L 10 SF 5/15 EK

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
ÜG
Abteilung
10
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 10 SF 5/15 EK
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.200,00 Euro zu zahlen.

Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin und die Gerichtskosten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 4.200,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine angemessene Entschädigung für eine überlange Verfahrensdauer in dem Klageverfahren (S 12 P 27/00) vor dem Sozialgericht (SG) Magdeburg und in dem Berufungsverfahren (L 4 P 1/07) vor dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt.

Am 6. Oktober 1999 beantragte die Klägerin die Zustimmung zur gesonderten Inrechnungstellung von Investitionsaufwendungen i.H.v. 10,05 DM (5,14 Euro) pro Pflegetag und Heimbewohner für den Zeitraum vom 6. Dezember 1999 bis 31. Dezember 2000. Am 7. April 2000 stimmte das in jenem Verfahren und auch hier beklagte Land Sachsen-Anhalt nur einer Inrechnungstellung der Abschreibung für ein Kfz i.H.v. 0,38 DM (0,19 Euro) für den Zeitraum vom 6. Dezember bis 31. Dezember 2000 pro Heimbewohner zu und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Daraufhin erhob die Klägerin Klage. Aus den beigezogenen Akten dieses Ausgangsverfahrens ergeben sich zusammengefasst folgende Vorgänge und Verfügungen:

8. Mai 2000 Klageeingang, Klagebegründung wird vorbehalten

14. Juni 2000 Erwiderung des Beklagten, ausführliche Klageerwiderung wird vorbehalten, Wv. (Wiedervorlage): 1. September 2000

13. Juli 2000 Eingang der Klagebegründung vom 12. Juli 2000

1. August 2000 Schriftsatz der Klägerin vom 12. Juli 2000 zur Kenntnis- und Stellungnahme an den Beklagten, Wv.: 20. September 2000

20. September 2000 Klageerwiderung des Beklagten vom 11. September 2000 zur Kenntnis- und Stellungnahme an die Klägerin, Wv.: 10. November 2000

2. November 2000 Eingang Schriftsatz der Klägerin vom 30. Oktober 2000

28. März 2001 Vermerk der Geschäftsstelle, Schreiben vom 30. Oktober 2000 sei fehlerhaft zugeordnet und abgelegt worden

3. April 2001 Schriftsatz der Klägerin vom 30. Oktober 2000 zur Kenntnis- und Stellungnahme an den Beklagten, Wv.: 10. Juni 2001

28. Mai 2001 Eingang Schriftsatz des Beklagten vom 22. Mai 2001

(Wechsel im Kammervorsitz zum 1. Juni 2001)

18. Juni 2001 Übersendung des Schriftsatzes des Beklagten vom 22. Mai 2001 und Anforderung Originalvollmacht

29. Juni 2001 Eingang Originalvollmacht

26. März 2002 Gerichtliches Schreiben an den Beklagten; Anforderung von Unterlagen

2. Mai 2002 Eingang der angeforderten Unterlagen

(Wechsel im Kammervorsitz zum 2. Mai 2002)

6. Mai 2002 Übersendung dieser Unterlagen an Klägerin zur Kenntnisnahme; Wv.: 1. August 2002

13. Februar 2003 Schreiben des Gerichts an den Beklagten: In Parallelverfahren würden nach den dortigen Schriftsätzen vom 10. Februar 2003 Vergleichsverhandlungen laufen, da der Beklagte seine Rechtsauffassung geändert habe. Anfrage, ob dies auch auf das vorliegende Verfahren zutreffe

11. April 2003 Erinnerung an den Beklagten

24. April 2003 Eingang eines Fristverlängerungsantrages des Beklagten vom 23. April 2003; Wv. 20. Mai 2003

21. Mai 2003 Eingang des Schriftsatzes des Beklagten vom 20. Mai 2003; Hinweis auf interne, langwierige Überprüfung und Vergleichsbereitschaft

26. Mai 2003 Übersendung des Schriftsatzes an die Klägerin, Wv.: 20. August 2003

1. Juli 2003 Eingang des Schriftsatzes der Klägerin vom 30. Juni 2003, mit welchem diese anfragt, ob zwischenzeitlich die versprochene Stellungnahme des Beklagten vorliege

2. Juli 2003 Antwort an die Klägerin, Stellungnahme des Beklagten liege noch nicht vor, Wv.: 20. August 2003

27. August 2003 Anfrage an den Beklagten, welche Entscheidung im Rahmen der Überprüfung nunmehr getroffen worden sei, Wv.: 20. Oktober 2003

20. Oktober 2003 Eingang Schriftsatz des Beklagten vom 17. Oktober 2003, Mitteilung, dass Vertreter der Verfahrensbeteiligten am 7. Oktober 2003 zusammengekommen seien, um das weitere Vorgehen abzusprechen. Die Klägerin solle dem Beklagten noch diverse Unterlagen übergeben, anschließend finde eine Prüfung, ggf. weitere Erörterung statt. Das Prozedere gestalte sich äußerst langwierig. Es werde nicht mit einer alsbaldigen Entscheidung gerechnet

24. Oktober 2003 Übersendung des Schriftsatzes an die Klägerin zur Kenntnis- und Stellungnahme und Bitte um Mitteilung, welche Unterlagen übergeben worden seien Wv.: 23. Dezember 2003

9. Dezember 2003 Erinnerung an Klägerin wegen Erledigung der Anfrage vom 24. Oktober 2003; am selben Tage Anfrage an den Beklagten, wie der interne Verfahrensstand sei

29. Dezember 2003 Schriftsatz des Beklagten vom 22. Dezember 2003, Mitteilung, dass die Klägerin den Rechtsstreit nun fortführen will, Anregung für einen Termin zur Erörterung

9. Januar 2004 Erinnerung an die Klägerin zur Erledigung der Verfügung vom 24. Oktober 2003, Wv.: 10. Februar 2004

26. Januar 2004 Eingang des Schreibens der Klägerin vom 23. Januar 2004, mit welchem diese um Fristverlängerung von drei Wochen bittet, da der alleinige Sachbearbeiter erkrankt sei

16. Februar 2004 Schriftsatz der Klägerin; erneute Bitte um Fristverlängerung

20. Februar 2004 (Überschneidung mit Schreiben vom 16. Februar 2004) Erinnerung an die Klägerin zur Erledigung der Verfügung vom 24. Oktober 2003, Wv.: 20. März 2004

24. Februar 2004 Stellungnahme der Klägerin vom 24. Februar 2004, Übergabe weiterer Unterlagen, Mitteilung, dass zwischenzeitlich geführte Vergleichsgespräche zu keinem Ergebnis geführt hätten, Bitte, dem Verfahren Fortgang zu geben

25. Februar 2004 Schriftsatz der Klägerin zur Kenntnis- und Stellungnahme an den Beklagten, Frist 30. März 2004, Wv.: 10. April 2004

30. März 2004 Schriftsatz des Beklagten vom 29. März 2004 mit der Bitte um baldige Anberaumung eines Erörterungstermins

6. April 2004 Schriftsatz des Beklagten an die Klägerin zur Kenntnis

13. Mai 2004 Ladung zum Erörterungstermin am 15. Juli 2004

15. Juli 2004 Erörterungstermin

21. Juli 2004 Übersendung des Sitzungsprotokolls

10. August 2004 Ermittlungen des SG bei dem Sächsischen Staatsministerium für Soziales, Wv.: 20. August 2004

19. August 2004 Schriftsatz des Beklagten vom 13. August 2004

23. August 2004 Schriftsatz der Klägerin vom 20. August 2004

27. August 2004 Übersendung der Schriftsätze vom 13. und 20. August zur Kenntnis- und Stellungnahme bzw. weiterer Veranlassung

27. August 2004 Antwortschreiben des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales vom 20. August 2004

27. August 2004 Übersendung der Antwort an Klägerin und Beklagten zur Kenntnis- und Stellungnahme bis 30. September 2004, Wv.: 10. Oktober 2004

13. September 2004 Schriftsatz des Beklagten vom 9. September 2004, Bitte um angemessene Fristverlängerung

13. September 2004 Schriftsatz der Klägerin vom 10. September 2004

14. September 2004 Übersendung der Schreiben an die Beteiligten, an den Beklagten mit der Aufforderung, bis 22. Oktober 2004 abschließend Stellung zu nehmen, Wv.: 1. November 2004

14. Oktober 2004 Schriftsatz des Beklagten vom 12. Oktober 2004

19. Oktober 2004 Übersendung des Schreibens an die Klägerin zur Kenntnis- und Stellungnahme mit einer Frist von zwei Wochen sowie Aufforderung, Aufwendungen der Erschließungskosten zu belegen, Wv.: 3. November 2004

20. Oktober 2004 Schriftsatz der Klägerin vom 19. Oktober 2004, Sachstandsanfrage, Bitte um Mitteilung, wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei

27. Oktober 2004 Schreiben an die Klägerin, Hinweis auf das Sitzungsprotokoll vom 15. Juli 2004 zur Erinnerung, die Aufwendungen hinsichtlich der Erschließungskosten und Kosten Instandhaltung/Inventar zu konkretisieren und zu belegen, wie es in der Sitzung vom 15. Juli 2004 vereinbart worden sei. Weiter Hinweis, dass das Gericht bemüht sei, den Rechtsstreit alsbald zum Abschluss zu bringen. Die lange Verfahrensdauer beruhe auch auf den langwierigen außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen. Die Beteiligten hätten Verfügungen des Gerichts teilweise nur nach mehrfacher Erinnerung und Fristverlängerung erfüllt, Wv.: 3. November 2004

3. November 2004 Wv.: 10. November 2004

8. November 2004 Schriftsatz der Klägerin vom 5. November 2004 bezüglich der Erinnerung des Gerichts vom 27. Oktober 2004

8. November 2004 Eingang eines weiteren Schriftsatzes der Klägerin vom 5. November 2004, Darlegung ihrer Rechtsauffassung, Übermittlung weiterer Unterlagen

9. November 2004 Übersendung des Schriftsatzes an den Beklagten zur Kenntnis- und Stellungnahme bis 23. November 2004, Wv.: 24. November 2004

22. November 2004 Schriftsatz des Beklagten vom 22. November 2004, Erwiderung auf die eingereichten Unterlagen der Klägerin

1. Dezember 2004 Übersendung des Schriftsatzes an die Klägerin zur Kenntnis- und Stellungnahme, Anforderung fehlender Kostenbelege mit Frist bis 20. Dezember 2004, Wv.: 21. Dezember 2004

20. Dezember 2004 Eingang Schriftsatz der Klägerin vom 17. Dezember 2004

21. Dezember 2004 Übersendung des Schriftsatzes an den Beklagten zur Kenntnis- und Stellungnahme bis 20. Januar 2005, Wv.: 24. Januar 2005

20. Januar 2005 Schriftsatz des Beklagten vom 20. Januar 2005 mit der Bitte um Fristverlängerung wegen urlaubsbedingter Abwesenheiten und Verzögerungen aufgrund des Jahreswechsels

26. Januar 2005 Übermittlung des Schreibens an die Klägerin zur Kenntnis, Wv.: 20. Februar 2005

21. Februar 2005 Wv.: 1. März 2005

23. Februar 2005 Schriftsatz des Beklagten vom 23. Februar 2005, Mitteilung, dass externer Sachverstand erforderlich sei, der Prüfauftrag könne nicht fristgerecht erfüllt werden. Ankündigung, dass in regelmäßigen Abständen zum Sachstand berichtet werde

1. März 2005 Aufforderung an den Beklagten, den externen Sachverständigen zu benennen und Hinderungsgründe darzulegen, sollte dieser noch nicht beauftragt worden sein, Abschrift an die Klägerin, Wv.: 20. März 2005

28. Februar 2005 Schriftsatz der Klägerin vom 28. Februar 2005, Bitte um Sachstandsmitteilung

1. März 2005 Vermerk: Hinweis auf Überschneidung der Schreiben des Gerichts und der Klägerin

4. April 2005 Erinnerung an den Beklagten zur Erledigung der Verfügung vom 1. März 2005, Frist eine Woche, Wv.: 11. April 2005

11. April 2005 Richterliche Verfügung an die Geschäftsstelle, bei dem Beklagten telefonisch nachzufragen, warum trotz Erinnerung die Verfügung noch nicht erledigt worden sei. Vermerk der Geschäftsstelle, der Beklagte habe erklärt, dass nun doch kein externer Sachverständiger beauftragt werde, die Sache sei intern geregelt worden, ein Schriftsatz werde vorbereitet

12. April 2005 Wv.: 20. April 2005

12. April 2005 Schriftsatz des Beklagten, Mitteilung, dass Kosten teilweise anerkannt werden und die verwaltungsverfahrensrechtliche Umsetzung des Prüfungsergebnisses veranlasst worden sei

15. April 2005 Übersendung des Schriftsatzes an die Klägerin zur Kenntnisnahme, Wv.: 2. Mai 2005

18. Mai 2005 Erlass eines Änderungsbescheides des beklagten Landes, mit welchem es der Inrechnungstellung weiterer Aufwendungen in Höhe von 0,05 Euro pflegetäglich zustimmte

8. Juni 2005 Schriftsatz der Klägerin vom 7. Juni 2005, Übersendung des Änderungsbescheides des Beklagten vom 18. Mai 2005, an der Klage werde jedoch festgehalten

13. Juni 2005 Übersendung des Schriftsatzes an den Beklagten zur Kenntnisnahme

14. Juni 2005 Hinweisschreiben des Gerichts

17. Juni 2005 Anberaumung eines weiteren Erörterungstermins für den 21. Juli 2005

21. Juli 2005 Erörterungstermin

28. Juli 2005 Übersendung des Sitzungsprotokolls an die Beteiligten, Wv.: 20. September 2005

6. September 2005 Schriftsatz der Klägerin vom 5. September 2005, ergänzender Sach- und Rechtsvortrag gemäß Erörterungstermin

12. September 2005 Schriftsatz des Beklagten vom 8. September 2005, ergänzender Rechtsvortrag und Übersendung eines Auszuges aus der Rahmenvereinbarung

16. September 2005 Übersendung des Schriftsatzes an den Beklagten zur Kenntnis- und Stellungnahme mit einer Frist von vier Wochen, Wv.: 1. Oktober 2005

20. September 2005 Übersendung des Schriftsatzes an die Klägerin zur Kenntnis- und Stellungnahme mit Frist von vier Wochen, Wv.: 1. November 2005

5. Oktober 2005 Schriftsatz der Klägerin vom 4. Oktober 2005, Übersendung eines weiteren Änderungsbescheides des Beklagten vom 9. September 2005, mit dem er der Inrechnungstellung weiterer Aufwendungen in Höhe von 0,01 Euro pflegetäglich zustimmte. Mitteilung, dass an der Klage gleichwohl festgehalten werde

18. Oktober 2005 Schriftsatz des Beklagten, Erwiderung auf die ergänzende Klagebegründung vom 5. September 2005, ergänzender Rechtsvortrag, Hinweis auf den Änderungsbescheid vom 9. September 2005

26. Oktober 2005 Übersendung des Schriftsatzes der Klägerin an den Beklagten zur Kenntnis sowie Übersendung des Schriftsatzes des Beklagten an die Klägerin zur Kenntnis- und Stellungnahme, Wv.: sofort

10. November 2005 Schriftsatz der Klägerin vom 9. November 2005, ergänzender Rechtsvortrag

21. November 2005 Übersendung des Schriftsatzes an den Beklagten zur Kenntnis, Wv.: sofort

7. Dezember 2005 Richterliche Verfügung "z. S." (zur Sitzung)

8. Februar 2006 Schriftsatz der Klägerin, Sachstandsanfrage

15. Februar 2006 Antwort auf die Sachstandsanfrage, die Sache sei sitzungsreif, ein Termin sei noch nicht absehbar, gleichzeitig Schreiben an den Beklagten, Änderung des Az. aufgrund von Umstrukturierungen und Mitteilung, dass das Verfahren sitzungsreif, aber noch kein Termin absehbar sei

(Wechsel im Kammervorsitz zum 1. April 2006)

6. April 2006 Schriftsatz der Klägerin vom 5. April 2006, ergänzender Rechtsvortrag, Hinweis auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Stendal

4. Mai 2006 Übersendung des Schreibens an den Beklagten zur Kenntnis- und freigestellter Stellungnahme. Anforderung der Entscheidung des Sozialgerichts Stendal, Wv.: 20. Mai 2006

4. Mai 2006 Schreiben des Gerichts, mit welchem dieses ein Urteil des Sozialgerichts Stendal zu § 82 Abs. 3 SGB XI anfordert

24. Mai 2006 Erinnerung an das SG Stendal

16. Juni 2006 Eingang der angeforderten Entscheidung des Sozialgerichts Stendal

21. Juni 2006 Schriftsatz des Beklagten vom 20. Juni 2006, Stellungnahme hier zum Schriftsatz der Klägerin vom 5. April 2006, Ankündigung, die Entscheidung des Sozialgerichts Stendal allgemein umsetzen und einen entsprechenden Bescheid erteilen zu wollen

29. Juni 2006 Übersendung des Schriftsatzes des Beklagten an die Klägerin zur Kenntnis- und Stellungnahme

13. Juli 2006 Schriftsatz der Klägerin vom 12. Juli 2006, u.a. Bitte um alsbaldige Terminierung

13. Juli 2006 Übersendung des Schreibens an den Beklagten mit der Bitte um weitere Veranlassung und Übersendung des Bescheides, Wv.: 10. September 2006

26. Juli 2006 Schreiben der Geschäftsführerin des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes mit der Bitte um Beschleunigung des Verfahrens vor dem Hintergrund aktueller Verhandlungen zwischen Leistungserbringer und Sozialhilfeträger zum Rahmenvertrag

2. August 2006 Übersendung des Schreibens an den Beklagten sowie an die Klägerin zur Kenntnisnahme, Wv.: 10. September 2006

25. August 2006 Schriftsatz des Beklagten vom 24. August 2006, Mitteilung, dass viele Bescheide derzeit überprüft würden, in Kürze werde eine neue Berechnungsgrundlage mitgeteilt

25. August 2006 Übersendung des Schriftsatzes an die Klägerin, Wv.: 10. Oktober 2006

6. Oktober 2006 Schriftsatz des Beklagten vom 27. September 2006, Übersendung eines Urteils des Sozialgerichts Dessau zur Kenntnisnahme

9. Oktober 2006 Übersendung des Schreibens an die Klägerin zur Kenntnisnahme

10. Oktober 2006 Mitteilung des Gerichts an beide Beteiligte, dass der Rechtsstreit für November/Dezember 2006 zur Terminierung vorgesehen sei, Wv.: 20. Oktober 2006

8. November 2006 Ladung zur mündlichen Verhandlung für den 8. Dezember 2006

9. November 2006 Schriftsatz des Beklagten vom 7. November 2006 mit dem Antrag, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, da gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Dessau Berufung bei dem LSG Sachsen-Anhalt eingelegt worden sei

9. November 2006 Übersendung des Schreibens an die Klägerin zur Kenntnis, ggf. Stellungnahme und Mitteilung, dass nicht beabsichtigt sei, das Verfahren zum Ruhen zu bringen

30. November 2006 Schriftsatz des Beklagten vom 29. November 2006, ergänzender Rechtsvortrag

30. November 2006 Übermittlung des Schriftsatzes an die Klägerin zur Kenntnis, Wv.: sodann

4. Dezember 2006 Übersendung von Fragen an den Beklagten zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung

4. Dezember 2006 Schriftsatz der Klägerin vom 4. Dezember 2006, Anregung, vor dem Hintergrund der Verfahrensdauer in sämtlichen Rechtsstreitigkeiten der Klägerin zur Klärung der in allen Verfahren diskutierten Grundfragen ein Grundurteil zu erlassen; Hinweis auf Bedeutung des Verfahrens

5. Dezember 2006 Einreichung eines von der Klägerin veranlassten Gutachtens

5. Dezember 2006 Übersendung des Gutachtens an Beklagten

7. Dezember 2006 Schriftsatz des Beklagten vom 7. Dezember 2006

7. Dezember 2006 Übersendung des Schriftsatzes an Beklagten per Fax

8. Dezember 2006 Mündliche Verhandlung mit klageabweisendem Urteil

12. Dezember 2006 Versendung des Urteils an Beteiligte

18. Dezember 2006 Zustellung des Urteils

10. Januar 2007 Berufung der Klägerin zum LSG Sachsen-Anhalt, fristwahrend

1. Februar 2007 Abschrift der Berufung an den Beklagten, Anforderung der Prozessakten vom SG, Wv.: 20. Februar 2007

8. Februar 2007 Eingang der Prozessakten

8. Februar 2007 Wv.: 1. April 2007

2. April 2007 Erinnerung an die Klägerin, die Berufungsbegründung zu übersenden, Wv.: 10. Juni 2007

12. Juni 2007 Eingang der Berufungsbegründung vom 11. Juni 2007

14. Juni 2007 Übersendung der Begründung an den Beklagten zur Kenntnis- und Stellungnahme, Wv.: 10. September 2007

27. Juli 2007 Eingang der Erwiderung vom 26. Juli 2007

30. Juli 2007 Übersendung des Schriftsatzes an die Klägerin zur Kenntnis- und evtl. Stellungnahme, Wv.: 20. Oktober 2007

22. Oktober 2007 Wv.: 20. Januar 2008

(Wechsel des Berichterstatters zum 1. Januar 2008)

30. Januar 2008 Wv.: 3. April 2008

20. März 2008 Vermerk über einen Anruf des Beklagten, Mitteilung, dass dessen Sachbearbeiter im Juni 2008 und von September bis Oktober 2008 eine Teilzeitbeschäftigung ausüben werde und dies bei der Termingestaltung berücksichtigt werden solle

7. April 2008 Wv.: zwei Monate

(Wechsel des Berichterstatters zum 1. Juni 2008)

9. Juni 2008 Wv.: ein Monat

(Wechsel des Berichterstatters zum 1. Juli 2008)

10. Juli 2008 Wv.: zwei Monate

15. September 2008 Wiedervorlage der Akte

3. Dezember 2008 Eingang der Sachstandsanfrage der Klägerin vom 2. Dezember 2008

3. Dezember 2008 Schreiben an die Klägerin, dass keine konkreten Terminsaussichten gemacht werden könnten, da zahlreiche ältere Verfahren anhängig seien und deren Bearbeitung zeitlich vorrangig sei; Wv.: drei Monate

23. Dezember 2008 Telefonvermerk über den Anruf eines Rechtsanwalts mit der Bitte um Rückruf

6. August 2009 Sachstandsanfrage des Beklagten vom 29. Juli 2009

7. August 2009 Schreiben an den Beklagten, dass noch keine konkreten Terminsaussichten gemacht werden könnten, da ältere Verfahren anhängig seien und deren Bearbeitung zeitlich vorrangig sei; Wv.: sechs Wochen

18. September 2009 Wv.: zwei Monate

23. Dezember 2009 Anfrage an die Klägerin zur Aufklärung des Rechtsschutzbedürfnisses, Wv.: sodann

18. Januar 2010 Schriftsatz der Klägerin, Beantwortung der richterlichen Anfrage sowie Hinweis auf die Verfahrensdauer von mehr als neun Jahren, Rüge der Untätigkeit des Gerichts und der äußerst dilatorischen Betreibung des Verfahrens; dies verletze die Klägerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz

19. Januar 2010 Schreiben an die Klägerin, Entschuldigung wegen der langen Verfahrenslaufzeit, Erläuterung des rechtlichen Hintergrundes der gerichtlichen Anfrage und Bitte um Übersendung von Belegen, dass den Bewohnern die Kosten aus dem streitigen Zeitraum noch in Rechnung gestellt werden könnten, Abschrift an den Beklagten zur Kenntnis, Verfügung zur Wv.: sechs Wochen

1. Februar 2010 Wv.: sechs Wochen

2. März 2010 Schriftsatz der Klägerin vom 2. März 2010, Die Klägerin habe wegen dauernder Unterlassung gerichtlicher Tätigkeit Verfassungsbeschwerde erhoben (1 BvR 404/10). Antrag, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) auszusetzen

3. März 2010 Schreiben an die Klägerin, Aufforderung zur Erledigung der Verfügungen vom 23. Dezember 2009 und 19. Januar 2010 mit Frist bis 20. März 2010, Aussetzung sei nicht sachdienlich wegen fehlenden Sachzusammenhangs zum Verfahren vor dem BVerfG

10. März 2010 Anforderung des BVerfG, die Verfahrensakte zu übersenden

15. März 2010 Übersendung des Schreibens an die Beteiligten, Aufforderung an die Klägerin zur Erledigung der Verfügung zur Frist 20. März 2010; Übersendung der Prozessakten an das BVerfG

18. März 2010 Schriftsatz der Klägerin vom 18. März 2010, Bitte um Fristverlängerung bis 6. April 2010

22. März 2010 Telefonisch gewährte Fristverlängerung

6. April 2010 Rücksendung der Verfahrensakten vom BVerfG mit der Bitte um Mitteilung, bis wann das Verfahren voraussichtlich erledigt sein werde, bei Erledigung bis 31. Mai 2010 werde um Übersendung der Entscheidung, anderenfalls um unverzügliche Wv. der Akten gebeten

6. April 2010 Eingang Schriftsatz der Klägerin; Erledigung der Verfügung vom 23. Dezember 2009

7. April 2010 Übersendung des Schriftsatzes an den Beklagten

8. April 2010 Ladung zur mündlichen Verhandlung auf den 11. Mai 2010

29. April 2010 Eingang Schreiben der Sozialagentur Sachsen-Anhalt

30. April 2010 Übersendung des Schreibens vom 29. April 2010 an die Klägerin

11. Mai 2010 Mündliche Verhandlung, Zurückweisung der Berufung, Zulassung der Revision

6. Juli 2010 Übersendung des Urteils an die Beteiligten

12. Juli 2010 Zustellung des Urteils

Am 14. Dezember 2010 stellte das BVerfG fest, dass die überlange Verfahrensdauer vor dem LSG Sachsen-Anhalt im Verfahren L 4 P 1/07 die Klägerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt habe (1 BvR 404/10, juris). In den Gründen führte es aus, dass die aufgeworfenen Rechtsfragen nicht zum Alltagsgeschäft eines SG gehörten und höchstrichterlich ungeklärt seien. Neben dem gerichtlichen Verfahren hätten die Beteiligten offenbar Vergleichsverhandlungen geführt; die beiden Erörterungstermine seien vom SG mit Blick auf eine einvernehmliche Beendigung des Rechtsstreites durchgeführt worden. Auch wenn die lange Verfahrensdauer zum Teil auf das SG zurückzuführen sei (fünf Monate wegen der falschen Zuordnung eines Schriftsatzes vom 30. Oktober 2000; zehn Monate zwischen dem Schriftsatz des dortigen Beklagten vom 22. Mai 2001 und der Nachfrage des Gerichts vom 26. März 2002; völliger Verfahrensstillstand im Zeitraum von 29. Juni 2001 bis 26. März 2002), gehe ein Teil der Verfahrensverzögerung auch auf das Verhalten der Beteiligten zurück. Insgesamt sei keine verfassungsrechtlich unannehmbare Untätigkeit des SG festzustellen. Im Verfahren vor dem LSG Sachsen-Anhalt seien im Zeitraum vom 31. Juni 2007 bis 23. Dezember 2009 keinerlei verfahrensfördernde Maßnahmen seitens des Gerichts vorgenommen worden. Diese Verzögerung um zwei Jahre und fast fünf Monate verletze die Klägerin in ihren Rechten.

Am 8. September 2011 verpflichtete das Bundessozialgericht (BSG) auf die Revision der Klägerin den Beklagten, die Zustimmung zur gesonderten Berechnung von betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen in Höhe von weiteren 0,20 Euro pro Pflegetag und Heimplatz zu erteilen, und wies im Übrigen die Revision zurück. Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde beim BVerfG erhoben.

Am 7. Juli 2011 erhob die Klägerin eine Beschwerde am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Zahlung einer gerechten Entschädigung gemäß Art. 41 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Unabhängig von den bisherigen Verfahrenskosten entstehe ihr durch die zeitliche Verzögerung selbst ein Schaden in Höhe von mehr als 100.000,00 Euro, da sie damit rechnen müsse, einen Großteil der Forderungen nicht mehr realisieren zu können. Unter dem 20. Dezember 2011 wies der EGMR die Klägerin auf das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜberlVfRSchG) hin. Damit existiere nun eine innerstaatliche Beschwerdemöglichkeit bei überlangen Gerichtsverfahren. Nach Art. 23 dieses Gesetzes sei es auch auf anhängige und bereits innerstaatlich abgeschlossene Verfahren anzuwenden, deren Dauer Gegenstand einer Beschwerde bei dem EGMR sei. Sofern die Klägerin von den Möglichkeiten dieses Gesetzes keinen Gebrauch mache werde, bestehe die Möglichkeit, dass der Gerichtshof die Beschwerde wegen Nichterschöpfung des innerstaatlichen Rechtsweges zurückweise.

Am 26. Januar 2012 hat die Klägerin am LSG Sachsen-Anhalt die vorliegende Entschädigungsklage erhoben und vorgetragen, durch den Zeitablauf sei es ihr in vielen Fällen unmöglich, die bereits aufgelaufenen Kosten jemals umzulegen. Nach einer Verfahrensdauer von über zehn Jahren könne davon ausgegangen werden, dass ein Großteil der von den im Antrag ursprünglich festgesetzten Kosten betroffenen Bewohner mittlerweile verstorben sei. Ob und inwieweit Erben in Anspruch genommen werden könnten, sei fraglich. Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen werde davon ausgegangen, dass dort, wo Erben überhaupt ermittelt werden könnten, eine Erbausschlagung vorliege und damit eine Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche endgültig ausscheide. Ob und inwieweit der Träger der Sozialhilfe noch in Anspruch genommen werden könne, werde sich zeigen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Ursprungsverfahren um eine solches mit Mustercharakter gehandelt habe. Es sei zudem - wie den Gerichten bekannt gewesen sei - nicht ihr einziges Verfahren gewesen; weitere Verfahren seien noch anhängig. Sie selbst habe das Verfahren nicht schuldhaft verzögert und in allen Verfahrensfragen eine angemessene Sorgfalt bewahrt. Die Verzögerung sei ausschließlich darauf zurückzuführen, dass seitens des beklagten Landes bzw. der Gerichtsbarkeit keine Bearbeitung unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgebotes stattgefunden habe.

Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass ein immaterieller Schaden bejaht werden müsse, da es auch für sie mit einem erheblichen personellen und verwaltungstechnischen Aufwand verbunden gewesen sei, über so lange Zeit einen Prozess zu führen, den Betrieb und die Kostenstruktur aufrechtzuerhalten und ganz nebenbei den ordnungsgemäßen Pflegebetrieb sicherzustellen. Dies sei nicht geringer zu erachten als die psychische Belastung eines Betroffenen aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer. Maßgeblich lasse sich der Schaden aber aus dem materiellen Gesichtspunkt ableiten. Der Anspruch auf eine pauschale Entschädigung in Höhe von 1.200,00 Euro pro Jahr sei allein schon in der Tatsache der überlangen Verfahrensdauer selbst begründet. Insoweit müsse der Beklagte diese Vermutung widerlegen und beweisen, dass ihr kein Schaden entstanden sei. Die Tatsache der überlangen Verfahrensdauer sei bereits verbindlich durch das BVerfG festgestellt worden. Das Verfahren vor dem SG sei fünf Monate wegen der fehlerhaften Zuordnung des Schriftsatzes vom 30. Oktober 2000 und für einen weiteren Zeitraum von neun Monaten nicht betrieben worden.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, ihr wegen der unangemessenen Dauer des Klageverfahren vor dem Sozialgericht Magdeburg (S 12 P 27/00) und vor dem Landessozialgericht Sachsen Anhalt (L 4 P 1/07) eine Entschädigung wegen immaterieller Nachteile in Höhe von insgesamt 4.200,00 Euro zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klägerin habe aufgrund der unangemessenen Dauer des Verfahrens keine Nachteile im Sinne der §§ 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) erlitten. Die Klägerin sei weitgehend in allen drei Instanzen unterlegen. Erfolgreich sei sie nur hinsichtlich eines Betrages von 3.780,00 Euro gewesen, der sich aus 50 Bewohnerplätzen multipliziert mit 0,20 Euro multipliziert mit der Anzahl der Tage im Zeitraum vom 6. Dezember 1999 bis 31. Dezember 2000 zusammensetze. Diesen Betrag könne sie nun umlegen. Soweit die Klägerin vortrage, dass sie diesen Betrag von den Pflegeheimbewohnern oder deren Erben nicht mehr verlangen könne, so sei dies nicht nachvollziehbar. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei ein entgangener Gewinn zudem nicht zu ersetzen. Gemäß dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drucksache 17/3802, 19) sei zunächst der Ersatz für materielle Nachteile nach den Regeln der §§ 249 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorgesehen gewesen. In den Beratungen habe sich schließlich die Beschränkung auf eine angemessene Entschädigung durchgesetzt (BT-Drs. 17/7217, 27).

Ein immaterieller Schaden sei der Klägerin durch die Verzögerung um zwei Jahre und fünf Monate nicht entstanden. Ein solcher werde zwar grundsätzlich vermutet; diese Vermutung könne aber widerlegt werden. Die in der Gesetzesbegründung genannten Beispiele für das Vorliegen eines immateriellen Schadens lägen ersichtlich nicht vor. Aufwand und Arbeitsbelastung einer gGmbH ständen einer psychischen Belastung eines Betroffenen in überlangen Verfahren nicht gleich. Diese Ansicht verkenne das normale Erwerbsarbeitsleben. Die Klägerin als juristische Person könne hier organisatorisch Abhilfe schaffen. Einen dem Schmerzensgeldanspruch vergleichbaren Schaden könne eine juristische Person wie die Klägerin als gGmbH nicht erleiden.

Mit Urteil vom 29. November 2012 hat der Senat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 2.400,00 Euro zu zahlen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Entscheidung verwiesen (L 10 SF 5/12 ÜG). Auf die Revision beider Beteiligten hat das BSG mit Urteil vom 12. Februar 2015 die Entscheidung des Senats aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Entscheidung Bezug genommen (B 10 ÜG 1/13 R).

Der Senat hat mit Schreiben vom 21. Dezember 2015 beiden Beteiligten ausführliche Hinweise zur vorläufigen Einschätzung der Rechtslage gegeben. Dabei hat er u.a. darauf hingewiesen, dass "sogar eine Entschädigung oberhalb des Regelbetrages nach § 198 Abs. 2 S 3 GVG für jedes Jahr der Verzögerung angemessen sein [könnte], wobei es auf diese Frage angesichts des geänderten Klageantrags, über den der Senat nicht hinausgehen darf, eventuell auch nicht mehr ankommt."

Die Beteiligten haben sich jeweils mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die Gerichtsakte und die Verfahrensakten (Az: S 12 P 27/00 und L 4 P 1/07) haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verfahrensakten ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat ist in der vorliegenden Besetzung zur Entscheidung berufen. Als Vorsitzender in dem Ursprungsverfahren scheidet der Senatsvorsitzende VRLSG Lauterbach gemäß § 41 Ziffer 7 Zivilprozessordnung (ZPO) aus, zumal er in dieser Funktion im Februar 2007 Verfügungen vorgenommen hat.

Alle nun gemäß dem Geschäftsverteilungsplan mitwirkenden Richter einschließlich der ehrenamtlichen Richter waren an dem Ursprungsverfahren nicht beteiligt und gehörten auch den für dieses Verfahren zuständigem Senat nicht an, so dass auf § 41 ZPO nicht weiter eingegangen werden muss.

Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Beklagte ist entsprechend dem Antrag der Klägerin zur Zahlung eines Betrages von 4.200,00 Euro zu verurteilen. Das Gerichtsverfahren hat unangemessen lang i.S.d. § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG gedauert; insgesamt liegt eine grundsätzlich entschädigungspflichtige Überlänge von 35 Monaten vor.

Das BSG hat für den Senat gemäß § 170 Abs. 5 SGG bindend festgestellt, dass das Begehren der Klägerin sowohl in prozessualer als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht an §§ 198 ff Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) zu messen ist, wie es auch der Überzeugung des Senats entsprochen hat. Ebenso bindend hat das BSG (ebenfalls in Übereinstimmung mit dem Senat) die Zulässigkeit der Entschädigungsklage bejaht; Einwände oder weitere Gesichtspunkte sind hier weder erkennbar noch vorgetragen.

Bezüglich der Feststellung der Höhe des Entschädigungsanspruchs steht für den Senat ebenfalls bindend fest, dass hier die Verzögerung monatsgenau festzustellen ist (BSG, 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 1/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 7 unter Hinweis auf BSG, 21.2.2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - BSGE 113, 75 = SozR 4-1720 § 198 Nr. 1 mit ablehnender Anm. Ulmer, SGb 2013, 532; ferner BSG, Urteile vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 3; a. A. Link/van Dorp, Rechtschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 15). Potentiell entschädigungspflichtig ist gemäß § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG der gesamte Zeitraum des Gerichtsverfahrens von dessen Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Wegen der Beschränkung des von der Klägerin geltend gemachten Entschädigungsanspruchs auf das Klage- und Berufungsverfahren ist hier die Zeit von der Klageerhebung bis zur Zustellung des LSG-Urteils maßgebend (vgl. zur Prüfungsabfolge ausführlich BSG, 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - juris Rn. 24 ff, SozR 4-1720 § 198 Nr. 3).

In einem ersten Schritt ist die Gesamtlänge des Verfahrens festzustellen. Sie betrug rund 10 Jahre und 2 Monate. Denn das Verfahren begann mit der Klageerhebung am 8. Mai 2000 und endete mit der Zustellung des Urteils des LSG am 12. Juli 2010.

In einem zweiten Schritt ist nun - wiederum nach den bindenden Vorgaben des BSG monatsgenau - der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs. 1 S. 2 GVG genannten Kriterien zu messen.

Danach richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer "nach den Umständen des Einzelfalles [dazu allgemein unter 1. und 5.], insbesondere nach der Schwierigkeit [dazu unter 2.] und Bedeutung des Verfahrens [dazu unter 3.] und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter [dazu unter 4.]."

1. In dem Verfahren vor dem SG - das der Senat bisher bewusst aufgrund einer vom BSG abweichenden Rechtsansicht nicht bewertet hatte - ist durchaus eine Verzögerung zu erkennen. Diese allein ist mit 27 Monaten zu beziffern. Im Einzelnen:

Nach dem Klageeingang am 8. Mai 2000 erfolgte zunächst ein Austausch der Schriftsätze. Diese wurden jeweils zeitnah durch das SG der Gegenseite zugesandt. Allerdings ergibt sich hier bereits im November 2000 eine relevante Verzögerung, da der Schriftsatz der Klägerin vom 30. Oktober 2000 durch ein Versehen erst am 3. April 2001 versandt wurde (fünf Monate). Eine weitere Verzögerung ergab sich, als nach dem 29. Juni 2001 das Verfahren bis zu dem Schreiben des Gerichts vom 26. März 2002 nicht erkennbar bearbeitet wurde (rund neun Monate). Nach Eingang dieser angeforderten Unterlagen am 20. April 2002 ergab sich eine erneute Lücke der Bearbeitung bis zum 13. Februar 2003 (neun Monate). Anschließend wurden Vergleichsverhandlungen geführt, die sich dann im Weiteren bis zu dem Schriftsatz des Beklagten vom 22. Dezember 2003 hinzogen (Mitteilung, dass der Rechtsstreit fortgeführt werden solle). Angesichts solcher Vergleichsverhandlungen muss das Gericht nicht parallel das Verfahren bearbeiten. Erst am 24. Februar 2004 bestätigte die Klägerin dies und übergab die bereits vor rund vier Monaten angeforderten Unterlagen. Da diese Verzögerung im Wesentlichen von der Klägerin zu vertreten ist, führt sie nicht zu einer relevanten berücksichtigungsfähigen Verzögerung. Die Ladung und die Anberaumung des Erörterungstermins zum 15. Juli 2004 geschahen zeitgerecht; anschließend wurden ebenfalls noch innerhalb einer Monatsfrist weitere Ermittlungen angestrengt sowie das Ergebnis dieser (Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums) den Beteiligten zur Kenntnis gegeben. Es stand auch dann im Ermessen des Gerichts, die Frist zur Stellungnahme des Beklagten einmalig bis zum 22. Oktober 2004 zu verlängern. Es folgten dann im Oktober 2004 weitere Ermittlungsschritte, die bereits im Erörterungstermin angesprochen worden waren. Nachdem die Klägerin im November 2004 weitere Unterlagen übersandt hatte, forderte das SG ebenfalls zeitnah am 1. Dezember 2004 weitere Kostenbelege an. Diese wurden dann nach Vorlage noch im Dezember 2004 sofort an den Beklagten weitergesandt, der im Weiteren mehrfach um Fristverlängerung bat. Das SG mahnte hier wiederholt eine Stellungnahme an; schließlich erkannte der Beklagte mit Schreiben vom 12. April 2005 einen Teil der Kosten an. Schon angesichts dieses Ergebnisses zeigt sich, dass das Zuwarten des SG durchaus sachgerecht war. Die Schwierigkeit der Sache hat nicht nur Auswirkungen auf die richterliche Bearbeitungszeit, sondern auch auf die Reaktion der Beteiligten in solchen Verfahren.

Sachgerecht war es im Weiteren auch, dass das SG bis zum 18. Mai 2005 zuwartete, bis der Änderungsbescheid ergangen sowie die Stellungnahme der Klägerin hierzu erfolgt war. Innerhalb von wenigen Tagen lud es sodann für den Erörterungstermin am 21. Juli 2005, der dann am 16. September 2005 zu weiteren Ausführungen der Klägerin führte. Im Weiteren erfolgten zeitnah ein Schriftwechsel zwischen den Beteiligten und am 21. November 2005 ein weiterer Änderungsbescheid. Bis April 2006 war dann erneut keine Sachbearbeitung ersichtlich (vier Monate). Nachdem die Klägerin auf der Entscheidung des SG Stendal hingewiesen hatte, lag es im richterlichen Ermessen, diese beizuziehen und den Beteiligten zur Stellungnahme zu übersenden.

Im Weiteren erfolgte ein erneuter Schriftwechsel zwischen den Beteiligten, ohne dass es hierbei zu einer Verzögerung kam. Nachdem der Beklagte im August 2006 erneut eine Überprüfung des Bescheides angekündigt hatte, war es auch sinnvoll, hier auch im Hinblick auf das Alter des Verfahrens eine geringe Zeit zuzuwarten, bevor das Verfahren am 8. November 2006 zur mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2006 terminiert wurde. Die Übersendung des Urteils erfolgte bereits am 12. Dezember 2006 und die Zustellung zeitnah noch im Dezember.

Der Senat vermag sich nicht der Ansicht des Beklagten in dessen Schriftsatz vom 10. Februar 2016 anzuschließen, dass es dogmatisch nach der Entscheidung des BVerfG (1 BvR 404/10) nicht möglich sei, hier eine andere Würdigung des Sachverhaltes vorzunehmen, als es das BVerfG getan hat. Im Gegenteil steht für den Senat bereits fest, dass er aufgrund der insoweit bindenden Entscheidung des BSG die Überlänge inhaltlich zu prüfen hat. Überzeugend hat das BSG zudem auf den Umstand verwiesen, dass das BVerfG (dogmatisch) die Überlänge am Grundgesetz zu messen hatte, der erkennende Senat jedoch § 198 GVG zu Grunde zu legen hat. Es hat ausgeführt (12. Februar 2015 - B 10 ÜG 1/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 7, Rn. 27), "dass es sich bei den durch das ÜGG eingeführten Entschädigungsregelungen der §§ 198 ff GVG um einen autonomen Teil des Bundesrechts handelt, der unabhängig neben den menschen- und grundrechtlichen Garantien steht. Die einfachgesetzlichen Vorschriften sind daher zunächst nach den allgemeinen Regeln der juristischen Methodenlehre auszulegen. Kommt es dadurch zu einer Erweiterung des Schutzes gegen Verfahrensverzögerungen durch das nunmehr vorhandene einfache Gesetzesrecht, ist dies von vornherein unproblematisch".

Für das Verfahren vor dem LSG ist zusätzlich eine weitere Verzögerung von 29 Monaten festzustellen.

Zunächst war es auch angesichts der offensichtlichen Verzögerung der Bearbeitung in der ersten Instanz sachgerecht, nach dem Eingang der Berufung am 10. Januar 2007 zunächst nur die Akten anzufordern und zur Berufungsbegründung aufzufordern bzw. zeitnah an diese zu erinnern. In einem komplexen Verfahren wie dem damals vorliegenden kann ohne Berufungsbegründung nur eine vorläufige Bearbeitung stattfinden. Die Berufungsbegründung ist unverzichtbar, um das rechtliche Gehör zu garantieren. Nach Eingang dieser am 12. Juni 2007 genügte es, diese dem Beklagten zuzusenden und dann rund fünf Wochen später dessen Stellungnahme wiederum der Klägerin zuzusenden.

Danach war aber zwischen dem 30. Juli 2007 bis zum 23. Dezember 2009 keine Sachbearbeitung feststellbar (29 Monate). Anschließend ist keine Lücke in der Sachbearbeitung zu erkennen.

Die gesamte Verzögerung beträgt damit 56 Monate (29 Monate + 27 Monate).

2. Im Rahmen der Prüfung der Schwierigkeit des Falles (vom EGMR als "complexity of the case" bezeichnet) sind sowohl rechtliche als auch tatsächliche Erschwernisse zu berücksichtigen, mithin etwa die Wichtigkeit und Sensibilität der zu beantwortenden rechtlichen Fragen und die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Sorgfalt der gerichtlichen Prüfung und Untersuchung. Von Bedeutung sind der Umfang der gebotenen Anhörungen, das Ausmaß an erforderlicher Tatsachenaufklärung sowie das Erfordernis der Einholung von Sachverständigengutachten (vgl. EGMR, 25. September 2007, 71475/01, juris Rn. 172).

Das Verfahren ist hier als rechtlich schwierig anzusehen. Hierzu hat bereits das BVerfG festgestellt (14. Dezember 2010, a.a.O.), dass die aufgeworfenen Rechtsfragen nicht zum Alltagsgeschäft eines Sozialgerichts gehören und höchstrichterlich ungeklärt waren. Auch die Klägerin räumt ein, dass die Angelegenheit sicher komplexer sei als manch anderer Rechtsstreit. Dies unterstreicht der Umstand, dass das LSG die Revision zugelassen und die Klägerin gegen die nachfolgende Entscheidung des BSG Beschwerde beim BVerfG erhoben hat. Erschwerend kommt hinzu, dass verschiedene Positionen (Eigenkapitalverzinsung der Erschließungskosten des Grundstücks, Erbbauzinsen, kalkulierte Wiederbeschaffungskosten und pauschalierte Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten) sowie die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen zu klären waren.

In tatsächlicher Hinsicht war der Sachverhalt allerdings unstreitig; der Vortrag der Beteiligten konnte ohne längere Ermittlungen der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Zweifel bezüglich des Rechtsschutzbedürfnisses konnten innerhalb kurzer Zeit durch zwei Nachfragen bei der Klägerin beseitigt werden.

3. Hinsichtlich des Kriteriums der Bedeutung des Verfahrens ist vor allem darauf abzustellen, ob aus Sicht der Klägerin ein erhebliches Interesse an einem schnellen Abschluss des Verfahrens besteht bzw. bestanden hat. Dies war hier der Fall und für das LSG auch deswegen ohne weiteres erkennbar, weil die Klägerin bereits am 19. Oktober 2004 auf eine Beschleunigung des Verfahrens drängte und mit weiteren Sachstandsanfragen immer wieder ihr Interesse an einer zeitnahen Entscheidung bekundete. Außerdem wurde mit Schreiben vom 26. Juli 2006 des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes auf die Bedeutung des Verfahrens vor dem Hintergrund aktueller Verhandlungen zwischen Leistungserbringer und Sozialhilfeträger über den Rahmenvertrag hingewiesen (siehe auch Schreiben der Klägerin vom 4. Dezember 2006). Ein umstrittener Jahresbetrag von 174.241,88 DM (= 89.088,46 Euro; vgl. die Kostenentscheidung des LSG Sachsen-Anhalt in dem zugrunde liegenden Verfahren) ist für eine Einrichtung mit 50 Heimbewohnern von großer Relevanz. Hinzu kommt, dass Parallelverfahren anhängig waren. Insoweit war eine zügige Bearbeitung des Verfahrens geboten.

Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin auf die gerichtliche Klärung einer Situation wartete, welche sie in ihrer wirtschaftlichen Kalkulation beeinträchtigte und deren Rechtmäßigkeit sich - wie die nachfolgende Entwicklung zeigt - recht zügig hätte klären lassen können. Die Klägerin hat mehrfach darauf hingewiesen, dass sie eine höchstrichterliche Entscheidung auch für ihre laufende und zukünftige Kalkulation benötige. Insoweit ging die Auswirkung der überlangen Verfahrensdauer weit über den vorliegenden Streitgegenstand hinaus, was sich auch aus den aktenkundigen Parallelverfahren ergibt. Plakativ sprach der Beklagte des Ausgangsverfahrens von einem "Musterverfahren".

4. Das Verhalten der Klägerin hat das Verfahren allerdings ebenfalls verzögert.

So vergingen fünf Monate zwischen der Einlegung der Berufung mit Schriftsatz vom 10. Januar 2007 und deren Begründung mit Schriftsatz vom 11. Juni 2007; diese Verlängerung beruht im Wesentlichen auf dem Verhalten der Klägerin. Auf die Frage des Gerichts zum Rechtsschutzbedürfnis vom 23. Dezember 2009 hat die Klägerin erst am 6. April 2010 abschließend Stellung genommen und hierfür eigens eine Fristverlängerung erbeten. Auch hier war das Gericht auf die Mitarbeit der Klägerin angewiesen. Dieser Zeitablauf geht daher nicht zu Lasten des Beklagten. In dieser Rechtsfolge erschöpft sich dann aber dieser Aspekt.

Diese (geringe) Verzögerung durch die Klägerin befreit die Richter aber im Übrigen nicht von der Verpflichtung, für die gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK gebotene Zügigkeit Sorge zu tragen (vgl. EGMR, 23. November 1993, 41/1992/386/464, Serie A, Band 278, 10, Nr. 25). Insbesondere zwischen dem 23. Dezember 2009 und 6. April 2010 war durchaus eine weitere Bearbeitung möglich, wenngleich auch nicht zwingend geboten.

5. Die oben festgestellte gesamte Zeit der Verzögerung (56 Monate) ist um maximal 21 Monate auf 35 Monate zu reduzieren. Grundsätzlich ist zwar jeder Instanz eine zwölfmonatige Vorbereitungs- und Bedenkzeit zuzubilligen (BSG, 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 1/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 7 unter Hinweis auf BSG, 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 R - juris Rn. 45 f, SozR 4-1720 § 198 Nr. 3), so dass die oben festgestellte Verzögerung grundsätzlich um zweimal zwölf Monate reduziert werden könnte.

Allerdings hat das BSG dem Senat im Rahmen der Zurückverweisung aufgegeben, zu prüfen, ob diese vom BSG regelmäßig akzeptierte Zeitspanne von zwölf Monaten pro Instanz noch angemessen oder nach den besonderen Umständen dieses Einzelfalls (etwa der erheblichen Bedeutung als Musterprozess) nicht ausnahmsweise eine kürzere oder gar keine Vorbereitungs- und Bedenkzeit anzusetzen ist (BSG, 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 1/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 7 unter Hinweis auf BSG, 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 R - juris Rn. 50, SozR 4-1720 § 198 Nr. 3).

Für das Verfahren vor dem LSG hält der Senat danach maximal eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von neun Monaten für notwendig; der Senat lässt ausdrücklich offen, ob diese nicht noch weiter zu reduzieren sein könnte. Dabei berücksichtigt der Senat die hohe Komplexität des Verfahrens. Dass eine zügige Bearbeitung aber grundsätzlich möglich war, zeigt bereits die sehr rasche Terminierung und Entscheidung nach Klärung des Rechtsschutzbedürfnisses. Insgesamt war während des Zuwartens auf Stellungnahmen eine weitere Bearbeitung angezeigt und auch notwendig.

Wie bereits oben ausgeführt, war das Verfahren von sehr großer Bedeutung für die Klägerin. Dies hat sich im Laufe des Klageverfahrens herausgestellt und war zumindest anfangs für das SG nicht ersichtlich. Hinzu kam, dass das SG auch auf die Klärung von grundsätzlichen Fragen durch ein anderes SG bzw. das LSG hoffen konnte, nachdem dort in Parallelverfahren Entscheidungen ergangen waren. Diese Hoffnung konnte im Berufungsverfahren bei einem einzigen Fachsenat nicht bestehen; die große Bedeutung erschloss sich schon bei flüchtiger Lektüre des Urteils des SG.

Zudem ist hier - wie ebenfalls bereits dargelegt - eine deutliche Überlänge des Verfahrens in der ersten Instanz festzustellen. Auch dies war für die Berufungsinstanz schon mit Blick auf das erstinstanzliche Aktenzeichen offenkundig. Je länger aber das Verfahren insgesamt dauert, umso mehr verdichtet sich die aus dem Justizgewährleistungsanspruch resultierende Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens und dessen Beendigung zu bemühen (BSG, 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 1/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 7 unter Hinweis auf BVerfG, 20. Juli 2000 - 1 BvR 352/00 - NJW 2001, 214, juris Rn. 11 und BVerfG, 22. August 2013 - 1 BvR 1067/12 - NJW 2013, 3630, juris Rn. 32). Dies trifft auf die Berufungsinstanz uneingeschränkt zu.

Das Verfahren vor dem SG hätte zwar auch in einer kürzeren Zeit beendet werden können. Insbesondere nachdem im Dezember 2004 Unterlagen an den Beklagten weitergesandt wurden und dieser mehr als fünf Monate für das Schreiben vom 12. April 2005 benötigte, hätte das SG sich intensiver inhaltlich mit dem Verfahren auseinandersetzen können. Die Überlastung der Sozialgerichtsbarkeit kann dies nicht entschuldigen. Allerdings ist das Verfahren ganz außergewöhnlich komplex, so dass der Senat trotz der entgegenstehenden Gesichtspunkte eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit für das SG von zwölf Monaten bejaht.

Als Rechtsfolge sieht § 198 Abs. 1 S. 1 GVG eine angemessene Entschädigung für die Beteiligten eines vorangegangenen überlangen Gerichtsverfahrens vor. Hier bejaht der Senat eine Entschädigung von mindestens 120,00 Euro/Monat für die hier festgestellte Verzögerung von 35 Monaten.

Dem Entschädigungsbegehren der Klägerin in Geld steht nicht entgegen, dass sie keine Verzögerungsrüge im Sinne von § 198 Abs. 3 GVG erhoben hat. Denn das Verfahren war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorgenannten Vorschrift bereits mit der Entscheidung des BSG abgeschlossen (vgl. Art. 23 ÜberlVfRSchG).

Allein die Eigenschaft der Klägerin als gGmbH kann die Vermutungswirkung des § 198 Abs. 2 S. 1 GVG nicht entkräften (BSG, 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 1/13 R – a.a.O.). Der Senat vermag auch weiterhin und unter Berücksichtigung der bindenden Entscheidung des BSG keinen tragfähigen Gesichtspunkt zu erkennen, warum die Klägerin keine Entschädigung in Geld erhalten sollte; insbesondere ist nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise nicht ausreichend, wie der Senat bereits ausgeführt hatte.

Vielmehr ist eine Entschädigung oberhalb des Regelbetrages nach § 198 Abs. 2 S. 3 GVG für jedes Jahr der Verzögerung in Höhe von mindestens 120,00 Euro/Monat angemessen. Denn die Regelentschädigung von 100,00 Euro ist hier angesichts der zu würdigenden Umständen des Einzelfalls gemäß § 198 Abs. 2 S. 4 GVG unbillig; insoweit liegt ein Ausnahmefall vor (hierzu BSG 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 11/13 R - juris; vgl. BT-Drucks. 17/3802 S. 20; weiter BSG, 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 1/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 7; ferner Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, § 198 GVG Rn. 82). Dabei unterstellt der Senat zu Gunsten des Beklagten, dass bei einer GmbH regelmäßig eine geringere Entschädigung angemessen ist.

Im Rahmen der Billigkeit ist weiter zu berücksichtigen, dass die Klägerin, wie oben bei 1. bereits dargelegt, (selbst in der Berufungsinstanz) das Verfahren verzögert hat. Zudem hat die Klägerin im März 2010 einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gestellt. Eine solche hätte eine Entscheidung verzögert.

Weiterhin ist mit der Rechtsprechung des BVerfG zu berücksichtigen, dass die überragend rasche Bearbeitung in der Folgezeit die entstandene Verzögerung zwar nicht mehr beseitigen konnte, aber doch abmilderte (vgl. auch EGMR, 27. Juni 2000, 32842/96, http://hudoc.echr.coe., Rn 136 f; näher Esser in Löwe/Rosenberg, Kommentar StPO, 26. Auflage, § 6 EMRK/Art. 14. IPBPR, Rn. 316). Nachdem am 6. April 2010 der Schriftsatz der Klägerin mit der Erledigung der Anfrage vom 23. Dezember 2009 eingegangen war, erfolgte bereits am 8. April 2010 die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2010; das Urteil wurde den Beteiligten am 12. Juli 2010 zugestellt. Dies belegt allerdings auch umgekehrt, dass der Bearbeitung des Verfahrens keine Gründe entgegenstanden. Außerdem war so - auch bei bester Bearbeitung - kaum mehr Zeit einzusparen.

Insgesamt spricht aber ein Zeitraum von 56 Monaten ohne erkennbare Sachbearbeitung und eine nicht akzeptable vollständige Untätigkeit des LSG von zweieinhalb Jahren für eine höhere Entschädigung. Dies gilt umso mehr, als es sich für die Klägerin erkennbar um eine bedeutende und grundsätzliche Entscheidung handelte.

Maßgeblich für die Festsetzung eines höheren Entschädigungsbetrages ist insbesondere Folgendes:

Die Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit der Klägerin beruht - wie der Senat bereits angedeutet hatte - auf einer strukturellen Überlastung der Justiz des beklagten Landes in der Sozialgerichtsbarkeit und zeigt eine generelle Vernachlässigung des Anspruchs aus Art. 6 EMRK, Art. 19 Abs. 4 GG. Der daraus resultierende Grundrechtsverstoß ist damit besonders schwer (vgl. BVerfG, 5. August 2013 - 1 BvR 2965/10 - juris).

Wie die beigezogenen und den Beteiligten zur Kenntnis übersandten Statistiken belegen, leiden die Sozialgerichte in Sachsen-Anhalt in beiden Instanzen unter einer erheblichen Überlastung. Das BSG hat hierzu in seinem Urteil vom 21. Juni 2012 (B 3 KS 1/11 R - juris Rn. 13) ausgeführt: "Dem Senat ist durchaus bewusst, dass die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit schon seit mehreren Jahren stark überlastet sind und sich Bergen von Klagen und Eilanträgen gegenüber sehen; dies gilt auch für das SG Halle und das LSG Sachsen-Anhalt (vgl. die statistische Übersicht für die Jahre 2009 bis 2011 im Justizministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt 2012, 58-59). Der hohe Bestand an Streitsachen pro Richter führt dazu, dass zeitnaher gerichtlicher Rechtsschutz nicht mehr überall in ausreichendem Maße gewährleistet ist. Die Justizverwaltungen der Länder - hier konkret in Sachsen-Anhalt - sind deshalb aufgerufen, diesem Missstand durch Einrichtung weiterer Richterplanstellen zu begegnen. Die in der Vergangenheit bereits erfolgte Bereitstellung neuer Richterplanstellen ist zwar anerkennenswert, reicht aber bei Weitem noch nicht aus."

Zu berücksichtigen sind ebenfalls die Hinweise des BVerfG und des BSG konkret zu dem hier zu beurteilendem Verfahren: "Das Landessozialgericht beantwortete Sachstandsanfragen unter Hinweis auf zahlreiche ältere Verfahren, deren Bearbeitung (zeitlich) vorrangig sei, darunter offenbar Parallelverfahren der Beschwerdeführerin aus den Jahren 2006 und 2007. Da sich der Staat nicht auf solche Umstände berufen kann, die in seinem Verantwortungsbereich liegen, kann eine anhaltend starke Überlastung der Sozialgerichtsbarkeit eine überlange Verfahrensdauer nicht rechtfertigen. ( ) In Abwägung all dieser Umstände spricht die fast zehnjährige Gesamtverfahrensdauer gegen die Gewährung effektiven Rechtsschutzes in zweiter Instanz.

( )

Eine Wiederholungsgefahr ist, ungeachtet der Frage, ob Parallelverfahren der Beschwerdeführerin in der Berufung noch anhängig sind, schon mit Blick auf die Rechtfertigung der überlangen Verfahrensdauer allein mit der Belastung des Gerichts zumindest nicht auszuschließen." (BVerfG, 14. Dezember 2010 - 1 BvR 404/10 - Rn. 18, 21, juris; vgl. hierzu auch ausdrücklich BSG, 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 1/13 R - a.a.O. ).

Nach den von dem Senat beigezogenen statistischen Übersichten zur Dauer von Klageverfahren am SG Magdeburg sowie dem LSG hat sich die durchschnittliche Verfahrensdauer in den Jahren 2000 bis 2007 am SG Magdeburg mehr als verdoppelt. Dies kann nur auf eine strukturelle Überlastung des Gerichts zurückgeführt werden.

Die Verfahrensdauer ist auch am LSG in den Jahren von 2007 bis 2010 deutlich angestiegen. Wie dem Senat aus eigener Anschauung bekannt ist, ist dies vor allem auf eine mangelnde personelle Ausstattung zurückzuführen. Eine durchschnittliche Verfahrensdauer am LSG von 862 Tagen bzw. in Verfahren der Krankenversicherung (die nach Ansicht des Senats dem vorliegenden Ausgangsverfahren noch am ehesten vergleichbar ist und zudem die Belastung des Ausgangssenats repräsentiert) von 1025 Tagen (d.h. fast drei Jahren) in dem zu beurteilendem Zeitraum ist nicht akzeptabel. Die Ausführungen der Berichterstatterin im Ausgangsverfahren nach über zweieinhalb Jahren ohne erkennbare Sachbearbeitung, bei ihr seien noch ältere Verfahren anhängig, die vorrangig zu bearbeiten seien, unterstreicht dies deutlich. Es zeigt, dass das vorliegende Verfahren kein Einzelfall ist.

Diese konkreten Hinweise von Bundesgerichten und die anwachsende Belastung der Sozialgerichtsbarkeit sprechen entscheidend für das Begehren der Klägerin nach einer höheren Entschädigung. Auf diese hohe und strukturelle Überlastung hatte der Senat ebenfalls bereits in dem in diesem Verfahren ergangenen Urteil hingewiesen. Es fehlt die Zeit, sich in komplexe Verfahren wie dem vorliegendem Ausgangsverfahren einzuarbeiten. Die Folge einer Verletzung von Grundrechten in schwierigen Verfahren ist damit strukturell vorgezeichnet und erfolgte im zu beurteilenden Zeitraum regelmäßig. Dies spricht auch unter Berücksichtigung der entgegenstehenden Gesichtspunkte für eine im Ergebnis (maßvoll) erhöhte Entschädigung.

Die Zahlung von Zinsen war nicht beantragt (vgl. BSG, 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 5).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung, § 201 Abs. 4 GVG einheitlich für alle Instanzen.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht. Alle Rechtsfragen wurden im Rahmen der Zurückverweisung bindend geklärt. Im Übrigen schließt sich der Senat wie dargelegt der Rechtsprechung des BSG an.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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