S 11 AS 521/15 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 521/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Sozialgericht Aachen erklärt den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig und verweist den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 17a Absatz 2 Gerichtsverfassungsgericht (GVG) an das § 40 Abs. 1 Satz 1, § 52 Nr. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zuständige Verwaltungsgericht Aachen. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten (§ 17b Absatz 2 GVG).

Gründe:

I. Der Geschäftsführer des K erteilte dem Antragsteller mit Bescheid vom 29.04.2015 ein schriftliches Hausverbot für den Bereich des K, welches er für die Dauer von zwei Monaten ab Zustellung des Bescheides befristete. Dieser Bescheid ging dem Antragsteller nach eigenen Angaben am 05.05.2015 zu. Die Rechtsbehelfsbelehrung verwies auf die Möglichkeit hin, Klage beim Verwaltungsgericht Aachen zu erheben dort einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu stellen. Am 05.06.2015 hat der Antragsteller Klage vor dem erkennenden Gericht (S 11 AS 522/15) und erhoben zugleich beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Er habe keinen Anlass für ein Hausverbot gegeben. Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass nach seiner Auffassung der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet sei. Es sei beabsichtigt zu verweisen. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hat der Antragsteller die Zuständigkeit der Sozialgerichte angenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist der gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Aus diesem Grund ist der Rechtsstreit gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen, mithin das nach § 52 Nr. 3 Satz 1 VwGO zuständige Verwaltungsgericht Aachen. Der Kammer ist die Gegenauffassung des 14. Senats des Bundessozialgerichts – auf die der Prozessbevollmächtigte des Klägers zutreffend hinweist - durchaus bekannt. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 01.04.2009 – B 14 SF 1/08 R – zur Frage des Rechtswegs gegen ein von einem JobCenter gegenüber einem Antragsteller nach dem SGB II erlassenen Hausverbot zunächst zutreffend ausgeführt, dass es sich nicht um eine bürgerlich-rechtliche sondern eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt: Er hat hierzu wörtlich ausgeführt "Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn es - wie hier - an einer ausdrücklichen Sonderzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (GmSOGB, BSGE 37, 292 = SozR 1500 § 51 Nr 2 = NJW 1974, 2087; GmSOGB, BGHZ 97, 312 = SozR 1500 § 51 Nr 39 und BGHZ 102, 280, 283 = SozR 1500 § 51 Nr 47; BSGE 72, 148, 151 = SozR 3-2500 § 15 Nr 1; BSG, SozR 3-1500 § 51 Nr 24; BSG, SozR 3-8570 § 17 Nr 1; BGHZ 89, 250, 251). Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 GVG als auch von § 40 VwGO und § 51 Abs 1 SGG. Die Abgrenzung muss von der Sache her getroffen werden. Ausgangspunkt für die Prüfung ist deshalb die Frage, welcher Art das Klagebegehren nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt ist (BSG aaO; BGH aaO). Das bewirkt, dass regelmäßig die Gerichte anzurufen sind und zu entscheiden haben, die durch besondere Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den infrage stehenden Anspruch berufen sind (vgl BGHZ 89, 250, 252; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3). Für die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur des hier streitgegenständlichen Rechtsverhältnisses spricht schon, dass die Beklagte sich - unabhängig von einer dafür bestehenden Befugnis - bei ihrem Handeln der öffentlich-rechtlichen Rechtsform des Verwaltungsakts (vgl § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X)) bedient hat, weil sie mit dem Hausverbot eine Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalls mit Außenwirkung getroffen und dabei die Handlungsform des Verwaltungsakts durch Anfügung entsprechender Rechtsbehelfsbelehrungen sowie die Anordnung der sofortigen Vollziehung (gemäß § 80 Abs 2 Nr 4 VwGO) deutlich hervorgehoben hat. Der öffentlich-rechtliche Charakter der Streitigkeit ergibt sich aber vor allem daraus, dass die Beklagte in Wahrnehmungszuständigkeit für Träger öffentlicher Gewalt auf Grund eines ihr eingeräumten Sonderrechts gehandelt hat. Sie hat Rechtssätze angewendet, die einen Träger der öffentlichen Gewalt als solchen berechtigen bzw verpflichten (so genannte modifizierte Subjektstheorie, vgl dazu BSGE 65, 133, 135 f = SozR 2100 § 76 Nr 2). Konkret zur – in Literatur und Rechtsprechung durchaus nicht unumstrittenen – Frage der Rechtsnatur der Ermächtigung für ein behördliches Hausverbot in Fällen wie dem zu entscheidenden hat sich der Senat der Auffassung angeschlossen, es handele sich konkret um das ausgeübte öffentlich-rechtliche Hausrecht und nicht etwa das aus – auch den Behörden zustehenden – Eigentum oder Besitz resultierende privatrechtliche Hausrecht. Der Senat führt insoweit aus: "Die Beklagte hat sich, als sie das streitgegenständliche Hausverbot ausgesprochen hat, nicht des aus dem bürgerlich-rechtlichen Eigentum (vgl §§ 903, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) oder Besitz (§§ 859 ff BGB) folgenden privatrechtlichen Hausrechts, sondern des öffentlich-rechtlichen Hausrechts bzw. der öffentlich-rechtlichen Ordnungsgewalt bedient. Das Hausverbot durch einen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträger hat nach der inzwischen ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur dann öffentlich-rechtlichen Charakter, wenn es dazu dient, (allgemein) die Erfüllung der staatlichen Aufgaben im Verwaltungsgebäude zu sichern bzw (konkret) die unbeeinträchtigte Wahrnehmung einer bestimmten staatlichen Sachkompetenz zu gewährleisten (vgl Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 9. Juli 1980 - 9 CS 80 A.268 - NJW 1980, 2722, 2723; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl 2009, § 3 RdNr 24; Knemeyer, DÖV 1970, 596, 599). Die Maßnahme kann dagegen nur im Ausnahmefall privatrechtlicher Natur sein, wenn die im Besitz oder Eigentum eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträgers stehenden Räumlichkeiten allein zu fiskalischen Zwecken genutzt werden (Knemeyer, aaO). Daran gemessen liegt hier öffentlich-rechtliches Handeln vor." (BSG, a.a.O). Zur Frage des Inhalt des ausgesprochenen Hausrechts erklärt der Senat – und dies ist nach Auffassung der Kammer auch für die Frage der Zuordnung innerhalb der öffentlich-rechtlichen Gerichtszweige wesentlich:

"Die Beklagte hat dem Kläger das Hausverbot mit der Begründung erteilt, Störungen des Dienstbetriebs zu verhindern und Gefährdungen des ihr zugewiesenen Personals auszuschließen. Zu diesem Zweck war die Erteilung des Hausverbots auch objektiv dienlich." (BSG, a.a.O., Hervorhebungen durch Verfasser) Und weiter heißt es: "Ob die ungeschriebene, dem Grunde nach aber nahezu einhellig anerkannte Befugnis öffentlich-rechtlicher Verwaltungsträger, Störungen durch natürliche Personen mit dem Instrument des öffentlich-rechtlichen Hausverbots zu begegnen (kritisch zuletzt Brüning, DÖV 2003, 389, 392 ff), aus der öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft oder aber aus einer mit dem Verwaltungsverfahren einhergehenden Ordnungsgewalt (dazu Knemeyer aaO 600 f; vgl auch Oberverwaltungsgericht [OVG] für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. Oktober 2001 - 1 B 1254/01 - NVwZ 2002, 103, 104) folgt, ist insoweit zunächst ohne Belang ( )" (BSG, a.a.O., Hervorhebungen durch Verfasser). Damit beschreibt der 14. Senat nach Auffassung der Kammer den Kern des behördlichen Hausrechts – auch des im vorliegenden Fall erteilten - in der Tat zutreffend. Er kommt dann aber zu dem Schluss, für diese öffentlich-rechtliche Streitigkeit sei gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Dies ist unzutreffend und ist – wie zu zeigen sein wird – auch nicht von der zuvor vom Senat herausgearbeiteten Inhalt und Zweck des erteilten Hausverbots zu vereinbaren. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Demgegenüber entscheiden die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art, soweit diese nicht einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Dass statt der allgemeinen Zuständigkeit nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO im vorliegenden Fall durch § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG der Rechtsweg den Sozialgerichten ausdrücklich zugewiesen sie, begründet der Senat wie folgt: "Von der Zuweisung in § 51 Abs 1 Nr 4a SGG erfasst sind zunächst all diejenigen Rechtsstreitigkeiten, bei denen die vom Kläger hergeleitete Rechtsfolge ihre Grundlage im SGB II haben kann (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 51 RdNr 29a; ähnlich Groth in Hohm, GK-SGB II, Stand: Februar 2009, VII-2 RdNr 22). Die Auslegung des Merkmals "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende" ist in den übrigen Fällen, in denen die Beteiligten nicht unmittelbar um Rechtsfolgen aus der Anwendung von Normen des SGB II streiten, daran auszurichten, dass eine sach- und interessengerechte Abgrenzung zwischen der Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte und der Verwaltungsgerichte hergestellt wird." Hierin ist nach Auffassung der Kammer dem 14. Senat unumwunden zuzustimmen. Auch mit der sich hieran anschließenden weiteren Argumentation steht das BSG durchaus auf der Grundlage der Rechtsprechung der übrigen obersten Bundesgerichte. "Weder das Merkmal "ausdrücklich" in § 40 Abs 1 Satz 1 VwGO noch ein insbesondere aus dem Merkmal "alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten" hergeleiteter (vermeintlicher) Vorrang der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit zwingen zu einer engen Auslegung des Begriffs der "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende". In der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist anerkannt, dass es genügt, wenn eine Zuweisung zwar nicht unmittelbar ausgesprochen ist, sich der dahinterstehende Wille des Gesetzes jedoch aus dem Gesamtgehalt der Regelung und dem Sachzusammenhang in Verbindung mit der Sachnähe eindeutig und logisch zwingend ergibt (BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 1986 - 4 B 92/86 - NJW 1986, 2845; vgl auch BGHZ 67, 81 (87), GmSOGB BVerwGE 37, 369 (372); GmSOGB BSGE 37, 292 (296) = SozR 1500 § 51 Nr 2; vgl ferner Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl 2007, § 40 RdNr 49; krit wegen des Grundsatzes der Rechtswegklarheit Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand März 2008, § 40 RdNr 490 ff)" (BSG, a.a.O., Hervorhebungen durch Verfasser) Diese Feststellungen sind nach Auffassung der Kammer durchaus zutreffend. Es bestehen in der Tat keine rechtlichen Bedenken, eine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch dort anzunehmen, wo der Wille des Gesetzgebers, eine bestimmte Sach- und Rechtsmaterie in ihrer Gesamtheit einem anderen Gericht zuzuweisen, mit den Mitteln herkömmlicher Auslegung deutlich zu erkennen ist (so zutreffend BVerwG, Beschluss vom 15.05.1986 - 4 B 92/86 = juris unter Hinwies auf BVerwG, Urteil vom 27.09.1962 - BVerwG 1 C 51.61 - BVerwGE 15, 34 (36) = DÖV 1963, 62). Auch die vom Bundessozialgericht in seiner Entscheidung gemachte weitergehende Annahme einer ausdrücklichen Zuständigkeitsregelung für den Fall, dass sich der dahinterstehende Wille des Gesetzes (!) jedoch aus dem Gesamtgehalt der Regelung und dem Sachzusammenhang in Verbindung mit der Sachnähe eindeutig (!) und logisch zwingend (!) ergibt, ist durchaus nachvollziehbar, steht auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte und wird auch von der Kammer geteilt. Soweit das Bundessozialgericht dann allerdings weiter konstatiert, soweit es sich um Maßnahmen handele, die - wie vorliegend das Hausverbot - keine unmittelbare normative Grundlage im SGB II haben, sei danach zu fragen, ob die Maßnahme in engem sachlichem Zusammenhang zur Verwaltungstätigkeit der Behörden nach dem SGB II stehe, was wesentlich davon abhänge auf welche rechtliche Grundlage sich die streitgegenständliche Maßnahme zu stützen vermag, wobei eine hinreichende Sachnähe insbesondere dann anzunehmen sei, wenn die Beteiligten über Rechtsfolgen aus der Anwendung sozialverwaltungsverfahrensrechtlicher Normen nach dem SGB X streiten, sofern der Streitigkeit materiell Rechtsverhältnisse nach dem SGB II zugrunde liegen, verlässt das Bundessozialgericht nach Auffassung der Kammer den zuvor bereiteten sicheren Boden der Rechtsprechung der gemeinsamen Senate des Bundes und der herrschenden Lehre. Hier wird nämlich der Regelungszweck eines behördlichen Hausverbots, der bei der Abgrenzung zum Zivilrechtsweg noch zutreffend beschrieben worden war, offenbar aus den Augen verloren. Es geht, wie das BSG einige Randnummern zuvor festgestellt hatte, darum, Störungen des Dienstbetriebs zu verhindern und Gefährdungen des ihr zugewiesenen Personals auszuschließen. Dieser Zweck ist völlig unabhängig von der dem Dienstbetrieb zugrundeliegenden Rechtsverhältnissen oder dem Tätigkeitsbereich des mutmaßlichen bedrohten Mitarbeiters. Das auch gegenüber einem Antragsteller oder Leistungsberechtigen nach dem SGB II ausgesprochene Hausrecht hat weder seine Rechtsgrundlage im SGB X oder SGB II noch einem der anderen in § 51 SGG genannten Gesetze. Der 14. Senat folgert demgegenüber, dass "jedenfalls (dann) wenn das Hausverbot im Rahmen oder aus Anlass eines zwischen den Beteiligten geführten Verwaltungsverfahrens (§ 8 SGB X) ausgesprochen wird, nach diesen Grundsätzen die Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte begründender Sachzusammenhang zu den Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu bejahen ist" (BSG a.a.O). Wie bereits dargelegt, geht das BSG in seiner Entscheidung selbst davon aus, dass das behördliche Hausverbot in Fällen wie dem vorliegenden seine aufgrund des zweifelsfrei bestehenden Eingriffscharakters erforderliche - Ermächtigungsgrundlage in der Ausübung des gewohnheitsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Hausrechts liegt. Dieses, dem Behördenleiter zustehende - Hausrecht umfasst die Befugnis, Ordnungsmaßnahmen zu treffen, um die Verwirklichung des Widmungszwecks zu gewährleisten, Störungen des Dienstbetriebes abzuwenden und dabei insbesondere auch über den Aufenthalt von Personen in den Räumen des öffentlichen Gebäudes zu bestimmen (so auch BSG, a.a.O. "die Befugnis (folgt) aus der kraft Herkommens anerkannten internen Ordnungsgewalt."). In diesem Zusammenhang weist der Senat auch zutreffend darauf hin, "dass sich die Kompetenz des Sozialleistungsträgers jedoch aus dem Sachzusammenhang mit den von ihm wahrgenommenen Sachaufgaben (Annexkompetenz) herleite(t)" (BSG, a.a.O.)" Dies gilt freilich nicht nur für den Sozialleistungsträger, sondern gilt allgemein für die Ausübung des Hausrechts auch anderer Behördenleiter. Ausgehend von dieser Grundlage formuliert der 14. Senat nun eine Prämisse, die nach Auffassung der Kammer im Hinblick auf die hier zu entscheidende Frage der Rechtswegzuständigkeit weder dogmatisch noch praktisch überzeugen kann. Es gelte nämlich, dass dieser Sachzusammenhang zwischen einem Hausverbot und den vom Träger wahrzunehmenden Sachaufgaben in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgesprochen eng sei (BSG, a.a.O.). Dies führt das BSG wie folgt aus: "Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist in erster Linie die Unterstützung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit (vgl § 1 Abs 1 Satz 2 SGB II). Leistungen zur Eingliederung in Arbeit haben Vorrang vor den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Aufgabenerfüllung in Bezug auf diesen "Grundsatz des Förderns" ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers vom persönlichen Kontakt des Hilfebedürftigen mit den Mitarbeitern des Trägers der Grundsicherung geprägt, was etwa die Benennung eines "persönlichen Ansprechpartners" deutlich macht (vgl § 14 Satz 2 SGB II; vgl zum Ganzen Spellbrink in Eicher/Spellbrink § 1 RdNr 8 und § 14 RdNr 2, 8 ff). Ein von dem Träger der Grundsicherung ausgesprochenes Hausverbot steht daher von vornherein in einem gewissen inneren Widerspruch zum Aktivierungskonzept des SGB II. Die Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit ist von den weiteren Ansprüchen und Pflichten des betroffenen Hilfeempfängers im Rahmen der "Dauerrechtsbeziehung" nach dem SGB II kaum zu trennen" (BSG, a.a.O.) Diese Sachnähe rechtfertige die Zuweisung an die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, die über die besondere Sachkunde für die Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende verfügen. Dieser Argumentation kann sich die Kammer – vor dem Hintergrund der oben dargelegten Rechtsprechung der obersten Senate der Bundesgerichte – nicht anschließen. Zweifellos sind Verwaltungsverfahren im Bereich des SGB II, durch einen persönlichen Kontakt geprägt. Dies gilt aber für andere Verwaltungsverfahren auch und teilweise, wie etwa im Kinder- und Jugendhilfebereich, sogar noch im stärkeren Maße. Vor allem aber bleibt es beim Hausverbot, egal wie man es dreht und wendet, dabei, dass es nicht um die konkrete dem Rechtsstreit zugrundeliegende Rechtsmaterie geht, sondern um den Schutz des allgemeinen Verwaltungsablauf, des Schutzes der Mitarbeiter, der Räumlichkeiten, anderer Besucher u.v.m. Selbst wenn man aber mit dem Bundessozialgericht im Regelungsbereich des SGB II eine- vom Gesetzgeber intendierte - besondere Nähe zwischen Behörde und Antragstellern annimmt, so stellt sich doch der Adressat eines Hausverbots durch sein Handeln gerade außerhalb des vom Gesetz vorgesehen Kontakts und zwar nicht nur den zu seinem konkreten "persönlichen Ansprechpartner". Er tritt vielmehr letztlich in Konflikt mit der Funktionsfähigkeit der Verwaltung allgemein. Es geht beim Streit um ein Hausverbot gerade nicht mehr um die konkrete Verwaltungsbeziehung inter partes, sondern es geht - aus der Sicht der Behörde - um Störungsabwehr und - aus der Sicht des Betroffenen - um die Überprüfung des Vorwurfs, die Durchführung von Verwaltungsaufgaben zu stören. Hierbei handelt es sich um im allgemeinen Verwaltungsrecht wurzelnde Fragen.

Das Hanseatische Oberverwaltungsgericht führt hierzu in seinem Beschluss vom 17.10.2013 – 3 So 119/13 aus: "Dieses Hausrecht erfährt durch das Sozialgesetzbuch keine derartige Prägung, das von einem eigenständigen, sozialfürsorgerechtlichen Hausverbot ausgegangen werden könnte. Die sich aus dem Sozialrecht ergebenden Besonderheiten wie z. B. die in § 14 Satz 2 SGB II geregelte Notwendigkeit eines persönlichen Ansprechpartners für den Leistungsberechtigten ist bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Hausverbots selbstverständlich – etwa bei der Frage nach der Verhältnismäßigkeit – Rechnung zu tragen, ohne dass dies dazu führte, das diese Überprüfung allein von der Sozialgerichtsbarkeit geleistet werden könnte." Man mag sich in dem Zusammenhang mit der Argumentation des 14. Senats noch einmal vor Augen führen, dass er eingangs selbst für die Annahme einer ausdrücklichen Zuständigkeitsregelung ohne konkrete gesetzliche Normierung gefordert hatte, es müsse sich der dahinterstehende Wille des Gesetzes aus dem Gesamtgehalt der Regelung und dem Sachzusammenhang in Verbindung mit der Sachnähe eindeutig und logisch zwingend ergeben. Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung der Kammer nach dem hier Dargelegten nicht vor, weswegen nach Auffassung der Kammer das Bundessozialgericht mit seiner Entscheidung faktisch auch von der Rechtsprechung der übrigen obersten Bundesgerichte abgewichen ist. Im Übrigen hat die Ansicht des 14. Senats – worauf das Hanseatische Oberverwaltungsgericht in seiner zitierten Entscheidung zutreffend hingewiesen hat - zudem zur Folge, dass beim Eingang eines Rechtsstreits über ein Hausverbot zunächst im Einzelnen der genaue materielle Hintergrund der Beziehung zwischen Behörde und Hausverbotsempfänger ermittelt werden müsste, um die Rechtsstreitigkeit – je nach Sachverhalt – entweder dem Verwaltungs-, Sozial- oder Finanzgericht zuordnen zu können. Diese Konsequenz ist auch nach Auffassung der Kammer wenig praktikabel und kaum sinnvoll und führte im Übrigen zu einem unerwünschten, gespaltenen Rechtsweg für letztlich ein und dieselbe Materie. Völlig ungeklärt wäre auch, was für den Fall gilt, dass neben dem Leistungsträger nach dem SGB II sich noch eine weitere Behörde im Gebäude befindet. Erhielte ein Hausverbot des Behördenleiters des JobCenters dann etwa auch das Gepräge durch das SGB II oder gälte dann – im Hinblick auf etwaige Folgen für die andere Behörde – wieder das althergebrachte, der Jurisdiktion der Verwaltungsgerichtsbarkeit obliegende Hausverbot? Was gilt in Fällen der Optionskommunen, die häufig im selben Gebäude mit anderen Kommunalbehörden sind. Vor diesem Hintergrund bleibt es nach Auffassung der Kammer bei dem durch § 40 VwGO eröffneten Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten (so auch OVG Bremen, Beschl. v. 25.03.2013, NordÖR 2013, 264; OVG Münster, Beschl. v. 13.05.2011, NJW 2011, 2379; LSG Hamburg, Beschl. v. 31.07.2012, L 4 AS 246/12 B ER, juris Rn.3; FG Münster, B. v. 30.08.2010 - 14 K 3004/10 - juris). Der 14. Senat hat – auch dies ist der Kammer bekannt – mit Beschluss vom 21.07.2014 – B 14 SF 1/14 R – seine obige Rechtsprechung bestätigt, ohne jedoch hierbei auf ansatzweise auf die fundierten Einwände der Gegenauffassung einzugehen. Es bleibt auch hinsichtlich der neueren Entscheidung des 14. Senates daraufhin hinzuweisen, dass gerade die ausdrücklich in Bezug genommene Rechtsprechung des BGH und des BVerwG gerade nicht zur Begründung der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit herangezogen werden können, wie oben bereits ausführlich dargelegt. Sie überzeugt nicht. Die Kammer bleibt bei seiner Auffassung auch in Ansehung des jüngst ergangenen Beschlusses des 2. Senates des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, welcher unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit für Fälle wie den vorliegenden angenommen hat. Auch diesbezüglich fehlt leider eine Auseinandersetzung mit den erheblichen – und im Ergebnis durchgreifenden – Bedenken der Gegenmeinung, die den Verwaltungsrechtsweg für eröffnet ansieht (LSG Nordrhein-Westfale, Beschluss vom 13.05.2015 - L 2 AS 1885/14 B). Es bleibt mithin dabei, dass eine ausdrückliche (auch in einem weit verstandenen Sinne) Zuweisung an die Sozialgerichtsbarkeit nicht vorliegt, weswegen es bei der allgemeinen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO bleibt. Eine Annahme der Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit etwa aus Gründen der Prozessökonomie kommt vor dem Hintergrund der Bedeutung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) für die Kammer nicht in Betracht. Es ist zwar so, dass nicht schon jede bloß fehlerhafte Anwendung einfachgesetzlicher Zuständigkeitsvorschriften zu einer verfassungswidrigen Entziehung des gesetzlichen Richters und die Grenze zur Verfassungswidrigkeit erst dann überschritten ist, wenn die fehlerhafte Auslegung einer Zuständigkeitsnorm offensichtlich unhaltbar ist, wovon nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann die Rede sein, wenn sich das Gericht bei der Auslegung und Anwendung einer Zuständigkeitsnorm so weit von dem sie beherrschenden Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt hat, dass sie nicht mehr zu rechtfertigen ist (vgl. etwa Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 10.03.2010 – 1 BvR 2582/09 = juris Rn. 9 m.w.N.). Gleichwohl ist die Frage der Rechtswegzuständigkeit wesentlich und nach obigen Ausführungen ist nach hiesiger Auffassung klar die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit eröffnet. Rein vorsorglich sei auch auf folgendes weiteres Problem hingewiesen. Es bleibt nach der Rechtsprechung des 14. Senats bislang unklar, welche Verwaltungsverfahrensordnung denn für das Hausverbot gelten soll. Färbt das SGB II das Hausverbot so ein, dass der Anwendungsbereich des SGB X eröffnet ist (§ 1 SGB X) oder unterfällt es dem Regime der (Landes-)Verwaltungsverfahrensgesetze? Nimmt man die Geltung des SGB X an, so ist die Regelung des § 62 SGB X zu berücksichtigen, wonach für förmliche Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte das Sozialgerichtsgesetz gilt, sofern der Sozialrechtsweg gegeben ist und die Verwaltungsgerichtsordnung für den Fall dass der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer etwaigen Klage nach dem SGG ist nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG die Durchführung eines Vorverfahrens, sofern keine Ausnahmen nach Satz 2 vorliegen. Solche Ausnahmen sind beim Hausverbot nicht zu sehen. Die Zulässigkeit der Anfechtungsklage vor den Verwaltungsgerichten ist hingegen aufgrund von § 110 Abs. 1 Satz 1 des Gesetz über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (Justizgesetz Nordrhein-Westfalen - JustG NRW) vom 26. Januar 2010 abweichend von § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht mehr von einer Nachprüfung des Bescheides in einem Vorverfahren abhängig. Dieses Problem stellte sich offensichtlich bei dem vom Bundessozialgericht zu entscheidenden Fällen nicht, da jeweils Widerspruchsverfahren durchgeführt worden waren. Im vorliegenden Fall ist es aber erheblich, weil der Antragsteller unmittelbar Klage erhoben hat, was vor den Verwaltungsgerichten zulässig ist, vor den Sozialgerichten hingegen nicht. Im vorliegenden Fall wird es virulent. Der Antragsteller hat Klage vor dem Sozialgericht erhoben ohne zuvor Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt zu haben. Dies ist aber erforderlich. Die Klage ist unzulässig. Damit wäre auch der Antrag auf Anordnung ihrer aufschiebenden Wirkung unzulässig. Der Antragsteller hätte zunächst Widerspruch einzulegen – was im Hinblick auf die dann unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung wohl noch fristgerecht möglich wäre – und beantragen dessen aufschiebende Wirkung anzuordnen. Eine Entscheidung über die Prozesskostenhilfe kommt zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Betracht. Hierüber hat das rechtswegzuständige Gericht in eigener Zuständigkeit zu entscheiden. Es sei aber darauf hingewiesen, dass bei Annahme der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit – etwa aufgrund eines bindenden Beschlusses im Beschwerdeverfahren – aus obigen Gründen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ebenfalls nicht in Betracht käme. Der Antrag wäre mangels zulässiger Klage unzulässig.
Rechtskraft
Aus
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