L 11 EG 559/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 EG 1811/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 559/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Anspruch auf Elterngeld für ein Kind, das mit dem Ziel der Annahme
als Kind in den Haushalt aufgenommen wird, besteht nur, wenn und
solange eine sog Adoptionspflege (§ 1744 BGB) vorliegt.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17.12.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rücknahme einer Elterngeldbewilligung für den fünften bis zwölften Betreuungsmonat.

Die 1970 geborene Klägerin ist verheiratet und nahm den 2012 geborenen D. W. (im Folgenden D) am Tag seiner Geburt in Adoptionspflege (Bescheinigung Kreisjugendamt des Landkreises K. vom 26.10.2012). Unterhaltszahlungen erhielten die Klägerin und ihr Ehemann hierfür vom Jugendamt nicht.

Am 27.11.2012 beantragte die Klägerin Elterngeld für den ersten bis zwölften Betreuungsmonat von D (25.10.2012 bis 24.10.2013). Am 17.12.2012 nahm die Mutter von D ihre Einwilligung in die Freigabe zur Adoption zurück, die Adoptionspflege der Klägerin wurde zum 17.12.2012 daraufhin in eine Bereitschaftspflege umgewandelt. Die Klägerin legte hierüber der Beklagten eine Bescheinigung des Jugendamts vom 28.12.2012 vor. Ab 17.12.2012 bezogen die Klägerin und ihr Ehemann für die Bereitschaftspflege nach §§ 27, 33 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) Pflegegeld, im Dezember anteilig iHv 272,00 EUR, ab 01.01.2013 iHv 575,00 EUR und ab 01.02.2013 iHv 759,00 EUR monatlich. D lebt seit seiner Geburt durchgehend in der Familie der Klägerin.

Mit Bescheid vom 11.01.2013 bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für den ersten Betreuungsmonat iHv 1.114,58 EUR unter Anrechnung des im Oktober noch bezogenen Erwerbseinkommens der Klägerin und für den zweiten bis zwölften Betreuungsmonat iHv monatlich 1.288,28 EUR für das angenommene Kind D.

Am 29.01.2013 meldete sich der Ehemann der Klägerin telefonisch bei der Beklagten und äußerte Zweifel, ob die Klägerin Elterngeld zu Recht bekomme, da die Adoptionspflege in Bereitschaftspflege umgewandelt worden sei. Mit Bescheid vom 30.01.2013 hob die Beklagte daraufhin den Bewilligungsbescheid ab dem zweiten Betreuungsmonat auf, da die Voraussetzungen für den Elterngeldanspruch ab dem 17.12.2012 nicht mehr erfüllt seien. Anspruch auf Elterngeld habe nur, wer mit einem leiblichen Kind, mit einem Kind, das die berechtigte Person mit dem Ziel der Adoption aufgenommen habe oder mit einem Kind des Ehegatten oder Lebenspartners in einem Haushalt lebe.

Mit ihrem Widerspruch vom 18.02.2013 machte die Klägerin geltend, dass am 17.12.2012 nur eine Statusänderung eingetreten sei. Der Gesetzgeber stelle auf den tatsächlichen und nicht den rechtlichen Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes ab. Zum Zeitpunkt der Aufnahme in den Haushalt habe sie die Voraussetzungen des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) erfüllt, da sich das Kind damals bei ihr in Adoptivpflege mit dem Ziel zur Adoption befunden habe.

Mit Änderungsbescheid vom 08.03.2013 bewilligte die Beklagte der Klägerin für den zweiten Betreuungsmonat wieder Elterngeld iHv 1.288,28 EUR. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 22.04.2013 bewilligte sie auch für den dritten und vierten Betreuungsmonat (25.12.2012 bis 24.02.2013) wieder Elterngeld iHv jeweils 1.288,28 EUR, da die Klägerin Vertrauensschutz gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) genieße.

Nach Anhörung mit Schreiben vom 29.05.2013 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2013 im Übrigen zurück. Der Gesetzgeber habe eine Adoptionspflege als Voraussetzung für den Elterngeldbezug festgesetzt. Ihm komme im Bereich der Familienförderung ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Eine Verletzung von Artikel 6 Grundgesetz (GG) liege nicht vor. Mit dem Ende des Adoptionspflegeverhältnisses habe auch der Anspruch auf das Elterngeld geendet. Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid sei deswegen von Anfang an rechtswidrig gewesen. Eine Rücknahme sei zulässig. Hierbei werde davon ausgegangen, dass die Klägerin keine Vermögensdispositionen getroffen habe, die sie nicht mehr rückgängig machen könne. Nach Abwägung aller Umstände sei die Aufhebung des Bescheides ab dem fünften Betreuungsmonat auch nicht unverhältnismäßig, es überwiege das öffentliche Interesse.

Hiergegen richtet sich die am 17.07.2013 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage. Die Klägerin macht geltend, dass sie noch immer das Ziel der Annahme des Kindes verfolge. Lediglich durch den Sinneswandel der leiblichen Mutter habe sich die Frage der rechtlichen Durchsetzbarkeit geändert. Inzwischen sei der Mutter von D mit Beschluss des Amtsgerichts Singen vom 21.11.2013 (4 F 51/13) die elterliche Sorge entzogen und eine Vormundschaft des Kreisjugendamts Konstanz angeordnet worden.

Mit Urteil vom 17.12.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach § 45 SGB X dürfe ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig sei, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Elterngeldbewilligung sei hier - zumindest ab Beginn des fünften Betreuungsmonats am 25.02.2013 - rechtswidrig. Ein Elterngeldanspruch der Klägerin ergebe sich nicht aus § 1 Abs 1 Nr 2 BEEG, weil D weder das leibliche Kind der Klägerin oder ihres Ehemannes sei, noch von ihnen adoptiert worden sei. Ebensowenig ergebe sich der Elterngeldanspruch aus § 1 Abs 3 Nr 1 BEEG. Nach dieser Vorschrift habe Anspruch auf Elterngeld abweichend von Abs 1 Nr 2, wer mit einem Kind im Haushalt lebe, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen habe. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin nicht. Die leibliche Mutter von D habe seit dem 17.12.2012 einer Adoption nicht mehr zugestimmt, ab diesem Zeitpunkt sei die Adoptionspflege in eine Bereitschaftspflege umgewandelt worden. Dass zunächst durch die Adoptionspflege ein Elterngeldanspruch entstanden sei, führe nicht zu einem Weiterbestehen des Elterngeldanspruchs über den Wegfallzeitpunkt der Adoptionspflege hinaus. Ab diesem Zeitpunkt sei D im Haushalt der Klägerin nicht mehr mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen. Für einen Leistungsanspruch auf Elterngeld müssten aber alle Anspruchsvoraussetzungen vor Beginn des jeweiligen Lebens- bzw Betreuungsmonats erfüllt sein. Mit der Formulierung in § 1 Abs 3 Nr 1 BEEG habe der Gesetzgeber die gleichlautende Formulierung in § 1751 Abs 4 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufgegriffen. Nach dieser Regelung sei der Annehmende dem Kind vor den Verwandten des Kindes unterhaltspflichtig, sobald die Eltern die erforderliche Einwilligung erteilt hätten "und das Kind in die Obhut des Annehmenden mit dem Ziel der Annahme aufgenommen worden sei". Mit dem Wegfall der Unterhaltspflicht der Klägerin sei die Aufnahme von Unterhalts- bzw Pflegegeldzahlung durch das Jugendamt einhergegangen, während der Anspruch auf Elterngeld geendet habe. Eine analoge Anwendung des § 1 Abs 3 Nr 1 BEEG auf Pflegeeltern scheide aus. Der Gesetzgeber sei sich der Existenz von Vollzeitpflegekindern bei der Schaffung des BEEG bewusst gewesen und habe sie in seine Erwägungen miteinbezogen (unter Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen 09.03.2012, L 13 EG 37/11, juris). Dies folge ua aus der Vorschrift des § 5 Abs 1 Nr 1c BEEG, der einen Elternzeitanspruch gerade auch solchen Eltern einräume, die mit einem Kind in einem Haushalt lebten, das sie (nur) in Vollzeitpflege aufgenommen hätten. Der Anspruchsausschluss für Pflegeeltern ohne gesetzliches Sorgerecht verstoße nicht gegen Artikel 3 Abs 1 GG, weil für die unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu Elterngeldberechtigten, die Kinder in Adoptionspflege aufgenommen hätten, hinreichend gewichtige sachliche Gründe bestünden. Der Gesetzgeber habe als Unterscheidungskriterium das Vorliegen einer rechtlich verfestigten Familienbeziehung gewählt. Neben der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides seien auch die übrigen Voraussetzungen für eine (Teil-)Rücknahme erfüllt. Die nach § 45 Abs 2 Satz 1 SGB X anzustellende Vertrauensabwägung erlaube die Rücknahme. Ein Verbrauch erbrachter Leistungen sei bei einer Rücknahme ausschließlich mit Wirkung für die Zukunft nicht einschlägig. Und auch der Regeltatbestand Treffen von Vermögensdispositionen sei weder ersichtlich noch näher vorgetragen. Das Vertrauen der Klägerin in die Elterngeldbewilligung sei nicht relevant schutzwürdig. Zum einen habe nur ein kurzer Zeitraum zwischen Bewilligung am 11.01. und Rücknahme am 30.01.2013 gelegen. Zum anderen sei im Bescheid deutlich gemacht worden, dass darin von einer Annahme als Kind ausgegangen worden sei, was wohl den Ehemann der Klägerin auch zu dem Anruf bei der Beklagten veranlasst habe. Außerdem bestehe bei Dauerverwaltungsakten allgemein ein erhöhtes öffentliches Rücknahmeinteresse. Schließlich habe die Beklagte die vorgeschriebene Ermessensprüfung durchgeführt. Anhaltspunkte für Ermessensfehler seien nicht ersichtlich, zumal die Beklagte die Rücknahme nur auf die Zukunft beschränkt habe.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 07.01.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 05.02.2014 eingelegte Berufung der Klägerin. Das SG habe die Voraussetzungen für die Gewährung des Elterngeldes nach § 1 Abs 3 Nr 1 BEEG verkannt. Die Klägerin lebe bis heute mit D ununterbrochen in einem Haushalt. D sei mit dem Ziel der Annahme als Kind (Adoption) aufgenommen worden und werde dies noch immer. An dem Ziel, Adoptiveltern des Kindes zu werden, habe sich nichts geändert. Es komme auf das Wollen und nicht auf das rechtliche Können an. Dies habe zumindest für die Fälle zu gelten, bei denen sich der Wille zum Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes in den Haushalt nach außen verbindlich manifestiert habe. Dies sei vorliegend dadurch geschehen, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits eine Adoptionspflege beantragt und bewilligt worden sei. Dass der maßgebliche Zeitpunkt der Zeitpunkt der Aufnahme in den Haushalt der Klägerin sei, ergebe sich bereits aus dem Gesetz in § 1 Abs 3 Satz 2 BEEG. Danach seien für angenommene Kinder die Vorschriften dieses Gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass statt des Zeitpunktes der Geburt der Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes bei der berechtigten Person maßgeblich sei. Zur Auslegung des § 1 Abs 3 Nr 1 BEEG gebe es keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Die Ausführungen des SG seien nicht überzeugend, zumal sie nicht mit dem Wortlaut des Gesetzes in Einklang zu bringen seien. Die Klägerin und ihr Ehemann kümmerten sich um D in jeder Hinsicht, es bestehe eine starke Bindung. Dies werde auch durch die beigefügte Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe, Familiensenat vom 27.03.2014 (18 UF 278/13) bestätigt. Im Rahmen des § 45 SGB X sei nicht ausreichend beachtet worden, dass die Beklagte in Kenntnis aller Umstände das Elterngeld in vollem Umfang bewilligt habe. Die Klägerin habe auf den Bestand der Bewilligung vertrauen dürfen. Sie und ihr Ehemann hätten selbstredend Anschaffungen und Auslagen getätigt und täten dies auch weiterhin, da das Kind adoptiert werden solle und diese Absicht auch weiterhin bestehe. Insbesondere habe die Klägerin ihre Berufstätigkeit und damit eine Finanzquelle aufgegeben nur zu dem Zweck, D als eigenes Kind anzunehmen und aufzuziehen. Dies hätte sie nicht gemacht, wenn von Anfang an klar gewesen wäre, dass eine Adoption nicht in Betracht komme. Sie habe damit erhebliche Vermögensdispositionen getroffen, die bei der Ausübung des Ermessens bei der Beklagten offensichtlich keine Berücksichtigung gefunden hätten. Die Klägerin hat ergänzend darauf hingewiesen, dass die im vorliegenden Fall eingetretene Problematik nur in Bayern und Baden-Württemberg möglich sei, da alle anderen Bundesländer Adoptionskinder erst nach zwei Monaten vermittelten, wenn die leiblichen Eltern die Einwilligung zur Adoption nicht mehr widerrufen könnten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17.12.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 30.01.2013, abgeändert durch Bescheide vom 08.03.2013 und 22.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2013 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zum Vertrauensschutz im Rahmen des § 45 SGB X werde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Die angeblichen Vermögensdispositionen seien unsubstantiiert vorgetragen worden. Zudem habe die Klägerin auch in Kenntnis des nicht zustehenden Elterngeldes sich auf die Fortsetzung der Bereitschaftspflege eingelassen. Hierfür habe die Klägerin zudem weitere staatliche Unterstützungsleistungen erhalten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin wendet sich mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) gegen die Rücknahme der ursprünglichen Eltern-geldbewilligung für den fünften bis zwölften Betreuungsmonat von D. Der insoweit angefochtene Bescheid vom 30.01.2013, abgeändert durch Bescheide vom 08.03.2013 und 22.04.2013, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2013 ist jedoch rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Recht die frühere Bewilligung für den Zeitraum 25.02. bis 24.10.2013 zurückgenommen.

In formeller Hinsicht ist der angefochtene Verwaltungsakt nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat zwar vor Erlass des Bescheides vom 30.01.2013, abgeändert durch Bescheide vom 08.03.2013 und 22.04.2013, keine Anhörung der Klägerin durchgeführt (§ 24 Abs 1 SGB X), sie hat dies jedoch während des Widerspruchsverfahrens nachgeholt mit Anhörungsschreiben vom 29.05.2013 und damit den Verfahrensfehler geheilt (§ 41 Abs 1 Nr 3 SGB X).

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Elterngeldbewilligung ab 25.02.2013 ist § 45 SGB X. Nach Abs 1 der Vorschrift gilt: Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtwidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 45 Abs 2 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.) er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2.) der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Die Voraussetzungen für die Rücknahme der Elterngeldbewilligung ab dem fünften Betreuungsmonat liegen hier vor. Die Bewilligung war bereits zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 30.01.2013 für die hier streitige Zeit ab 25.02.2013 rechtswidrig, denn die Klägerin hat für den fünften bis zwölften Betreuungsmonat von D keinen Anspruch auf Elterngeld.

Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten BEEG in der ab 18.09.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzuges vom 10.09.2012 (BGBl I 1878).

Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Anspruch auf Elterngeld hat abweichend von Abs 1 Nr 2 gemäß § 1 Abs 3 Nr 1 BEEG auch, wer mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen diese Voraussetzungen zur Überzeugung des Senats nicht vor. Weder ist D ein eigenes oder adoptiertes Kind der Klägerin, noch hat sie ihn im streitigen Zeitraum vom 25.02. bis 24.10.2013 mit dem Ziel der Annahme als Kind in den Haushalt aufgenommen.

Zwar kann der Wortlaut des § 1 Abs 3 Nr 1 BEEG durchaus so verstanden werden, dass es allein auf die subjektive Zielsetzung der aufnehmenden Person ankommt. Die subjektive Zielsetzung der Adoption von D besteht bei der Klägerin bis heute unverändert. Wie sich aus der Gesetzgebungsgeschichte und den Gesetzgebungsmotiven jedoch ganz klar ergibt, ist objektiv das Vorliegen von Adoptionspflege erforderlich und damit eine rechtlich verfestigte Familienbeziehung (BT-Drucks. 16/1889 S 19; vgl auch LSG Nordrhein-Westfalen 09.03.2012, L 13 EG 37/11, juris). Das Adoptionspflegeverhältnis ist ein besonderes familienrechtliches Rechtsverhältnis im Vorfeld der Annahme. Der Pflegevertrag wird zwischen den Adoptivpflegeeltern und dem gesetzlichen Vertreter des anzunehmenden Kindes geschlossen (vgl VG Magdeburg 10.05.2004, 6 A 354/02, juris mwN). Zwar liegt in diesen Fällen regelmäßig die Einwilligung der Eltern in die Adoption vor, zwingend ist dies allerdings nicht. Voraussetzung ist in jedem Fall aber, dass die leiblichen Eltern in die Pflege durch die künftigen Adoptiveltern einwilligen (MüKo-Maurer 6. Aufl 2012, § 1744 BGB Rn 7; vgl auch die Begründung in BT-Drs 11/1161 S 15 zur Änderung des § 1 Abs 3 Nr 1 BerzGG durch Art 10 des 8. AFG-ÄndG: "Zukünftig kommt es nicht mehr darauf an, daß die formelle Einwilligung der Eltern in die Adoption, die frühestens acht Wochen nach der Geburt gegeben werden kann, vorliegt. Es genügt die Einwilligung der Eltern in die Pflege mit dem Ziel der Adoption."). Dadurch, dass die leiblichen Eltern von D ihre Einwilligung zur Adoption im Dezember 2012 widerrufen und – wie sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Urteil des OLG Karlsruhe ergibt - die Rückführung des Kindes verlangt haben, ist das bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Adoptionsverhältnis gekündigt bzw beendet worden. Bereits § 1 Abs 3 Nr 1 BErzGG als Vorgängerregelung von § 1 Abs 3 Nr 1 BEEG räumte wortgleich den Eltern von Kindern in Adoptionspflege einen Erziehungsgeldanspruch ein. Da die Annahme in der Regel erst ausgesprochen werden soll, wenn der Annehmende das Kind für eine angemessene Zeit in Pflege gehabt hat (§ 1744 BGB), wollte der Gesetzgeber bereits in der Phase der Entstehung eines neuen Verwandtschaftsverhältnisses im Vergleich zu leiblichen Kindern und deren rechtlichen Bindungen zu den leiblichen Eltern eine Gleichstellung erreichen, denn ein Kind in Adoptivpflege befindet sich auf dem besten Weg, diesen Status zu erreichen (BT-Drucks 10/3792 S 15). Entsprechend hat das BSG in ständiger Rechtsprechung im Rahmen des § 1 Abs 3 Nr 1 BErzGG den subjektiven Entschluss zur Adoption nicht ausreichen lassen, sondern die objektive Bekundung dieses Willens gefordert, etwa durch Einleitung des Adoptionsverfahrens (BSG 09.09.1992, 14b/4 REg 15/91, BSGE 71, 128, 131 = SozR 3-7833 § 1 Nr 9; BSG 15.08.2000, B 14 EG 4/99 R, SozR 3-7833 § 1 Nr 23). Im hier streitigen Zeitraum befand sich D bei der Klägerin bereits nicht mehr in Adoptionspflege, sondern (nur noch) in Bereitschaftspflege.

Nach Auffassung des Senats ist § 1 Abs 3 Nr 1 BEEG auch nicht dahingehend auszulegen, dass es allein auf die rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes in den Haushalt ankommt. Ein derartiges Verständnis widerspräche der Systematik des BEEG und lässt sich auch nicht aus § 1 Abs 3 Satz 2 BEEG herleiten. Diese Vorschrift lautet: "Für angenommene Kinder und Kinder im Sinne des Satzes 1 Nr 1 sind die Vorschriften dieses Gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass statt des Zeitpunktes der Geburt der Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes bei der berechtigten Person maßgeblich ist.". Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber lediglich klarstellen, dass es für angenommene Kinder und mit dem Ziel der Adoption aufgenommene Kinder insbesondere bei der Einkommensermittlung nach § 2 nicht auf den Zeitraum vor oder nach der Geburt des Kindes, sondern auf die Zeit vor oder nach der Aufnahme des Kindes bei der berechtigten Person ankommt (BT-Drucks 16/2785 S 37). Zu der Frage, zu welchem Zeitpunkt die Anspruchsvoraussetzungen für den Elterngeldanspruch vorliegen müssen, sagt diese Regelung überhaupt nichts aus. Im Elterngeld gilt das Lebensmonatsprinzip (§ 4 Abs 2 Satz 1 BEEG). § 40 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I), wonach Ansprüche auf Sozialleistungen entstehen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen, steht insoweit unter dem Vorbehalt abweichender spezieller Regelungen (§ 37 Satz 1 SGB I). Nach der Rechtsprechung des BSG regelt § 4 Abs 2 Satz 1 BEEG nicht nur die Zahlungsweise, sondern auch die Entstehung monatlicher Zahlungsansprüche (BSG 30.09.2010, B 10 EG 9/09 R, juris). Nach dieser Vorschrift wird Elterngeld in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt. Diese Regelung ist dahin zu verstehen, dass sie im Grundsatz das Lebensmonatsprinzip bei der Gewährung von Elterngeld festlegt, mit der Folge, dass ein Leistungsanspruch nach Erfüllung aller materiell-rechtlichen Voraussetzungen erst mit dem Beginn des nächsten Lebensmonats entsteht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im BEEG - anders als in § 5 Abs 5 Satz 2 BErzGG - eine Regelung fehlt, die eine pro-rata-Berechnung vorsieht (BSG 30.09.2010, aaO). Für die hier streitigen Betreuungsmonate fünf bis zwölf erfüllt die Klägerin nach alledem die Voraussetzungen für Elterngeld nicht.

Die unterschiedliche rechtliche Behandlung von Pflegeeltern ohne eigenes Sorgerecht und Adoptionspflegeeltern verstößt auch nicht gegen Artikel 3 Abs 1 GG, weil für diese Ungleichbehandlung hinreichend gewichtige sachliche Gründe bestehen. Artikel 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im BEEG gehören, einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (ständige Rechtsprechung BVerfG 07.10.1980, 1 BvL 50/79 ua, BVerfGE 55, 72; BVerfG 27.02.2007, 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7). Umgekehrt verbietet Artikel 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen. Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab an (zusammenfassend BVerfG 26.01.1993, 1 BvL 38/92 ua, BVerGE 88, 87, 96 f). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfG 08.06.2004, 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412). Dabei sind Praktikabilität und Einfachheit des Rechts als hochrangige Ziele zu berücksichtigen (BVerfG 07.12.1999, 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297).

Bereits § 1 Abs 3 Nr 1 BErzGG räumte Eltern von Kindern in Adoptionspflege einen Erziehungsgeldanspruch ein. Weitergehend als das BEEG sah § 1 Abs 1 Nr 2 BErzGG darüber hinaus einen Anspruch auf Erziehungsgeld auch für Kinder vor, für die dem Antragsteller die Personensorge zustand und die mit ihm in einem Haushalt lebten. Für ein Pflegekind, für das kein Sorgerecht der Pflegeeltern bestand, sah auch das BErzGG kein Erziehungsgeld vor. Das BVerfG hat insoweit keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Pflegekindern gesehen, denn die auf Dauer angelegte Familienbeziehung bei der Adoptionspflege stellt ein sachliches Unterscheidungskriterium für den Bezug von Erziehungsgeld dar (BVerfG 22.12.1993, 1 BvR 54/93, juris; vgl BSG 15.08.2000, B 14 EG 4/99 R, juris). Gleiches gilt für die Ungleichbehandlung von Adoptionspflege und Bereitschafts- oder Vollzeitpflege hinsichtlich des Elterngeldanspruches nach dem BEEG, jedenfalls soweit keine Personensorge durch die Pflegeeltern ausgeübt wird (vgl LSG Nordrhein-Westfalen 09.03.2012, L 13 EG 37/11, juris). Ob dies im Falle der Übertragung des Sorgerechts auf die Pflegeeltern anders zu beurteilen wäre, bedarf hier keiner Entscheidung, denn die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt das Sorgerecht für D gehabt.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Artikel 6 Abs 1 GG. Danach hat der Staat die Pflicht, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Der Schutz der Familie nach Art 6 Abs 1 GG bezieht auch Familiengemeinschaften im weiteren Sinne ein, die wie Pflegefamilien als "soziale Familien" vom Bestehen rechtlicher Elternschaft unabhängig sind (BVerfG 19.02.2013, 1 BvL 1/11 und 1 BvR 3247/09, BVerfGE 133, 59). Allerdings kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG 07.07.1992, 1 BvL 51/86 ua, BVerfGE 87, 1, 35 f). Regelmäßig erwachsen dabei aus Artikel 6 Abs 1 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG 06.05.1975, 1 BvR 332/72, BVerfGE 39, 316 = SozR 2600 § 60 Nr 1; BVerfG 07.07.1992, aaO). Im Übrigen wird für die Durchführung der Pflege als staatliche Unterstützungsleistung Pflegegeld geleistet.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bewilligung mit Wirkung für die Zukunft liegen vor. Die Beklagte hat die Frist nach § 45 Abs 3 Satz 1 SGB X von zwei Jahren nach Erlass der Bewilligungsentscheidung vom 11.01.2013 eingehalten, denn diese wurde bereits wenige Tage nach ihrem Erlass mit Bescheid vom 30.01.2013 wieder aufgehoben.

Die Rücknahme ist auch nicht unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes ausgeschlossen. Festzuhalten ist zunächst, dass die Bewilligung weder durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung bewirkt wurde (§ 45 Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB X), noch auf falschen Angaben beruht (§ 45 Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB X). Denn die Klägerin hatte bereits vor der Entscheidung der Beklagten die Änderung der Sachlage gegenüber der Antragstellung durch die widerrufene Einwilligung der Mutter von D in die Adoption mitgeteilt. Zweifelhaft ist allerdings, ob die Klägerin die Rechtswidrigkeit der Bewilligung für den hier streitigen Zeitraum nicht schon kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, so dass sie sich nach § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X gar nicht auf Vertrauensschutz berufen könnte. Trotz der offensichtlich in der Familie diesbezüglich vorhandenen Zweifel, die den Ehemann der Klägerin veranlassten, telefonisch bei der Beklagten wegen der Anspruchsberechtigung der Klägerin nachzufragen, geht der Senat davon aus, dass bei der Klägerin zum Zeitpunkt der Bewilligung auch keine grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit vorlag. Im Hinblick auf den Wortlaut der Vorschrift des § 1 Abs 3 Nr 1 BEEG liegt keine besonders schwere Sorgfaltspflichtverletzung vor, denn es hätte der Klägerin nicht aufgrund einfachster und ganz nahe liegender Überlegungen einleuchten müssen (zu diesem Maßstab BSG 26.08.1987, 11a RA 30/86, BSGE 62, 103, 107 = SozR 1300 § 48 Nr 39), dass sie nach Änderung der Adoptionspflege in Bereitschaftspflege keinen Anspruch mehr auf Elterngeld hat. Da Vertrauensschutz somit nicht nach § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X ausgeschlossen ist, kommt es auf die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin an. Das Vertrauen ist nach § 45 Abs 2 Satz 2 SGB X in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht hat oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Ein Verbrauch erbrachter Leistung kann bei der hier streitigen Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft keine Rolle spielen (vgl Steinwedel in Kasseler Kommentar, Stand 01.10.2014, SGB X, § 45 RdNr 48). Auch eine maßgebliche Vermögensdisposition der Klägerin liegt nicht vor. Zwar hat die Klägerin im Hinblick auf die beabsichtigte Adoption von D ihren Beruf aufgegeben und damit eine erhebliche wirtschaftliche Disposition getroffen. Diese Entscheidung hat sie aber bereits vor der Bekanntgabe des Bewilligungsbescheids getroffen, so dass die Vermögensdisposition nicht – wie erforderlich – gutgläubig nach der Bekanntgabe erfolgt ist (vgl BSG 28.11.1985, 11b/7 RAr 128/84, BSGE 59, 206 = SozR 1300 § 45 Nr 20). Wenn die Klägerin nunmehr vorträgt, sie hätte ihren Beruf gar nicht erst aufgegeben, wenn sie gewusst hätte, dass die beabsichtigte Adoption nicht möglich sein würde, so belegt dies klar, dass der Grund für die enttäuschten Erwartungen allein in der widerrufenen Zustimmung zur Adoption durch die leibliche Mutter von D liegt und keine Kausalität zwischen der fehlerhaften Bewilligung und der Entscheidung der Klägerin für D – und gegen eine Erwerbstätigkeit - besteht. Nach dem Scheitern der Adoption im Dezember 2012 haben sich die Klägerin und ihr Ehemann bewusst auch in einer wirtschaftlich sehr schwierigen Lage nach Einstellung der Elterngeldzahlungen und noch nicht gewährter Pflegegelder dafür entschieden, die Verantwortung für D auch weiterhin zu tragen und für ihn als Pflegeeltern zu sorgen. Vertrauensschutz aufgrund getätigter Vermögensdispositionen kann nach alledem nicht zugebilligt werden.

Es bleibt daher bei der allgemeinen Abwägung nach § 45 Abs 2 Satz 1 SGB X zwischen der Schutzwürdigkeit des Vertrauens und dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme des Verwaltungsakts. Danach steht Vertrauensschutz der Rücknahme hier nicht entgegen. Bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung - wie hier (BSG 04.09.2013, B 10 EG 11/12 R, juris) – besteht generell ein erhöhtes Rücknahmeinteresse (BSG 25.06.1986, 9a RVg 2/84, BSGE 60, 147, 152 = SozR 1300 § 45 Nr 24). Zudem lag nur ein sehr kurzer Zeitraum zwischen Bewilligung und Rücknahme (vgl BSG 16.06.1999, B 9 V 15/98 R, SozR 3-3100 § 85 Nr 1). Die finanziellen Interessen der Klägerin stehen damit einer Rücknahme nicht entgegen, zumal nicht ersichtlich ist, dass es in der kurzen Zeit zwischen Bescheiderlass und Rücknahme überhaupt zu Vertrauensbetätigungen gekommen ist, wie etwa bei einschneidender Änderung der Lebensführung aufgrund der Begünstigung (vgl Steinwedel, aaO RdNr 47).

Die Beklagte hat das ihr im Rahmen der Rücknahme zustehende Ermessen auch erkannt und ausgeübt. Ermessensfehler sind weder ersichtlich, noch vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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