L 3 AS 569/11

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 5 AS 4333/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 569/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
§ 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2007 bis zum 27. Oktober 2010 geltenden Fassung) enthält keine Anspruchsgrundlage für die Bewilligung von Umzugskosten.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 26. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, Umzugskosten in Höhe von 238,00 EUR zu übernehmen.

Die am 1986 geborene Klägerin nahm am 25. August 2008 eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderfähige dreijährige Ausbildung auf. Mit Bescheid des Amtes für Ausbildungsförderung des Landkreises S -N vom 30. Juli 2009 wurden ihr Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Zeitraum August 2009 bis Juli 2010 bewilligt. Daneben bezog die Klägerin einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten ihrer Unterkunft von dem Beklagten.

Am 23. Februar 2010 schlossen die Klägerin und ihr Vermieter vor dem Amtsgericht A in dem dort anhängigen Mietrechtsstreit wegen Zahlung rückständiger Miete, Räumung und Herausgabe der Wohnung einen Teilvergleich, nach dem die Klägerin ihre Wohnung bis zum 31. März 2010 zu räumen und herauszugeben hatte. Mit Schreiben vom 9. März 2010 teilte der Beklagte der Klägerin auf deren Anfrage vom 7. März 2010 hin mit, nach den von der Klägerin dargelegten Gründen könne der Erforderlichkeit des Umzuges zugestimmt werden. Für die Zusicherung der Kostenübernahme der neuen Unterkunft sei aber noch die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft zu prüfen. Sollte nach Vorlage des gewünschten Wohnungsangebotes sich diese im Rahmen der Angemessenheitsgrenzen befinden, könne eine Zusicherung zur Kostenübernahme der neuen Unterkunft erteilt werden.

Mit Schreiben vom 23. März 2010 stellte die Klägerin einen Antrag auf Übernahme der Kosten des Umzugs.

Am 31. März 2010 wurde die Wohnung der Klägerin im Auftrag des Vermieters beräumt, das Umzugsgut wurde in die von der Klägerin mit Mietvertrag vom 19. März 2010 angemietete neue Wohnung gebracht.

Mit Bescheid vom 31. März 2010 lehnte der Beklagte die Übernahme von Umzugskosten ab. Der von der Klägerin bezogene Zuschuss nach § 22 Abs. 7 des Sozialgesetzbuches Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) gelte nach § 19 Satz 2 SGB II nicht als Arbeitslosengeld II. Die Klägerin befinde sich daher nicht im Bezug von Arbeitslosengeld II. Den von der Klägerin dagegen geführten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2010 zurück.

Die Klage vom 26. Juli 2010 hat das Sozialgericht Chemnitz mit Urteil vom 26. Mai 2011 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat das Sozialgericht wie folgt ausgeführt:

"Der Beklagte hat zu Recht die Übernahme der Umzugskosten der Klägerin abgelehnt. Ein entsprechender Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II in Verbindung mit § 22 Abs. 3 S. 1 und 2 SGB II in der Fassung vom 21.12.2008.

Nach § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II in der Fassung vom 21.12.2008 erhalten abweichend von § 7 Abs. 5 Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch oder Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten und deren Bedarfsich nach § 65 Abs. 1, § 66 Abs. 3, § 101 Abs. 3, § 105 Abs. 1 Nr. 1,4, § 106 Abs. 1 Nr. 2 des Dritten Buches oder nach § 12 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3, § 13 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst, einen Zuschuss zu ihren ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1).

1. Festzuhalten ist zunächst, dass die Klägerin allenfalls über § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II Leistungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch beanspruchen kann, weil sie nach § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II i. d. F. v. 20.04.2007 grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hat.

a) Nach § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Die Ausbildung der Klägerin zur Sozialassistentin ist als Ausbildung an einem Berufsschulzentrum nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Bundesausbildungsförderungsgesetz i. d. F. v. 23.12.2007 dem Grunde nach förderfähig, so dass der durch § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II normierte Leistungsausschluss besteht.

b)Die Rückausnahme des § 22 Abs. 6 SGB II greift nicht zu Gunsten der Klägerin ein. Entsprechend dieser Norm findet § 22 Absatz 5 keine Anwendung auf Auszubildende, die auf Grund von § 2 Abs. 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung oder auf Grund von § 64 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben oder deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder nach § 66 Abs. 1 Satz 1des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bemisst.

§ 2 Abs. 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes greift bereits deshalb nicht, weil sich dieser Leistungsausschluss nur auf die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes förderfähige Ausbildungen bezieht und die Klägerin eine solche nicht absolviert. Darüber hinaus führt die Klägerin einen eigenen Haushalt und die Ausbildungsstätte ist auch nicht von der Wohnung der Eltern erreichbar, so dass auch aus diesem Grund die Leistungen aus dem Bundesausbildungsförderungsgesetz nicht ausgeschlossen sind.

