S 23 KR 390/01

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
23
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 23 KR 390/01
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Beigeladene wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 30.05.2000 bis 25.06.2000 Krankengeld zu gewähren.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beigeladene hat dem Kläger seine Anwaltskosten zu erstatten.

Gründe:

Der Kläger war bis 15.05.2000 bei der Beigeladenen nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB III aufgrund Bezuges von Arbeitslosengeld krankenversichert.

Ab 17.05.2000 war er als Koch im Restaurant "Im ..." in Vollzeit beschäftigt, arbeitete bis einschließlich 25.05.2000 und erschien danach nicht wieder zur Arbeit; für die 9 Tage vom 17.05.2000 bis 25.05.2000 erhielt er 9/30 von DM 2.300 = DM 690 brutto = DM 499,93 netto.

Am 29.05.2000 bescheinigte ihm die Nervenärztin Dr. H. für die Zeit vom 29.05.2000 bis voraussichtlich 13.06.2000 Arbeitsunfähigkeit (wegen F 20.0 [ICD-10] = paranoide Schizophrenie); Folgebescheinigungen erfolgten am 16.06.2000 und 14.07.2000 für die Zeiten bis 14.07.2000 und 18.08.2000.

Aufgrund Beitrittserklärung vom 20.08.2000 ist der Kläger seit 26.05.2000 bei der Beklagten freiwillig versichert.

Die Gewährung von Krankengeld lehnte die Beklagte – zu der das Restaurant "Im ..." den Kläger für die Zeit der entgeltlichen Beschäftigung gemeldet hatte – mit Bescheid vom 10.01.2001 ab, weil der Kläger – wie sie ihm bereits unter dem 21.08.2000 erklärt hatte – innerhalb der 14-Tage-Frist des § 175 Abs 3 Satz 1 SGB V die Ausübung seines Wahlrechts nach § 175 Abs 1 Satz 1 SGB V gegenüber der Beklagten erklärt habe und er nach § 175 Abs 3 Satz 2 SGB V deshalb bei der Beigeladenen anzumelden gewesen sei, bei der er zuletzt versichert war.

Den in der mit Schreiben vom 19.04.2001 erhobenen Klage enthaltenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2003 zurück.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 10.01.2001 und den Widerspruchsbescheid vom 30.04.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm "das beanspruchte Krankengeld zuzuerkennen", hilfsweise: die Beigeladene zu verurteilen, ihm das Krankengeld zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, daß die Beigeladene als "letzte Kasse" für die Krankenversicherung des Klägers zuständig sei; die freiwillige Versicherung des Klägers habe sie, die Beklagte, nur im Interesse des Klägers durchgeführt, damit dieser überhaupt einen Versicherungsschutz habe, ungeachtet seines mehrfach geäußerten Wunsches, weiterhin bei der Beigeladenen versichert zu sein.

Die Beigeladene hat gemeint, es entspreche gängiger Krankenkassenpraxis, das Wahlrecht mit Eingang einer Anmeldung als ausgeübt anzusehen; für die Versicherung des Klägers sei deshalb allein die Beklagte zuständig.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten bezug genommen. II.

Die Klage ist zulässig; in der Sache ist sie nur insoweit begründet, als die Beigeladene dem Kläger für die Zeit vom 30.05.2000 bis 25.06.2000 Krankengeld zu gewähren hat; im übrigen ist die Klage unbegründet.

1.

Der Kläger war vom 17.05.2000 bis 25.05.2000 nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherungspflichtig; mit dem 25.05.2000 hatte – ungeachtet der Frage, zu welchem späteren Zeitpunkt sein Arbeitsverhältnis rechtlich erst beendet worden sein konnte – seine Mitgliedschaft nach § 190 Abs 2 SGB V (in der seit 01.01.1999 gültigen Fassung) geendet.

Als Versicherungspflichtiger war der Kläger nach §§ 173 Abs 1 SGB V, 175 Abs 3 SGB V Mitglied der Beigeladenen, nämlich der Krankenkasse, bei der zuletzt eine Versicherung bestanden hatte.

Nach § 175 Abs 3 Satz 1 SGB V hatte er ein nur bis 31.05.2000 auszuübendes Wahlrecht gehabt, welches er gegenüber der gewählten Kasse hätte erklären können, aber innerhalb dieser Frist nicht – weder ausdrücklich noch konkludent – ausgeübt hat. Dem Arbeitgeber hat kein Wahlrecht zugestanden; ein Wahlrecht steht dem Arbeitgeber nur zu, wenn vor Eintritt der Versicherungspflicht keine Versicherung bestanden hat (§ 175 Abs 3 Satz 2, Halbsatz 2 SGB V). Eine hiervon abweichende Krankenkassenpraxis stünde nicht mit dem Gesetz in Einklang. Die entgegen § 175 Abs 3 Satz 2, Halbsatz 1 SGB V erfolgte Meldung zur Beklagten hatte daher eine Mitgliedschaft bei ihr nicht begründen können.

2.

Der Anspruch des Klägers auf Krankengeld war nach § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V am 30.05.2000, nämlich mit dem Tage nach der ärztlichen Feststellung entstanden.

Krankengeld kann der Kläger daher wegen bereits beendeter Mitgliedschaft nur im Rahmen des nachgehenden, bis längstens einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft reichenden Leistungsanspruchs (§ 19 SGB V) und damit nur bis 25.06.2000 beanspruchen.

Dem daraus resultierenden Krankengeldanspruch des Klägers hat auch die ab 26.06.2000 bei der Beklagten begründete freiwillige Mitgliedschaft nicht entgegengestanden. Zwar ist der aus einer früheren Mitgliedschaft abgeleitete Versicherungsschutz gegenüber Ansprüchen aus einem aktuellen Versicherungsverhältnis grundsätzlich nachrangig (vgl. BSG 07.05.2002 - B 1 KR 24/01 R = SozR 3-2500 § 19 Nr 5 = BSGE 89, 254); diesen Nachrang schreibt indessen § 19 Abs 2 SGB V nicht ausdrücklich vor, und angesichts der Ansprüche auf Krankengeld nicht umfassenden freiwilligen Versicherung verstieße eine Auslegung, nach der, wer im Anschluß an eine Pflichtversicherung eine freiwillige Versicherung mit entsprechenden Krankenversicherungsbeitragspflichten eingeht, hinsichtlich nachgehender Krankengeldansprüche gegenüber demjenigen benachteiligt wäre, der keine solche Versicherung eingegangen ist, gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs 1 GG (vgl. KassKomm-Höfler Rdnr 29, 31 zu § 19; Noftz in Hauck, Rdnr 61 zu § 19 SGB V; anders zu der – hinsichtlich Umfang wie Dauer des nachgehenden Leistungsanspruch von § 19 SGB V wesentlich abweichenden – früheren Vorschrift des § 241 RVO: BSG 20.08.1986 = SozR 2200 § 214 Nr 2).

Zur Erfüllung des für die Zeit vom 30.05.2000 bis 25.06.2000 gegenüber der Beigeladenen bestandenen Krankengeldanspruchs war die Beigeladene, der gegenüber der Kläger ihn mit seinem dem Gericht in Kopie eingereichten Schreiben vom 07.05.2003 geltend gemacht hat, auf seinen damit sinngemäß gestellten Hilfsantrag zu verurteilen (§ 75 Abs 3 SGG).

3.

Eine Änderung seiner freiwilligen Versicherung bei der Beklagten hat der Kläger in diesem Verfahren nicht beantragt. Es bestand auch kein Anlaß für das Gericht, einen solchen Antrag anzuregen; denn Begründung und Bestand der freiwilligen Versicherung bleiben von der Entscheidung des Gerichts über die für seine Pflichtversicherung und nachgehende Krankengeldgewährung zuständige Kasse unberührt: Der Kläger hatte als nach § 9 SGB V Versicherungsberechtigter nach §§ 173, 175 SGB V in der hier noch maßgebenden, bis 31.12.2001 gültig gewesenen Fassung die Krankenkasse unabhängig davon wählen können, bei welcher Krankenkasse er als Versicherungspflichtiger zuletzt versichert gewesen war.

4.

Der Erlaß des Gerichtsbescheides beruht auf § 105 SGG; die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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