L 12 KA 31/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 43 KA 1437/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 31/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Soweit eine Vollzulassung nach § 103 Abs. 4a SGB V nur in eine Angestelltengenehmigung mit einem Anrechnungsfaktor von 0,l75 umgewandelt wird, ist eine Nachbesetzung dieser Arztstelle auch nur im maximalen Umfang einer 3/4-Arztstelle möglich, da eine weitere 1/4-Arztstelle nie vakant war.
I. Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 19.09.2013 aufgehoben und die Klage der Klägerin abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) im Berufungsverfahren zu tragen. Die Kosten der übrigen Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf die Genehmigung einer Anstellung des Dr. R. im Tätigkeitsumfang von weiteren 10 Wochenstunden hat. Die Klägerin ist ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit Vertragsarztsitz in A-Stadt, Planungsbereich Landkreis M ... Der Planungsbereich ist mit einem Versorgungsgrad von 165,6 % (Landesausschusssitzung vom 10.6.2013) für die Arztgruppe der HNO- Ärzte wegen Überversorgung gesperrt. Dr. O., HNO- Arzt im Planungsbereich M., hatte im September 2009 auf seine (Voll)zulassung nach § 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V verzichtet, um ab 1.10.2009 bei der Klägerin als angestellter Arzt mit einem Tätigkeitsumfang von 23,5 Wochenstunden (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 0,75) tätig zu werden. Er beendete seine Tätigkeit im MVZ zum 31.3.2011. Mit Beschluss vom 16.3.2011 erteilte der Zulassungsausschuss der Klägerin im Rahmen der Nachbesetzung von Dr. O. die Genehmigung zu Anstellung von Dr. K. ab 1.4.2011 mit einer Arbeitszeit von 10 Wochenstunden (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 0,25). Zur weiteren Nachbesetzung von Dr. O. beantragte die Klägerin mit Antrag vom 9.5.2011 zudem die Genehmigung zur Anstellung des Dr. R. mit einer Arbeitszeit von 30 Wochenstunden. Mit Beschluss vom 15.6.2011 erteilte der Zulassungsausschuss der Klägerin die Genehmigung zur Anstellung des Dr. R. mit einer Arbeitszeit von 20 Wochenstunden (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 0,5) und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Die Genehmigung zur Anstellung von Dr. R. werde im Sinne der Nachbesetzung der Anstellung von Dr. O., der bis 31.3.2011 mit einem Tätigkeitsumfang von 23,5 Stunden pro Woche (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 0,75) im MVZ tätig gewesen sei, erteilt. Eine über einen Tätigkeitsumfang von 20 Wochenstunden hinausgehende Anstellung habe abgelehnt werden müssen, da in Höhe der weiteren 10 beantragten Wochenstunden keine Anstellungsmöglichkeit im MVZ gegeben sei. Dr. O. sei lediglich mit einem Tätigkeitsumfang von 23,5 Stunden (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 0,75) tätig gewesen. Verzichte ein Arzt auf seine Zulassung, um als angestellter Arzt in einem MVZ tätig zu werden, müsse er mindestens ein Quartal mit wenigstens 31 Wochenstunden angestellt sein (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 1,0), damit die Nachbesetzung einer vollen Arztstelle möglich sei. Da Dr. O. mit 23,5 Wochenstunden angestellt worden sei, habe für das MVZ die Möglichkeit einer Nachbesetzung nur im Umfang von maximal 30 Wochenstunden (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 0,75) bestanden. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 16.3.2011 sei bereits die Anstellung des Dr. K. ab 1.4.2011 mit einer Arbeitszeit von 10 Wochenstunden (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 0,25) genehmigt worden. Somit habe die Anstellung des Dr. R. nur mit maximal 20 Wochenstunden genehmigt werden können. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Beschluss vom 18. Oktober 2011 (ausgefertigt am 17.11.2011) zurück. Eine Nachbesetzungsmöglichkeit für Dr. O. habe nur im Umfang von maximal 30 Wochenstunden bestanden, es habe bei der Klägerin nie eine volle Arztstelle gegeben und somit könne eine solche auch nicht nachbesetzt werden. Da Dr. K bereits im Umfang von 10 Wochenstunden (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 0,25) angestellt worden sei, verbleibe für die Anstellung eines weiteren Arztes, wie hier des Dr. R., nur noch ein Tätigkeitsumfang von maximal 20 Stunden (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 0,5). Mit ihrer Klage vom 16.12.2011 zum Sozialgericht München begehrte die Klägerin die Genehmigung der Anstellung von Dr. R mit einem Tätigkeitsumfang von weiteren 10 Stunden, somit insgesamt 30 Wochenstunden. In der Klagebegründung vom 18.9.2013 verwies die Klägerin auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 19.12.2011, B 6 KA 23/11 R, wonach im Rahmen der Nachbesetzung nach § 103 Abs. 4a Satz 5 SGB V Vakanzen von einer nur 1/4-Arztstelle sanktionslos blieben, so dass das Recht auf Nachbesetzung einer vakant gewordenen 1/4-Arztstelle nicht zeitlich begrenzt sei. Das BSG habe seine Entscheidung damit begründet, dass sich zwar die Bedarfsplanungsrichtlinien mit 1/4-Arztstellen befassten, die Regelungen des SGB V und die Ärzte-ZV dagegen aber nur Zulassungen mit halbem oder ganzem Versorgungsauftrag kennen würden. Die Klägerin vertrat die Auffassung, nichts anderes könne auch für den Umfang der Übertragung einer Zulassung auf ein MVZ oder einen Vertragsarzt nach § 103 Abs. 4a Satz 1 oder § 103 Abs. 4b Satz 1 SGB V gelten. Auch insoweit könne eine Zulassung nur im Umfang eines halben oder vollen Versorgungsauftrages auf das MVZ oder den Vertragsarzt übertragen und so in eine halbe oder ganze Arztstelle umgewandelt werden. Damit könnten nicht nur eine zeitweise, sondern auch eine von Beginn an bestehende Vakanz im Umfang von lediglich 1/4 eines Versorgungsauftrages einer späteren Erhöhung - zeitlich unbefristet - nicht entgegenstehen. Das SG hat der Klage mit Urteil vom 19. September 2013 stattgegeben, den Bescheid des Beklagten vom 17.11.2011 aufgehoben und den Beklagten zu Neuverbescheidung verurteilt. Zutreffend verweise die Klage darauf, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Vakanzen von nur 1/4-Arztstelle sanktionslos blieben. Dies gelte auch für den Umfang der Übertragung einer Zulassung auf ein MVZ. Hiergegen wenden sich sowohl der Beklagte als auch die Beigeladene zu 1) mit ihren Berufungen zum Bayerischen Landessozialgericht. Der Beklagte begründet seine Berufung damit, in der zitierten BSG-Entscheidung vom 19.12.2011, B 6 KA 23/11 R, sei es um die Nachbesetzung einer 1/4-Arztstelle gegangen, die bereits beim MVZ angesiedelt gewesen sei. Vorliegend gehe es jedoch um eine von vornherein eingetretene Eingrenzung eines Rechtsbestandes. Dr. O. sei während keines einzigen Quartals mit wenigstens 31 Wochenstunden (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 1,0) im MVZ der Klägerin tätig gewesen, sondern von Beginn an lediglich im Umfang von 23,5 Stunden. Hier habe die Arztstelle eine schwächere Position als die Zulassung, d.h. beim MVZ sei von vornherein nur eine 3/4-Arztstelle entstanden. Bestätigt werde diese Auffassung im Gesamtzusammenhang mit einer (fiktiven) Rückumwandlung der Arztstelle in eine Zulassung. § 95 Abs. 9b SGB V setze für die Rückumwandlung in eine volle oder halbe Zulassung voraus, dass der zeitliche Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit des angestellten Arztes der üblicherweise mit einer vollen oder halben Zulassung verbundenen Vertragsarzttätigkeit entspricht. Demgemäß korreliere der genehmigte Tätigkeitsumfang des Dr. O. mit 23,5 Stunden gerade nicht mit einem vollen Versorgungsauftrag.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt, das Urteil des SG München vom 19.9.2013 aufzuheben und die Klage der Klägerin abzuweisen.

Die Beigeladene zu 1) und Berufungsklägerin beantragt, das Urteil des SG München vom 19.9.2013 aufzuheben und die Klage der Klägerin abzuweisen.

Auch die Beigeladene zu 1) ist der Auffassung, Dr. O. hätte zu Gunsten einer Anstellung bei der Klägerin im Umfang von 23,5 Stunden (Anrechnungsfaktor 0,75) verzichtet, daher sei auch nur eine Nachbesetzung in Höhe eines Anrechnungsfaktors von 0,75 möglich. Denn bei einer Nachbesetzung im gesperrten Planungsbereich dürfe der Umfang der bisherigen Besetzung nicht überschritten werden. § 52 Satz 2 der Bedarfsplanungsrichtlinien (BedarfsplRL) erlaube ebenfalls eine Nachbesetzung nur im zeitlichen Umfang der Beschäftigung des ausgeschiedenen Arztes oder Psychotherapeuten. Das MVZ seien nur Inhaberin einer Arztstelle im Umfang eines Anrechnungsfaktors 0,75 geworden, ob vorher eine volle Zulassung bestanden habe, sei unerheblich. Damit korrespondiere auch § 55 Abs. 1 BedarfsplRL, da vor Änderung der Arbeitszeit mit Folge eines höheren Anrechnungsfaktors nach § 51 BedarfsplRL die Genehmigung des Zulassungsausschusses notwendig sei. Dies entspreche auch zwei Entscheidungen des Senats des BayLSG (Urteil vom 25.07.2012, L 12 KA 47/11 und L 12 KA 145/12 B ER). Bei der Klägerin bestünde gerade keine Vakanz über eine 1/4-Arztstelle.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin stellt den Antrag, die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1) zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das Urteil des SG für zutreffend. Eine Arztstelle entspreche einer Zulassung und sei daher nur im Umfang von 1 oder 1/2 möglich, gleiches gelte bei der Rückumwandlung.

Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Zulassungsausschusses und des Beklagten sowie die gerichtlichen Akten beider Instanzen (S 43 KA 1437/11 und L 12 KA 31/14) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig und begründet. Die Befugnis der Beigeladenen zu 1) zur Einlegung der Berufung in Zulassungsangelegenheiten gründet sich auf ihre Aufgabe der Sicherstellung der Versorgung gemäß § 75 SGB V iVm der daraus resultierenden Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung (so BSG, Urteil vom 19.10.2011, B 6 KA 23/11 R, Juris RdNr. 13).

Der (allein) angefochtene Bescheid des Beklagten vom 17.11.2011 aus der Sitzung vom 18.10.2011 ist rechtmäßig, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Genehmigung einer über 20 Stunden hinausgehenden Tätigkeit des Dr. R, weil eine vakant gewordene 1/4-Arztstelle zur Nachbesetzung nicht existiert.

Anspruchsgrundlage für die Anstellungsgenehmigung in einem MVZ ist grundsätzlich § 95 Abs. 2 Satz 8 iVm Satz 5 SGB V. Danach ist die Genehmigung für die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen MVZ zu erteilen, wenn der Arzt im Arztregister eingetragen ist und der fachübergreifende Charakter des MVZ erhalten bleibt. Darüber hinaus gelten in Planungsbereichen mit Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung besondere Voraussetzungen. Im Planungsbereich Landkreis M., für den die Klägerin eine Anstellungsgenehmigung für weitere 10 Stunden begehrt, bestanden und bestehen noch für die Gruppe der HNO-Ärzte Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung (Versorgungsgrad 165,6 %, Stand 10.6.2013). In solchen überversorgten Planungsbereichen können Ärzte aus den davon betroffenen Arztgruppen ausnahmsweise zugelassen bzw. angestellt werden, soweit einer der Tatbestände des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5 oder des § 103 Abs. 4, Abs. 4a, Abs. 4b und Abs. 7 SGB V erfüllt ist. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten sichergestellt bleibt. Da es sich bei der Klägerin um ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) handelt, kommt von vornherein nur die Konstellation der Nachbesetzung nach § 103 Abs. 4a Satz 3 SGB V in Betracht. Die Nachbesetzung kann auch in der Weise erfolgen, dass der Tätigungsumfang einer bereits genehmigten Arztstelle ausgeweitet wird. Eine Nachbesetzung setzt nach dem Wortlaut aber voraus, dass die Anstellung des neuen Angestellten sich umfangmäßig im Rahmen der bisherigen Besetzung halten muss, d.h. sie darf deren Umfang nicht überschreiten (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 19.10.2011, B 6 KA 23/11 R, Juris RdNr. 20 m.w.N.). War der ausscheidende Arzt nur teilzeitbeschäftigt, so kann der Nachfolger demnach nur in gleichem Umfang angestellt werden. Dies entspricht der anteiligen Berücksichtigung bei der Bedarfsplanung (§ 101 Abs.1 Satz 7 SGB V). Die Klägerin hatte jedoch nie eine Arztstelle inne, die über einen bedarfsplanerischen Anrechnungsfaktor in Höhe von 0,75 hinaus genehmigt worden war. Denn die ursprüngliche Anstellungsgenehmigung von Dr. O. mit Wirkung ab 1.10.2009 umfasste von vornherein nur einen (Teilzeit)tätigkeitsumfang von 23,5 Stunden und damit bedarfsplanerisch einen Anrechnungsfaktor von 0,75 (§ 38 Abs. 1 BedarfsplRL aF bzw. § 51 Abs. 1 BedarfsplRL nF). Unerheblich ist dabei, dass Dr. O. zuvor eine Vollzulassung hatte, die ihn berechtigt hätte, als angestellter Arzt bei der Klägerin mit einem Umfang von 40 Stunden mit einem Bedarfsplanungsfaktor von 1,0 tätig zu werden. Auf diese Vollzulassung hat Dr. O. mit Wirkung zum 30.9.2009 rechtswirksam verzichtet.

Die Bestimmungen der §§ 99, 101, 103, 104 SGB V regeln die Bedarfsplanung, die Rechtsfolgen von Überversorgung sowie die Anordnung von Zulassungssperren und sie enthalten Ausnahmen von den Zulassungsbeschränkungen sowie Vorgaben zum Abbau der Überversorgung. Dort, wo Zulassungssperren angeordnet sind, kommt dem Ziel, Überversorgung abzubauen, ein hoher Rang zu. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Neubewerber, die durch Zulassungsbeschränkungen in ihrem Grundrecht aus Art 12 Abs. 1 GG betroffen sind. Deshalb müssen in Planungsbereichen, die überversorgt und für Neuzulassungen gesperrt sind, frei werdende Vertragsarztsitze grundsätzlich entweder, wenn sie ausnahmsweise fortgeführt werden dürfen - wie es der Gesetzgeber in besonderen Fällen wie § 103 Abs. 4 SGB V im Interesse des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben vorgesehen hat - für andere Bewerber zur Verfügung stehen, oder sie müssen wegfallen (BSG, Urteil vom 19.10.2011, B 6 KA 23/11 R). Eine Regelung wie § 103 Abs. 4a Satz 3 SGB V, die von dem Ziel abweicht, Überversorgung abzubauen, muss eng ausgelegt werden (BSG, aaO, bestätigend BSG, Beschluss vom 14.5.2014, B 6 KA 67/13 B, Juris RdNr. 8). Es wäre unverträglich, wenn ein MVZ eine frei werdende Arztstelle "auf Vorrat" vorhalten und nach seinem Belieben erst später (oder gar nicht) wiederbesetzen könnte (BSG, aaO). Gleiches muss gelten, wenn ein Vertragsarzt - wie hier - im Rahmen des § 103 Abs. 4a S. 3 SGB V auf seine (Voll)Zulassung verzichtet und danach lediglich in Teilzeit als angestellter Arzt mit einem Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor von 0,75 tätig wird. Auch hier liefe es dem Ziel, Überversorgung abzubauen, zuwider, wenn die im Rahmen der Umwandlung der Zulassung in eine Arztstelle nicht in Anspruch genommene (Rest-)Arztstelle im Umfang von 1/4 nach Belieben zu einem späteren Zeitpunkt besetzt werden könnte. Vorliegend ist die (ehemalige) Vollzulassung bereits mit dem Verzicht von Dr. O. auf seine Zulassung weggefallen, die neue Arztstelle ist lediglich mit einem Anrechnungsfaktor von 0,75 (§ 51 Abs. 1 BedarfsplRL nF) entstanden. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 25.7.2012, L 12 KA 47/11, entschieden, dass bei Verzicht auf eine Vollzulassung und Anstellung im Umfang von lediglich 20 Stunden nur 1/2-Arzt- stelle entsteht, die nachbesetzt werden kann. Gleiches gilt für einen Verzicht auf Vollzulassung und einer Anstellung im Umfang von 23,5 Stunden. Auch hier entsteht lediglich eine Arztstelle im Umfang von 3/4, die gegebenenfalls nachbesetzt werden kann.

Das Recht zur Nachbesetzung der Arztstelle des Dr. O. mit einem Anrechnungsfaktor von 0,75 hat die Beklagte aber bereits mit der Anstellung von Dr. K. in Höhe von 10 Stunden (Anrechnungsfaktor 0,25) mit Wirkung zum 1.4.2011 und der Anstellung von Dr. R. im Umfang von 20 Stunden (Anrechnungsfaktor 0,5) mit Wirkung zum 1.7.2011 in Anspruch genommen. Eine darüber hinausgehende vakante Stelle im Umfang von 1/4-Arztstelle hat bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt existiert und kann daher auch nicht nachbesetzt werden.

Diese Auslegung steht auch nicht in Widerspruch zu § 95 Abs. 9b SGB V, wonach eine genehmigte Anstellung auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes in eine Zulassung umzuwandeln ist, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen oder einem halben Versorgungsauftrag entspricht. Vorliegend entsprach der genehmigte Umfang 23,5 Stunden eben gerade nicht einem vollen Versorgungsauftrag, sondern nur einem bedarfsplanerischen Anrechnungsfaktor von 0,75. Bestätigung findet die Auslegung des Senats auch in den aktuellen Bedarfsplanungsrichtlinien. Zwar war nach den BedarfsplRL mit Wirkung ab 1.1.2013 eine Rückumwandlung einer Anstellung in eine Vollzulassung auch bei einem Anrechnungsfaktor von 0,75 durchzuführen, durch Beschluss des GBA vom 17.7.2014 ist der Faktor 0,75 in § 21 Abs. 5 BedarfsplRL jedoch gestrichen worden. Eine Umwandlung in eine Vollzulassung ist nunmehr nur bei einem Anrechnungsfaktor von 1,0 möglich. Zur Begründung hat der GBA auf einen missbräuchlichen Umgang mit der Rückumwandlungsregelung in der Vergangenheit verwiesen, der zu einer stetigen Ausweitung des Leistungsumfangs einzelner Betriebsstätten geführt hätte (Tragende Gründe zum Beschlussentwurf vom 17.7.2014, Ziffer 2). Auch nach der Rechtlage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats wäre daher eine Rückumwandlung einer Anstellungsgenehmigung in Höhe einer 3/4-Arztstelle nur in eine halbe Zulassung möglich.

Die Entscheidung steht auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des BSG vom 19.10.2011, B 6 KA 23/11 R, wonach bei Zulassung und Besetzung einer Arztstelle im Umfang von einem nur 1/4-Versorgungsauftrag Besonderheiten bestehen und Vakanzen im Umfang einer nur 1/4-Arztstelle grundsätzlich sanktionslos bleiben, sodass das Recht auf Nachbesetzung einer vakant gewordenen 1/4-Arztstelle zeitlich nicht begrenzt sei. Vorliegend hat mit der Umwandlung der Vollzulassung in eine 3/4-Arztstelle zum 1.10.2009 - wie oben ausgeführt - nie eine Vakanz in Höhe einer 1/4-Arztstelle bestanden, so dass diese auch nicht nachbesetzt werden kann. Eine solche wäre nur dann entstanden, wenn die Zulassung des Dr. O. in eine Arztstelle mit einem 1,0 Versorgungsauftrag umgewandelt worden wäre und Dr. O. (ggf. gemeinsam mit einem weiteren angestellten Arzt) zumindest für einen gewissen Zeitraum auch entsprechend tätig geworden wäre (so auch Pawlita, jurisPK SGB V 2. Aufl., § 103 RdNr. 125). Tätigkeiten nach der Umwandlung der Zulassung haben aber nur im Umfang von 23,5 Stunden und damit nur in Höhe einer 3/4-Arztstelle stattgefunden. Die Nachbesetzung nach § 103 Abs. 4a Satz 3 SGB V beschränkt sich daher ebenfalls auf diesen Umfang. Eine vakante (weitere) 1/4-Arztstelle, die nachbesetzt werden könnte, besteht daher nicht.

Das Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG iVm. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die streitige Rechtsfrage ist höchstrichterlich bisher nicht geklärt. (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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