Leistungen nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch erhält entsprechend der in § 22 Abs. 6 Nr. 2 SGB II enthaltenden weiteren Rückausnahme der Auszubildende dessen Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder nach § 66 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches bemisst. Das trifft auf die Klägerin nicht zu, weil sie nicht bei ihren Eltern wohnt und sich ihr Bedarf somit nach § 12 Abs. 2 und 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes richtet.

Schließlich ist zu konstatieren, dass die Ausbildung der Klägerin keine berufliche Ausbildung darstellt, die nach § 60 Abs. 1 SGB III förderfähig wäre, so dass es auf die im Sozialgesetzbuch III benannten Rückausschlussgründe, auf die § 7 Abs. 6 SGB II verweist, nicht ankommt.

c) Die Klägerin ist auch nicht berechtigt nach § 7 Abs. 5 S. 2 SGB II Leistungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zu erhalten, weil bei ihr ein besonderer Härtefall vorliegen würde.

Unabhängig davon, dass Leistungen bei einem gegebenen Härtefall nur als Darlehen erbracht werden und die Klägerin erklärt hat über kein derartiges Rechtsschutzinteresse zu verfügen, hatte das Gericht auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Situation der Klägerin einen besonderen Härtefall darstellen könnte.

Zum Begriff des Härtefalles hat das Bundessozialgericht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zu § 26 BSHG Bezug genommen. Danach ist ein Hilfebedürftiger, dessen Ausbildung im Sinne von § 7 Abs. 5 SGB II dem Grunde nach förderfähig ist und die nach den dafür vorgesehenen Leistungsgesetzen nicht (mehr) gefördert wird, in der Regel gehalten, von der Ausbildung ganz oder vorübergehend Abstand zu nehmen, um für die Dauer der Hilfebedürftigkeit den Ausschluss von der Hilfe zum Lebensunterhalt abzuwenden. Ein "besonderer" Härtefall liegt erst dann vor, wenn im Einzelfall Umstände hinzutreten, die einen Ausschluss von der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck als übermäßig hart, das heißt als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig, erscheinen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 6.09.2009, Az.: B 14/7b AS 36/06 R; BSG, Urteil vom 6.09.2009, Az.: B 14/7b AS 28/06 R; BSG, Urteil vom 30.09.2009, Az.: B 4 AS 28/07 R; BSG, Urteil vom 1.07.2009, Az.: B 4 AS 67/08 R; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 20.01.2011, Az.: L 3 AS 770/09). Da die Klägerin nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gefördert wird kam unter Zugrundelegung dieses Maßstabes somit die Annahme eines Härtefalles nicht in Betracht.

2. Die Klägerin hat nach § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II in der Fassung vom 21.12.2008 Anspruch auf einen Zuschuss zu ihren ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.

Die Klägerin bezog tatsächlich aufgrund des Bescheides vom 30.07.2009 des Landkreis S -N , Amt für Ausbildungsförderung, Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in monatlicher Höhe von 455 EUR, wobei sich ihr Bedarf nach § 12 Abs. 2 und 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemaß.

Wer, wie die Klägerin, Leistungen auf dieser Grundlage erhält, dem ist nach § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II in der Fassung vom 21.12.2008 ein Zuschuss zu seinen ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren. Mit Bescheid vom 12.01.2010 wur¬de der Klägerin ein entsprechender Zuschuss zu Recht gewährt.

Nach Ansicht des Gerichtes umfasst dieser Zuschuss jedoch nicht die Verpflichtung zur Übernahme von Umzugskosten nach § 22 Abs. 3 S. 1 und 2 SGB II.

Da die Klägerin mit ihren Anträgen vom 23.03.2010 und 30.03.2010 vor dem kostenauslösenden Akt der Beräumung der Wohnung die Erteilung einer Zusicherung in Hinblick auf die Übernahme der Umzugskosten beim Beklagten beantragt hat und der Beklagte die Kostenübernahme auch vorab ablehnte, wird die Frage wie weit die Verweisung des § 22 Abs. 7 SGB II reicht vorliegend auch entscheidungserheblich. Zwar hatte die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits den Mietvertrag abgeschlossen, aber das Merkmal der Vorherigkeit der Zusicherung ist dahingehend zu verstehen, dass die Zusicherung vor Begründung der jeweils zu übernehmenden Kosten eingeholt werden muss und es somit auf die Veranlassung des Anfalls von Umzugskosten und nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages ankommt (so auch Lang/Link, in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 22 Rn. 85).

Dass der über § 22 Abs.7 SGB II zu gewährende Zuschuss nicht so weit reicht, dass der Beklagte Umzugskosten zu übernehmen hat, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm. Der Gesetzgeber hat durch den Klammerzusatz aufgenommen welche der in § 22 SGB II genannten Leistungen für Unterkunft und Heizung dem Auszubildenden zu gewähren sind. Er hat hier nur auf § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II verwiesen und nicht auf die Leistungen nach § 22 Abs. 3 SGB II (auch das Bundessozialgericht macht in seinem Urteil vom 22.03.2010, Az.: B 4 AS 69/09 R, Rn. 18 bei juris auf die ausdrückliche Bezugnahme auf § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II aufmerksam).

Die Leistungen nach § 22 Abs. 3 SGB II sind auch nicht gleichzusetzen mit den in § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II geregelten Leistungen für Unterkunft und Heizung.

Die in § 22 Abs. 3 SGB II geregelten Leistungen sind ergänzende Leistungen in Hinblick auf den Bedarf des Wohnens (so auch BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 4 AS 49/07 R, Rn. 15 bei juris), wobei das Bundessozialgericht in eben zitierter Entscheidung die Regelung des § 22 Abs. 3 SGB II nur für die Fälle der nicht vom kommunalen Träger veranlassten Umzüge als erforderlich ansieht. Da sich der Gesetzgeber jedoch dafür entschieden habe dem Anwendungsbereich des § 22 Abs. 3 SGB II auch die Fälle zu unterstellen in denen der Umzug auf Veranlassung des kommunalen Trägers hin erfolgt, besteht nach Ansicht des Bundessozialgerichts ein Bedürfnis für eine entsprechende Abgrenzung beider Normen (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 4 AS 49/07 R, Rn. 15 bei juris; differenzierend auch Piepenstock, in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22 Rn. 119). Ist eine solche Abgrenzung jedoch vorzunehmen, was auch der Überzeugung der Kammer entspricht, so bedeutet dies denknotwendig auch, das die in § 22 Abs. 3 SGB II erfassten Leistungen nicht in den unter § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II umschriebenen Leistungen für Kos¬ten der Unterkunft und Heizung aufgehen - auch wenn es gesetzgebungstechnisch möglich gewesen wäre zumindest teilweise - in Hinblick auf vom kommunalen Träger veranlassten Umzüge - auf die in § 22 Abs. 3 SGB II erfolgte Normierung zu verzichten. Damit sind dem Wortlaut und der Regelungssystematik nach die von der Klägerin begehrten Umzugskosten nicht von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II erfasst. Es ist als gesetzgeberische Wertentscheidung hinzunehmen, dass auch die Übernahme von Umzugskosten für durch den kommunalen Träger veranlasste Umzüge mit der Schaffung von § 22 Abs. 3 SGB II an weitere Voraussetzungen geknüpft wurde, wobei es sich in diesem Fall im Wesentlichen nur um das Zusicherungserfordernis handeln dürfte, weil die Kosten für durch den kommunalen Träger veranlasste Umzüge grundsätzlich immer zu übernehmen sind. Nach den Erkenntnissen des Gerichtes hat der Gesetzgeber diese Regelungssystematik auch nicht gewählt, weil er bestimmten Personengruppen - wie den Auszubildenden - nicht den gesamten Leistungskatalog des § 22 SGB II eröffnen wollte. Seit Erstfassung des Gesetzes vom 24.12.2003 wird dem Gesetzeswortlaut nach zwischen den Leistungen nach § 22 Abs. 1 und 3 SGB II differenziert. Die Regelung des § 22 Abs. 7 SGB II wurde erst mit Wirkung zum 01.01.2007 geschaffen, so dass ein derartiger Weitblick bei Schaffung des Gesetzes im Jahre 2003 bezweifelt werden darf. Dies heißt jedoch nicht, dass sich der Gesetzgeber bei Einführung des § 22 Abs. 7 SGB II und seines beschränkten Verweises auf lediglich § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II, diese Regelungssystematik nicht zu Nutze gemacht hat, um den Auszubildenden nicht sämtliche durch § 22 SGB II mögliche Unterkunftskosten (im weitesten Sinne) gewähren zu müssen. Den Gesetzgebungsmaterialien ließ sich insoweit jedoch nichts Stichhaltiges entnehmen (vgl. BT-Drs. 16/1410). Insbesondere findet sich kein Hinweis der den getätigten Klammerzusatz erklären vermag. Die Gesetzgebungsmaterialien zur Neuregelung der Leistungen für Auszubildende, § 27 SGB II i. d. F. vom 24.03.2011 sind insoweit schon ergiebiger. Im zum 24.03.2011 neu gefassten § 27 Abs. 5 SGB II ist normiert, dass unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 8 SGB II (i. d. F. v. 24.03.2011) Auszubildenden auch Leistungen für die Übernahme von Schulden erbracht werden können. Zu der Frage, ob auch Umzugskosten übernommen werden können gibt es demgegenüber immer noch keine ausdrückliche Äußerung des Gesetzgebers. Was der Schaffung des § 22 Abs. 8 SGB II i. d. F. v. 24.03.2011 im Gesetzgebungsverfahren jedoch vorausgegangen ist, ist auch für die vorliegend zu beantwortende Frage interessant. Der Bundesrat geht in seiner Äußerung (vgl. Drucksache des Bundesrates 661/10, S. 20) davon aus, dass es nach der bisherigen Gesetzesfassung möglich war auch Auszubildenden, die einen Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II a. F. erhielten, ein Darlehen zur Mietschuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 SGB II a. F. zu gewähren. Der Bundesrat spricht sich dafür aus diese Leistungen den Auszubildenden auch in Zukunft zuzusprechen. Der Bundestag billigte dies, weswegen in den neuen § 27 SGB II der dort jetzt vorzufindende 5. Absatz aufgenommen wurde (vgl. BT-Drs. 17/3982, S. 9). Der Bundesrat stellt in seiner Stellungnahme auch auf den Sinn und Zweck des § 22 Abs. 7 SGB II, nämlich die Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen ab - er sieht die Ausbildung bei bestehenden Mietschulden als gefährdet an und spricht sich weiter dahingehend aus, dass sich bei Beendigung der Ausbildung die Chancen auf das Finden eines Arbeitsplatzes erhöhen und damit das Darlehen regelmäßig getilgt werden könne.

Ausgehend von der Prämisse, dass sich junge Menschen vor dem Hintergrund der in den Bedarfsberechnungen der Berufsausbildungsbeihilfe und des Bundesausbildungsförderungsgesetzes eingestellten häufig nicht hinreichenden Pauschalen für den Wohnbedarf aufgrund nicht in hinreichenden Maße finanzierter Unterkunftskosten gezwungen sehen könnten ihre Ausbildung aufzugeben und dies zu verhindern erklärtes Ziel des § 22 Abs. 7 SGB II (vgl. insoweit BT-Drs. 16/1410, S. 24) ist, bedingt dieser Normtelos jedoch nicht, dass zur Erreichung des Gesetzesweckes auch Umzugskosten zu gewähren sind.

Nach Überzeugung der Kammer muss man bei der Frage, ob die Kosten eines Umzuges zu übernehmen sind zunächst beachten, dass es hier nicht um Finanzierung der Unterkunft an sich, also die Sicherung des elementaren Wohnbedürfnisses geht. Es kann im Fall einer Kündigung des Wohnraumes auch ohne das Anfallen von Umzugskosten eine neue Wohnung angemietet und so der Wohnbedarf gesichert werden. In den Fällen wo ein Umzug wegen aufgelaufener Mietschulden erfolgen soll, hilft § 22 Abs. 5 SGB a. F. weiter indem er regelmäßig die Möglichkeit eröffnet bei Mietschuldenübernahme in der bisher bewohnten Wohnung zu verweilen. Zusammenfassend ist insoweit zu konstatieren, dass die Übernahme von Umzugskosten für die Auszubildenden zwar begrüßenswert sein mag, aber nach Überzeugung der Kammer vor dem Hintergrund des eigentlichen Normtelos nicht geboten erscheint.

Die Kammer geht auch davon aus, dass grundsätzlich die für Auszubildende vorgesehenen Leistungssysteme der Berufsausbildungsbeihilfe und der Bundesausbildungsförderung ausreichend Leistungen zur Sicherung der soziokulturellen Existenzminimums gewähren. Den pauschalen Bedarfssätzen im Bereich der Bundesausbildungsförderung liegt eine Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes zu Grunde. Regelmäßig getätigte Ausgaben wurden erfasst und anhand des statistischen Materials der BAföG-Satz ermittelt. Die Kammer hat keinen Anhaltspunkt dafür, dass hier grundsätzlich eine Bedarfsunterdeckung vorliegt. Nun mag man einwenden, dass die Schaffung von § 22 Abs. 7 SGB II gerade zeige, dass eine solche im Unterkunftsbereich bestehe. Das ist zwar in einzelnen Fällen durchaus zutreffend, aber die Bedarfsunterdeckung bezieht sich nach Ansicht des Gerichtes nur auf die Bestreitung der Kosten des aktuellen Wohnbedarfes. Ein Umzug und die damit verbundenen Kosten stellen demgegenüber keinen laufenden, sondern einen auf den Lebensalltag bezogenen atypischen Bedarf dar. Für solche in größeren zeitlichen Abstand einmalige anfallende Ausgaben war § 22 Abs. 7 SGB II nach den Erkenntnissen des Gerichtes nicht gedacht. Solche Ausgaben sind - dann entsprechend durch Ansparen - aus den Leistungen des den Auszubildenden originär zu Teil werdenden sozialen Sicherungssystems zu bestreiten. Für Studenten und Auszubildende dürften Umzüge auch nicht so selten sein, dass sie bei der statischen Erhebung und damit bei der Bedarfsermittlung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes außen vor geblieben sind. Das zumindest einmalige Wechseln des Studienortes dürfte zumindest in unserer heutigen Zeit eher die Regel als die Ausnahme sein.

