei der Beschränkung der Leistung für Versicherte bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres nicht um eine "schlichte Altersgrenze" handele, sondern der Leistungsbereich strukturell auf die Versorgung von Kindern und Jugendlichen beschränkt sei. Im Übrigen würden die Leistungen kraft gesetzlicher Entscheidung in die Eigenverantwortung der Versicherten übertragen, was die Ausgliederung einzelner Leistungsbereiche (z.B. Sehhilfen) beinhalte. Der parlamentarische Gesetzgeber habe diese strukturellen Veränderungen von Gesetzes wegen ausdrücklich so getroffen und ihm allein obliege es, die Entscheidung gegebenenfalls zu revidieren und den Leistungsbereich "Versorgung von Erwachsenen mit Sehhilfen" (wieder) einzuführen. Eine Anhebung der Altersgrenze bedeute keine inhaltliche oder auf den Umfang oder die Voraussetzungen bezogene Ausweitung des - Kindern und Jugendlichen zustehenden - Leistungsanspruchs, sondern eine unzulässige Umgestaltung nach Art und Funktion in Form der Schaffung eines neuen Bereichs für Erwachsene. Der satzungsgeberische Gestaltungsspielraum dürfe nicht mit einer satzungsautonomen Bereichsdefinition verwechselt werden. Aus den §§ 1, 2 SGB V folge zudem keine Ermächtigung zur Satzungsregelung, da diese keine konkreten Rechte und Pflichten gewährten. Eine leistungsrechtliche Komponente folge zudem nur in besonderen lebensbedrohlichen Fällen aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz und dem Sozialstaatsprinzip. Die Annahme einer eigenen Aufhebungsbefugnis der Klägerin für die von ihr als obsolet angesehene Altersgrenze in § 33 SGB V verstoße gegen die Grundsätze des Vorbehalts und des Vorrangs des Gesetzes und der Gewaltenteilung. Für eine von der Klägerin angeregte konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz bezüglich der Verfassungsmäßigkeit von § 31 SGB I fehle es bereits an einer Entscheidungserheblichkeit. § 194 Abs. 2 Satz 2 SGB V bestimme (gleichfalls): "Sie (die Satzung) darf Leistungen nur vorsehen, soweit dieses Buch sie zuläßt". Mangels Schutzbereichseröffnung bzw. leistungsrechtlicher Dimension seien auch die Ausführungen der Klägerin zu "Grundrechtsschranken" oder zur "Intensität des jeweiligen Grundrechtseingriffs" grundrechtsdogmatisch verfehlt. Durch die von Aufsichtsbehörden der Länder genehmigten vergleichbaren Satzungsregelungen gegenüber anderen Krankenkassen bestehe kein Anspruch der Klägerin auf Genehmigung der vorliegenden Satzungsänderung. Ein Grundsatz auf Gleichbehandlung im Unrecht sei nicht existent. Im Weiteren liege durch die streitgegenständliche Satzungsbestimmung ein Verstoß gegen das auch für Mehrleistungen maßgebliche Wirtschaftlichkeitsgebot vor. Es sei nicht erkennbar, inwiefern ein Zuschuss, "unabhängig von der Änderung der Sehfähigkeit" – generell – notwendig wäre. Je nach Fallkonstellation könne man insoweit bereits an dem von § 11 Abs. 6 SGB V grundsätzlich vorausgesetzten Vorliegen eines Versicherungsfalles zweifeln.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Gerichtsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Das Landessozialgericht ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur Entscheidung berufen. Danach entscheiden die Landessozialgerichte im ersten Rechtszug u.a. über Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung und ihrer Verbände, bei denen die Aufsicht von einer Landes- oder Bundesbehörde ausgeübt wird.

