L 10 AL 50/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AL 495/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 50/14
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der abhängigen Beschäftigung eines bulgarischen Erwerbstätigen ohne Arbeitsgenehmigung EU
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 31.01.2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist die Zahlung von Insolvenzgeld (InsG).

Der Kläger ist bulgarischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Bulgarien. Am 16.01.2012 beantragte er bei der Beklagten die Zahlung von InsG. Sein Arbeitgeber, P. B. (B.), bei dem er als Bauarbeiter beschäftigt gewesen sei, habe am "31.09.2011" seine Betriebstätigkeit vollständig eingestellt. B. sei unauffindbar. Beim Arbeitsgericht S. habe er seine offenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt eingeklagt. Für Juni 2011 (offene Forderung: 1.793,58 EUR brutto) und für Juli 2011 (offene Forderung: 2.255,50 EUR) sei kein Arbeitsentgelt gezahlt worden. Dies werde durch das (Teil-)Versäumnisurteil des Arbeitsgerichtes S. vom 12.10.2011 bestätigt. Er habe - ausweislich seiner arbeitsgerichtlichen Klage - seit dem 15.06.2011 für B. gearbeitet, der keine eigene Betriebsstätte gehabt habe. Ein schriftlicher Vertrag existiere nicht. Eigentlich habe B. ihn als Subunternehmer beschäftigen wollen, was mündlich vereinbart gewesen sei. Er sei jedoch Arbeitnehmer. Im Juni 2011 habe er 138,50 Stunden und im Juli 2011 173,50 Stunden gearbeitet, wobei ein Mindestlohn nach dem Tarifvertrag für das Baugewerbe (West) von 13,40 EUR/h zugrunde zu legen sei. Als Entlohnung habe er lediglich 130.- EUR netto für Verpflegung erhalten. Das Arbeitsverhältnis habe er zum 31.08.2011 gekündigt.

Mit Bescheid vom 03.05.2012 lehnte die Beklagte die Zahlung von InsG ab. Ein Insolvenzereignis könne nicht festgestellt werden. Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei nicht gestellt worden und Nachweise über die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit des B. lägen nicht vor. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass B. seit August 2011 verschwunden sei. Der Betrieb liege daher still. Im Zuge ihrer Ermittlungen stellte die Beklagte fest, dass B. ein angemeldetes Gewerbe, Glas- und Gebäudereinigung nach Hausfrauenart, bereits zum 16.02.2011 abgemeldet hatte. Bei der Finanzverwaltung seien zwar Steuerrückstände in Höhe von 9.108,90 EUR offen. Die älteste Forderung sei jedoch bereits im März 2010 fällig gewesen. Erkenntnisse über eine Betriebseinstellung lägen dort nicht vor. Gegen B. laufe jedoch ein Verfahren wegen des Vorenthaltens und des Veruntreuens von Arbeitsentgelt. Im Rahmen einer Strafanzeige gegen B. gab (ua) der Kläger gegenüber der Staatsanwaltschaft an, B. habe dutzende von Arbeitnehmer aus den neuen osteuropäischen EU- Ländern um ihr Arbeitsentgelt gebracht. Arbeitsverträge schließe er nur mündlich, Zahlungen von Arbeitsentgelt seien jedoch nie erfolgt. Auch habe B. keine Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Insolvenzereignis sei nicht zu belegen, denn die Beendigung der betrieblichen Tätigkeit habe nicht festgestellt werden können. Auch eine Überschuldung des B. sei nicht zu erkennen. Es bestünden lediglich ältere Steuerschulden und es sei nicht auszuschließen, dass B. Arbeitnehmer möglicherweise mit Schwarzarbeit betraut habe. Allein die Weigerung Zahlungen zu erbringen rechtfertige jedoch nicht die Annahme eines Insolvenzereignisses.

Mit der dagegen zum Sozialgericht erhobenen Klage hat der Kläger Insolvenzgeld für die Zeit vom 01.05.2011 bis 31.07.2011 begehrt. B. habe sich vorsätzlich kriminell verhalten und nie beabsichtigt, seine ausländischen Arbeitnehmer zu bezahlen. Aufgrund der Überschuldung sei eine Bezahlung der Arbeitnehmer ohnehin nicht in Betracht gekommen. Zudem gehe die Beklagte fehl, wenn sie annehme, B. habe seine betriebliche Tätigkeit nicht eingestellt. Alle Tatsachen sprächen für eine Masseunzulänglichkeit. Darüber hinaus sei B. am 01.06.2011 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe wegen gleichgelagerter Delikte verurteilt worden. Auf gerichtliche Anfrage haben die Staatsanwaltschaften H. und N. mitgeteilt, dass B. bereits eine sechsmonatige Strafhaft verbüßt habe (N.). Eine 12- monatige Haftstrafe stehe noch zur Vollstreckung aus. Wegen des derzeit unbekannten Aufenthaltes sei B. zur Festnahme ausgeschrieben.

Das Sozialgericht Nürnberg (SG) hat mit Gerichtsbescheid vom 31.01.2014 die Klage abgewiesen. Es sei bereits nicht zu belegen, dass der Kläger als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sei. Nachweise hierüber (Arbeitsvertrag; Lohnbelege uä) habe er nicht vorlegen können. Die von ihm benannten Zeugen, könnten lediglich Angaben zur Anwesenheit des Klägers auf den Baustellen machen, nicht jedoch zu dessen Status. In der arbeitsgerichtlichen Klage habe der Kläger selbst angegeben, dass eigentlich eine selbständige Tätigkeit als Subunternehmer vereinbart gewesen sei. Zudem räume der Kläger ein, dass eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes nicht mehr möglich erscheine. Insoweit treffe ihn die Feststellunglast, dass seine Arbeitnehmereigenschaft nicht zu belegen sei.

Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Streitig zwischen den Beteiligten sei allein die Frage gewesen, ob ein Insolvenzereignis vorliege. Überraschend habe das SG jedoch darauf abgestellt, dass die Arbeitnehmereigenschaft nicht nachgewiesen sei. Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung seien jedoch belegbar. Er habe den Weisungen des B. unterlegen in Bezug auf Ausführung der Bauleistungen, die Werkzeuge und die Materialien. Er sei pro Stunde bezahlt worden und B. habe die Unterkünfte angemietet aber nicht bezahlt. Die passenden Aufträge habe B. gesucht und er habe keine weiteren Auftraggeber gehabt. Er sei "hauptsächlich" für B. tätig gewesen. Vorsorglich sei ein Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eingeleitet worden.

Der Kläger beantragt,
"den Bescheid vom 03.05.2012 und dem Widerspruchsbescheides vom 01.07.2012 aufzuheben und dem Kläger Insolvenzgeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmung zu gewähren."

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen

Das SG habe zutreffend entschieden. Die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit sei nach wie vor nicht belegt. Zudem gebe es keine Hinweise darauf, dass der Kläger als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sei. Eine Arbeitsgenehmigung- EU sei dem Kläger für den streitigen Zeitraum nicht erteilt gewesen. Zuletzt fehle es auch an einer rechtzeitigen Antragstellung.

Auf den gerichtlichen Hinweis, dass Zweifel an einer Arbeitnehmereigenschaft des Klägers bestünden, weil nicht dargelegt sei, dass dem Kläger als bulgarischen Staatsangehörigen eine Arbeitsgenehmigung- EU (iSd § 284 SGB III) erteilt gewesen sei (bzw. aus welchen Gründen eine solche nicht erforderlich gewesen sein soll) und insoweit eine Vereinbarung über eine selbständige Tätigkeit nachvollziehbar sei, bzw. dass - in Bezug auf die Frage des Insolvenzereignisses - allenfalls eine Zahlungsunwilligkeit des B. nachzuweisen sei, hat der Kläger das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen beantragt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerechte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG), in der Sache aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 03.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, denn er hat keinen Anspruch auf Zahlung von InsG.

Der erkennende Senat war trotz des Antrages auf Verlegung des Termins und dem Ausbleiben des Klägers - und seines Bevollmächtigten - in der mündlichen Verhandlung am 06.08.2014 an einer Entscheidung in der Sache nicht gehindert. Der Kläger war bereits mit gerichtlichem Anhörungsschreiben vom 24.07.2014 darauf hingewiesen worden, dass das - ohne Nachweis gebliebene - Vorbringen, der Kläger sei verhindert, nicht ausreiche, um die Verlegung des Termins zu rechtfertigen. Den ablehnenden Beschluss vom 30.07.2014 hat der Bevollmächtigte des Klägers - ausweislich des Empfangsbekenntnisses vom 05.08.2014 - spätestens einen Tag vor der mündlichen Verhandlung erhalten. Trotz des gerichtlichen Hinweises vom 24.07.2014 und des Beschlusses vom 30.07.2014 hat es der Kläger unterlassen, erhebliche Gründe dazulegen, die eine Verlegung der mündlichen Verhandlung hätten rechtfertigen können; dass der erkennende Senat auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erheben, verhandeln und entscheiden könne, war dem Kläger bereits mit der Ladung vom 10.07.2014 mitgeteilt worden. Auch der Antrag des Klägers auf Ruhen des Verfahrens stand einer Entscheidung nicht entgegen, denn die Beklagte hat diesem Antrag nicht zugestimmt (Schriftsatz vom 07.07.2014).

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 03.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, denn er hat keinen Anspruch auf Zahlung von InsG.

Nach § 183 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der Fassung des Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz) vom 10.12.2001 (BGBl I 3443) setzt ein Anspruch auf InsG voraus, dass (Nr 1) bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers, (Nr 2) bei Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder (Nr 3) bei vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt geworden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt bestanden hat.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn es gibt bereits keinen Nachweis dafür, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum bei B. als Arbeitnehmer beschäftigt und in diesem Zusammenhang die Zahlung von Arbeitsentgelt aus einem Arbeitsverhältnis ausgeblieben war.

Durch die Regelungen zum InsG werden lediglich Ansprüche von Arbeitnehmern geschützt, wobei dieser Begriff weder arbeitsrechtlich noch sozialrechtlich gesetzlich definiert wird. Unabhängig davon, dass der Arbeitnehmerbegriff insoweit arbeitsrechtlich vorgeprägt ist, ist für das Insolvenzgeldrecht nicht auf das Arbeitsrecht Bezug zu nehmen, sondern auf den auch sonst vom SGB III verwendeten allgemeinen (sozialrechtlichen) Begriff des Arbeitnehmers. (Vgl. BSG, Urteil vom 23.09.1982 - 10 RAr 10/81 - SozR 2100 § 7 Nr. 7). Vorliegen muss demnach eine Beschäftigung im Sinne des § 25 SGB III. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere als Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis. Arbeitnehmer ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit stellt das wesentliche, das charakteristische Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses dar. Persönliche Abhängigkeit bedeutet Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung. Das Weisungsrecht kann allerdings besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert" sein (vgl. BSG, Urteil vom 23.09.1982 - aaO mwN). Es darf aber nicht vollständig entfallen. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dabei ist die arbeitsvertragliche Gestaltung im Zweifelsfalle unerheblich, denn maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse, sofern diese von den vertraglichen Vereinbarungen abweichen (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.2001 - B 12 KR 34/00 R - SozR 3-2400 § 7 Nr. 17). Rechtlich relevant sind in diesem Zusammenhang die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse, die im Einzelfall bei wertender Betrachtung die Qualifizierung einer Tätigkeit als abhängige Beschäftigung erlauben. Die Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2009 - B 12 KR 21/07 R; Urteil vom 29.09.2011 - B 12 R 17/09 R - alle zitiert nach juris).

Bei Beachtung dieser Grundsätze ist die Entscheidung des SG im Ergebnis nicht zu beanstanden, auch wenn sich der sozialversicherungsrechtliche Status des Klägers nicht zweifelsfrei bestimmen lässt. In den Verfahren vor den Sozialgerichten gilt der Grundsatz der objektiven Beweislast, insbesondere der Feststellungslast. Hiernach sind die Folgen der objektiven Beweislosigkeit oder der Umstand, dass sich eine Tatsache nicht feststellen lässt, von dem Beteiligten zu tragen, der aus dieser Tatsache ein materielles Recht herleiten will (vgl. BSG, Urteil vom 24.10.1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6,70ff; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 103 Rn. 19a mwN). Dies ist vorliegend der Kläger, der behauptet im streitgegenständlichen Zeitraum als Arbeitnehmer beschäftigt und nicht als selbständiger Subunternehmer tätig gewesen zu sein. Die Grundsätze der objektiven Beweislast (Feststellungslast) greifen ein, wenn der Tatrichter keine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer streitigen und entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung gewinnen kann ("non liquet"), und sie bestimmen, zu wessen Lasten diese Unaufklärbarkeit geht (BSG, Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/ 009 R - SGb 2011, 37). Die objektive Beweislast kennzeichnet hierbei das Risiko, wegen des fehlenden Nachweises einer rechtlich erheblichen Tatsache in einem Prozess zu unterliegen (vgl. BSG, Urteil vom 26.11.1992 - 7 RAr 38/92 - BSGE 71, 256). Eine Entscheidung nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast ist allerdings erst zu treffen, wenn alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind und sich das Gericht dennoch keine Überzeugung in der einen oder anderen Richtung bilden kann, d.h. wenn es nach eingehender Erforschung des Sachverhalts und sorgfältiger Würdigung der erhobenen Beweise nicht gelingt, eine in tatsächlicher Hinsicht bestehende Ungewissheit zu beseitigen (stRspr, vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 08.09.2010 - B 11 AL 4/ 09 R - SGb 2010, 646f)

Unter Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen sowie aller relevanter und erreichbarer Erkenntnisquellen gibt es nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast keine hinreichenden Belege dafür, dass der Kläger als Arbeitnehmer für B. tätig war.

Vorliegend ist bereits nach den eigenen Angaben des Klägers zu bezweifeln, dass er anlässlich seiner Tätigkeit im Juni und Juli 2011 mit B. einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat. Schriftliche Unterlagen über den Abschluss und die Durchführung eines Arbeitsvertrages (z.B. schriftlicher Arbeitsvertrag, Lohnabrechnungen uä) gebe es nach Angaben des Klägers nicht, und nach seinem Vortrag vor dem Arbeitsgericht S. sei mit B. vereinbart gewesen, dass er als Subunternehmer tätig werde. Insoweit ist nicht einmal ein rechtsgeschäftlicher Wille der Vertragsparteien zu erkennen, eine Vertragsgrundlage für eine abhängige Beschäftigung zu schaffen, an Hand derer sich beurteilen ließe, dass ein Arbeitsverhältnis im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Untermauert werden die Zweifel in Bezug auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages auch durch den Umstand, dass der Kläger als bulgarischer Staatsangehöriger im streitgegenständlichen Zeitraum einer Arbeitsgenehmigung- EU (iSd § 284 SGB III) bedurft hätte, um als Arbeitnehmer auf dem deutschen Arbeitsmarkt tätig werden zu können. Nach Artikel 23 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht vom 25.04.2005 (ABl. Nr. L 157 S. 203, ber. ABl. 2011 Nr. L 347 S. 62) iVm Anhang VI der Liste nach Artikel 23 der Beitrittsakte (Übergangsbestimmungen, Bulgarien) war nach den dortigen Nr. 2 und 13 im streitgegenständlichen Zeitraum sowohl die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Nr. 2) als auch die Dienstleistungsfreiheit für das Baugewerbe (Nr. 13) für bulgarische Staatangehörige eingeschränkt. Für den Kläger gab es daher im streitgegenständlichen Zeitraum lediglich eine legale Möglichkeit, seine Dienste im Baugewerbe auf dem deutschen (Arbeits-)Markt anzubieten, nämlich als selbständiger Bauhandwerker im Rahmen der in Artikel 49 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) garantierten Niederlassungsfreiheit. Der Kläger hatte nach Angaben der Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum weder eine Arbeitsgenehmigung- EU erteilt erhalten, noch hatte er eine solche beantragt. Gegenteiliges hat der Kläger selbst auch nicht nach einem gerichtlichen Hinweis vorgebracht, so dass es vor diesem Hintergrund nachvollziehbar erscheint, er und B. haben den Abschluss eines Arbeitsvertrages nicht gewollt. Auch wenn das in § 284 SGB III enthaltene Verbot der Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitsgenehmigung- EU nicht zwangsläufig eine Nichtigkeit eines ohne eine solche Genehmigung abgeschlossenen Arbeitsvertrages zur Folge hat, ist § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) jedoch dann berührt, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer von vornherein in Missbrauchsabsicht die Beschäftigung ohne Einholung der Arbeitsgenehmigung- EU durchführen wollten (vgl. Jüttner in Mutschler/Schmidt- de Caluwe/ Coseriu, SGB III - Arbeitsförderung, 5. Aufl., § 284 Rn. 124). Zuletzt spricht gegen den Abschluss eines Arbeitsvertrages auch das Unterschreiten zwingender Bestimmungen zu Mindestarbeitsbedingungen für Arbeitnehmer, vorliegend die Höhe der zu zahlenden Vergütung (10,00 EUR je Stunde), die für Arbeitnehmer durch den Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geregelt wird (Stundenlohn bis 30.06.2011: Lohngruppe 1 - 10,90 EUR; Lohngruppe 2 - 12,95 EUR; ab 01.07.2011: Lohngruppe 1 - 11,00 EUR ; Lohngruppe 2 - 13,00 EUR; siehe www.lohn-info.de/ mindestlohnbauhauptgewerbe.html).

Soweit sich kein Nachweis über den Abschluss eines Arbeitsvertrages sondern allenfalls einer über den Abschluss eines Werkvertrages erbringen lässt, die vertragliche Gestaltung aber als unerheblich anzusehen wäre, weil die maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse hiervon abweichen, führte dies zu keiner anderen Betrachtungsweise. Rechtlich relevant sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse, die im Einzelfall bei wertender Betrachtung die Qualifizierung einer Tätigkeit als abhängige Beschäftigung erlauben. Der Kläger hat aber nichts vorgetragen, was eine zweifelsfreie Qualifizierung der von ihm im Zeitraum vom 15.06.2011 bis 22.07.2011(tatsächlich) ausgeübten Tätigkeit als abhängige Beschäftigung zuließe. Er hat lediglich dargelegt, er sei nach Stunden bezahlt worden, er habe die täglich vorgegebenen Arbeitszeiten einhalten müssen und er habe in Bezug auf die Ausführung der Bauleistung, die Werkzeuge sowie die Materialien den Weisungen des B. unterlegen. Diese Umstände - als wahr unterstellt - sind allein jedoch nicht geeignet zweifelsfrei einen Arbeitnehmerstatus des Klägers zu begründen, denn auch die Tätigkeit eines selbständigen Subunternehmers kann auf Honorarbasis als Stundenvergütung vereinbart sein. Ebenso ist ein selbständiger Bauhandwerker im Rahmen eines Werkvertrages an die Vorgaben des Bauherrn bzw. des Auftraggebers gebunden, was die Ausführung der Bauleistung und den Einsatz der verwendeten Materialien angeht. In Bezug auf den Einsatz der Werkzeuge hat der Kläger nicht einmal vorgetragen, dass diese von B. gestellt worden wären, und zuletzt ist auch die Anwesenheit eines selbständigen Bauhandwerkers auf Anforderung eines Bauherrn nicht ungewöhnlich. Gegen eine Tätigkeit des Klägers als abhängig Beschäftigter im Rahmen eines durch einen Arbeitgeber ausgeübten Weisungsrechts in Bezug auf die Arbeitszeiten sprechen demgegenüber die teilweise massiven Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzbestimmungen, wie sie sich aus dem Arbeitszeitgesetz (vom 06.06.1994; BGBl. I S. 1170, 1171 - ArbZG) ergeben. Ausweislich der gegenüber dem Arbeitsgericht S. angegebenen Zeiten der Tätigkeit habe der Kläger an 15 von 31 Tagen - unter Verstoß gegen § 3 ArbZG - mehr als 10 Stunden gearbeitet, ohne dass eine Ausnahmeregelung iSd § 7 ArbZG ersichtlich wäre. Darüber hinaus legen die Tätigkeitszeiten im Zeitraum vom 27.06.2011 bis 01.07.2011 (59 Stunden innerhalb von 5 Werktagen) zumindest einen Verstoß gegen die Regelung über die Ruhezeiten nahe (§ 5 ArbZG), und zuletzt läge aufgrund der Tätigkeit am 17.07.2011 (Sonntag) ein Verstoß gegen § 9 ArbZG (Sonn- und Feiertagsruhe) vor, da nicht ersichtlich ist, dass die Voraussetzungen des § 10 ArbZG (Sonn- und Feiertagsbeschäftigung) vorlägen. Im Ergebnis sprechen daher die vom Kläger angegeben Anwesenheitszeiten, die seitens des Bauherrn angeordnet gewesen seien, eher gegen eine abhängige Beschäftigung, da diese weder legal noch durch ein Weisungsrecht des B. gedeckt gewesen wären. Soweit der Kläger vorträgt, B. habe die Hotelzimmer, in denen er, der Kläger, übernachtet habe, angemietet aber nicht bezahlt, lässt auch dies keinen Schluss auf eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers zu. Ausweislich seiner Klage vor dem Arbeitsgericht S. hat er keine Übernachtungskosten, sondern lediglich eine Auslöse dem Grunde nach als Teil des Arbeitsentgeltes geltend gemacht, so dass die Anmietung der Unterkunft durch B. als indifferentes Kriterium keinerlei Bezug zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung seines Status aufweist. Auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse gibt es daher keine zweifelsfreien Nachweise für eine abhängige Beschäftigung des Klägers; zu einer weitergehenden Beweiserhebung von Amts wegen musste sich der erkennende Senat nicht gedrängt sehen, denn auch wenn der Sachvortrag des Klägers als wahr zu unterstellen ist, rechtfertigt dieser Sachverhalt keine zweifelsfreie Beurteilung dahingehend, der Kläger habe - entgegen der Vereinbarung mit B. als selbständiger Subunternehmer für diesen tätig zu werden - eine abhängige Beschäftigung als Arbeitnehmer bei B. ausgeübt. In diesem Zusammenhang hat der Kläger - unter Bezugnahme auf das arbeitsgerichtliche Verfahren - allein dargelegt, dass andere "Arbeitnehmer" seine Arbeitszeiten zwar bezeugen könnten. Dem brauchte der Senat jedoch nicht nachzugehen, denn nach Lage der Akten gibt es keine Hinweise auf eine ladungsfähige Anschrift dieser Zeugen und der Kläger hat auch nicht angeboten diese mitzuteilen. Zudem ist der vom Kläger vorgetragene Umfang seiner Tätigkeit als wahr zu unterstellen, und in Bezug auf die zentrale Frage des vorliegenden Verfahrens, die persönliche Abhängigkeit des Klägers, ist weder ersichtlich, ob diese Zeugen Angaben machen können, noch hat der Kläger dieses behauptet. Allein aus der Anwesenheit des Klägers auf den Baustellen, die allein durch die Zeugen im arbeitsgerichtlichen Verfahren bestätigen werden sollten, lassen sich keine Schlüsse auf eine abhängige Beschäftigung ziehen. Darüber hinaus gibt es nach Lage der Akten keine Anhaltspunkte dafür, dass die im arbeitsgerichtlichen Verfahren benannten Zeugen zum wesentlichen Abgrenzungskriterium, der persönlichen Abhängigkeit, die dadurch zum Ausdruck kommen könnte, dass eine Tätigkeit für andere Auftraggeber ausgeschlossen war, Angaben machen können, insbesondere nachdem nicht einmal der Kläger selbst behauptet, die Zeugen hätten Kenntnis von seinen vertraglichen Beziehungen zu B. gehabt. In diesem Zusammenhang hat der Kläger lediglich geltend gemacht, er habe allein für B. gearbeitet, was jedoch ebenfalls keinen Schluss auf eine Arbeitnehmereigenschaft zulässt, denn auch selbständige Bauhandwerker, sind - abhängig von der Größe des Auftrages - zumindest für begrenzte Zeiträume ausschließlich für einen Auftraggeber tätig, ohne dass aus derartigen vertraglichen Regelungen eine abhängige Beschäftigung erwachsen würde. Insoweit ist entscheidend auf die vertraglichen Bindungen abzustellen, die es einem Dienstherrn erlauben, eine Tätigkeit des Verpflichteten für einen anderen Dienstherrn auszuschließen. Soweit wie vorliegend der Kläger lediglich Angaben dazu macht, für keinen anderen Dienstherrn tätig gewesen zu sein, besagt dies nichts darüber, ob er nicht berechtigt gewesen wäre auch andere Aufträge anzunehmen, wofür allerdings bereits sein eigener Vortrag spricht, er sei "hauptsächlich" für B. tätig gewesen.

Eine andere Beurteilung zur Frage der abhängigen Beschäftigung ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, das Arbeitsgericht S. habe seinen Arbeitsentgeltanspruch bestätigt. Lediglich soweit ein Arbeitsgericht eine Klage auf Arbeitsentgelt rechtskräftig abweist, hat diese Entscheidung Bindungswirkung und schließt - mangels eines durchsetzbaren zivilrechtlichen Anspruches - einen Anspruch auf InsG aus (vgl. BSG, Urteil vom 08.04.1992 - 10 RAr 4/91 - SozR 3-4100 § 141a Nr. 1). Demgegenüber binden arbeitsgerichtliche Urteile, mit denen eine Entgeltforderung erstritten wurde, die Beklagte bei der Prüfung des InsG nicht ohne Weiteres, sondern es obliegt ihr Umstände zu berücksichtigen, die im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht vorgebracht wurden und daher nach der dort herrschenden Dispositionsmaxime auch nicht beachtlich waren. Dies gilt sowohl für arbeitsgerichtliche Versäumnisurteile als auch für kontradiktorische Urteile. Ein rechtskräftig zugesprochener Arbeitsentgeltanspruch stellt daher nur die Obergrenze für den Anspruch auf InsG dar (vgl. BSG, Urteil vom 08.04.1992 aaO). Vorliegend war es geboten, die Gesamtumstände, unabhängig von dem im arbeitsgerichtlichen Verfahren allein vom Kläger vorgetragenen Sachverhalt zu beurteilen, denn der Kläger hat es dort unterlassen darauf hinzuweisen, dass ihm keine Arbeitsberechtigung- EU (iSd § 284 SGB III) erteilt war, was im Falle eines Missbrauches durch die Vertragsparteien zu einer Qualifizierung der Tätigkeit als Schwarzarbeit iSd § 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG) und damit zur Nichtigkeit der vertraglichen Vereinbarungen hätte führen können. Insoweit kann der Kläger bereits nicht einmal darlegen, er habe seinen Anspruch vor dem Arbeitsgericht schlüssig begründet, denn ein wesentliches Beurteilungskriterium für die Schlüssigkeit seines Anspruches, die Frage der Erlaubnis, eine Tätigkeit aufnehmen zu dürfen oder gegebenenfalls darzulegen, aus welchen Gründen ein Arbeitsentgeltanspruch nach den Grundsätzen eines faktischen Arbeitsverhältnisses vorliege, hat der Kläger unterlassen dort vorzutragen, so dass das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichtes S. keinerlei Hinweis darauf gibt, ob zwischen B. und dem Kläger ein Arbeitsverhältnis vorgelegen hat und Arbeitsentgelt geschuldet war. Zuletzt ist auch der Hinweis des Klägers unergiebig, er habe die Entscheidung des SG, in der erstmals die Frage der Arbeitnehmereigenschaft thematisiert worden sei, zum Anlass genommen, seinen sozialversicherungsrechtlichen Status durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung feststellen zu lassen. Weder hat der Kläger das Ergebnis dieses Antrages mitgeteilt noch hat er ein Aktenzeichen übermittelt, unter dem das Verfahren geführt würde, so dass der erkennende Senat von Amts wegen in der Lage gewesen wäre, die dort gewonnenen Erkenntnisse im vorliegenden Rechtsstreit zu verwerten.

Nach Ausschöpfung sämtlicher erreichbarer Erkenntnisquellen, ist daher festzustellen, dass eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum nicht nachgewiesen werden kann. Die Leistungen, die der Kläger anlässlich der im Zeitraum vom 15.06.2011 bis 22.07.2011 für B. tatsächlich erbrachten Arbeiten nicht erhalten hat, sind daher nicht als insolvenzgeldfähiges Arbeitsentgelt zu qualifizieren.

Unabhängig davon erweist sich auch die Verwaltungsentscheidung der Beklagten nicht nur im Ergebnis sondern auch in der Begründung als zutreffend, sofern B., wovon die Beklagte wohl ausgeht, als Arbeitgeber iSd §§ 183ff SGB III aF anzusehen wäre. Es gibt nämlich keinen Beleg dafür, dass B. im Zeitpunkt der Einstellung seiner betrieblichen Tätigkeit zahlungsunfähig gewesen ist. Über das Vermögen des B. ist weder ein Insolvenzverfahren eröffnet worden (§ 183 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB III), noch ist ein entsprechender Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden (§ 183 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB III). Ein Insolvenzereignis im Sinne von § 183 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB III ist ebenfalls nicht gegeben. Die überwiegenden Anhaltspunkte sprechen für eine vollständige Betriebseinstellung im Inland zum 30.09.2011, denn nach diesem Zeitpunkt war er - nach Angaben des Klägers - für niemanden mehr auffindbar. Die Beklagte hat in der nachfolgenden Zeit auch keinerlei Hinweise darauf ermitteln können, der Kläger habe nach dem 30.09.2011 seinen Geschäftsbetrieb an anderer Stelle im Inland fortgeführt. Sie hat weder eine Geschäftsanschrift noch eine Privatanschrift des B. ermitteln können, unter der B. seinen Geschäftsbetrieb hätte weiterführen können. Mit seiner späteren Inhaftierung ist zudem belegt, dass B. aus tatsächlichen Gründen nicht mehr in der Lage war, seine betriebliche Tätigkeit fortzuführen, wobei weitere Betriebstätigkeiten nach dem Verschwinden des B. zum 30.09.2011 bis zu seiner Inhaftierung auch nicht erkennbar waren. Allerdings kann ein offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommendes Insolvenzverfahren nicht festgestellt werden. Die Masselosigkeit muss dabei vor oder gleichzeitig mit der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit eintreten; spätere Masselosigkeit ist nicht ausreichend (vgl Kühl in: Brand, SGB III, 6. Aufl., § 165 Rn 39 mwN). Masselosigkeit kann bereits angenommen werden, wenn alle äußeren Tatsachen und insofern der Anschein für die Masseunzulänglichkeit sprechen (BSG, Urteil vom 04.03.1999 - B 11/10 AL 3/98 R - juris; Peters-Lange in: Gagel, SGB II/SGB III, Stand 12/2009, § 183 SGB III Rn 47; Völzke in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand 07/2010, § 183 Rn 65; Kühl aaO). Dies kann der Fall sein, wenn unter Hinweis auf die Zahlungsunfähigkeit kein Arbeitsentgelt mehr gezahlt, die Betriebstätigkeit eingestellt und kein Insolvenzantrag gestellt wird (BSG, Urteil vom 23.11.1981 - 10/8b RAr 6/80 - SozR 4100 § 141b Nr 21). Weitere Indizien können in zahlreichen arbeitsgerichtlichen Versäumnisurteilen auf Lohnzahlung, erfolglos gebliebenen Zwangsvollstreckungen, eidesstattlichen Versicherungen oder einer Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen über sechs Monate gesehen werden (vgl dazu insgesamt Kühl aaO mwN). Dass ein Arbeitgeber Schulden in großer Höhe gemacht und sich abgesetzt hat, ohne sie zu begleichen, ist dagegen allein kein Grund für die Annahme einer offensichtlichen Masselosigkeit, da zwischen Zahlungsunwilligkeit und Zahlungsunfähigkeit zu unterscheiden ist (vgl BSG, Urteil vom 22.09.1993 - 10 RAr 9/91 - SozR 3-4100 § 141b Nr 7). Aus der Zahlungsunwilligkeit kann auch nicht auf eine offensichtliche Masselosigkeit geschlossen werden (vgl Estelmann in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 183 Rn 72). Lässt sich nicht aufklären, ob Zahlungsunfähigkeit oder lediglich Zahlungsunwilligkeit vorliegt, geht dies zu Lasten des Arbeitnehmers (vgl. BSG aaO; Kühl aaO; Voelzke aaO).

B. war somit zum Zeitpunkt einer Betriebseinstellung am 30.09.2011 nicht nachweislich zahlungsunfähig. Der Umstand, dass nicht unerhebliche Steuerschulden vorlagen, und B. Gläubiger nicht mit Zahlungen bedient hat, lässt nicht ohne Weiteres den Schluss zu, er sei zahlungsunfähig gewesen. Das Gesamtverhalten des B., das auch der Kläger - zu Recht - als betrügerisch qualifiziert hat, lässt allenfalls den Schluss zu, dass er zahlungsunwillig war. Der Umstand, dass er trotz eidesstattlicher Versicherung ein Gewerbe aufgenommen hat, wohl aber weder Zahlungen an Gläubiger geleistet hat noch behördliche Anmeldungen (und Zahlungen) vorgenommen hat, ist allein dahingehend zu deuten, dass er - aufgrund eines bereits vorgefassten Entschlusses unabhängig von seinen finanziellen Verhältnissen - zu keinem Zeitpunkt die Absicht hatte, den Kläger für seine Tätigkeit zu bezahlen oder anderweitige Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Allein das Verhalten des B. bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass er keine Geldmittel hatte, insbesondere nachdem es keine Hinweise darauf gibt, dass B. als Generalunternehmer von seinen Auftraggebern nicht bezahlt worden wäre. Das Vorgehen des B. ist vielmehr Beleg dafür, dass es ihm ausschließlich darum ging, seine Vertragspartner zur Erbringung von Leistungen zu veranlassen, er hatte aber nie die Absicht hatte eine Gegenleistung zu erbringen, so dass die Weigerung Zahlungen an den Kläger zu erbringen nicht zweifelsfrei mit der Zahlungsunfähigkeit des B, sondern ausschließlich mit dessen Zahlungsunwilligkeit zu begründen ist. Insoweit ist daher nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers auch festzustellen, dass in Bezug auf B., sofern er als Arbeitgeber anzusehen wäre, ein Insolvenzereignis - mangels Nachweises seiner Zahlungsunfähigkeit - nicht vorliegt. Weitergehende und erfolgversprechende Möglichkeiten der Sachaufklärung durch den erkennenden Senat waren nicht ersichtlich, denn B. ist nach den Ermittlungen des SG nach Verbüßung seiner letzten Haftstrafe - wegen der Vollstreckung einer weiteren Haftstrafe - zur Festnahme ausgeschrieben und derzeit unauffindbar. Eine Befragung des B. zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen im September 2011, aufgrund derer allein die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit des B. möglich erscheinen würde, ist daher nicht möglich.

Infolge dessen war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Abs 1 SGG und folgt aus dem Unterliegen des Klägers.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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