L 5 KR 5084/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 KR 2637/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5084/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die ohne erneute Untersuchung des Versicherten auf einem
Arztbefragungsformular der Krankenkasse erteilte Auskunft des behandelnden Arztes zur (Nicht-)Absehbarkeit des Widereintritts von Arbeitsfähigkeit stellt eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung i. S. d. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V grundsätzlich nicht dar.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.11.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Krankengeld über den 18.01.2013 hinaus.

Die 1954 geborene Klägerin war ab 01.04.2008 beim Generalkonsulat der Republik K. (zuletzt als Verwaltungsangestellte) beschäftigt und deswegen bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Ihr Ehemann war ab 01.02.2009 ebenfalls beim Generalkonsulat der Republik K. beschäftigt und als Beschäftigter ebenfalls Mitglied der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete durch Arbeitgeberkündigung am 31.12.2012.

Unter dem 21.12.2012 stellte der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. M. der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Erstbescheinigung) aus (Diagnose M54.99 G: Rückenschmerzen, nicht näher bezeichnet). In der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist als voraussichtlich letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit der 04.01.2013 angegeben. Bis zum 31.12.2012 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses) erhielt die Klägerin (im Wege der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) Arbeitsentgelt. Vom 01.01.2013 bis 18.01.2013 gewährte ihr die Beklagte Krankengeld i. H. v. 20,54 EUR täglich netto (23,33 EUR brutto).

Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigungen bzw. Auszahlscheine für Krankengeld wurden von Dr. M. wie folgt ausgestellt:

Datum: voraussichtlich letzter Tag Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit: 04.01.2013 18.01.2013 (Freitag) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung 21.01.2013 08.02.2013 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung 21.01.2013 kein Eintrag Auszahlschein für Krankengeld 04.02.2013 kein Eintrag Auszahlschein für Krankengeld 15.02.2013 kein Eintrag Auszahlschein für Krankengeld 01.03.2013 kein Eintrag Auszahlschein für Krankengeld 15.03.2013 kein Eintrag Auszahlschein für Krankengeld 28.03.2013 kein Eintrag Auszahlschein für Krankengeld 11.04.2013 kein Eintrag Auszahlschein für Krankengeld 25.04.2013 kein Eintrag Auszahlschein für Krankengeld 08.05.2013 kein Eintrag Auszahlschein für Krankengeld

Auf den genannten Auszahlscheinen für Krankengeld sind jeweils das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit und der Tag des nächsten Praxisbesuchs (08.02.2013, 15.02.2013, 01.03.2013, 15.03.2013, 28.03.2013, 11.04.2013, 25.04.2013, 09.05.2013 bzw. 24.05.2013) angegeben. Weitere Auszahlscheine für Krankengeld sind bis 18.09.2013 ausgestellt worden (Schriftsatz der Beklagten im Berufungsverfahren vom 05.08.2015).

Auf einem Arztbefragungsformular der Beklagten gab Dr. M. unter dem 16.01.2013 (u.a.) an, der Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit sei nicht absehbar. Das Arztbefragungsformular enthält den Aufdruck: "Datenschutzhinweis: Ihre Angaben sind notwendig, damit wir beurteilen können, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind oder der Medizinische Dienst der Krankenversicherung zu beteiligen ist (vgl. § 284 Abs. 1 Nr. 4 und 7 SGB V und § 100 Abs. 1 Nr. 1 SGB X i. V. m. § 295 Abs. 3 Nr. 2 SGB V)."

Mit Schreiben vom 15.01.2013 lud die Beklagte die Klägerin zu einem Beratungsgespräch auf den 23.01.2013 ein. Man wolle erörtern, ob es zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit neben medizinischer Hilfe weitere Hilfen oder weitere Unterstützung für die Klägerin gebe. Sie möge die Gehaltsabrechnungen von September 2012 bis November 2012 mitbringen. Das Beratungsgespräch fand am 23.01.2013 statt. Ausweislich des hierüber angefertigten Protokolls ist (auch) über das Krankengeld gesprochen worden. Der Klägerin wurde ein Hinweisblatt der Beklagten zur (durch Unterschrift bestätigten) Kenntnisnahme übergeben, in dem u.a. darauf hingewiesen ist, dass die Fortdauer von Arbeitsunfähigkeit lückenlos ärztlich festgestellt werden müsse; andernfalls ende die mit Krankengeld ausgestattete Mitgliedschaft und auch der Krankengeldanspruch.

Mit Schreiben vom 30.01.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, das tägliche Krankengeld, das sie ab 01.01.2013 erhalte, betrage nach Abzug ihres Beitragsanteils 20,54 EUR.

Mit Bescheid vom 30.01.2013 lehnte die Beklagte die Weitergewährung von Krankengeld über den 18.01.2013 hinaus ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei nur bis zu diesem Tag (nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses noch aufgrund des Krankengeldbezugs) bei ihr versichert gewesen. Am Tag der Ausstellung des Auszahlscheins für Krankengeld vom 21.01.2013 habe ein Versicherungsverhältnis (mit Krankengeldanspruch) nicht mehr bestanden.

Am 21.02.2013 erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung trug sie vor, sie sei seit 21.12.2012 ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt (Attest des Dr. M. vom 04.02.2013: Klägerin seit 21.12.2012 fortlaufend ohne Unterbrechung arbeitsunfähig). Die Beklagte hätte sie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Beginn des Krankengeldbezugs ab 01.01.2013 sogleich über die verfahrensrechtlichen Anforderungen zur Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs unterrichten müssen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ergänzend führte sie aus, seit 19.01.2013 sei die Klägerin über ihren Ehemann familienversichert. Familienversicherte hätten jedoch keinen Anspruch auf Krankengeld. Krankengeld könne auch als nachgehende Leistung über den 18.01.2013 hinaus nicht gewährt werden.

Am 10.05.2013 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie trug vor, sie habe die Fortdauer von Arbeitsunfähigkeit am Wochenende des 19. und 20.01.2013 nicht ärztlich feststellen lassen, weil die Beklagte sie auf die Notwendigkeit dessen erst bei dem Beratungsgespräch vom 23.01.2013 und damit verspätet hingewiesen habe. Das entsprechende Hinweisformular sei ihr offenbar aufgrund eines EDV-Versehens der Beklagten nicht vorher übersandt worden. Ihren Ehemann habe die Beklagte demgegenüber rechtzeitig über das Erfordernis lückenloser Arbeitsunfähigkeitsfeststellung informiert. Sie sei nach wie vor arbeitsunfähig krank. Da mittlerweile auch das Arbeitsverhältnis ihres Ehemannes aufgelöst worden sei, sei sie auf das Krankengeld zur Bestreitung des Lebensunterhalts angewiesen. Im Zuge der Arztbefragung habe Dr. M. der Beklagten unter dem 16.01.2013 die Fortdauer von Arbeitsunfähigkeit bestätigt. Die Beklagte habe bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber noch mit Schreiben vom 23.01.2013 eine Verdienstbescheinigung angefordert, obgleich ihr Versicherungsverhältnis bereits am 18.01.2013 geendet haben solle; das sei widersprüchlich. Die Beklagte habe sie außerdem wegen ihrer gesundheitlichen Probleme unter dem 15.01.2013 zu dem Beratungsgespräch vom 23.01.2013 eingeladen. Ihr sei also das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit offensichtlich bewusst gewesen. Die Höhe des täglichen Krankengelds sei ihr (noch) mit Schreiben vom 30.01.2013 und damit zu einer Zeit mitgeteilt worden, als nach Auffassung der Beklagten ein Krankengeldanspruch nicht mehr bestanden habe; auch das sei widersprüchlich.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und trug ergänzend vor, die formularmäßige Mitteilung des Dr. M. vom 16.01.2013 im Arztbefragungsverfahren, wonach der Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit nicht absehbar sei, stelle keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dar, zumal dem eine Untersuchung der Klägerin nicht zugrunde gelegen habe. Arztbefragungen dieser Art dienten der Prüfung und Planung weiterer Maßnahmen der Krankenbehandlung. Dr. M. habe die Anfrage auf der Grundlage der bei Ausstellung der Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung vom 04.01.2013 getroffenen Feststellungen beantwortet. Für die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit bleibe diese Bescheinigung maßgebend. Die Klägerin habe den Auszahlschein für Krankengeld vom 21.01.2013 bei dem Beratungsgespräch am 23.01.2013 vorgelegt. Dabei sei sie auch auf das Erfordernis lückenloser Arbeitsunfähigkeitsfeststellung hingewiesen worden.

Das SG befragte behandelnde Ärzte (Dr. A., Bericht vom 06.12.2013; Dr. M., Bericht vom 29.12.2013: beigefügt Auszug aus der Patientendatei - danach Arztbesuche der Klägerin u.a. am 04.01.2013, sodann erst wieder am 21.01.2013 und in der Folgezeit) und wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24.11.2014 ab. Zur Begründung führte es aus, für das Entstehen eines weiteren Krankengeldanspruchs nach Ablauf des bis 18.01.2013 dauernden Bewilligungsabschnitts seien die Verhältnisse am 22.01.2013, dem Tag nach Ausstellung der Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung des Dr. M. vom 21.01.2013, maßgeblich. An diesem Tag sei die Klägerin als Familienversicherte aber nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Die Mitteilung des Dr. M. vom 16.01.2013 stelle eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht dar. Dr. M. habe die Klägerin an diesem Tag ausweislich des mit dem Bericht vom 29.12.2013 vorgelegten Auszugs aus der Patientendatei auch nicht untersucht. Die Klägerin hätte das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig (spätestens am 18.01.2013) feststellen lassen können und dies auch müssen; ein Ausnahmefall, in dem davon abgesehen werden dürfe, liege nicht vor. Beratungspflichten habe die Beklagte nicht verletzt. Krankengeld über den 18.01.2013 hinaus stehe der Klägerin schließlich auch nicht als nachgehende Leistung oder auf Grund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu.

Gegen den ihr am 27.11.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 09.12.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung bekräftigt sie ihr bisheriges Vorbringen. Die Beklagte habe sie, anders als ihren Ehemann, seinerzeit nicht rechtzeitig darauf hingewiesen, dass Arbeitsunfähigkeit zur Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs lückenlos festgestellt werden müsse. Dazu wäre die Beklagte insbesondere aus Anlass der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses verpflichtet gewesen. Die Beklagte habe die gebotene Beratung daher pflichtwidrig unterlassen. Weiteres Krankengeld über den 18.01.2013 hinaus stehe ihr jedenfalls als nachgehende Leistung zu. Man müsse auch berücksichtigen, dass sie als ausländische Mitbürgerin nicht über hinreichende Deutschkenntnisse verfüge. Sie sei chronisch krank und daher durchgehend arbeitsunfähig gewesen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.11.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.04.2013 zu verurteilen, ihr Krankengeld über den 18.01.2013 hinaus bis 18.09.2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Was den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch angehe, sei sie nicht verpflichtet, auf das Erfordernis der lückenlosen Feststellung von Arbeitsunfähigkeit hinzuweisen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urt. v. 04.03.2014, - B 1 KR 17/13 R -, in juris). Die Klägerin hätte Dr. M. am 18.01.2013 zur rechtzeitigen Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung aufsuchen können.

Die Beklagte hat mitgeteilt, bei Bestehen eines Krankengeldanspruchs über den 18.01.2013 hinaus bis 18.09.2013 wäre der Klägerin Krankengeld i. H. v. 5.599,20 EUR brutto bzw. 4.929,60 EUR netto nachzuzahlen (240 Tage zu je 23,33 EUR brutto bzw. 20,54 EUR netto).

Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die zu Fallgestaltungen der vorliegenden Art ergangene Rechtsprechung des BSG und des Senats hingewiesen und (u.a.) das Senatsurteil vom 04.11.2014 (- L 5 KR 5249/13 -nicht veröffentlicht) auszugsweise mitgeteilt. Die Klägerin wünscht eine Entscheidung des Senats auf Grund mündlicher Verhandlung. Den Abschluss eines Vergleichs unter von der Klägerin angebotenem teilweisem Verzicht auf weiteres Krankengeld hat die Beklagte abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das SG statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei mit der Berufung begehrtem Krankengeld von 5.599,20 EUR brutto bzw. 4.929.60 EUR netto überschritten. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher auch sonst gem. § 151 SGG zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Die Beklagte hat die Gewährung von Krankengeld über den 18.01.2013 hinaus zu Recht abgelehnt; die Klägerin hat darauf keinen Anspruch.

Das SG hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, weshalb die Klägerin Krankengeld über den 18.01.2013 hinaus nicht beanspruchen kann. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Krankengeld sind die Bestimmungen der §§ 44 ff. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Gem. § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen könnten, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestands für Krankengeld vorliegt (BSG, Urteile vom 16.12.2014 - B 1 KR 25/14 R und B 1 KR 37/14 R -, beide in juris). Keinen Anspruch auf Krankengeld haben gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V (u.a.) Familienversicherte nach § 10 SGB V. Das Entstehen des Krankengeldanspruchs setzt neben Arbeitsunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 SGB V (außer bei Behandlungen im Krankenhaus oder in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen) zusätzlich voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird (nach Ablauf der Entgeltfortzahlung bzw. der Fortzahlung von Entgeltersatzleistungen durch Auszahlschein für Krankengeld - vgl. § 6 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien, AU-RL). Gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V - in der hier noch maßgeblichen Gesetzesfassung (a.F.) - entsteht der Leistungsanspruch nämlich erst von dem Tag an, der auf den Tag dieser ärztlichen Feststellung folgt. Die Neufassung des § 46 SGB V durch das Gesetz vom 16.07.2015 (BGBl. I S. 1211) gilt erst ab 23.07.2015 und ist hier daher nicht anzuwenden. Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit stellt eine grundlegende (materielle) Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld und nicht lediglich ein - beliebig nachholbares - Verfahrenserfordernis dar. Ausnahmen kommen nur in eng begrenzten Sonderfällen in Betracht, wenn nämlich der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und Zumutbare zur Wahrung seiner Ansprüche unternommen hat, er an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Obliegenheiten aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung (wie eine Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Vertragsarztes und des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK)) gehindert war und er außerdem seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich (spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) nach Kenntnis der Fehlentscheidung geltend gemacht hat (näher: BSG, Urteil vom 08.11.2005, - B 1 KR 30/04 R -; auch BSG, Urteil vom 16.12.2014, - B 1 KR 37/14 R -, alle in juris). Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, aber abschnittsweiser Krankengeldbewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig zu prüfen. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs (etwa aus der Krankenversicherung der Beschäftigten - § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) ist es im Hinblick auf die Regelung in § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V a.F. deshalb erforderlich gewesen, dass die Arbeitsunfähigkeit erneut spätestens am letzten Tag des Bewilligungsabschnitts ärztlich festgestellt wird (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. etwa Urteil v. 04.03.2014, - B 1 KR 17/13 R -, in juris).

Danach kann die Klägerin über den 18.01.2013 hinaus Krankengeld nicht beanspruchen, da sie nach diesem Tag nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen ist. In der Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung des Dr. M. vom 04.01.2013 ist - abschnittsweise - Arbeitsunfähigkeit bis (Freitag, den) 18.01.2013 festgestellt worden. Für die Zeit danach, einen neuen Bewilligungsabschnitt, ist daher das Fortbestehen des Krankengeldanspruchs in vollem Umfang neu zu prüfen. Dazu gehört auch die Prüfung, ob weiterhin Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld bestanden hat. Daran fehlt es.

Die Klägerin ist bis 31.12.2012 Mitglied der Krankenversicherung der Beschäftigten gewesen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), die den Anspruch auf Krankengeld einschließt. Die gem. § 190 Abs. 2 SGB V mit Ablauf des 31.12.2012 (letzter Tag des Beschäftigungsverhältnisses) endende Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Beschäftigten ist gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bis zum 18.01.2013 noch erhalten geblieben, da die Klägerin bis dahin Krankengeld (tatsächlich) bezogen hat. Danach ist ihr Krankengeld aber nicht mehr gezahlt worden. Über den 18.01.2013 hinaus wäre die Klägerin daher gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur dann Mitglied in der Krankenversicherung der Beschäftigten geblieben, wenn sie weiterhin Anspruch auf Krankengeld gehabt hätte. Das ist jedoch nicht der Fall gewesen.

Ein Anspruch auf Krankengeld im (neuen) am 19.01.2013 beginnenden Bewilligungsabschnitt setzt nicht nur das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 44 Abs. 1 SGB V voraus. Gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V muss diese vielmehr erneut ärztlich festgestellt werden. Dann entsteht der Krankengeldanspruch - vorbehaltlich der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen im Übrigen, insbesondere des Bestehens von Versicherungsschutz mit Krankengeldanspruch - für den neuen Bewilligungsabschnitt nach Maßgabe des hier noch anzuwendenden § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V a.F. am Tag, der auf den Tag der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung folgt. Dr. M. hat Arbeitsunfähigkeit nach Ausstellung der Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung vom 04.01.2013 aber erst wieder durch Ausstellung einer weiteren Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung am 21.01.2013 festgestellt. Zuvor ist Arbeitsunfähigkeit nicht erneut ärztlich festgestellt worden.

Die von Dr. M. im Zuge der Arztbefragung erteilte Antwort auf dem Arztbefragungsformular der Beklagten vom 16.01.2013, wonach der Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar sei, stellt keine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit - jetzt entgegen der Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung vom 04.01.2013 nicht mehr (zunächst) bis 18.01.2013, sondern auf unbestimmte Zeit - dar.

Dabei hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, dass bei der Auslegung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V a.F. die aus dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bzw. aus dem grundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgenden Maßgaben zu beachten sind, da die gesetzliche Krankenversicherung als staatliche Pflichtversicherung mit Beitragszwang ausgestaltet ist (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, 1 BvR 347/98, juris; Urteil des erkennenden Senats vom 05.07.2015, - L 5 KR 1791/14 -, nicht veröffentlicht). Überzogene formale Anforderungen dürfen an die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung daher nicht gestellt werden, erst Recht nicht, wenn es dazu führen kann, dass sich der Versicherungsstatus des Pflichtversicherten ändert und er mit der Zahlung der Pflichtbeiträge erworbene Leistungsansprüche, wie den Anspruch auf Krankengeld als Entgeltersatzleitung zur sozialen Absicherung im Krankheitsfall, verliert. Arbeitsunfähigkeit kann daher durch jeden Arzt festgestellt werden; es muss sich nicht notwendig um den behandelnden Arzt oder um einen Vertragsarzt handeln. Anlass und Zweck der ärztlichen Äußerung zur Arbeitsunfähigkeit sind unerheblich. Auch auf die Verwendung des (für Vertragsärzte) in den AURL vorgeschriebenen Vordrucks (vgl. § 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 AURL) kommt es nicht an (BSG, Urteil vom 12.03.2013 - B 1 KR 7/12 R -, in juris). Unschädlich ist schließlich, wenn - was allgemeiner Übung entspricht - unmittelbar Arbeitsunfähigkeit festgestellt wird, obwohl es sich hierbei um einen Rechtsbegriff handelt, sofern die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit die Schlussfolgerung aus einer persönlichen ärztlichen Untersuchung ist (BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 25/14 R -, in juris; Kassler Kommentar/Brandts SGB V § 46 Rdnr. 11). Ob einer Erklärung (Bescheinigung) der Erklärungswert und der ("notwendige") Inhalt einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Sinne des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V zukommt, muss im Zweifel durch Auslegung nach Maßgabe der in §§ 133, 157 BGB niedergelegten Auslegungsgrundsätze festgestellt werden (Urteil des erkennenden Senats vom 23.09.2015, - L 5 KR 3888/14 -. zur Veröffentlichung vorgesehen). Hinsichtlich des Erklärungsinhalts der Antwort des Dr. M. auf dem Arztbefragungsformular der Beklagten vom 16.01.2013, wonach der Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar sei, hatte der Senat zu berücksichtigen, dass Dr. M. im Zuge der Arztbefragung lediglich Fragen der Beklagten, u.a. nach der Absehbarkeit des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit, beantwortet und eine prognostische Einschätzung zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit bzw. zum Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit nicht für möglich erachtet, jedoch keine - die Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung vom 04.01.2013 insoweit abändernde - Arbeitsunfähigkeitsfeststellung getroffen hat. Die Krankenkassen führen in Fällen der vorliegenden Art die formularmäßige Befragung behandelnder Ärzte regelmäßig durch, um ggf. weitere Maßnahmen der Krankenbehandlung planen oder um prüfen zu können, ob der MDK zu beteiligen ist (vgl. auch den entsprechenden Aufdruck auf dem Arztbefragungsformular der Beklagten), und die Ärzte beantworten die Fragen der Krankenkassen auf der Grundlage der ihnen vorliegenden bzw. in ihrer Patientendatei dokumentierten Feststellungen. Insbesondere aber auch die Tatsache, dass die Antworten im Rahmen der von der Beklagten durchgeführten Arztbefragung regelmäßig auf der Grundlage der dokumentierten Feststellungen und nicht auf einer ärztlichen Untersuchung beruhen, spricht im Regelfall dagegen, der Antwort den Erklärungsinhalt einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beizumessen. Auch Dr. M. hat die Klägerin, wie aus dem seinem Bericht vom 29.12.2013 beigefügten Auszug aus der Patientendatei hervorgeht, am 16.01.2013 nicht untersucht, sich vielmehr auf die Dokumentation der Krankheitsgeschichte in seiner Patientendatei gestützt und auf deren Grundlage die Fragen der Beklagten beantwortet (vgl. hierzu auch Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag, - L 5 KR 1027/15 -). Hinsichtlich der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V als Grundlage der Krankengeldgewährung bleibt es daher bei der Maßgeblichkeit der Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigungen des Dr. M. vom 04.01.2013 und vom 21.01.2013.

Besondere - der Beklagten zurechenbare - Umstände, die die Klägerin daran gehindert hätten, rechtzeitig vor Ablauf des bis 18.01.2013 dauernden Bewilligungsabschnitts, also spätestens am 18.01.2013 (einem Freitag) das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen zu lassen, liegen nicht vor. Dass die Beklagte mit Schreiben vom 15.01.2013 zu einem Beratungsgespräch über medizinische oder andere in Betracht kommende Hilfeleistungen am 23.01.2013 eingeladen hat, ist hierfür unerheblich. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 04.03.2014, - B 1 KR 17/13 R -, in juris) genügt es auch nicht, dass die Klägerin um das Erfordernis der "nahtlosen" Arbeitsunfähigkeitsfeststellung nicht gewusst hat und dass man sie - im Unterschied zu ihrem Ehemann - hierüber, und sei es auch versehentlich, nicht rechtzeitig vor Ablauf des letzten Bewilligungszeitraums am 18.01.2013 informiert, ihr das entsprechende Hinweisblatt vielmehr erst bei dem Beratungsgespräch am 23.01.2013 ausgehändigt hat, als es bereits "zu spät" gewesen ist. Die Krankenkassen sind nämlich - so BSG, a. a. O. - (gar) nicht verpflichtet, Hinweise auf den gesetzlich geregelten Zeitpunkt einer ggf. erneut erforderlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung zu geben oder solche Hinweise in den Formularen zur Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit vorzusehen; es trifft sie auch keine Pflicht zur Aufklärung der Versicherten über ihre Obliegenheiten. Deswegen kann die Klägerin ihr Leistungsbegehren auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen (zu dessen Reichweite in Fällen der vorliegenden Art auch Urteil des erkennenden Senats vom 22.04.2015, - L 5 KR 3617/14 -, nicht veröffentlicht). Die differenzierende gesetzliche Regelung der Krankengeldansprüche mag - so ebenfalls BSG, a. a. O. - zwar eine Aufklärung der Versicherten über ihre Obliegenheiten wünschenswert erscheinen lassen. Der Herstellungsanspruch greift aber nicht schon dann ein, wenn eine allgemeine Aufklärung nach § 13 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) unterblieben ist. Für eine Situation, bei der die Beklagte eine Pflicht zur Spontanberatung gehabt hätte, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Die Beklagte konnte nicht erkennen, dass die Klägerin bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit den in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 04.01.2013 festgestellten Zeitraum (bis 18.01.2013) verstreichen lassen wird, bevor sie erneut einen Arzt zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit aufsuchen wird, zumal die Klägerin zuvor Dr. M. rechtzeitig am 04.01.2013, dem letzten Tag des in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 21.12.2012 festgestellten Arbeitsunfähigkeitszeitraums zur erneuten Feststellung von Arbeitsunfähigkeit aufgesucht hatte. Der Umfang der Deutschkenntnisse der Klägerin ist unerheblich (vgl. dazu auch etwa Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.04.2011, - L 12 AS 1337/10 -, in juris).

Ein Anspruch auf Krankengeld hätte damit gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V a.F. erst (wieder) am 22.01.2013, dem Tag nach Ausstellung der Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung vom 21.01.2013, entstehen können. Da an diesem Tag ein Krankengeldanspruch mangels Bestehens eines diese Leistung einschließenden Versicherungsverhältnisses - die Klägerin war jetzt über ihren Ehemann familienversichert (ohne Krankengeldanspruch) - nicht bestanden hat, hat auch die bis 18.01.2013 gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhalten gebliebene Mitgliedschaft der Klägerin in der Krankenversicherung der Beschäftigten geendet.

Die Klägerin kann ihr Leistungsbegehren als Familienversicherte schließlich auch nicht auf den nachgehenden Leistungsanspruch aus § 19 Abs. 2 SGB V stützen. Danach besteht, hat die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger geendet, noch ein nachgehender Leistungsanspruch ggf. auch auf Krankengeld längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Der beitragsfreie nachwirkende Versicherungsschutz dient der Vermeidung sozialer Härten. Er soll verhindern, dass Betroffene bei kurzzeitigen Beschäftigungslücken, etwa wegen eines Arbeitsplatzwechsels, vorübergehend keinen Krankenversicherungsschutz haben. Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bleibt durch die Zahlung von Krankengeld aufgrund des nachgehenden Leistungsanspruchs aber nicht aufrechterhalten (BSG, Urteil vom 05.05.2009, - B 1 KR 20/08 R -, in juris). Die Familienversicherung nach § 10 SGB V hat gem. § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V Vorrang vor dem (grundsätzlich subsidiären - BSG; Urteil vom 04.03.2013, - B 1 KR 17/13 R -, in juris) nachgehenden Leistungsanspruch und verdrängt ihn; Familienversicherte, wie die Klägerin, können diesen Anspruch nicht geltend machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved