L 8 KR 158/14

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 21 KR 159/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 158/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 8. April 2014 aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. April 2012 verurteilt, der Klägerin Auskunft über die seitens der Firma D. GmbH in der Zeit vom 13. Mai 2008 bis 10. Dezember 2010 für die Klägerin entrichteten Sozialversicherungsbeiträge zu erteilen.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Auskunft über die Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen an die Beklagte.

Die Klägerin war in der Zeit vom 13. Mai 2008 bis 10. Dezember 2010 bei der Firma D. GmbH, D-Stadt, beschäftigt. Mit Schreiben vom 22. Februar 2011 wandte sich der Bevollmächtigte der Klägerin an die Beklagte als Einzugsstelle für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und führte aus, er führe ein Verfahren gegen die vormalige Arbeitgeberin wegen rückständiger Vergütung. In Parallelverfahren hätten frühere Arbeitskollegen mitgeteilt, dass offensichtlich die Monatsbeiträge nicht gezahlt worden seien. Der Bevollmächtigte bat um Auskunft, ob dies auch im Fall der Klägerin so sei. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. November 2011 ab und wies den Widerspruch der Klägerin vom 28. März 2011 mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2012 zurück. Die Erteilung von Auskünften aus dem Beitragskonto der ehemaligen Arbeitgeberin komme nicht in Betracht. Es handele sich um Sozialdaten des Arbeitgebers, die nicht ohne entsprechende Rechtsvorschrift oder Einwilligung des Arbeitgebers übermittelt werden dürften.

Die Klägerin hat am 7. Mai 2012 Klage zum Sozialgericht (SG) Wiesbaden erhoben und geltend gemacht, sie habe ein grundsätzliches Interesse an der Erteilung einer Auskunft über die ordnungsgemäße Zahlung der Sozialabgaben durch den früheren Arbeitgeber. Dies betreffe ihr eigenes Arbeitsverhältnis. Die Beklagte könne sich nicht auf den Schutz der Sozialdaten berufen, wenn es um Zahlungen aus dem Gehalt der Klägerin handele.

Mit Gerichtsbescheid vom 8. April 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da ein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Auskunft von der Klägerin auch auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts nicht dargelegt worden sei. Sofern Beiträge zur Sozialversicherung nicht entrichtet worden seien, so wären dies Beitragsschulden des Arbeitgebers und nicht der Klägerin. Für den betroffenen Arbeitnehmer habe dies keine Nachteile, da sein Versicherungsschutz zu allen Zweigen der Sozialversicherung bestehen bleibe, solange die Beschäftigung gegen Entgelt fortbestehe. Die Klägerin habe somit Versicherungsschutz und sei keinen Forderungen der Beklagten ausgesetzt, weshalb nicht ersichtlich sei, inwieweit die begehrte Auskunft die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung der Klägerin verbessern könne. Im Übrigen sei auch keine Anspruchsgrundlage für die begehrte Auskunft erkennbar.

Gegen den am 14. April 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 8. Mai 2014 Berufung eingelegt.

Sie führt aus, es gehe nicht um die Frage, ob sie in einem laufenden Arbeitsverhältnis Versicherungsschutz habe, sondern ausschließlich darum, ob der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge gezahlt habe. Auf entsprechende Auskünfte seitens der Beklagten als Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge habe sie einen Anspruch.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des SG Wiesbaden vom 8. April 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. April 2014 zu verurteilen, ihr Auskunft über die seitens der Firma D. GmbH in der Zeit vom 13. Mai 2008 bis 10. Dezember 2010 für ihre Person entrichteten Sozialversicherungsbeiträge zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und hält hieran auch unter Berücksichtigung eines rechtlichen Hinweises des Senats auf § 83 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) und § 1 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG) fest.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Senat einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet über die Berufung im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und in der Sache begründet. Der Gerichtsbescheid des SG kann nicht aufrechterhalten bleiben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte ist der Klägerin zur Auskunftserteilung verpflichtet.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Auskunft darüber, ob ihr Arbeitgeber in der Zeit vom 13. Mai 2008 bis 10. Dezember 2010, in der die Klägerin bei der Firma D. GmbH beschäftigt war, die Gesamtsozialversicherungsbeiträge für sie abgeführt hat. Richtige Klageart für dieses Begehren der Klägerin ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012 – B 1 KR 13/12 R –, BSGE 112, 170-177).

