L 4 KR 2482/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 KR 2089/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2482/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine vorbeugende Feststellungsklage ist im sozialgerichtlichen Verfahren nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
Eine Klage mit dem Ziel der Feststellung, die Krankenkasse sei nicht berechtigt, den Versicherten gemäß § 52 Abs. 2 SGB V an den Kosten der Behandlung der Folgen einer Operation zu beteiligen, ist jedenfalls vor Durchführung dieser Operation unzulässig.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. April 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte die Klägerin an etwaigen Kosten, die aufgrund möglicher Komplikationen im Zusammenhang mit einer von der Klägerin geplanten, auf eigene Kosten durchgeführten operativen Brustverkleinerung (Mammareduktionsplastik) entstehen könnten, beteiligen dürfte.

Die Klägerin ist 1963 geboren. Sie ist bei der Beklagten krankenversichert.

Im August 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erstmals die Gewährung einer Mammareduktionsplastik. Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) (Gutachten des/der Dr. K. vom 17. August 2006), nannte ein Gewicht der Brüste von rechts 1100 Gramm und links 1000 Gramm, beschrieb eine Ptosis beidseits und kam zu der Einschätzung, dass der Zustand der Brüste der Klägerin einerseits altersbedingt, andererseits durch eine vermehrte Gewichtszunahme nach Raucherentwöhnung entstanden sei. Ein krankhafter Befund liege nicht vor. Mit Bescheid vom 21. August 2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Mammareduktionsplastik beidseits ab. Den von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2007 zurück. Eine von der Klägerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage (S 3 KR 1187/07) nahm die Klägerin am 15. August 2007 zurück.

Unter dem 14. Oktober 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Mammareduktionsplastik. Sie legte ein Attest des Prof. Dr. V., Leiter des Brustzentrums des Klinikums M., vom 7. Oktober 2008 sowie einen Bericht des Frauenarztes Dr. E. vom 27. Oktober 2008 vor. Danach sei die operative Brustverkleinerung medizinisch indiziert; der Gesundheitszustand der Klägerin, die mittlerweile an einem chronischen Cervicalsyndrom mit neurologischer Symptomatik und Schmerzen leide, habe sich weiter verschlechtert.

Die Beklagte holte das Gutachten der Dr. R., MDK, vom 6. Februar 2009 ein. Danach bestehe bei der Klägerin ein Übergewicht von 15 bis 20 Kilogramm. Durch Gewichtsabnahme von einem Kilogramm könne die Brustlast um 20 Gramm vermindert werden. Im Übrigen liege das Brustgewicht aber durchaus noch im Normbereich. Die schweren degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule seien nicht ursächlich auf die große Brust zurückzuführen, zumal eine Zunahme der Brüste bereits seit 2003 verzeichnet werde. Auch sei bei einem chronifizierten Schmerzsyndrom eine Linderung der geklagten Beschwerden nicht zu erwarten. Der Schwerpunkt des Körpers liege vor der Brust, so dass das Brustgewicht keinen Einfluss auf die Statik habe. Zu empfehlen seien eine Gewichtsreduktion und vor allem eine Stärkung der Rückenmuskulatur. Mit Bescheid vom 9. Februar 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Mammareduktionsplastik erneut ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2009 zurück. Hiergegen erhob sie beim SG erneut Klage (S 3 KR 5703/09). Mit Urteil vom 23. September 2010 wies das SG die Klage ab. Das Brustgewicht der Klägerin stelle keine Krankheit dar. Die Klägerin leide an einem multifaktoriellen Krankheitsgeschehen auf orthopädischem Gebiet mit daraus resultierenden Beschwerden, die durch das Brustgewicht nicht verursacht seien. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) wies die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 28. September 2011 zurück (L 5 KR 5058/10). Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung einer operativen Brustverkleinerung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Brustgröße der Klägerin als solche stelle keine Krankheit dar. Das Brustgewicht der Klägerin liege im Bereich der natürlichen Varianz der Brustgrößen in der weiblichen Bevölkerung, was die Annahme einer Krankheit der Brust infolge ihrer Größe bzw. ihres Gewichtes ausschließe. Funktionsbeeinträchtigungen wegen der Brustgröße bestünden nicht. Unter einer psychischen Erkrankung infolge der Mammahypertrophie leide die Klägerin ebenfalls nicht. Schließlich liege auch keine entstellende Wirkung vor. Die bei der Klägerin vorliegenden orthopädischen Erkrankungen, vor allem im Bereich der Halswirbelsäule, und die damit verbundenen Schmerzen rechtfertigten eine Mammareduktionsplastik nicht. Die zur Behandlung orthopädischer Krankheitsbeschwerden begehrte operative Brustverkleinerung setze nicht unmittelbar an den Erkrankungen bzw. an den erkrankten Organen, dem muskuloskelettalen System (vor allem) des Halsnackenbereiches, an. Zudem fehle es am Nachweis der Wirksamkeit bzw. des therapeutischen Nutzens einer operativer Brustverkleinerung für die Therapie orthopädischer Beschwerden aufgrund eines Cervicalsyndroms. Hiergegen erhob die Klägerin beim Bundessozialgericht (BSG) Nichtzulassungsbeschwerde (B 1 KR 87/11 B).

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2011 schlug die Klägerin der Beklagten vor, "den Rechtsstreit gütlich beizulegen." Sie wäre bereit, ihre Nichtzulassungsbeschwerde nicht weiter aufrecht zu erhalten, wenn die Beklagte – nach Angaben der Klägerin einem Vorschlag des LSG aus der mündlichen Verhandlung vom 28. September 2011 folgend – verbindlich erkläre, dass im Falle der privaten Durchführung der Operation bei auftretenden Komplikationen ihr gegenüber keine Regressansprüche erhoben würden. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie davon ausgehe, dass eine Brustverkleinerung auf privater Basis eine ästhetische Operation darstelle, nachdem das LSG die Berufung zurückgewiesen habe, weil eine medizinische Begründung für die Brustverkleinerung nicht vorgelegen habe. Sollten infolge einer solchen Operation weitere Operationen medizinisch notwendig werden, würden die Kosten hierfür selbstverständlich zunächst übernommen. Allerdings müsste dann nachgeprüft werden, ob eine Eigenbeteiligung in Betracht komme und wenn ja, in welchem Umfang. Ein "Bescheid" könne zu diesem Thema nicht erteilt werden, da der Sachverhalt noch gar nicht vorliege. Es könnten keine verbindlichen Bescheide zu fiktiven Sachverhalten erteilt werden. Die Klägerin erneuerte ihren Vorschlag mit E-Mail vom 7. Dezember 2011. Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 28. Dezember 2011 mit, dass "der vergleichsweisen Regelung" nicht näher getreten werden könne. Auch wenn der geplante chirurgische Eingriff nicht unbedingt ästhetisch motiviert sei, handle es sich vorliegend um einen das äußere Erscheinungsbild gestaltenden Eingriff, der als ästhetische Operation angesehen werde. Ausschlaggebend sei jedoch, dass es sich nach dem Berufungsurteil des LSG um eine medizinisch nicht indizierte Operation handele. Der Gesetzgeber gebiete den Krankenkassen, leistungsrechtliche Konsequenzen zu ziehen, wenn sich Versicherte eine Krankheit durch körperliche Eingriffe zuzögen, die nicht medizinisch indiziert seien. Insofern könne nicht von vornherein auf eine Regressierung verzichtet werden.

Im Januar 2012 nahm die Klägerin ihre Nichtzulassungsbeschwerde zurück.

Am 16. Januar 2012 erhob die Klägerin "[f]ürsorglich" Widerspruch gegen die Schreiben der Beklagten vom 27. Oktober 2011 und vom 28. Dezember 2011. Sollte die Beklagte der Auffassung sein, dass für die Klärung des Sachverhaltes eine Bescheiderteilung gar nicht in Betracht komme, würde unmittelbar Feststellungsklage erhoben. Sie bat um Mitteilung, wie die Beklagte weiter zu verfahren wünsche ("Erteilung von weiteren Bescheiden oder nicht").

Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2012 den Widerspruch "gegen den Bescheid" vom 28. Dezember 2011 als unbegründet zurück. Sie sah den Widerspruch als zulässig an und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die Klägerin plane, auf eigene Kosten eine nicht medizinisch indizierte Mammareduktionsplastik durchführen zu lassen. Aus diesem Grunde habe die Beklagte sie in angemessener Höhe an den eventuell dadurch bei Komplikationen entstehenden Kosten zu beteiligen. Diese Entscheidung stünde in pflichtgemäßem Ermessen. Eine Kostenübernahme von 100 v.H. könne sie derzeit nicht verbindlich erklären. Vielmehr sei eine Entscheidung über eine Kostenbeteiligung unter pflichtgemäßer Ermessensausübung im Rahmen der finanziellen Einkommenssituation der Klägerin im Vergleich zu den Kosten, welche im Zusammenhang mit der Mammareduktionsplastik entstanden sein werden, zu treffen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 11. Juni 2012 Klage beim SG mit dem Ziel der Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, sie an den Folgekosten, die aufgrund von Komplikationen im Anschluss an die beabsichtigte Mammareduktionsplastik entstehen könnten, zu beteiligen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie ein Interesse an der begehrten Feststellung habe. Sie beabsichtige aufgrund ihrer Beschwerden, die Reduktionsplastik auf eigene Kosten durchzuführen. Die Weigerung der Beklagten, verbindlich zu erklären, dass sie sie nicht an den Kosten einer eventuellen Weiterbehandlung beteiligen werde, führe zu einer Ungewissheit im Rechtszustand, den sie (die Klägerin) vor der beabsichtigten Maßnahme klären müsse, da die Folgekosten bei möglichen Komplikationen bei der beabsichtigten Operation enorm ausufern könnten. Soweit die Beklagte dann im Anschluss hieran sie in Anspruch nehmen könnte, wäre hiermit unter Umständen ein erhebliches finanzielles Risiko für sie verbunden, das sie so ohne Weiteres nicht eingehen möchte. Jedenfalls bedürfe sie der Klarheit über dieses Risiko. In der Sache handele es sich bei der beabsichtigten Maßnahme nicht um eine ästhetische Operation. Allein der Umstand, dass der Nachweis eines wissenschaftlichen Zusammenhangs zwischen Rückenbeschwerden und übergroßer Mamma in den Vorprozessen nicht habe geführt werden können, bedeute nun im Umkehrschluss nicht zwingend, dass es sich um eine ästhetische Operation handele. Denn nach wie vor lasse sie aus ihrer subjektiven und auch durch ärztliche Berichte untermauerten Sicht die Reduktionsplastik nicht aus optisch/ästhetischen Gründen durchführen, sondern aufgrund ihres Beschwerdedrucks. Ob sich dann das gewünschte Ergebnis einstelle (Beschwerdereduzierung am Rücken), könne dahingestellt bleiben. Jedenfalls seien die Voraussetzungen für eine Kostenbeteiligung schon vom Ansatz her nicht erfüllt, weshalb die Beklagte auch schon jetzt in der Lage sei, zu erklären, dass sie sie (die Klägerin) bei auftretenden Komplikationen in der Folge der beabsichtigten Mammareduktionsplastik nicht an Kosten beteiligen werde. Im Übrigen sei die Regelung des § 52 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) verfassungswidrig. Sie knüpfe nämlich ohne sachlichen Grund eine Rechtsfolge an einen Tatbestand in Abweichung zu anderen, vergleichbaren Tatbeständen. Letztlich werde – wenn man einmal den ästhetischen Charakter der Operation unterstellen wollte – eine bestimmte Lebensform ohne nachvollziehbare Differenzierung gegenüber einer anderen Lebensform benachteiligt. So sei nicht ersichtlich, warum der sich im Rahmen der Steuerungsfähigkeit in eine Alkoholabhängigkeit manövrierende Versicherte ohne Kostenbeteiligung in den Genuss der Heilbehandlung kommen solle, währenddessen derjenige, der sich einer ästhetischen Brustoperation unterziehe, plötzlich bei Komplikationen an den Kosten – jedenfalls dem Grunde nach – beteiligt werden solle. Ähnliches gelte mit Blick auf verunfallte Extremsportler, Automotorsportler oder Raucher.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf ihren Widerspruchsbescheid entgegen.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 23. April 2013 ab. Die vorbeugende Feststellungsklage sei unzulässig. Zwischen den Beteiligten bestehe kein konkretes, aktuelles feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, das Gegenstand einer Feststellungsklage sein könne. Weder habe die Klägerin die beabsichtigte Mammareduktion bereits durchführen lassen noch habe sie hierfür konkrete Vorkehrungen, wie die Vereinbarung eines Operationstermins, getroffen. Auch sei bisher noch nicht absehbar, ob überhaupt Komplikationen entstünden. Zudem sei unklar, ob die Beklagte die Klägerin im Falle von Komplikationen in Regress nehmen werde. Auch die Voraussetzungen für eine vorbeugende Feststellungsklage lägen nicht vor. Eine solche Klage sei nur zulässig, wenn neben der Schilderung eines überschaubaren, d.h. sich voraussichtlich realisierenden Sachverhalts ein berechtigtes Interesse an der baldigen vorbeugenden Feststellung bestehe. Ein solches qualifiziertes Rechtsschutzinteresse bestehe, wenn nicht einmal gesichert sei, dass überhaupt eine angemessene Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes offenstehe, die Inanspruchnahme nachträglichen Rechtsschutzes dazu führen würde, dass eine derzeitige finanzielle Belastung sich erhöhen statt wie angestrebt weiter sinken werde, dies aus anderen Gründen mit Blick auf das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutz geboten sei, was sich grundsätzlich nach den Verhältnissen des Einzelfalles bestimme, oder die Inanspruchnahme nachträglichen Rechtsschutzes eine Gefährdung der Existenzsicherung bedingen würde. Wenn es aber dem Betroffenen zuzumuten sei, die befürchteten Maßnahmen der Verwaltung abzuwarten und er auf einen als ausreichend anzusehenden nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden könne, fehle das erforderliche qualifizierte Rechtsschutzinteresse. Vorliegend sei nicht ersichtlich, dass die Verweisung auf nachgehenden Rechtsschutz aus den genannten Gründen unzumutbar sein sollte. Selbst wenn es zu Komplikationen kommen sollte, wäre die Beklagte zunächst zur Übernahme der Behandlungskosten verpflichtet. Die medizinische Versorgung wäre deshalb selbst im Fall von Komplikationen gesichert. Gegen eine etwaige anschließende Regressforderung der Beklagten könne sich die Klägerin mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren.

Gegen das ihr am 15. Mai 2013 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 14. Juni 2013 Berufung eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass ein etwaiger Regressanspruch der Beklagten zwei Tatbestandsvoraussetzungen erfordere, die beide kumulativ erfüllt sein müssten. Es müsse sich um nicht indizierte und ästhetische Operationen handeln. Es gebe zahlreiche medizinische Eingriffe, die nicht indiziert sein mögen, gleichwohl nicht ästhetischer Art seien. Hätte der Gesetzgeber jede nicht indizierte Behandlung gemeint, hätte es des Wortes "ästhetische" nicht bedurft. Der Beklagten sei bereits jetzt eine Erklärung möglich, ob die geplante Operation eine nicht indizierte ästhetische Operation sei oder nicht. Die Klägerin behauptet erneut, dass der im vorangegangenen Berufungsverfahren erkennende Senat in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten habe, dass es sich bei der geplanten Operation nicht um eine ästhetische Operation handele. Da diese Äußerungen mangels Entscheidungserheblichkeit jedoch keinen Eingang in die Urteilsgründe gefunden hätten, sich die Beklagte schon damals einem entsprechenden Vergleichsvorschlag entzogen habe und auch im Nachhinein nicht bereit gewesen sei, entsprechende Erklärungen abzugeben, benötige sie zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz eine Klärung dieser Frage, bevor sie den Eingriff beginne. Denn Eingriffe in dieser Größe seien durchaus komplikationsträchtig. Es könne etwa zum Eintritt von Keimen mit nachfolgenden Entzündungen bis hin zur Sepsis, Koma, Langzeitbeatmungsbehandlung etc. kommen. Derartige Komplikationen würden, wenn sie zur Regressforderung der Beklagten ihr gegenüber führten, ihre wirtschaftliche Existenz vernichten. Vor diesem Hintergrund und insbesondere vor dem Hintergrund des Gebotes effektiven Rechtsschutzes sei es unzumutbar, auf ein nachfolgendes Verfahren verwiesen zu werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. April 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2012 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, sie an den Folgekosten, die aufgrund von Komplikationen im Anschluss an die beabsichtigte Mammareduktionsplastik entstehen könnten, zu beteiligen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Die Klägerin sei durch die angegriffenen Bescheide nicht beschwert. Zum jetzigen Zeitpunkt könne nicht festgestellt werden, dass sie auch Kosten im Zusammenhang mit möglichen Komplikationen zu übernehmen habe.

Der frühere Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 11. September 2014 erörtert.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Akte des LSG im Verfahren L 5 KR 5058/10 sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat gemäß 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, ist gemäß § 143 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn die Klage ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

a) Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen das Schreiben der Beklagten vom 28. Dezember 2011 richtet (dazu unter aa) und soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, sie an den Folgekosten, die aufgrund von Komplikationen bei der Durchführung einer Mammareduktionsplastik entstehen könnten, zu beteiligen (dazu unter bb). Soweit sich die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2012 wendet, ist sie zulässig (dazu unter cc).

aa) Die (Anfechtungs-)Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen das Schreiben der Beklagten vom 28. Dezember 2011 richtet, da es sich hierbei nicht um einen Verwaltungsakt handelt.

Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Var. SGG kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt werden (Anfechtungsklage). Verwaltungsakt ist gemäß § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.

Dem Schreiben vom 28. Dezember 2011 fehlt es jedenfalls an einer Regelung im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X. Der Regelungsbegriff des § 31 Satz 1 SGB X erfasst nur einseitige Erklärungen einer Behörde, die auf die rechtsverbindliche Begründung, Änderung, Aufhebung (einschließlich Beeinträchtigung) oder auf die (positive oder negative) Feststellung eines subjektiven öffentlichen Rechts oder einer öffentlich-rechtlichen Pflicht eines anderen Rechtssubjekts (mit unmittelbarer Rechtswirkung diesem gegenüber) gerichtet sind (BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 4 R 71/06 R – in juris, Rn. 17). Der Inhalt des Schreibens vom 28. Dezember 2011 erschöpft sich demgegenüber in der Mitteilung der Beklagten, dem klägerischen Vergleichsvorschlag aus dem Schreiben vom 25. Oktober 2011 nicht näher zu treten, und einer hierauf bezogenen Begründung unter Hinweis auf die eigene Rechtsauffassung. Die bloße Mitteilung einer Rechtsauffassung stellt jedoch mangels Rechtsbindungswillen keine Regelung dar (BSG, Urteil vom 29. Januar 2003 – B 11 AL 47/02 R – in juris, Rn. 22; Luthe, in: jurisPK-SGB X, 2013, § 31 Rn. 41). Die Beklagte hatte in ihrem (vorangegangenen) Schreiben vom 27. Oktober 2011 sogar explizit bekundet, dass ein Bescheid nicht erteilt werden könnte. Zwar fehlt es in dem Schreiben vom 28. Dezember 2011 an einer solchen ausdrücklichen Formulierung. Der Sache nach handelt es sich indes um die bloße Wiederholung des Schreibens vom 27. Oktober 2011, ohne dass ein Anhaltspunkt dafür vorhanden wäre, dass die Beklagte nunmehr mit Regelungswillen gehandelt hätte.

Nicht entscheidend für die rechtliche Einordnung des Schreibens vom 28. Dezember 2011, aber von indizieller Bedeutung für den fehlenden Regelungs- und Rechtsbindungswillen der Beklagten ist der Umstand, dass das Schreiben nicht in die äußere Form eines Verwaltungsaktes gekleidet ist, da sowohl die Bezeichnung "Bescheid" als auch eine Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne von § 36 SGB X fehlt (vgl. Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 12. Januar 1973 – VII C 3.71 – in juris, Rn. 18; Luthe, in: jurisPK-SGB X, 2013, § 31 Rn. 57).

Das Schreiben der Beklagten vom 28. Dezember 2011 hat auch nicht durch den Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2012 den Charakter eines Verwaltungsaktes erhalten. Allerdings ist grundsätzlich anerkannt, dass schlichtes Verwaltungshandeln durch einen Widerspruchsbescheid Verwaltungsaktsqualität erlangen kann (Jaritz, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 95 Rn. 24 m.w.N.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 85 Rn. 7a). Hierfür reicht es aber nicht aus, dass die Behörde den Widerspruch gegen schlichtes Verwaltungshandeln als zulässig behandelt (so aber Breitkreuz, in: Breitkreuz/Fichte [Hrsg.], SGG, 2. Aufl. 2014, § 95 Rn. 4). Denn eine fehlerhafte Anwendung des Verfahrensrechts durch eine Behörde kann schlichtem Verwaltungshandeln nicht die Gestalt eines Verwaltungsaktes verleihen. Erforderlich ist vielmehr, dass die Behörde im Widerspruchsbescheid den Willen zum Ausdruck bringt, in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 1980 – 7 RAr 26/79 – in juris, Rn. 11). Die Regelung, die der Widerspruchsbescheid trifft, muss also über die Entscheidung, den Widerspruch zurückzuweisen (oder zu verwerfen) hinausgehen.

Daran fehlt es hier. Die im Verfügungssatz getroffene Regelung erschöpft sich – neben der Kostenentscheidung – in der Zurückweisung des Widerspruchs der Klägerin. Zwar ist in der Begründung des Widerspruchsbescheides von einem "Bescheid vom 28.12.2011" die Rede. Dies ist aber nur Ausdruck der (unzutreffenden) Rechtsauffassung der Beklagten, dass es sich bei dem Schreiben trotz fehlender Regelung um einen Verwaltungsakt handele, weswegen sie den Widerspruch auch als zulässig angesehen hat. Auch die weitere Begründung des Widerspruchsbescheides wiederholt und ergänzt die Darlegung der eigenen materiellen Rechtsauffassung der Beklagten, trifft aber keine Regelung und kann daher auch dem Schreiben vom 28. Dezember 2011 keinen Regelungscharakter und damit Verwaltungsaktsqualität verleihen.

Die Anfechtungsklage ist auch nicht deswegen statthaft, weil es sich bei dem Schreiben vom 28. Dezember 2011 um einen Verwaltungsakt im (nur) formellen Sinne oder Anscheinsverwaltungsakt handeln würde. Die Rechtsprechung des BSG geht allerdings davon aus, dass eine Anfechtungsklage auch dann statthaft ist, wenn sich der Bürger gegen eine behördliche Maßnahme wendet, die sich dem sogenannten objektiven Adressaten als Verwaltungsakt darstellt, auch wenn es sich materiell nicht um einen Verwaltungsakt handelt (BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 4 R 71/06 R – in juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 13. August 2014 – B 6 KA 6/14 R – in juris, Rn. 25). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Behörde die Überschrift "Bescheid" wählt oder dem Schreiben eine Rechtsbehelfsbelehrung beifügt, nach der der Widerspruch der statthafte Rechtsbehelf sei (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 4 R 71/06 R – in juris, Rn. 20).

Diese Voraussetzungen liegen hier indes nicht vor. Für den objektiven Adressaten musste sich das Schreiben der Beklagten vom 28. Dezember 2011 nicht als formeller Verwaltungsakt darstellen. Wie bereits dargelegt fehlte es nicht nur an den äußeren Indizien wie einer entsprechenden Überschrift und einer Rechtsbehelfsbelehrung. Vielmehr war dem Schreiben darüber hinaus auch kein Regelungswille zu entnehmen. Entsprechend ging auch die Klägerin keineswegs davon aus, dass es sich bei dem Schreiben vom 28. Dezember 2011 (und dem Schreiben vom 27. Oktober 2011) um einen Verwaltungsakt handelte. Dies kommt dadurch zum Ausdruck, dass sie lediglich "[f]ürsorglich" Widerspruch erhob, vor allem aber um Mitteilung bat, ob aus Sicht der Beklagten eine Bescheiderteilung überhaupt in Betracht komme.

bb) Die (Feststellungs-)Klage ist ebenfalls unzulässig, soweit die Feststellung begehrt wird, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Klägerin an den Folgekosten, die aufgrund von Komplikationen bei der beabsichtigte Mammareduktionsplastik entstehen können, zu beteiligen. Klagegegenständlich ist insofern allein ein Feststellungsbegehren. Angesicht der klaren schriftsätzlichen und im Erörterungstermin vom 11. September 2014 wiederholten Antragstellung der anwaltlich vertretenen Klägerin kommt eine davon abweichende Auslegung – etwa als Verpflichtungsklage mit dem Ziel der Erteilung einer Zusicherung im Sinne von § 34 SGB X – nicht in Betracht (vgl. BSG, Beschluss vom 7. Dezember 1970 – 6 RKa 2/67 – in juris, Rn. 7).

(1) Die Statthaftigkeit von Feststellungsklagen im sozialgerichtlichen Verfahren bestimmt sich nach § 55 SGG. Gemäß § 55 Abs. 1 SGG kann mit der Klage 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, 2. die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist, 3. die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist und 4. die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Insbesondere kann die Klägerin nicht geltend machen, die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zu begehren. Unter einem Rechtsverhältnis sind die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache zu verstehen (BVerwG, Urteil vom 25. März 2009 – 8 C 1/09 – in juris, Rn. 15 m.w.N.; Scholz, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 55 Rn. 33 m.w.N.). Feststellungsfähig sind damit die sich aus der Anwendung einer Norm auf einen konkreten, bereits überschaubaren Sachverhalt ergebenden Rechte oder Pflichten (BVerwG, Urteil vom 25. März 2009 – 8 C 1/09 – in juris, Rn. 15 m.w.N.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 55 Rn. 5).

Vorliegend fehlt es an einem konkreten, bereits überschaubaren Sachverhalt. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie von der Beklagten nicht gemäß § 52 Abs. 2 SGB V in Anspruch genommen werden darf, falls sie sich bei der Durchführung der Mammareduktionsplastik eine Krankheit zuzieht. Indes hat die Klägerin bislang die Operation, deren verbindliche rechtliche Einordnung sie vorab begehrt, bislang nicht durchgeführt. Entsprechend ist auch nicht absehbar, ob die Operation überhaupt eine Krankheit im Sinne des § 52 Abs. 2 SGB V verursacht.

(2) Die Klage ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer vorbeugenden Feststellungsklage, hier verstanden als Klage auf Feststellung eines künftigen Rechtsverhältnisses (so das Begriffsverständnis etwa bei BSG, Beschluss vom 7. Dezember 1970 – 6 RKa 2/67 – in juris, Rn. 5; BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001 – B 4 RA 50/01 R – in juris, Rn. 23; anders Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 55 Rn. 8b und 8c), statthaft. Ausdrücklich gesetzlich geregelt ist eine derartige Klage nicht. Mit Blick auf die grundrechtliche Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) ist es aber geboten, die bestehenden prozessrechtlichen Vorschriften in einer Weise anzuwenden, die in engen Grenzen auch eine vorbeugende Feststellungsklage zulassen (vgl. zum Problem etwa Ibler, in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum GG, Art. 19 IV Rn. 226 ff. [Oktober 2002]). Daher kann eine vorbeugende Feststellungsklage auch im sozialgerichtlichen Verfahren statthaft sein (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001 – B 4 RA 50/01 R – in juris, Rn. 23 ff.; offen gelassen von BSG, Beschluss vom 7. Dezember 1970 – 6 RKa 2/67 – in juris, Rn. 5). Da aber andererseits, aus ebenfalls verfassungsrechtlichen, im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnden Gründen die Rechtsbehelfe in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt und in ihren Voraussetzungen für die Bürger erkennbar sein müssen (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 30. April 2003 – 1 PBvU 1/02 – in juris, Rn. 69), verlangt dies einen strikt begrenzten, an der expliziten Regelung des § 55 SGG orientierten Anwendungsbereich. Hierfür streitet überdies der Umstand, dass vorbeugender Rechtsschutz auf das Handeln der Exekutive einwirkt, bevor diese abschließend entschieden hat, so dass er auch vor dem Gewaltenteilungsgrundsatz besonders gerechtfertigt werden muss (Ibler, in: Friauf/Höfling [Hrsg.], Berliner Kommentar zum GG, Art. 19 IV Rn. 227 [Oktober 2002]; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig [Begr.], GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 278 [Februar 2003]).

Die Statthaftigkeit einer vorbeugenden Feststellungsklage setzt daher voraus, dass sie sich einerseits auf Umstände bezieht, die nach § 55 SGG grundsätzlich feststellbar sind und dass eine Rechtsverletzung droht, die es für den Betroffenen nicht zumutbar macht, sich (später) nach deren Eintritt gegen diese Rechtsverletzung zu wehren (vgl. BSG, Urteil vom 10. Juli 1996 – 3 RK 29/95 – in juris, Rn. 18; Scholz, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 55 Rn. 31; Ulmer, in: Hauck/Behrend [Hrsg.], SGG, § 55 Rn. 26 [Februar 2009]). Schließlich muss ein zeitliches Näheverhältnis zu dem Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden soll, bestehen (Scholz, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 55 Rn. 32).

Alle drei Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Selbst wenn die Klägerin die von ihr beabsichtigte Operation bereits hätte durchführen lassen, wäre dadurch keine Konstellation geschaffen, in der das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt werden könnte. Vielmehr würde es sich nur um die Feststellung eines einzelnen Tatbestandsmerkmals des § 52 Abs. 2 SGB V, nämlich das Merkmal der "ästhetischen" Operation handeln. In diesem Sinne hat das BSG nicht für ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis gehalten, ob eine Krankenversicherung einen Arzt wegen der Verschreibung bestimmter Arzneimittel, deren Wirksamkeit sie bestritten hat, in Regress nehmen könne (BSG, Beschluss vom 7. Dezember 1970 – 6 RKa 2/67 – in juris, Rn. 6). Ebenso wie das BSG es in jener Entscheidung abgelehnt hat, dass die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit für sich allein über die therapeutische Wirksamkeit von Arzneimitteln entscheiden, so kommt auch eine isolierte Entscheidung darüber, ob eine – zudem lediglich beabsichtigte – Operation als ästhetisch im Sinne von § 52 Abs. 2 SGB V zu qualifizieren ist, nicht in Betracht.

Zudem ist es der Klägerin auch nicht unzumutbar, nach Durchführung der Operation, dadurch verursachter Erkrankung und Behandlungsnotwendigkeit gegen eine eventuell ergehende Entscheidung der Beklagten über eine etwaige Kostenbeteiligung zu gegebener Zeit mit Anfechtungswiderspruch und ggf. Anfechtungsklage vorzugehen. Zwar wird in der Rechtsprechung angenommen, dass wirtschaftliche Dispositionen ein Feststellungsinteresse begründen können. So hat das BSG ein berechtigtes Interesse eines Leistungserbringers an der Feststellung der Abrechenbarkeit einer Leistung vor deren Erbringung bejaht (BSG, Urteil vom 10. Juli 1996 – 3 RK 29/95 – in juris, Rn. 18; BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 – B 3 KR 12/04 R – in juris, Rn. 17; siehe auch Ulmer, in: Hauck/Behrend [Hrsg.], SGG, § 55 Rn. 30 f. [Februar 2009] m.w.N.). Die Klägerin müsste aber, wenn sie sich zur beabsichtigten Operation endgültig entschließt und sie tatsächlich durchführen lässt, keine Dispositionen treffen, die über die Kosten dieser Operation hinausgehen. Insbesondere muss sie weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen Rücklagen für etwaige spätere Forderungen der Beklagten bilden. Sollte sich die Klägerin später solchen Forderungen gegenüber sehen, könnte sie diese insbesondere unter dem Aspekt ihrer eigenen finanziellen Möglichkeiten zur gerichtlichen Prüfung stellen. Denn die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung über die Kostenbeteiligung nach § 52 Abs. 2 SGB V ist unter anderem von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Versicherten abhängig (vgl. Höfler, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 52 SGB V Rn. 18, 25 [August 2008]; Lang, in: Becker/Kingreen [Hrsg.], SGB V, 4. Aufl. 2014, § 52 Rn. 6, 9; so auch die Begründung des Gesetzentwurfes zu § 52 Abs. 1 SGB V auf Bundestags-Drucksache. 11/2237, S. 182 [zu § 51 Entwurfsfassung]). Der Klägerin droht damit entgegen ihrer Befürchtung von vorneherein keine Vernichtung ihrer wirtschaftlichen Existenz. Die Heilbehandlung der Klägerin im Falle von Komplikationen wäre im Übrigen in jedem Fall gesichert, da die Beklagte in Vorleistung treten müsste. Streitig zwischen den Beteiligten könnte allenfalls der nachträgliche Beteiligungsanspruch der Beklagten werden.

Das erforderliche zeitliche Näheverhältnis schließlich verlangt, dass sich das streitige Rechtsverhältnis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits zu einem rechtlich relevanten Klärungsbedarf verdichtet hat (Scholz, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 55 Rn. 32), dass also aufgrund einer Ankündigung durch die Behörde eine belastende Maßnahme unmittelbar bevorsteht (Beschluss des Senats vom 2. November 2011 – L 4 R 3625/11 ER-B, nicht veröffentlicht). Daran mangelt es hier, sowohl weil die Operation der Klägerin nicht unmittelbar bevorsteht als auch weil überhaupt nicht feststeht bzw. noch nicht einmal überwiegend wahrscheinlich ist, dass es hierbei zu Komplikationen kommt, die einen Regressanspruch der Beklagten im Sinne von § 52 Abs. 2 SGB V auslösen könnten.

In diesem Sinne hat auch das BSG entschieden, dass eine Feststellungsklage nur zulässig ist, wenn das festzustellende Rechtsverhältnis hinreichend konkretisiert ist; das ist nicht der Fall, wenn der Sachverhalt, der dem angeblich feststellungsbedürftigen Rechtsverhältnis zu Grunde liegt, nicht hinreichend bestimmt und überschaubar vorliegt, insbesondere dann nicht, wenn er nur gedacht oder als möglich vorgestellt ist (BSG, Urteil vom 29. Januar 2004 – B 4 RA 29/03 R – in juris, Rn. 25). Künftig entstehende Rechtsverhältnisse können daher grundsätzlich nicht festgestellt werden, es sei denn, es lägen bereits alle für die streitige Rechtsbeziehung erheblichen Tatsachen vor und nur der Eintritt einer aufschiebenden Bedingung (oder Befristung) stehe noch aus (BSG, Urteil vom 29. Januar 2004 – B 4 RA 29/03 R – in juris, Rn. 25). Auch gemessen daran ist die Feststellungsklage unzulässig, weil bislang nicht nur das Tatbestandsmerkmal der "medizinisch nicht indizierte[n] ästhetische[n] Operation", sondern auch das Tatbestandsmerkmal der "Krankheit" im Sinne von § 52 Abs. 2 SGB V nicht erfüllt ist.

cc) Die (Anfechtungs-)Klage ist nur zulässig, soweit sie sich gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 9. Mai 2012 richtet. Insofern ist die Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Var. SGG statthaft. Bei einer Entscheidung über einen Widerspruch handelt es sich stets um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 85 Rn. 7). Zwar ist gemäß § 95 SGG, wenn ein Vorverfahren stattgefunden hat, Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt des Widerspruchsbescheides. Ein Widerspruchsbescheid kann daher grundsätzlich nicht isoliert Gegenstand einer Klage sein (Jaritz, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 95 Rn. 18, 27). Dies gilt aber unter anderem dann nicht, wenn dem Widerspruch kein Ausgangsverwaltungsakt vorausgegangen ist (Jaritz, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 95 Rn. 28 m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 9. Oktober 1984 – 12 RK 18/83 – in juris, Rn. 15). Dies ist hier der Fall, weil es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 28. Dezember 2011 nach dem oben Dargelegten gerade nicht um einen Verwaltungsakt handelt.

b) Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet. Der Widerspruch der Klägerin gegen das Schreiben vom 28. Dezember 2011 ist zu Recht erfolglos geblieben. Allerdings hätte die Beklagte den Widerspruch nicht als zulässig behandeln dürfen, sondern ihn als unzulässig verwerfen müssen, da sich der Widerspruch nach dem oben Dargelegten nicht gegen einen Verwaltungsakt richtete und daher unstatthaft war (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die bloß fehlerhafte Begründung des Widerspruchsbescheides kann die Klägerin indes nicht in ihren Rechten verletzen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 – B 11 Al 85/99 R – in juris, Rn. 20 m.w.N.; Bieresborn, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 54 Rn. 150 m.w.N.).

2. Die Kostentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

3. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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