Bezüglich der zutreffenden Klageart kann der Senat offen lassen, ob eine Klage auf Erteilung der Genehmigung einer Satzung durch die Aufsichtsbehörde aufgrund der Verwaltungsaktsqualität der Genehmigung (Akt der Rechtsanwendung oder Mitwirkung bei der autonomen Rechtsetzung) als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) oder als Aufsichtsklage (§ 54 Abs. 3 SGG) statthaft ist. Auch mit der Aufsichtsklage kann die Vornahme einer begünstigenden Aufsichtsanordnung begehrt werden, nämlich die Erteilung einer beantragten Satzungsgenehmigung, wenn die Aufsichtsbehörde dies abgelehnt hat und der Versicherungsträger geltend macht, dass er auf die Vornahme dieses Aktes einen Rechtsanspruch habe (so auch: Bundessozialgericht, Urteile vom 22. November 1968, 3 RK 3/66 und zuletzt vom 8. November 2011, B 1 A 1/11 R - juris -).

So liegt es hier.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten in Form der Ablehnung der Genehmigung der begehrten Satzungsänderung und die Erteilung dieser Genehmigung. Der Streitgegenstand wird von dem Antrag der Klägerin und von dem zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenkomplex (Lebenssachverhalt) als gleichwertigen Elementen bestimmt. Der insoweit im zivilprozessualen als auch im sozialgerichtlichen Verfahren übereinstimmende Streitgegenstandsbegriff umfasst das von der Klägerin aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren, entsprechend dem Klageantrag zu entscheiden (Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 10. Auflage 2012, § 95 Rdnr. 4f; Vollkommer in: Zöller, ZPO, Kommentar, 29. Auflage 2010, Einl. Rdnr. 72; Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. März 2000, II ZR 250/99 - juris -). Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei der Ablehnung der Genehmigung der Satzungsänderung bezüglich der "Zusätzlichen Leistungen" (Zuschuss für Brillengläser und Kontaktlinsen) nicht um eine Nebenbestimmung der Genehmigung der Satzungsänderung durch die Beklagte im Übrigen. Nebenbestimmungen sind lediglich Ergänzungen zum Hauptinhalt eines Verwaltungsaktes (Engelmann in: von Wulffen, SGB X - Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -, Kommentar, 7. Auflage 2010, § 32 Rdnr. 2f). Gegenstand einer Nebenbestimmung kann daher nicht sein, was zu den vom Gesetzgeber bestimmten Voraussetzungen eines Anspruchs gehört (Bundessozialgericht, Urteil vom 26. Juni 1990, 5 RJ 32/89 - juris -). Gemäß § 195 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 90 Abs. 1 SGB IV bedarf eine Satzung und damit auch die Änderung einer Satzung in ihrer Gesamtheit der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Die Genehmigung ist Wirksamkeitsvoraussetzung (Peters in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht Band 1, Stand: März 2013, § 195 Rdnr. 3; vgl. hierzu auch: Schirmer/Kater/Schneider, Aufsicht in der Sozialversicherung, Stand: Mai 2014, 525 S. 1 ff).

Eines Vorverfahrens bedarf es gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGG nicht.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Die Beklagte war berechtigt, dem 3. Satzungsnachtrag der Klägerin die nach § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB IV i.V.m. § 195 Abs. 1 SGB V erforderliche Genehmigung der Änderung ihrer Satzung vom 1. Januar 2011 bezüglich der "Zusätzlichen Leistungen" zu versagen. Die Ablehnung der Genehmigung verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Satzungsänderung ist wegen Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht nicht genehmigungsfähig. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht kommt auch in Betracht, wenn die Grenzen der ermächtigenden Vorschrift verlassen werden.

Den von der Klägerin vorgetragenen Einwänden gegen die Versagung der Genehmigung unter den Gesichtspunkten einer unzulässigen Fachaufsicht durch die Beklagte und der Beschränkung der Beklagten auf eine reine Überprüfung von Ermessensfehlern der Klägerin kann von dem Senat nicht gefolgt werden. Der Genehmigungsvorbehalt der §§ 34 Abs. 1 Satz 2 SGB IV i.V.m. § 195 Abs. 1 SGB V soll sicherstellen, dass sich die Satzung mit dem Gesetz und dem sonstigen für die Krankenkasse maßgebenden Recht im Einklang befindet. Durch die Beklagte erfolgt lediglich eine Rechts- und keine Zweckmäßigkeitsprüfung. Für den Bereich der Krankenversicherung besteht die Beschränkung der Prüfbefugnisse der Aufsichtsbehörde auf eine Rechtskontrolle gerade zu Gunsten des Selbstverwaltungsrechts der Krankenkassen (vgl. hierzu ausführlich: Bundessozialgericht, Urteile vom 7. November 2000, B 1 A 4/99 R; vom 24. April 2002, B 7/1 A 4/00 R und vom 8. November 2011, B 1 A 1/11 R; Peters, a.a.O., § 195 SGB V Rdnr. 4; Schirmer/Kater/Schneider, a.a.O., 530 S. 4).

Ausgehend hiervon hat sich die Beklagte zutreffend auf eine Rechtskontrolle beschränkt. Die vorgesehene Bezuschussung von Brillengläsern und Kontaktlinsen für Versicherte ab 18 Jahre mit einem Maximalbetrag von insgesamt bis zu 50 EUR alle zwei Kalenderjahre unabhängig von der Änderung der Sehfähigkeit verstößt gegen die gesetzliche Ausgestaltung des Leistungsrechts des SGB V, da die Regelung der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 6 SGB V nicht genügt, die hier allein in Betracht kommt.

Nach § 11 Abs. 6 SGB V i.d.F. des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 mit Wirkung vom 1. Januar 2012 (BGBl I S. 2983) kann die Krankenkasse in ihrer Satzung zwar zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität u.a. bei der Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V), mit Heilmitteln (§ 32 SGB V) und Hilfsmitteln (§ 33 SGB V) vorsehen. Durch das Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung vom 23. Oktober 2012 (BGBl I S. 2246) erfolgte eine Erweiterung für den Bereich der Leistungen von Hebammen bei Schwangerschaft und Mutterschaft (24d SGB V). Ziel der Regelung über Satzungsleistungen war es, die wettbewerblichen Handlungsmöglichkeiten der Krankenkassen auf der Leistungsseite der gesetzlichen Krankenversicherung zu stärken (Begründung des Gesetzentwurfs zum GKV-VStG vom 5. September 2011, BT-Drucksache 17/6906, S. 3).

§ 194 Abs. 2 SGB V grenzt den zulässigen Satzungsinhalt jedoch in zweifacher Hinsicht negativ ein. Die Satzung darf keine Bestimmungen enthalten, die den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung widersprechen, § 194 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Insoweit konkretisiert die Norm das in Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz verankerte Rechtsstaatsgebot im Sinne des Vorrangs des Gesetzes gegenüber Satzungsregelungen. Die Selbstverwaltung ist an bestehende Gesetze gebunden und darf keine Satzungsregelungen verabschieden, die einem Gesetz widersprechen. § 194 Abs. 2 Satz 2 SGB V, wonach die Satzung nur Leistungen vorsehen darf, soweit dieses Gesetz sie zulässt, entspricht dem verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt, wonach die Selbstverwaltung nur aufgrund gesetzlicher Ermächtigung tätig werden darf. Die §§ 30 SGB IV und 31 SGB I stellen zusätzliche einfachgesetzliche Regelungen des Vorbehalts des Gesetzes dar. Eine - von der Klägerin vorgetragene - Verfassungswidrigkeit dieser Normen ist für den Senat nicht ersichtlich.

Ausgehend von diesen Grenzziehungen haben die Krankenkassen, abgesehen von den übrigen gesetzlichen Gestaltungsanforderungen (fachlich gebotene Qualität, kein Ausschluss durch den Gemeinsamen Bundesausschuss) zu beachten, dass die zusätzlichen Leistungen inhaltlich im engeren Sinne keine neuen Leistungen, sondern eine Weiterentwicklung der Regelversorgung darstellen. Die Krankenkassen dürfen insbesondere die Leistungen nach Voraussetzungen, Inhalt und Umfang, nicht aber in ihrer Art und Funktion verändern, d.h. wesensmäßig zu einer anderen umgestalten (Noftz in: Hauck/Haines, Gesetzliche Krankenversicherung, Kommentar, Stand: April 2014, § 11 Rdnr. 73, 76, 79; Peters, a.a.O., § 194 SGB V Rdnr. 10; Begründung des Gesetzentwurfs des GKV-VStG vom 5. September 2011, BT-Drucksache 17/6906, S. 53; Bundessozialgericht, Urteile vom 24. April 2002, B 7/1 A 4/00 R und vom 10. Februar 1993, 1 RR 1/92 - juris -; Schirmer/Kater/Schneider, a.a.O., 530 S. 8).

Dies ist jedoch vorliegend durch die Satzungsänderung der Klägerin bezüglich der vorgesehenen Bezuschussung von Brillengläsern und Kontaktlinsen für Versicherte ab 18 Jahren mit einem Maximalbetrag von insgesamt bis zu 50 EUR alle zwei Kalenderjahre unabhängig von der Änderung der Sehfähigkeit der Fall.

Im Bereich der Sehhilfen besteht für erwachsene Versicherte gerade keine Regelversorgung, sondern ein grundsätzlicher Leistungsausschluss ähnlich wie in § 34 SGB V. Es handelt sich bei der Satzungsregelung der Klägerin damit nicht ausschließlich um Leistungen, die eine Krankenkasse zusätzlich und im unmittelbaren Zusammenhang zum allgemeinen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen allen ihren Versicherten gewähren kann (vgl. insoweit den Wortlaut der Begründung zum Gesetzentwurf BT-Drucksache 17/6906, S. 53). Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie aufgrund ihrer Sehschwäche oder Blindheit, entsprechend der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung, auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen, § 33 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB V in der inhaltlichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GMG - vom 14. November 2003 mit Wirkung vom 1. Januar 2004 (BGBl I S. 2190). Der Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Abs. 2 des § 33 SGB V nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen, § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Ausweislich der Gesetzesbegründung begrenzt § 33 SGB V den Leistungsanspruch bei der Versorgung mit Sehhilfen ausdrücklich auf einen Leistungsanspruch von Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und auf schwer sehbeeinträchtigte Versicherte. Hintergrund dessen ist, dass der Gesetzgeber einen Leistungsanspruch bei Kindern und Jugendlichen deswegen bejaht, weil Sehfehler, die in der frühen Kindheit nicht korrigiert werden, später auch hinsichtlich der Folgeschäden als meist nur unvollständig behebbar angesehen werden. Bei erwachsenen Versicherten geht der Gesetzgeber davon aus, dass diese Leistungsausgrenzung die erwachsenen Versicherten grundsätzlich finanziell nicht überfordert und demnach die Regelversorgung ihrer Eigenverantwortung zugewiesen werden kann (vgl. hierzu ausführlich: Begründung des Gesetzentwurfs des GMG vom 8. September 2003, BT-Drucksache 15/1525, S. 71, 85; vgl. hierzu auch: Beck in: juris-PK-SGB V, Kommentar, Stand: 1. April 2012, § 33 SGB V Rdnr. 103 ff). Wenn der Gesetzgeber das Leistungsspektrum der Krankenkassen auch in diesem Bereich im Rahmen des § 11 Abs. 6 SGB V hätte erweitern wollen, hätte insoweit eine ausdrückliche Ausnahme - wie etwa bei den nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln im Sinne einer Klarstellung oder bei der Aufnahme von nicht zugelassenen Leistungserbringern vorgenommen - erfolgen müssen (vgl. hierzu auch: Noftz, a.a.O., § 11 Rdnr. 74; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache u.a. 17/6906 - vom 30. November 2011, BT-Drucksache 17/8005, S. 104; Urteil des Bundessozialgerichts vom 10. Februar 1993, 1 RR 1/92 zur Frage der Kostenerstattung bei der Behandlung von Versicherten durch Nichtkassenärzte im Rahmen der Vorgängerregelung Rdnr. 14, 15 - juris -).

Weitere Ermächtigungsgrundlagen für eine satzungsrechtliche Regelung der Klägerin um, wie diese ausführt, eine im Rahmen des § 33 SGB V für obsolet angesehene Altersgrenze im Interesse einer Regelversorgung aufzuheben, sind nicht ersichtlich.

Dies gilt zunächst für § 1 SGB V. Hierbei handelt es sich um eine so genannte Einweisungsvorschrift, die weder einen konkreten Tatbestand noch eine konkrete Rechtsfolge beschreibt und der als solche keine Rechtsqualität im Sinne einer Ermächtigungsgrundlage für Satzungsrecht zukommt. Sie ist lediglich für die Auslegung und Anwendung des Krankenversicherungsrechts heranzuziehen (BT-Drucksache 11/2237, S. 157). § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V weist zudem ausdrücklich darauf hin, dass die Krankenkassen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen lediglich unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung stellen, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Ein Anspruch der Klägerin lässt sich zudem nicht aus verfassungsrechtlichen Gewährleistungen herleiten. Eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition kann sich nur in dem Maße ergeben, wie Betätigungen gesetzlich vorgesehen und damit eine legalisierte Betätigung bzw. Rechtsposition vorliegt. Grundrechte sind zunächst Abwehrrechte, aus denen sich nur in eng begrenzten Ausnahmefällen die Begründung einer einfach gesetzlich nicht geregelten Betätigung oder die Erweiterung einer Rechtsposition ergeben kann. Hierfür bestehen, worauf die Beklagte im Verfahren zutreffend hingewiesen hat, für den Senat keinerlei Anhaltspunkte. Nach der Auffassung des Senats bedarf es vorliegend auch keiner Entscheidung, ob die Klägerin überhaupt als Trägerin von Grundrechten ihrer Versicherten auftreten kann. Das Bundessozialgericht führt bereits in seiner Entscheidung vom 6. März 2012, B 1 KR 10/11 R aus:

"Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 S 1 SGB V). Es steht mit dem GG in Einklang, wenn der Gesetzgeber vorsieht, dass die Leistungen der GKV ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu sein haben und nicht das Maß des Notwendigen überschreiten dürfen (§ 2 Abs 1 S 1 SGB V). Der GKV-Leistungskatalog darf auch von finanzwirtschaftlichen Erwägungen mitbestimmt sein. Gerade im Gesundheitswesen hat der Kostenaspekt für gesetzgeberische Entscheidungen erhebliches Gewicht (vgl BVerfGE 103, 172, 184). Die gesetzlichen KKn sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5)."

Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung dieser Rechtsauffassung an (vgl. insoweit auch: Sozialgericht Berlin, Urteil vom 23. April 2013, S 89 KR 2044/10 - juris -m.w.N. bezüglich der Begrenzung des Leistungsanspruchs bei der Versorgung mit Sehhilfen).

Die Klägerin kann auch nichts daraus für sich herleiten, dass sie sich mit anderen Krankenkassen im unmittelbaren Wettbewerb sieht und eine Gleichbehandlung hinsichtlich der Genehmigungspraxis von Satzungen einfordert. So würde selbst eine Ungleichbehandlung einzelner Krankenkassen bei der aufsichtsbehördlichen Genehmigungspraxis rechtlich nicht dazu führen, einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht zu begründen. Das Bundessozialgericht führt diesbezüglich für die aufsichtsbehördliche Genehmigungspraxis von Wahltarifen in seiner Entscheidung 22. Juni 2010, B 1 A 1/09 R aus:

"Die Aufsichtsbehörden werden vielmehr regelmäßig im Anschluss an ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung ihre Genehmigungspraxis überprüfen. Gezielte Verstöße gegen das Gebot zur Rücksichtnahme auf die Belange der anderen Krankenversicherungsträger können darüber hinaus Unterlassungsansprüche nach sich ziehen (vgl. BSGE 82, 78, 80 = SozR 3-2500 § 4 Nr. 1 S. 4 m.w.N.)."

Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung insoweit der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichtes erneut an (vgl. hierzu auch: Bundessozialgericht, Beschluss vom 18. Juli 2006, B 1 KR 62/06 B und Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 1979; 1 BvL 25/77 - juris -).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreites wird die Revision zugelassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Der Senat hat vorliegend mangels anderweitiger Anhaltspunkte den Regelstreitwert zugrunde gelegt.
Rechtskraft
Aus
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