Rechtsgrundlage für den Auskunftsanspruch der Klägerin ist § 83 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB X. Danach ist dem Betroffenen auf Antrag Auskunft zu erteilen u.a. über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen. In dem Antrag soll die Art der Sozialdaten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnet werden. Sind die Sozialdaten nicht automatisiert oder nicht in nicht automatisierten Dateien gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit der Betroffene Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem vom Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht. Die verantwortliche Stelle bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen. § 25 Abs. 2 SGB X gilt entsprechend (§ 83 Abs. 1 S 2 bis 5 SGB X). Für Sozialdaten, die nur deshalb gespeichert sind, weil sie auf Grund gesetzlicher, satzungsmäßiger oder vertraglicher Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen, oder die ausschließlich Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen, gilt Absatz 1 nicht, wenn eine Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde (§ 83 Abs. 2 SGB X). Die Auskunftserteilung unterbleibt u.a., soweit die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde (§ 83 Abs. 4 Nr. 1 SGB X) oder die Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen (Nr. 3) und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss (BSG, Urteil vom 13. November 2012 – B 1 KR 13/12 R –, a.a.O. Rn. 16).

Die Klägerin begehrt Auskunft über den Datenbestand der für ihre Person entrichteten Gesamtsozialversicherungsbeiträge. Zum Auskunftsanspruch gehört dabei ebenfalls die Frage, ob solche Sozialdaten überhaupt vorhanden sind. Denn auch (und möglicherweise gerade) die Feststellung ihrer Nichtexistenz ist für den Betroffenen von Wert.

Die Beklagte ist eine zur Auskunft verpflichtete "verantwortliche Stelle" im Sinne von § 83 SGB X. Dies sind alle Stellen, die Sozialdaten des Betroffenen verarbeitet haben können. Der Betroffene soll sich mittels des Auskunftsanspruchs Kenntnis von der Verarbeitung seiner Sozialdaten verschaffen können, etwa um die Zulässigkeit der Verarbeitung und Richtigkeit der Daten überprüfen zu können. Diese Auskunftsverpflichtung besteht nicht nur für Leistungsträger, sondern für sämtliche der in § 35 SGB I genannten Stellen (BSG, Urteil vom 2. November 2010 – B 1 KR 12/10 R –, BSGE 107, 86-91, Rn. 26). Die Beklagte ist als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts eine Stelle, die im Rahmen ihrer Aufgabe als Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28h Abs. 1 SGB IV) Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse bestimmter natürlicher Personen erhebt, verarbeitet und nutzt.

Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag, über den die Klägerin Auskunft begehrt, ist ein Sozialdatum i.S.v. § 67 Abs. 1 SGB X. Sozialdaten sind nach der gesetzlichen Definition Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer der in § 35 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) genannten Stellen im Hinblick auf die Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Einen solchen "persönlichen" Bezug weisen alle Informationen auf, die über eine individualisierbare natürliche Person etwas aussagen und damit zur Identifikation dienen (vgl. bspw. VG Augsburg, Urteil vom 27. September 2011 – Au 3 K 09.1571 –, Rn. 21, juris). Das trifft auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist die Summe aller Beiträge, die für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten auf der Grundlage des von dem Beschäftigten erzielten Arbeitsentgelts zu allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung (§ 28d SGB IV) vom Arbeitgeber an die Einzugsstelle zu zahlen sind. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags und leitet diesen an die jeweiligen Versicherungsträger weiter (§§ 28h Abs. 1, 28k Abs. 1 SGB IV). Den bei der Einzugsstelle gespeicherten Daten über die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags kann damit entnommen werden, dass eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt bei einem Arbeitgeber gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war, dass und in welcher Höhe für ihn aus dieser Beschäftigung Beiträge entrichtet worden sind und – durch Rückrechnung anhand der jeweiligen Beitragssätze – welches Arbeitsentgelt der Beschäftigte erzielt hat.

