S 4 R 50/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 4 R 50/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wer nach dem Tod des Rentenempfängers über eine zu Unrecht gezahlte Rente verfügt, ist zur Rückzahlung verpflichtet, auch wenn er die Beerdigungskosten übernommen hat. Eine solche Rentenzahlung fällt nicht in den Nachlass des Verstorbenen.
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beklagte begehrt von der Klägerin die Rückerstattung zu Unrecht gezahlter Rentenleistungen.

Die Klägerin ist die Nichte der 1921 geborenen und im August 2011 verstorbenen B. Für deren Konto bei der C. Bank hatte sie eine Kontovollmacht. Auf dieses Konto überwies die Beklagte die Rente in Höhe von 1.291,91 EUR bis einschließlich September 2011.

Die C. Bank, bei der die Beklagte die zuviel gezahlte Rente zurückforderte, teilte der Beklagten mit, das Konto der Verstorbenen habe am 31.08.2011 ein Plus in Höhe von 1.672,19 EUR und bei Eingang der Rückforderung am 02.09.2011 ein Minus in Höhe von 571,30 EUR aufgewiesen. Die Klägerin habe als Kontobevollmächtigte über einen Betrag in Höhe von 1.600,00 EUR verfügt.

Nach Anhörung der Klägerin forderte die Beklagte mit Bescheid vom 15.10.2012 von ihr einen Betrag in Höhe von 1.176,04 EUR nach § 118 Abs. 4 Satz 1 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB VI) zurück.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, mit dem sie geltend machte, sie habe den Betrag als Vorauszahlung für das Beerdigungsunternehmen verwendet. Sie verfüge über keinen einzigen Cent ihrer Tante und habe im Gegenteil noch viel Geld für sie ausgelegt, das sie nicht mehr wiederbekomme. Zum Beispiel habe das Konto ausgeglichen werden müssen, um es überhaupt löschen zu können. Ihre Tante habe am Ende ihres Lebens über kein Vermögen verfügt.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2013 zurück. In dem Widerspruchsbescheid wird ausgeführt, die Regelung des § 118 Abs. 3 und 4 SGB VI begründe einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Rückzahlung von über den Sterbemonat hinaus gezahlten Geldleistungen. Ein Rücküberweisungsanspruch gegenüber der C. Bank bestehe nicht, da bis zum Eingang der Rückforderung bereits über die Geldbeträge verfügt worden sei. Die Klägerin habe über das Geld verfügt und müsse damit auch den geltend gemachten Betrag erstatten.

Die Klägerin hat am 01.02.2013 Klage erhoben und ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.

Zur mündlichen Verhandlung ist sie nicht erschienen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 15.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.01.2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Die Verwaltungsakte der Beklagten ist zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Über diese Klage durfte das Gericht entscheiden, obwohl die Klägerin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Die Klägerin ist auf diese Möglichkeit in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden. Der Sachverhalt ist geklärt, so dass nur noch über eine Rechtsfrage zu entscheiden war. Das Erscheinen der Klägerin zur mündlichen Verhandlung war daher nicht erforderlich.

Die Klage ist unbegründet.

Die Beklagte hat zu Recht von der Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.176,04 EUR zurückgefordert. Für eine solche Rückforderung liegen die Voraussetzungen nach § 118 Abs. 4 SGB VI vor. Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger), als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Der Träger der Rentenversicherung hat Erstattungsansprüche durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen hier vor. Die Beklagte hat die Rente für September 2011 zu Unrecht erbracht, da die Rentenempfängerin bereits im August 2011 verstorben war. Die Klägerin hat über diese zuviel gezahlte Rente verfügt und ist damit auch zur Rückzahlung verpflichtet.

Dem Erstattungsanspruch gegen die Klägerin steht auch nicht der vorrangig geltend zu machende Rücküberweisungsanspruch gegen die Bank in ihrer Funktion als Zahlungsmittlerin nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI entgegen. Der Rentenversicherungsträger kann und darf nämlich gegen Dritte nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI erst und nur dann vorgehen, wenn die "Geldleistung" - berechtigt - "nicht nach Abs. 3 von dem Geldinstitut zurücküberwiesen wird". Die kontoführende Bank war hier aber berechtigt, die Rente nicht zurückzuüberweisen. Dies ergibt sich aus § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI. Über den Rückforderungsbetrag war bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig durch die Klägerin verfügt worden.

Dass die Klägerin das Geld für die Beerdigungskosten verwandt hat, rechtfertigt kein Absehen von der Rückforderung. Die überzahlte Rente gehört nicht in den Nachlass und steht daher auch nicht zur Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten zur Verfügung (vgl. zum Rückforderungsanspruch des Rentenversicherungsträgers Bundessozialgericht, Urteil vom 10.07.2012, Az. B 13 R 105/11 R).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Berufung ist gemäß § 143 SGG zulässig.
Rechtskraft
Aus
Saved