L 7 AS 561/15 NZB

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 21 AS 313/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 561/15 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Ein Auswechseln der Rechtsgrundlage von § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist möglich (BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 11 AL 69/01 R, Rn. 16 bis 19). Hierdurch wird die Rechtsverteidigung des Betroffenen nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert.
2. Eine Umdeutung eines Aufhebungsbescheides gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 in einen die zustehenden Leistungen endgültig festsetzenden und eine Erstattungsforderung geltend machenden Bescheid gem. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III ist ebenso zulässig, sofern im Bescheid deutlich gemacht wird, dass der vorläufige Bewilligungsbescheid aufgehoben und die Leistung endgültig festgesetzt wird. Es kommt dabei nicht allein auf den Wortlaut des Verfügungssatzes des Bescheides an, sondern auch auf alle weiteren Umstände, die nach dem Empfängerhorizont für dessen Verständnis maßgebend sind (BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R, Rn. 11 ff.)
I. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 7. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Zulassung der Berufung. In der Hauptsache war die endgültige Festsetzung eines Leistungsanspruchs für Juli 2010 und die Rechtmäßigkeit einer Erstattungsforderung in Höhe von 88,71 EUR streitig.

Auf den Antrag der Klägerin und ihres Ehemanns (im Folgenden: Kläger) vom 22.03.2010, in dem sie angaben, keine selbständige Tätigkeit auszuüben, bewilligte der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 25.03.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.07.2010 in Höhe von 278,60 EUR monatlich, für den Zeitraum vom 01.08.2010 bis 31.08.2010 in Höhe von 378,60 EUR und für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis 31.10.2010 in Höhe von 278,60 EUR monatlich. Am 27.05.2010 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, am 01.07.2010 eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen. Daraufhin änderte der Beklagte mit Bescheid vom 01.06.2010 die Bewilligung ab. Er bewilligte den Klägern nunmehr gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.07.2010 in Höhe von 332,60 EUR monatlich, für den Zeitraum vom 01.08.2010 bis 31.08.2010 in Höhe von 432,60 EUR und für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis 31.10.2010 in Höhe von 332,60 EUR monatlich. Eine abschließende Entscheidung sei erst möglich, wenn die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum feststünden. Die Kläger würden erneut einen Bescheid erhalten, sobald über ihren Antrag endgültig entschieden werden könne und ihr Anspruch von dem hier bewilligten abweiche. Gegebenenfalls zu viel gezahlte Leistungen seien zu erstatten.

Am 06.07.2012 ging beim Beklagten die abschließende Erklärung der Kläger über ihre im Bewilligungszeitraum erzielten Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit ein. Mit Schreiben vom 21.05.2013 hörte der Beklagte die Kläger zur beabsichtigten Aufhebung der Bewilligung und Geltendmachung einer Erstattungsforderung für den Zeitraum vom 01.07.2010 bis 31.07.2010 an. Er hob schließlich mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 07.08.2013 die Bewilligungen vom 25.03.2010 und 01.06.2010 für den Zeitraum vom 01.07.2010 bis 31.07.2010 ganz gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3 und 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III auf und machte eine Erstattungsforderung gegenüber beiden Klägern in Höhe von insgesamt 166,30 EUR geltend. Die Kläger hätten während des genannten Zeitraumes Einkommen aus selbständiger Tätigkeit erzielt. Aufgrund der von ihnen eingereichten abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit könne eine endgültige Bearbeitung erfolgen. Sie seien nach den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen nicht hilfebedürftig gewesen und hätten daher keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Auf den Widerspruch der Klägerin änderte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2014 den Bescheid vom 07.08.2013 teilweise ab und reduzierte die Erstattungsforderung gegenüber der Klägerin auf 88,71 EUR. Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück.

Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 22.01.2014 zum Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Der Beklagte habe nach Ablauf der Jahresfrist gemäß § 48 Abs. 4 SGB X eine Aufhebung nicht vornehmen dürfen. Die Geltendmachung einer Erstattungsforderung sei verwirkt. Der Beklagte hat entgegnet, die Jahresfrist beginne erst nach der Anhörung. Diese sei zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheides vom 07.08.2013 noch nicht verstrichen gewesen.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 07.05.2015 abgewiesen. Die Aufhebung der für Juli 2010 bewilligten Leistungen sowie die Geltendmachung einer Erstattungsforderung in Höhe von 88,71 EUR sei zu Recht erfolgt. Der Ausgangsbescheid vom 25.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 01.06.2010 habe eine vorläufige Bewilligung gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz Nr. 3 SGB III beinhaltet. Anspruchsgrundlage für die Erstattungsforderung sei mithin § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III. Die abschließende Einkommenserklärung habe dem Beklagten am 06.07.2012 vorgelegen. Das Sächsische Landessozialgericht (SächsLSG) habe mit Urteil vom 20.09.2013 - L 7 AS 863/11 entschieden, dass eine endgültige Entscheidung zu Lasten des Leistungsempfängers mit Wirkung für die Vergangenheit in entsprechender Anwendung der §§ 45 Abs. 4 Satz 2, 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X jedenfalls innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, die die Aufhebung des vorläufig begünstigten Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigten, möglich sei. Vorliegend sei innerhalb der Jahresfrist eine Anhörung erfolgt. Die Kläger hätten aufgrund der binnen Jahresfrist erfolgten Anhörung gerade nicht darauf vertrauen können, dass der Beklagte nach Vorlage der abschließenden Einkommensteuererklärung keine Erstattung fordern werde. Etwas anderes folge auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 23.05.1989 – 12 RK 23/08. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigen der Kläger am 11.05.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 08.06.2015 Beschwerde beim SächsLSG eingelegt. Der Gerichtsbescheid des SG weiche vom Urteil des SächsLSG vom 29.10.2009 – L 2 AS 101/08 ab. Die Entscheidung beruhe auch auf dieser Abweichung, denn der Beklagte habe in Kenntnis des Umstandes, dass zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Änderungsbescheides vom 01.06.2010 bereits festgestanden habe, dass Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit erzielt würden, Leistungen nach dem SGB II ohne Vorläufigkeitsvermerk bewilligt. Das SächsLSG habe in dem zitierten Urteil zur Frage, wie bei schwankendem Einkommen zu verfahren ist, ausgeführt, dass der Beklagte jeweils nur vorläufige Regelungen i.S.d. § 42 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) bzw. i.S.d. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 SGB III hätte treffen dürfen. Einen Rechtsanspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hätte er durch bindenden Verwaltungsakt erst anerkennen dürfen, wenn die Sach- und Rechtslage vollständig geklärt gewesen sei. Daher sei vorliegend der Änderungsbescheid vom 01.06.2010 von Anfang an rechtswidrig gewesen. Zudem liege eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung vor. Es sei die Rechtsfrage zu klären, ob und inwieweit die Umdeutung des ursprünglich unter Berufung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 50 Abs. 1 SGB X erlassenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheides in einem Rücknahme- und Erstattungsbescheid bzw. endgültigen Festsetzungs- und Erstattungsbescheid möglich sei. Soweit ersichtlich sei, sei keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorhanden. Da eine informatorische Anhörung der Kläger zwecks Prüfung eines etwaigen grob fahrlässigen Fehlverhaltens unterblieben sei, sei die Berufung auch wegen § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG zuzulassen. Es liege nämlich ein Verfahrensmangel vor.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 07.05.2015 zuzulassen und das Verfahren als Berufungsverfahren fortzuführen.

Der Beklagte beantragt (sinngemäß),

die Beschwerde zurückzuweisen.

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Kläger geltend mache, der Beklagte habe Leistungen ohne Vorläufigkeitsvermerk bewilligt, sei dies nicht zutreffend. Der Bescheid vom 01.06.2010 beinhalte einen Vorläufigkeitsvermerk. Zudem sei die Rechtsfrage des nachträglichen Wechsels der Rechtsgrundlage von § 48 SGB X auf § 45 SGB X bereits höchstrichterlich geklärt (BSG, Urteil vom 25.04.2012 – B 11 AL 69/01 R). Auch die Frage der Umdeutung in einen Festsetzungs- und Erstattungsbescheid gemäß § 328 SGB III sei mittlerweile höchstrichterlich entschieden (BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 31/14 R). Möglicherweise weiche die Entscheidung des SG jedoch von diesem Urteil ab.

Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Leistungsakte des Beklagten vor. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 07.05.2015 die Berufung nicht zugelassen.

Die Berufung bedarf vorliegend gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 01.04.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl. I S. 446) der Zulassung, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes mit 88,71 EUR 750,00 EUR nicht übersteigt. Auch betrifft der Rechtsstreit nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt vorliegend 88,71 EUR. In dieser Höhe macht der Beklagte eine Erstattungsforderung geltend, gegen den sich die Klägerin wendet.

Die Berufung ist vorliegend nicht zuzulassen. Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2), oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

a) Eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse allein genügt nicht (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 144 Rn. 28).

Das BSG hat mit Urteil vom 25.04.2012 – B 11 AL 69/01 R, Rn. 16 bis 19 ein Auswechseln der Rechtsgrundlage von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X für möglich erachtet. Hierdurch werde die Rechtsverteidigung des Betroffenen nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert. Ebenso hat es mit Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 31/14 R, Rn. 11 ff. eine Umdeutung eines Aufhebungsbescheides gem. § 48 SGB X in einen die zustehenden Leistungen endgültig festzusetzenden Bescheid gem. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III für möglich gehalten.

b) Eine Abweichung der Entscheidung des SG von einer Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 144 RdNr. 30), des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist nicht gegeben. Das SG hat seiner Entscheidung vielmehr die o.g. Rechtsprechung des BSG zugrunde gelegt.

aa) Eine Abweichung vom Urteil des SächsLSG vom 29.10.2009 – L 2 AS 101/08, RdNrn. 130, 131 liegt ebenfalls nicht vor. Darin hat das SächsLSG – wie vom Prozessbevollmächtigten des Klägers zutreffend zitiert – entschieden:

Tenor:

"Da das im jeweiligen Bewilligungsmonat zufließende Erwerbseinkommen bei Erlass der ursprünglichen Bewilligungsbescheide noch nicht fest stand, hätte die Beklagte jeweils nur vorläufige Regelungen im Sinne des § 42 SGB I bzw. im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II i.v.m. § 328 SGB III treffen dürfen. Einen Rechtsanspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hätte sie durch bindenden Verwaltungsakt erst anerkennen dürfen, wenn die Sach- und Rechtslage vollständig geklärt ist (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1990 - 4 RA 57/89 - veröffentlicht in Jurisweb = BSGE 67, 104). Sowohl bei abschließenden als auch bei einstweiligen Verwaltungsakten wird stets nur der jeweils bekannt gegebene Inhalt der im Bescheid getroffenen Regelung wirksam und bindend (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB X - vgl. dazu BSG, Urteil vom 28.06.1990 - 4 RA 57/89 - a.a.O. Randnr. 29).

Aus dem Inhalt des Bescheides der Beklagten vom 15.03.2006 lässt sich nicht ersehen, dass die Beklagte sich eine spätere Überprüfung des jeweiligen Zuflussmonat tatsächlich erzielten Einkommens vorbehalten wollte, insbesondere fehlt es auch an der konkreten Aufforderung an die Kläger, nachfolgend nachzuweisen, ob das angenommene und das tatsächliche Erwerbseinkommen übereinstimmen. Nachdem die Beklagte am 15.03.2006 einen abschließenden Verwaltungsakt erlassen hatte, obwohl die Sachlage noch nicht geklärt war, ist es ihr nicht erlaubt, die Leistungshöhe materiell-rechtlich rückwirkend herabzusetzen weil sie die bindend gewordenen Verwaltungsakte nicht mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen darf (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1990 - 4 RA 57/89 - a.a.O. Randnr. 22; Geiger, a.a.O.)."

Von dieser Entscheidung ist das SG nicht abgewichen. Das SG ist vielmehr – wie sich aus seiner Entscheidung deutlich ergibt – von einer lediglich vorläufigen Bewilligung im Bescheid vom 01.06.2010 gemäß § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 40 Abs. 2 SGB II ausgegangen. Auch hat der Beklagte im genannten Bescheid eindeutig lediglich vorläufige Leistungen gewährt.

bb) Das SG ist auch nicht vom oben zitierten Urteil des BSG vom 29.04.2015 – B 14 AS 31/14, insbesondere RdNr. 26 abgewichen. Zwar hat das BSG darin entschieden, dass ein endgültiger Bescheid im Sinne des § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB II nur ein Bescheid sein kann, der den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt aufhebt und die begehrte Leistung als die "zustehende" endgültige anerkennt. Maßgebend – so das BSG – sei, ob auch für jeden Außenstehenden kein Zweifel über die nunmehr endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung bestehen könne (BSG, a.a.O., RdNr. 26). Das BSG hat im zitierten Urteil weiter ausgeführt, dass es nicht allein auf den Wortlaut der Verfügungssätze ankomme, sondern auch auf alle weiteren Umstände, die nach dem Empfängerhorizont für dessen Verständnis maßgebend seien. Ausreichend sei danach, wenn aus dem gesamten Inhalt eines Bescheides einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung hinreichende Klarheit über die Regelung gewonnen werden könne, auch wenn dazu auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte und auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden müsse. Es müsse sich aus dem Bescheid ergeben, dass nunmehr endgültige Leistungen zuerkannt würden (BSG, a.a.O., RdNrn. 28, 29).

Im Bescheid vom 07.08.2013 hat der Beklagte diesen Maßgaben entsprochen. Er hat die Bewilligungsbescheide vom 25.02.2010 und 01.06.2010 ganz aufgehoben und ausgeführt: "Aufgrund ihrer eingereichten abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit konnte eine endgültige Bearbeitung erfolgen." Damit hat er deutlich gemacht, dass er die Leistungen nunmehr endgültig festsetzt.

c) Ein Verfahrensfehler i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt nicht vor. Da sich die Erstattungsforderung – wie vom SG zutreffend ausgeführt – aus § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB II i.V.m. § 40 Abs. 2 SGB II ergibt, war eine Anhörung zum grob fahrlässigen Fehlverhalten der Kläger nicht erforderlich.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.

Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

Weinholtz Lang Dr. Anders
Rechtskraft
Aus
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