L 6 U 96/13

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 33 U 78/11
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 96/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 254/15 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.

Der 1954 geborene und seinerzeit als Taxiunternehmer tätige Kläger erlitt laut D-Arztbericht vom 13. Oktober 2010 am 12. September 2010 (Sonntag) gegen 15:30 Uhr auf dem Weg von seinem Wohnort nach Bad F. etwa 5 km vor Bad F. mit einem Motorrad einen Unfall, als er am Ende einer Kurve auf den Fahrbahnrand geriet, im Kiesbett wegrutschte, vom Motorrad stürzte und mit dem Rücken an die Leitplanke bzw. an einen Leitplankenpfosten schleuderte. Der Kläger sei bei der Fahrt als Autoaufkäufer eines Transporters der Firma H. & S. aus S. unterwegs gewesen, der sich in Bad F. befunden habe. Nach zunächst erfolgter Aufnahme im Krankenhaus Bad F. wurde der Kläger mit einem Rettungshubschrauber in die Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. H. gebracht, wo u.a. eine komplette Querschnittslähmung unterhalb von Th8 mit Blasen- und Mastdarmfunktionsstörung bei Zustand nach Bruch des fünften und sechsten Brustwirbelkörpers diagnostiziert wurde (Berichte vom 8. Oktober sowie 8. und 18. November 2010).

Unter dem 22. Oktober 2010 hielt die Beklagte in einem Vermerk über ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Firma RG Logistik H. G. fest, dass der Kläger im Rahmen seines Unternehmens schon öfter Kleintransporte und Kurierdienste für die Firma RG L. erledigt habe. Um diese zusätzliche Einnahmequelle auszubauen, habe der Kläger einen Kleintransporter kaufen wollen. Dazu sei die Fahrt zur Firma H. & S. am 12. September 2010 unternommen worden.

In seinem Vermerk über den am 4. November 2010 erfolgten Besuch beim Kläger im Krankenhaus hielt der Mitarbeiter der Beklagten K. u.a. fest, der Kläger erbringe nach seinen Angaben mit seinem Taxi (VW Passat) neben der klassischen Personenbeförderung seit mehreren Jahren gelegentlich Transporte von Kleingütern für die Spedition Sch. Vor vielen Jahren habe er auch einmal einen Transportauftrag für Herrn G. ausgeführt. Als Gewerbe sei nur sein Taxiunternehmen angemeldet. Er habe geplant gehabt, sein Unternehmen perspektivisch um Kleintransporte mit einem entsprechenden Fahrzeug zu erweitern, um als Subunternehmer für H. Pakete auszuliefern. Als Geschäftsbeginn sei die Vorweihnachtszeit 2010 vorgesehen gewesen. Die Anmeldung einer Gewerbeerweiterung sei noch nicht erfolgt; Absprachen oder Verträge mit H. habe es auch noch nicht gegeben. Der Kläger habe erst ein geeignetes Fahrzeug anschaffen und dann die weiteren Veranlassungen treffen wollen. Von Dritten habe er erfahren, dass die Firma H. & S. einen 7,5 t-Kleintransporter perspektivisch habe verkaufen wollen. Als Besichtigungstermin sei von ihm mit Herrn S. telefonisch den 12. September 2010 um 16:00 Uhr und als Treffpunkt den Parkplatz am Busbahnhof in Bad F. vereinbart worden. Ein Kauf des Fahrzeugs sei am 12. September 2010 nicht geplant gewesen. Der Kläger habe sich erst noch weitere Fahrzeuge ansehen und dann eine Entscheidung treffen wollen.

Unter dem 9. November 2010 teilte der Kläger der Beklagten mit, er sei am Unfalltag auf dem Weg zur Besichtigung eines Fahrzeugs zwecks Erweiterung seines Betriebes gewesen. Die Unfallstelle habe auf dem direkten Weg dorthin gelegen.

Mit Bescheid vom 23. November 2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab; Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung seien nicht zu erbringen. Bei vorbereitenden Tätigkeiten zur Erweiterung eines Unternehmens bestehe nur dann Versicherungsschutz, wenn für die Eröffnung ein bestimmtes, örtlich und sachlich konkretisiertes unternehmerisch gerichtetes Handeln erkennbar sei. Demgegenüber stehe nicht jede unternehmerische Tätigkeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Vorliegend sei vom Kläger der Entschluss, sein Unternehmen zu erweitern, noch nicht konkret nachweisbar umgesetzt worden. Er habe weder rechtsverbindlich in diese Richtung gehandelt – z.B. Anmeldung einer Gewerbeerweiterung – noch habe sein Entschluss sicher festgestanden, als Subunternehmer der Firma H. zu fungieren.

Hiergegen erhob der Kläger am 13. Dezember 2010 Widerspruch und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, er habe bereits in der Vergangenheit mit seinem Taxi Kleintransporte durchgeführt. Der Inhaber der Firma MB Logistik H. Herr B. habe ihm mündlich offeriert, ab dem 1. Oktober 2010 als Subunternehmer eine zusätzliche Lkw-Tour des Stützpunktes in S. zu übernehmen. Voraussetzung für die tatsächliche Erteilung des Auftrags sei die Bereitstellung eines 7,5 t-Fahrzeugs gewesen. Er habe beabsichtigt, nunmehr einen solchen Kleintransporter anzuschaffen. Am Unfalltag sei er auf direktem Weg zur Besichtigung eines Kleintransporters der Firma H. & S. OHG in Bad F. verunglückt. Das Fahrzeug habe er zunächst besichtigen und gegebenenfalls später kaufen wollen. Der Kläger fügte eine Bestätigung der Firma H. & S. OHG vom 25. November 2010 über den Besichtigungstermin bei. Außerdem legte der Kläger ein Schreiben der Firma MB Logistik H. vom 12. Januar 2011 vor, wonach diese im Auftrag der H. Logistik Gruppe tätig sei und der Kläger im Zuge der Erweiterung ihres Stützpunktes in S. ab dem 1. Oktober 2010 als Subunternehmer eine zusätzliche Lkw-Tour habe übernehmen sollen. Voraussetzung hierfür sei die Bereitstellung eines 7,5 t-Fahrzeugs gewesen. Die Tourabwicklung erfolge sechsmal wöchentlich im Pendelverkehr zwischen H. und S.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Am 15. Juni 2011 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Halle unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens Klage erhoben. Die unfallbringende Verrichtung habe seiner versicherten Tätigkeit als selbständiger Unternehmer gedient. Konkreter Anlass der Fahrt sei ausschließlich der Ausbau des bereits ausgeübten Kleintransportservices bzw. seiner Speditionstätigkeiten gewesen. Im Zweifel hätte er einen Kleintransporter angemietet.

Die Beklagte hat nochmals darauf verwiesen, dass dem Kläger das für die Unternehmenserweiterung notwendige Betriebsmittel (Transporter) zum Unfallzeitpunkt noch nicht zur Verfügung gestanden habe. Auch ein Kauf sei noch nicht vereinbart gewesen. Die Beklagte hat neben ihrer seit Januar 2010 gültigen Satzung Auszüge aus der polizeilichen Ermittlungsakte vorgelegt und hierzu die Ansicht vertreten, ein Zusammenhang zwischen der Fahrt und der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers sei nicht ersichtlich. Vielmehr habe als Nebenzweck einer privaten Ausfahrt wohl nur ein in Frage kommendes Fahrzeug besichtigt werden sollen.

Nach den Aufzeichnungen der Polizeiinspektion K. ereignete sich der Unfall am 12. September 2010 um 14:58 Uhr auf der B 85 in einer Linkskurve. Diese befand sich in einem Bereich einer mit Sonderschildern auf 4,5 km mit 36 Kurven als Unfallschwerpunkt/Sturzgefahr gekennzeichneten Strecke. Der Kläger sei auf einer Yamaha (Halter: Herr W. ) von Kelbra kommend in Richtung Bad F. gefahren und von seiner Lebensgefährtin R. als Sozius begleitet worden. Diese hatte am 21. September 2010 gegenüber der Polizei angegeben, der Kläger sei ortskundig, da er längere Zeit in Bad F. gewohnt habe. In seiner schriftlichen Erklärung vom 6. November 2010 hatte Herr M. angegeben, er sei in einem Abstand von 50 bis 60 m hinter dem Kläger gefahren. Die Geschwindigkeit habe den Witterungs- und Straßenverhältnissen angepasst ca. 60 km/h betragen. Sie seien zusammen auf einer gemütlichen Ausfahrt gewesen.

Der Kläger hat hierzu eingewandt, Herrn M. seien Ziel und Zweck der Fahrt bekannt gewesen; er sei von der Polizei jedoch nicht hiernach befragt worden. Zum Nachweis seiner bisherigen Transporttätigkeiten hat der Kläger für den Zeitraum Januar 2009 bis Juli 2010 insgesamt 16 Rechnungen an die Firma R&F A. (Inhaber Herr G. ), für die Zeit von Februar bis Juni 2009 fünf Rechnungen an die Firma Sch. I. L. GmbH sowie eine Rechnung an die Firma RG L. GmbH (August 2010) vorgelegt.

Die Beklagte hat hierzu geäußert, aus den vorgelegten Rechnungen ergäben sich lediglich Transporte für die Firma Sch. weit über ein Jahr vor dem Unfall. Den der Firma R&F A. gelegten Rechnungen sei die Art der erbrachten Dienstleistung nicht zu entnehmen.

Mit Urteil vom 19. September 2013 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung des Unfalls vom 12. September 2010 als Arbeitsunfall. Zwar sei er zu diesem Zeitpunkt als Taxiunternehmer gesetzlich unfallversichert gewesen. Er habe sich bei dem Unfall auch derart verletzt, dass er unterhalb von Th8 querschnittsgelähmt sei. Die unfallbringende Fahrt habe jedoch nicht im sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit des Klägers gestanden. Bei ihr habe es sich weder selbst um eine versicherte Tätigkeit noch um einen versicherten Wegeunfall gehandelt. Mit der Fahrt habe der Kläger zunächst keine mit seiner Tätigkeit als Taxiunternehmer bzw. Spediteur verbundene Aufgabe erfüllt. Insbesondere habe er dabei mangels unmittelbaren Betriebsinteresses keinen Betriebsweg zurückgelegt. Ein unmittelbares Betriebsinteresse liege nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur dann vor, wenn die durch objektive Umstände bestätigte Handlungstendenz des Versicherten auf die Ausübung einer dem Unternehmen dienenden Tätigkeit gerichtet sei, sein Wille also auf die Erfüllung seiner Pflichten oder Aufgaben aus der (frei-)beruflichen Tätigkeit abziele (Urteil vom 9. November 2010 – B 2 U 14/10 R – juris; Urteil vom 10. Oktober 2006 – B 2 U 20/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 19). Eine derartige Handlungstendenz habe beim Kläger im Unfallzeitpunkt nicht bestanden. Denn nach seinen eigenen Angaben sei sein Wille darauf gerichtet gewesen, ein Kfz zu besichtigen, welches er unter Umständen zur Ausübung von Speditions- und Frachttätigkeiten für die Firma H. habe erwerben wollen. Bei der Besichtigung eines Fahrzeugs handle es sich weder um eine Personenbeförderung, um Tätigkeiten des gewerblichen Güterverkehrs bzw. eines Transportunternehmens noch um die Überführung eines Kraftfahrzeugs im Sinne der nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung der Beklagten. Vielmehr handle es sich bei der Besichtigung eines Fahrzeugs, welches möglicherweise zur Ausübung der versicherten Tätigkeit des Klägers habe angeschafft werden sollen, um eine so genannte Vorbereitungshandlung, die erst die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit habe ermöglichen bzw. unterstützen sollen. Vorbereitungshandlungen seien nur versichert, wenn sie durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie etwa § 8 Abs. 2 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) eigenständig zu einer versicherten Tätigkeit erhoben würden, oder der jeweilige Versicherungstatbestand nach seinem Schutzzweck auch Vorbereitungshandlungen erfasse. Auch insoweit seien jedoch nur solche vorbereitenden Handlungen erfasst, die für die jeweilige versicherte Hauptverrichtung im Einzelfall notwendig seien und mit ihr in einem sehr engen sachlichen, zeitlichen und örtlichen Zusammenhang stünden (BSG, Urteil vom 13. November 2012 – B 2 U 27/11 R – juris). Entsprechendes sei hier nicht gegeben. Denn es fehle jedenfalls der enge sachliche und zeitliche Zusammenhang der Fahrt zur versicherten Haupttätigkeit. Es sei bereits zweifelhaft, ob dieser Zusammenhang dann zu bejahen sei, wenn sich der Kläger im Unfallzeitpunkt in Vertragsverhandlungen zum Erwerb des Fahrzeugs befunden hätte. So habe das BSG eine versicherte Tätigkeit etwa in einem Fall abgelehnt, in dem der Betroffene auf dem Weg zur Erlangung der Verfügungsbefugnis über eine Gaststätte einen Unfall erlitten habe (Urteil vom 20. März 1981 – 8/8a RU 8/80 – juris). Hier habe noch nicht einmal der Entschluss des Klägers festgestanden, die Verfügungsbefugnis über das Fahrzeug zu erlangen, sondern lediglich in Betracht kommende Fahrzeuge besichtigen wollen. Ob er tatsächlich ein Fahrzeug erworben hätte, sei am Unfalltag völlig offen gewesen. Offen sei nach seinen Angaben auch gewesen, ob er überhaupt ein Fahrzeug erwerben würde, da er ein solches zur Ausübung seiner versicherten Tätigkeit im Zweifelsfall habe anmieten wollen. Habe sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt daher nicht auf dem Weg zu einer betrieblichen Tätigkeit befunden, scheide auch ein versicherter Wegeunfall aus.

Gegen das ihm am 28. Oktober 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. November 2013 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und an seiner Ansicht festgehalten. Die Fahrt am 12. September 2010 sei ausschließlich dazu bestimmt gewesen, seiner versicherten Tätigkeit als selbständiger Unternehmer zu dienen, nämlich den Kleintransportservice auszubauen. Gerade bei versicherten Unternehmern sei der Kreis der Verrichtungen, die als unternehmensdienlich anzusehen seien, mit weiten Teilen des Privatlebens verwoben. Es habe keinen praktischen Grund gegeben, die Fahrt gerade mit einem Motorrad durchzuführen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 19. September 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2011 aufzuheben und das Ereignis vom 12. September 2010 als Arbeitsunfall festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Entscheidung des SG. Unabhängig hiervon habe der Kläger selbst dann nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, wenn unterstellt werde, dass die beabsichtigte Besichtigung des Fahrzeugs der versicherten Tätigkeit als Vorbereitungshandlung zuzurechnen sei. Denn er sei auf der B 85 aus K. kommend in Richtung Bad F. verunglückt. Dorthin führe aber ein kürzerer Weg, den der Kläger gerade nicht gewählt habe. Vielmehr sei er an einem sommerlichen Sonntagnachmittag mit einem nicht ihm gehörenden Motorrad auf einer landschaftlich schönen, von zahlreichen Kurven gespickten und bei überregionalen Motorradfahrern äußerst beliebten Strecke gestürzt. Da der Kläger laut seiner Lebensgefährtin längere Zeit in Bad F. gelebt habe, sei er mit den örtlichen Verhältnissen vertraut gewesen. Folglich sei der Unfall auf einem unversicherten Weg und damit ohnehin nicht bei versicherter Tätigkeit geschehen. Hierfür spreche auch der Umstand, dass den Kläger seine Lebensgefährtin als Sozius begleitet und Herr M. gegenüber der Polizei eine gemütliche Ausfahrt angegeben habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten vom 23. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2011 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Denn hierin hat es die Beklagte zutreffend abgelehnt, das Ereignis vom 12. September 2010 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls seiner versicherten Haupttätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat und dieses Unfallereignis mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (siehe nur BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 18 oder Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 24/06 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 24, m.w.N.).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Der Kläger war zum Ereigniszeitpunkt zwar als selbständiger Unternehmer nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung der Beklagten bei dieser versichert. Ebenso ist nicht strittig, dass der Sturz am 12. September 2010 die Merkmale eines von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses im Sinne des Gesetzes erfüllt. Schließlich liegt mit der beim Kläger nach dem Bruch des fünften und sechsten Brustwirbelkörpers unterhalb von Th8 verbliebenen Querschnittslähmung auch ein Gesundheits(erst)schaden vor, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch dieses Unfallereignis verursacht worden ist. Der Unfall stellt aber deshalb keinen Arbeitsunfall dar, weil er sich nicht im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Haupttätigkeit des Klägers ereignete, ihr also nicht zuzurechnen ist (nachfolgend unter 1.). Ungeachtet dessen ereignete sich der Unfall vom 12. September 2010 jedenfalls auch nicht auf einem nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII versicherten Betriebsweg (hierzu unter 2.) bzw. beinhaltet keinen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII geschützten Wegeunfall (unter 3.).

1. Ob ein bestimmtes Verhalten der (grundsätzlich) versicherten Tätigkeit sachlich zuzurechnen ist, bestimmt sich nach seiner Zweckrichtung (Handlungstendenz). Diese muss auf die versicherte Tätigkeit gerichtet sein und durch objektiv feststellbare Umstände gestützt werden, deren tatsächliche Grundlagen im Sinne des so genannten Vollbeweises sicher feststehen müssen (vgl. zu den inhaltlichen Anforderungen dieses Beweismaßstabs BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 RSozR 4-5671 § 6 Nr. 2; Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 27/86 – SozR § 548 Nr. 84). Nichts anderes gilt grundsätzlich auch für unternehmerische Tätigkeiten, wenngleich bei ihnen u.U. deshalb Schwierigkeiten auftreten können, weil geschäftliche und private Dinge oft nebeneinander liegen oder sich überschneiden bzw. private Angelegenheiten auch mit Rücksicht auf geschäftliche Dinge gesteuert werden können und umgekehrt. Der sachliche Zusammenhang ist dabei nur für Verrichtungen zu bejahen, die für das Unternehmen unmittelbar konkrete Bedeutung haben (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2002 – B 2 U 24/01 R – juris; Urteil vom 30. Juli 1981 – 8/8a RU 58/80SozR 2200 § 548 Nr. 57). Denn ebenso wie in der gesetzlichen Unfallversicherung von abhängig Beschäftigten ist auch bei versicherten Unternehmern zwischen betrieblichen, d.h. dem Unternehmen zuzurechnenden und der privaten Sphäre angehörenden Tätigkeiten zu unterscheiden. Aus dem Umstand, dass es dem Unternehmer frei steht, in welcher Art und Weise er sein Unternehmen betreibt, folgt gerade nicht, dass er bei jeder Tätigkeit, die auch nur entfernt im Zusammenhang mit seinem Unternehmen steht (quasi "rund um die Uhr"), versichert ist. Entscheidend für eine versicherte Tätigkeit eines Unternehmers ist, ob ein enger Zusammenhang zum Unternehmen besteht.

Vorliegend war der Zweck der Fahrt am 12. September 2010 nach den eigenen Angaben des Klägers die Besichtigung eines Transporters, den er unter Umständen zwecks Erweiterung seines Kleintransportservices als Subunternehmer für die Firma H. habe anschaffen wollen. Eine solche Besichtigung stellt weder eine Personenbeförderung noch einen Güterverkehr einschließlich der Überführung eines Kfz im Sinne der Erläuterungen 1.1 bzw. 1.4 zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung der Beklagten dar, was vom Kläger auch nicht behauptet wird. Stattdessen handelte es sich insoweit um eine Vorbereitungshandlung, die erst die Verrichtung einer derartigen versicherten Tätigkeit ermöglichen bzw. unterstützen sollte. Voraussetzung dafür, dass solche Vorbereitungshandlungen vom Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst werden, ist im vorliegenden Zusammenhang eine sehr enge sachliche, zeitliche und örtliche Beziehung zur versicherten Haupttätigkeit, wie bereits das SG unter zutreffendem Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 13. November 2012 – B 2 U 27/11 R – s.o.) ausgeführt hat. Hieran fehlt es vorliegend. Denn es besteht jedenfalls kein sehr enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang der Fahrt zur Besichtigung des Transporters mit der versicherten Tätigkeit des Klägers als Transporteur von Kleingütern.

Hier hatte der Kläger nach eigenem Vorbringen noch nicht einmal den Entschluss gefasst, den zu besichtigenden Transporter der Firma H. & S. überhaupt zu erwerben. Vielmehr erklärte er am 4. November 2010 ausdrücklich, dass ein Kauf des Fahrzeugs am 12. September 2010 nicht geplant war. Er habe sich erst noch weitere Fahrzeuge ansehen und dann eine Entscheidung treffen wollen. Die Richtigkeit dieser Angaben wird durch die Widerspruchsbegründung des Klägers untermauert. Auch hier hat der Kläger selbst bestätigt, dass er das Fahrzeug zunächst besichtigen und gegebenenfalls erst später kaufen wollte. Im erstinstanzlichen Verfahren hat der Kläger ebenfalls bekundet, im Zweifelsfall einen Transporter anmieten gewollt zu haben. Schon ein sehr enger sachlicher Zusammenhang der geplanten Besichtigung zur Transporttätigkeit des Klägers ist danach nicht ersichtlich.

Darüber hinaus fehlt es insoweit aber auch an einer sehr engen zeitlichen Beziehung. Zwar hat der Kläger im Rahmen seiner Widerspruchsbegründung behauptet, dass ihm Herr B. als Inhaber der Firma MB Logistik H. ab dem 1. Oktober 2010 als Subunternehmer der Firma H. die Abwicklung der Tour zwischen H. und S. angeboten habe, was Herr B. unter dem 12. Januar 2011 bestätigte. Unabhängig davon, ob dies für einen engen zeitlichen Zusammenhang ausreicht, verbleiben beim Senat Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser späteren Angaben schon deshalb, weil sie den Einlassungen des Klägers vom 4. November 2010 widersprechen. Denn seinerzeit teilte der Kläger mit, als Geschäftsbeginn der als Subunternehmer für die Firma H. geplanten Tätigkeit sei die Vorweihnachtszeit avisiert gewesen, wobei es bislang weder Verträge noch sonstige Absprachen gegeben habe und auch keine Anmeldung einer Gewerbeerweiterung erfolgt sei. Hinzu tritt, dass der am 4. November 2010 ebenfalls anwesende Herr G. als bester Freund des Klägers gegenüber der Beklagten am 22. Oktober 2010 angab, der Kläger habe für eine seiner Firmen schon öfter Kleintransporte und Kurierdienste erledigt und einen Kleintransporter anschaffen wollen, um diese zusätzliche Einnahmequelle auszubauen. Dies trifft nach den vom Kläger vorgelegten Rechnungen zwar nicht auf die Firma RG L., wohl aber auf die Firma R&F A. zu, deren Inhaber ebenfalls Herr G. ist. Von einer Tätigkeit für die Firma H. ist am 22. Oktober 2010 ebenso wenig die Rede, wie am 4. November 2010 von einer solchen für die Firma MB L. H. Für den Wahrheitsgehalt der ursprünglichen Angaben des Klägers vom 4. November 2010 spricht maßgeblich, dass sie (noch) keinen erkennbaren Bezug zu irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen aufweisen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. November 2003 – B 2 U 41/02 RSozR 4-2700 § 4 Nr. 1) und kein plausibler Grund ersichtlich ist, warum der Kläger den später behaupteten geplanten Beginn seiner Tätigkeit als Subunternehmer zum 1. Oktober 2010 durch eine andere Darstellung hätte verschleiern sollen. Dies gilt umso mehr, als dieser Hintergrund das von Anfang an bestehende und eigentliche Handlungsmotiv gewesen sein soll und der Kläger sich zum Zeitpunkt seiner Angaben am 4. November 2010 nach eigenem Bekunden schon seit vier Wochen (6. Oktober 2010) auf einer Normalstation des Krankenhauses befand.

2. Selbst wenn jedoch entgegen der Überzeugung des Senats zugunsten des Klägers von einer versicherten Vorbereitungshandlung ausgegangen würde, steht die konkret unfallbringende Verrichtung nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Mit der Motorradfahrt legte der Kläger insbesondere keinen als Teil der versicherten Tätigkeit im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII geschützten Betriebsweg zurück.

Ein Betriebsweg unterscheidet sich von anderen Wegen dadurch, dass er im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und nicht – wie Wege nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII – der versicherten Tätigkeit lediglich vorausgeht oder sich ihr anschließt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 12. Januar 2010 – B 2 U 35/08 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 36). Entscheidend für die Beurteilung, ob ein Weg im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, ist die durch objektivierte Umstände bestätigte Handlungstendenz des Versicherten. Als objektive Umstände, die Rückschlüsse auf die Handlungstendenz zulassen, ist beim Zurücklegen von Wegen insbesondere von Bedeutung, ob und inwieweit Ausgangspunkt, Ziel, Streckenführung und das gewählte Verkehrsmittel durch betriebliche Vorgaben geprägt werden (BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 2 U 14/10 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 39).

Der Gebrauch des Motorrades für die Fahrt zur – als versicherte Vorbereitungshandlung unterstellten – Besichtigung des Transporters diente dem privaten Interesse des Klägers. Denn ein betrieblicher Grund dafür, warum er den auf der B 85 über K. in Richtung Bad F. führenden Weg mit dem Motorrad zurücklegen musste, ist von ihm nicht vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Für diese Bewertung spricht vor allem, dass es sich bei dem unfallbringenden Streckenabschnitt kurz hinter K. in Richtung Bad F. um eine wegen seiner landschaftlichen Reize nebst zahlreicher Kurven auch bei überregionalen Motorradfahrern äußerst beliebte Route handelt, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Gestützt wird diese Wertung durch den Umstand, dass der Kläger das Motorrad eines fremden Halters benutzte, statt einen seiner Pkw zu verwenden. Schließlich wird das rein private Interesse des Klägers an der Nutzung des Motorrades auch dadurch untermauert, dass ihn seine Lebensgefährtin bei der Fahrt als Sozius begleitete und Herr M. gegenüber der Polizei von einer gemütlichen Ausfahrt gesprochen hat.

Bei der Fahrt am 12. September 2010 handelte es sich um keine sogenannte gemischte Tätigkeit des Klägers. Denn eine solche setzt zumindest zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraus, von denen (wenigstens) eine im sachlichen Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit steht. Demgegenüber stellte die Motorradfahrt des Klägers eine einzige Verrichtung dar. Denn eine "Verrichtung" ist nur ein konkretes, also auch räumlich und zeitlich bestimmtes Verhalten, das seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist (siehe nochmals BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 2 U 14/10 R – a.a.O.). Wenngleich die Motorradfahrt unterschiedlichen Zwecken diente, erschien sie aus Sicht eines objektiven Betrachters doch als eine einzige einheitliche Verrichtung.

Eine derartige einheitliche Verrichtung mit gemischter Motivationslage (bzw. gespaltener Handlungstendenz) steht dann im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch für den Fall vorgenommen worden wäre, dass die private Motivation des Handelns entfallen wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Hierbei ist nicht auf hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung, sondern nur auf diese selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 2 U 14/10 R – s.o.; Urteil vom 12. Mai 2009 – B 2 U 12/08 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 33).

Das ist hier nicht der Fall. Denn nach den objektiven Umständen lässt die tatsächlich erfolgte Motorradfahrt des Klägers keinen sachlichen Zusammenhang mit einer versicherten Vorbereitungshandlung deutlich werden. Die Nutzung des Motorrades war nicht durch betriebliche Erfordernisse geprägt. Es sprach nichts dafür, dass die Besichtigung des Transporters als unternehmensbezogene Handlungstendenz, die private Motivation hinweggedacht, zu der unfallbringenden Motorradfahrt des Klägers geführt hätte. Ohne die aus privaten Motiven herrührende Handlungstendenz wäre vom Kläger insbesondere nicht das Motorrad als Verkehrsmittel gewählt worden. Das Führen eines Motorrades ist objektiv eine andere Verrichtung als eine Fahrt mit dem eigenen Pkw. In der den konkreten Unfallschaden stiftenden Situation verwirklichte sich mit anderen Worten ein allein aus privaten Motiven begründetes motorradspezifisches Risiko. Für die unfallbringende Verrichtung ist damit objektiv keine unternehmensbezogene Handlungstendenz feststellbar.

3. Die Motorradfahrt des Klägers als Verrichtung zur Zeit des Unfalls stellt auch keinen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherten Wegeunfall dar.

Nach dieser Norm steht das Zurücklegen des mit der versicherten Haupttätigkeit nach §§ 2, 3 und 6 SGB VII zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Begründet wird der hiernach bestehende Versicherungsschutz damit, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit, d.h. mit einer auf diese bezogenen Handlungstendenz unternommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2008 – B 2 U 26/06 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 29; Urteil vom 2. Dezember 2008 – B 2 U 17/07 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 28). Wie bereits zuvor dargelegt, fehlte der Verrichtung bei gemischter Motivationslage eine objektivierte unternehmensbezogene Motivation, womit ein Versicherungsschutz gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ebenfalls ausscheidet.

Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, da die Entscheidung auf gesicherter Rechtslage und tatsächlicher Einzelfallbewertung beruht, ohne dass der Senat von einem der in dieser Norm bezeichneten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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