Ferner ist zu beachten, dass § 22 Abs. 7 SGB II im Regelungskontext des Zweiten Buch Sozialgesetzbuch eine systemwidrige Ausnahmevorschrift (Berlit, in LPK-SGB II, § 22 Rn. 116; Wieland, in Estelmann, SGB II, § 22 Rn. 112; Wrackmeyer, NDV 2008, S. 355; LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 06.08.2007, Az.: L 5 B 949/07 AS ER) darstellt. Vielfach ist - zu Recht - beklagt worden, dass die Norm aus systematischen Gründen überhaupt nicht in das Zweite Buch Sozialgesetzbuch hätte aufgenommen werden sollen. Jedenfalls muss die Norm auf Grund ihres systematischen Ausnahmecharakters im Verhältnis zu den Leistungen des Zweiten Buch Sozialgesetzbuch eng ausgelegt werden, womit bereits viel für eine strenge Wortlautauslegung spricht. Auch aus der Gesetzessystematik lässt sich keinesfalls der eindeutige Schluss gewinnen, dass unter den durch § 22 Abs. 7 SGB II eröffneten Leistungskatalog auch die Leistungen des § 22 Abs. 3 SGB II fallen würden. Zwar mag dafür die Überschrift des § 22 SGB II, die von Leistungen für Unter¬kunft und Heizung, spricht, Zuspruch leisten, aber dieser Überschrift darf nach Überzeu¬gung der Kammer keine zu große Bedeutung beigemessen werden. Das folgt einerseits daraus, dass § 22 Abs. 7 SGB II auch Unterkunftsleistungen regelt, die zwar nicht originär solche des SGB II sind, aber trotzdem dem Wortkontext nach nicht im Widerspruch zur Überschrift der Norm stehen und andererseits aus der in der Norm durch die Schaffung verschiedener Absätze vorgenommenen Differenzierung in Hinblick auf sämtliche in Zusammenhang mit dem Bedarf des Wohnens zu gewährenden Leistungen.

Auch §. 19 Satz 2 SGB II, wonach der Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II nicht als Arbeitslosengeld II gilt, was dem Wortlaut nach gegen die Gewährung von Leistungen die über § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II hinausgehen spricht, ist für die Normauslegung wenig gewinnbringend, da sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, dass man mit Aufnahme dieser Vorschrift lediglich klar stellen wollte, dass durch die Zuschussgewährung keine Sozialversicherungspflicht eintritt (vgl. BT-Drs. 16/1410, S. 23).

Unter zusammenfassender wertender Betrachtung aller Aspekte kam die Kammer somit zur Überzeugung, dass § 22 Abs. 7 SGB II nicht so ausgelegt werden kann, dass die nach dieser Norm Leistungsberechtigten Leistungen nach § 22 Abs. 3 SGB II erhalten können. Aufgrund des durch den Gesetzgeber aufgenommenen Klammerzusatzes, also des Verweises auf die Leistungen nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II, ist die Kammer auch nicht davon überzeugt, dass hier eine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Das Gericht unterstellt dem Gesetzgeber, dass er bei der Formulierung seiner Normen grundsätzlich das nötige Augenmaß hat und sich über die Tragweite des Gesetzeswortlautes und die durch Anwendung der herkömmlichen Auslegungsgrundsätze zu gewinnenden Regelungsweite bewusst ist. Man kann hier auch nicht einwenden, dass er dann die durch die Gerichte ursprünglich durch Auslegung der Norm gewonnene Anwendbarkeit von § 22 Abs. 5 SGB II (vgl. insoweit LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.06.2009, Az.: L 14 AS 748/09 B ER und Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 23.03.2007, Az.: S 37 AS 2804/07; SG Lüneburg, Beschluss vom 11.05.2007, S 30 AS 579/07 ER; a.A.: Piepenstock in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22, Rn. 135; Berlit, in LPK-SBG II, § 22, Rn. 120) nicht hätte billigen dürfen, wenn er im Klammerzusatz nur auf die Leistungen des Absatzes 1 des § 22 SGB II Bezug nimmt. Da § 22 Abs. 5 SGB II a. F. seinerseits jedoch auf die Leistungen des § 22 Abs. 1 SGB II rekurriert ist dieses Auslegungsergebnis und damit auch die Billigung durch den Gesetzgeber jedoch nicht systemwidrig. § 22 Abs. 3 SGB II enthält demgegenüber dem Wortlaut nach gerade keine Bezugnahme auf die in § 22 Abs. 1 SGB II geregelten Leistungen.

Selbst wenn man eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage annehmen wollte, würde nach Überzeugung der Kammer allenfalls in Betracht kommen die Leistungen des § 22 Abs. 3 SGB II in Form eines Darlehens zu gewähren, was die Klägerin jedoch nicht wollte. Zwar werden die originär über § 22 Abs. 7 SGB II gewährten Leistungen in Form eines Zuschusses erbracht, aber alle anderen Leistungen des SGB II die Auszubildende in atypischen Lebenssituationen erhalten können werden nur in Darlehensform erbracht. Das betrifft die in § 22 Abs. 5 SGB II a. F. geregelte Mietschuldenübernahme wie auch die über § 7 Abs. 5 S. 2 SGB II mögliche Leistungsgewährung in Härtefällen. Ein Umzug stellt nach Überzeugung des Gerichtes eher eine Lebenssituation dar, die eine Atypik aufweist, so dass zur Hilfe in Notlagen eine Darlehensgewährung dem gesetzgeberischen Willen eher gerecht zu werden scheint als diese Leistungen in Form eines Zuschusses zu erbringen. Ob über eine solch erweiternde Auslegung auch die Lösung der Konstellationen möglich wäre in denen ein vom kommunalen Träger veranlasster Umzug Anlass für das Begehren der Umzugskosten ist, kann hier auch deshalb dahin stehen, weil die Klägerin nicht den Zuspruch eines Darlehens begehrte. Zwar gab es vorliegend seitdem die Klägerin Leistungen nach § 22 Abs. 7 SGB II bezog keine Kostensenkungsaufforderung des Beklagten, aber in die Zuschussberechnung wurden von Anfang an die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht im vollen Umfang eingestellt beziehungsweise Leistungen überhaupt nicht gewährt, obwohl die Kosten der Unterkunft und Heizung nach Ansicht des Gerichtes angemessen sind und die Leistungsversagung beziehungsweise zu niedrige Leistungsgewährung rechtswidrig war (vgl. insoweit die Klageverfahren vor dem SG Chemnitz, S 5AS 4716/08 und S 5 AS 2205/10). Zwar hat der Beklagte in eben diesen Gerichtsverfahren letztlich eingesehen, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung vollständig in die Ermittlung des Zuschusses einzustellen sind und Leistungen inzwischen auch ausgezahlt, aber dies geschah erst Ende des Jahres 2010 beziehungsweise Anfang 2011 und somit deutlich nach dem Umzug der Klägerin. Ein durch den kommunalen Träger veranlasster Umzug dürfte daher vorliegen. Der Kammer kommt es dabei jedoch darauf an noch einmal klar zu stellen, dass trotz dieses Umstandes eine Gewährung von Umzugskosten über § 22 Abs. 7 SGB II nicht in Betracht kommt - auch nicht wenn das Bundessozialgericht - zu Recht - konstatiert hat, dass man die Kosten für solche Leistungen mit unter § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II hätte erfassen können. Durch die Schaffung von § 22 Abs. 3 SGB II hat man, wie ausgeführt, gezeigt, dass auch solche Kosten nicht von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II erfasst sein sollen, womit in der vorliegenden Konstellation eine Bewilligung ausschied. Eine andere Frage ist jedoch, ob in den Fällen, wo der kommunale Träger einen Umzug durch rechtswidriges Behördenhandeln veranlasst und über den Leistungskatalog des Zweiten Buch Sozialgesetzbuch keine Übernahme der dadurch verursachten Kosten in Betracht kommt, nicht eine Amtshaftung nahe liegt und die Klägerin auf diese Weise ihre Kosten erstattet verlangen kann. Über den Anspruch aus Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB konnte das Gericht auf Grund der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte des ordentlichen Rechtsweges jedoch nicht entscheiden (vgl. Art 34 S. 3 GG und § 17 Abs. 2 S. 2 GVG; siehe auch Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2008, §51 Rn. 39)."

Mit der Berufung vom 28. Juni 2011 verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie vertritt die Auffassung, der Bezug des Zuschusses nach § 22 Abs. 7 SGB II habe ihre Leistungsberechtigung auch hinsichtlich eines Anspruchs auf Erstattung von Umzugskosten zur Folge.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 26. Mai 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 31. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr Umzugskosten in Höhe von 238,00 EUR zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält an den seine Verwaltungsentscheidungen tragenden Gründen fest.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs sowie die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zugelassene Berufung ist unbegründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 31. März 2010 und der Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2010 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ihr steht der geltend gemachte Anspruch auf Übernahme von Umzugskosten aus den in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils dargelegten Gründen nicht zu. Der Senat sieht, vorbehaltlich der nachfolgenden Ergänzungen, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II in der hier maßgebenden, vom 1. Januar 2007 bis 27. Oktober 2010 geltende Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 21 Buchst. e des Gesetzes vom 20. Juli 2006 [BGBl. I S. 1706]) einen Anspruch auf Bewilligung von Umzugskosten nicht zu tragen vermag (so auch zu der seit 1. April 2011 geltenden Regelung in § 27 Abs. 3 SGB II: SG Dresden, Gerichtsbescheid vom 6. Januar 2014 – S 49 AS 8115/12 – JURIS-Dokument). Die Vorschrift räumte Auszubildenden, abweichend von § 7 Abs. 5 SGB II, unter bestimmten Umständen einen Zuschuss zu den ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung ein. Durch den Zusatz "(§ 22 Abs. 1 Satz 1)" im Anschluss an die Worte "Unterkunft und Heizung" wird die zu befriedigende Bedarfssituation näher umrissen. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II umfasst aber die in § 22 Abs. 3 SGB II (in der hier maßgebenden, vom 1. August 2006 bis 31. Dezember 2010 geltende Fassung; vgl. Artikel 1 Nr. 21 Buchst. d des Gesetzes vom 20. Juli 2006 [BGBl. I S. 1706]) aufgeführten Wohnungsbeschaffungskosten, Umzugskosten und Mietkaution, bei denen es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 4 AS 49/07 RBSGE 102, 194 ff. =SozR 4-4200 § 22 Nr. 16 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 15) lediglich um ergänzende Leistungen im Hinblick auf den Bedarf des Wohnens handelt, nicht. Da der Gesetzgeber, obwohl die Umzugskosten im Falle eines Umzugs auf Veranlassung des Leistungsträgers von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II umfasst wären, und die Regelung des § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II a. F. daher nur für sonstige Umzüge erforderlich wäre, gleichwohl auch für den Fall des vom Hilfebedürftigen veranlassten Umzugs eine eigene Regelung geschaffen habe, sei zwischen § 22 Abs. 1 SGB II a. F. und § 22 Abs. 3 SGB II a. F. eine "klare Abgrenzung" vorzunehmen. Sind damit die Leistungen nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II a. F. vom Gesetzgeber gesondert geregelt worden, hätte es, um auch die Gruppe der in § 22 Abs. 7 SGB II a. F. genannten Auszubildenden in den Genuss dieser Leistungen kommen zu lassen, in der Vorschrift neben der Inbezugnahme von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch der Erwähnung von § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II a. F. bedurft. Dass der Gesetzgeber in § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II a. F. von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht und lediglich auf § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verwiesen hat, schließt die Bewilligung von Leistungen nach § 22 Abs. 3 SGB II a. F., darunter Umzugskosten, aus.

Gegen die Berücksichtigung von Umzugskosten als ungedeckte angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II a. F. spricht schließlich auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Berechnung des Zuschusses (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 69/09 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 32 = JURIS-Dokument). Danach bemaß sich der Zuschuss zu den Kosten für Unterkunft und Heizung eines von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossenen Auszubildenden, der Berufsausbildungsbeihilfe bezog, nach dem ungedeckten Unterkunftsbedarf im Sinne des SGB II unter Berücksichtigung von erzieltem Einkommen einschließlich der Berufsausbildungsbeihilfe, begrenzt durch die Differenz zwischen dem Unterkunftsbedarf nach dem SGB II und dem in der Ausbildungsförderungsleistung enthaltenen Unterkunftsanteil. In der praktischen Anwendung des SGB II hatte sich gezeigt, dass die von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossenen Auszubildenden wegen der pauschalierten Unterkunftsbedarfsbemessung im Bundesausbildungsförderungsgesetz und im Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) vielfach – anders als Leistungsberechtigte nach dem SGB II – ihre Unterkunftskosten nicht decken konnten und es in der Folge zu einer der Intention der Grundsicherung zuwiderlaufenden Ausbildungsabsicherung kam. Um die vorzeitige Beendigung einer Ausbildung und die damit einhergehende Minderung von Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verhindern, ist es im Sinne des erwerbszentrierten Grundsicherungssystems somit konsequent, einen bedarfsabhängigen Ausgleich der ungedeckten Kosten vorzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010, a. a. O., Rdnr. 24). Die Höhe des Zuschusses richtet sich grundsätzlich nach dem ungedeckten SGB II-Unterkunftsbedarf, wie er sich nach der Prüfung nach den Regeln der §§ 9, 11, 12 SGB II i. V. m. § 13 SGB II und der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung ergibt. Übersteigt der konkret ungedeckte Bedarf nach dem SGB II jedoch die Differenz zwischen dem abstrakten Unterkunftsbedarf nach dem SGB II und dem in der BAföG- oder SGB III-Leistung enthaltenen Unterkunftsbedarfsanteils, ist der Zuschuss auf die Höhe der Differenz zu begrenzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010, a. a. O., Rdnr. 29). Nach alldem glich der Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II a. F. die Differenz zwischen zwei "Vergleichslagen" aus. Im Wege der teleologischen Reduktion kommt das Bundessozialgericht zu der Einschätzung, der Zuschuss sei dabei auf die Höhe der Differenz zwischen dem abstrakten Unterkunftsbedarf nach dem SGB II und dem in der BAföG- oder SGB III-Leistung enthaltenen Unterkunftsanteil begrenzt (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010, a. a. O., Rdnr. 29, 30). Steht damit fest, welchem Zweck der Zuschuss diente und auf welchem Wege er der Höhe nach zu berechnen war, steht zugleich fest, dass für die Berücksichtigung "atypischer" einmaliger Unterkunftskosten, wie etwa der Kosten eines Umzuges, kein Raum blieb.

Unabhängig davon, dass die Klägerin aus den dargelegten Gründen schon dem Grunde nach nicht anspruchsberechtigt sein kann, ist noch darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Umzugskosten nach § 22 Abs. 3 SGB II a. F. um eine Ermessensleistung ("können") handelt. Die von der Klägerin begehrte Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung in der konkret geltend gemachten Höhe von 238,00 EUR käme daher nur dann in Betracht, wenn das Ermessen des Beklagten nach den Umständen des Einzelfalles auf null reduziert wäre. Das Bestehen einer solchen Lage ist aber nicht ersichtlich.

Der Hilfebedürftige ist im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Vorsorgesystems gehalten, einen Umzug grundsätzlich selbst zu organisieren und durchzuführen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2010 – B 14 AS 7/09 RBSGE 106, 135 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr. 37 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 19; vgl. auch Sächs. LSG, Beschluss vom 19. September 2007 – L 3 B 411/06 AS-ER – JURIS-Dokument Rdnr. 18 ff.). Als notwendige Umzugskosten kamen daher bei der nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II a. F. zu treffenden Ermessensentscheidung die Aufwendungen für einen Mietwagen, die Anmietung von Umzugskartons, die Kosten für Verpackungsmaterial und Sperrmüllentsorgung und die üblichen Kosten für die Versorgung mithelfender Familienangehöriger und Bekannter in Betracht. Lediglich dann, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, kann auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht kommen. Ist der Leistungsberechtigte gesundheitlich und körperlich in der Lage, den Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen, ist es nicht ermessensfehlerhaft, Kosten nur in Höhe der Kosten eines selbst organisierten Umzuges zu erstatten (vgl. BSG, a. a. O.).

Mit ihrem Antrag auf Übernahme der Kosten eines Umzuges vom 23. März 2010 hatte die Klägerin geltend gemacht, den Umzug nicht selbst durchführen zu können. Sie könne kein größeres Fahrzeug führen und habe "hier" keine Personen, die sie unterstützen könnten. Mit Schreiben vom 29. März 2010 legte sie ein Wohnungsangebot vor und bat um unverzügliche Genehmigung des Umzuges, weil ihr ansonsten am 10. April 2010 die Zwangsräumung drohe. In der Zeit zwischen dem 29. März 2010 und dem 10. April 2010 zog die Klägerin aus der Wohnung G , E aus und zog in die Wohnung G , E ein. Beide Wohnungen liegen innerhalb des gleichen Baukomplexes (G 1 bis 6). Vermieter beider Wohnungen ist die E Wohnungsbaugesellschaft mbH. Weiter stellte die Klägerin am 8. April 2010 für die neue Wohnung einen Antrag auf "Erstausstattung" und machte geltend, sie benötige eine Einbauküche, Schränke für das Bad und ein Bett. Dies in Gesamtsicht verdeutlicht, dass die Klägerin, ohne gesundheitliche oder körperliche Einschränkungen geltend gemacht zu haben, in ihrem unmittelbaren räumlichen Umfeld umgezogen ist und große Teile des typischerweise bei Umzügen zu bewegenden Umzugsgutes in ihrem Fall nicht zu transportieren waren. Die Klägerin hat den Umzug nicht selbst durchgeführt. Vielmehr hat nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 26. Mai 2011 der Vermieter durch den von ihm beauftragten Hausmeisterdienst die Gegenstände der Klägerin aus der zu räumenden Wohnung in die neu angemietete Wohnung verbringen lassen. Dafür hat der Vermieter mit einem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 14. Oktober 2010, das beim Sozialgericht in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde, einen Betrag in Höhe von 238,00 EUR in Rechnung gestellt. Die rechtliche Einordnung dieser Forderung ist dem Senat nicht möglich. Nach dem Inhalt der Niederschrift über die Sitzung vom 26. Mai 2011 dürfte aber zumindest feststehen, dass eine rechtliche Beziehung zwischen der Klägerin und dem Hausmeisterdienst nicht bestand. Auf Frage des Gerichts, wie der Umzug durchgeführt wurde, hat die Klägerin vielmehr erklärt, dass "welche geholfen haben", die sie nicht gekannt habe. Der Umstand, dass der Betrag mit einem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Vermieterin in Rechnung gestellt wurde, könnte darauf hindeuten, dass der Vorgang von Seiten der Vermieterin als Teil des Mietrechtsstreits (Vollstreckungshandlung) eingeordnet wurde. Auch hat aber die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht erklärt, sie habe den Betrag (noch) nicht gezahlt. Diese Umstände in der Gesamtsicht lassen zahlreiche Ansatzpunkte für die Ausübung von Ermessen erkennen.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 183 SGG.

III. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen dafür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

Dr. Scheer Höhl Krewer
Rechtskraft
Aus
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