Die Auskunft, ob und welche Gesamtsozialversicherungsbeiträge der frühere Arbeitgeber an die Einzugsstelle entrichtet hat, betrifft "die zu seiner (ihrer) Person" gespeicherten Sozialdaten der Klägerin. Die Beklagte irrt, wenn sie meint, Informationen aus dem Beitragskonto seien Sozialdaten des Arbeitgebers. Zwar ist allein der Arbeitgeber verpflichtet, die Beiträge zu zahlen. Das Gesetz weist den Gesamtsozialversicherungsbeitrag aber unzweifelhaft als Sozialdatum des Arbeitnehmers aus. Die den Arbeitgeber zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags verpflichtende Vorschrift des § 28e Abs. 1 S. 1 SGB IV regelt nur die Zahlungspflicht, nicht dagegen, wer letztlich finanziell belastet wird, also den Beitrag "zu tragen hat". Das ist hinsichtlich des Arbeitnehmeranteils der Arbeitnehmer, der seinen Beitragsteil wirtschaftlich aus dem ihm zustehenden Bruttoentgelt trägt. Dementsprechend gilt gemäß § 28e Abs. 1 S. 2 SGB IV die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils der Gesamtsozialversicherungsbeitrag als "aus dem Vermögen des Beschäftigten" erbracht. Dem Arbeitgeber steht der Anspruch, den Arbeitnehmeranteil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend zu machen (§ 28g Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IV) nur zum Ausgleich seiner Verpflichtung zu, den vollen Sozialversicherungsbeitrag zu zahlen.

Diese rechtliche Zuordnung wird durch § 210 SGB VI verdeutlicht. Können in der gesetzlichen Rentenversicherung Leistungsrechte auf Grund der entrichteten Beiträge nicht mehr erlangt werden, kommt gemäß § 210 SGB VI eine unmittelbare Erstattung an den Arbeitnehmer in Betracht. Der Arbeitnehmer hat den sog. Arbeitnehmeranteil selbst im Sinne von § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI getragen und damit aus eigenem Vermögen finanziert, wenn der Arbeitgeber das Abzugsrecht tatsächlich ausgeübt hat; anderenfalls erhält der Arbeitnehmer den vollen arbeitsvertraglich geschuldeten Lohn (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 - B 4 RA 57/98 R). Arbeitsrechtlich handelt es sich bei dem Arbeitnehmeranteil damit um einen Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers. Abzug und Abführung von Lohnbestandteilen betreffen nur die Frage, wie der Arbeitgeber seine Zahlungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer erfüllt. Der Arbeitgeber nimmt insoweit eine Aufgabe der Sozialversicherungsträger wahr (BAG, Beschluss vom 7. März 2001 – GS 1/00 –, BAGE 97, 150-167, Rn. 13). Das Gesetz wählt vornehmlich aus technischen Gründen den direkten Zahlungsweg vom Arbeitgeber an die Einzugsstelle. Dementsprechend bedeutet die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber lediglich einen besonderen Erfüllungseinwand gegen den arbeitsrechtlichen Entgeltanspruch des Arbeitnehmers (BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 - B 4 RA 57/98 R – a.a.O.; BAG, Beschluss vom 7. März 2001 – GS 1/00 –,Rn. 21).

Im Übrigen sind auch die Daten über die Zahlung des Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag Sozialdaten der Klägerin. Zum einen ergeben sich hieraus in gleicher Weise wie aus dem Arbeitnehmeranteil Informationen, die den Beschäftigten betreffen. Zum anderen sind sozialversicherungsrechtlich als eigene Leistungen des Versicherten nicht nur die unmittelbar von ihm selbst aus dem Bruttoarbeitsentgelt getragenen Beiträge zu berücksichtigen, sondern in aller Regel auch solche Beiträge, die von Dritten zu seinen Gunsten dem Träger der Sozialversicherung zugeflossen sind. Hierzu gehören etwa die Arbeitgeberanteile im Bereich der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, die den eigentumsrelevanten Eigenleistungen des Arbeitnehmers zuzurechnen sind (BVerfG, Urteil vom 16. Juli 1985 – 1 BvL 5/80 u.a., juris Rn. 110).

Entgegen der Auffassung des SG muss die Klägerin für ihr Auskunftsbegehren kein besonderes Auskunftsinteresse darlegen. Die Vorschrift des § 83 SGB X konkretisiert das Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG. Daher muss der Auskunft begehrende Bürger kein schützenswertes Auskunftsinteresse benennen (BSG, Urteil vom 13. November 2012, B 1 KR 13/12 R, juris Rdnr. 19). Vor diesem Hintergrund ist es auch unerheblich, ob die Klägerin – worauf das SG abstellt – selbst im Fall einer nicht erfolgten Beitragsentrichtung sozialversicherungsrechtlich keine Nachteile erleidet, weil es für den Versicherungsschutz ausreicht, wenn eine Beschäftigung gegen Entgelt bestanden hat. Unabhängig von der Frage, ob dies tatsächlich in jedem Fall zutrifft, ist diese Sichtweise schon deshalb verkürzt, weil sie die legitimen Interessen der Klägerin an der vollständigen Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber, die – wie oben gezeigt - sowohl hinsichtlich des Arbeitnehmer- als auch des Arbeitgeberanteils eine geschützte Rechtsposition des Arbeitnehmers betreffen, nicht berücksichtigt. Im Übrigen hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihr im Rahmen eines gegen den Arbeitgeber geführten Prozesses von früheren Arbeitskollegen mitgeteilt worden sei, dass der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge nicht ordnungsgemäß abgeführt habe. Insoweit kommt ein Auskunftsinteresse der Klägerin nicht nur im Hinblick auf etwaige arbeitsrechtliche Ansprüche gegen den früheren Arbeitgeber, sondern insbesondere auch gegen die Beklagte als Einzugsstelle in Betracht, ihren Überwachungs- und Beitreibungspflichten nach § 28h Abs. 1 SGB IV hinsichtlich nicht erfüllter Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachzukommen.

Eine der Fallgruppen, in denen die Auskunftserteilung zu unterbleiben hat, weil dies die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde (§ 83 Abs. 4 Nr. 1 SGB X) oder die Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen (Nr. 2) liegt nicht vor. Insbesondere kann die Beklagte die Auskunftsverweigerung nicht auf ein Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers stützen, da das Recht dem Arbeitgeber keine Befugnis einräumt, die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge gegenüber dem betroffenen Beschäftigten geheim zu halten. Im Gegenteil zeigt § 28a Abs. 5 SGB IV, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Beschäftigten alle unter die Meldepflicht gegenüber der Einzugsstelle fallenden Daten auch dem Arbeitnehmer bekannt zu geben. Der vorliegende Sachverhalt gibt auch keinen Anlass, von einer rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme des Auskunftsrechts durch die Klägerin auszugehen (zu diesem Aspekt vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012, B 1 KR 13/12 R, juris Rn. 24).

Angesichts dieser bereichsspezifischen Rechtsgrundlage für das Auskunftsbegehren der Klägerin bedarf es keiner weiteren Ausführungen zu einem etwaigen Auskunftsanspruch nach Maßgabe von § 1 Abs. 1 IFG (bejahend für Auskunftsansprüche eines Insolvenzverwalters gegenüber einer Einzugsstelle: VG Hamburg, Urteil vom 27. August 2010, 7 K 619/09, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved