L 25 AS 2488/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 21 AS 2056/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 AS 2488/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Zufluss von Zins- und Kapitalerträgen erfolgt am Tag der Wertstellung. Das Buchungsdatum belegt lediglich den Zeitpunkt der technischen Bearbeitung, nicht hingegen den Zeitpunkt der rechtlichen Verfügungsmöglichkeit des Leistungsberechtigten.
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 28. August 2012 geändert. Die Teilaufhebungs- und Rückforderungsbescheide des Beklagten vom 8. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2008 werden aufgehoben, soweit darin die Aufhebung und Erstattung eines höheren Betrages als 7,18 Euro für Dezember 2006 sowie 11,80 Euro für Dezember 2007 verfügt wird. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anrechnung von Kapitaleinkünften in den Monaten Dezember 2006 und Dezember 2007. Im Oktober 2005 hatte die 1947 geborene Klägerin erstmals Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Beklagten beantragt. Sie verfügte – wie auch in den streitigen Monaten – über Geldanlagen in Höhe von insgesamt etwa 30.000 Euro in Form von Sparbriefen sowie eines Guthabenbetrages auf einem Sparbuch der Stadtsparkasse S Der Beklagte hatte die Leistungsgewährung zunächst wegen fehlender Hilfebedürftigkeit der Klägerin unter Hinweis auf deren Vermögenswerte abgelehnt, jedoch auf den Widerspruch der Klägerin Arbeitslosengeld II unter Bezugnahme auf die Sonderregelung in § 65 Abs. 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) bewilligt. Auf den Fortzahlungsantrag der Klägerin vom 21. August 2006 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 31. August 2006 für den Zeitraum von Oktober 2006 bis April 2007 Arbeitslosengeld II in Höhe von 593,12 Euro pro Monat, ohne Einkommen anzurechnen. Mit einem Fortzahlungsantrag legte die Klägerin am 24. September 2007 Kopien ihres Sparkassenbuches vor, welches neben Kapitalerträgen im Jahr 2006 von 663,42 Euro Kapitalerträge aus den Sparbriefen sowie dem Sparbuch wie folgt auswies: Datum Buchungsmerkmale Konto-Nr. Abgang/Zugang 12.1.07 SPBR 281206 ***169,58+ 12.1.07 SPBR 281206 ***333,00+ ***** Kapitalerträge sind steuerpflichtig ***** 12.1.07 ZINS 311206 ***37,18+ Mit Bescheid vom 2. Oktober 2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum von November 2007 bis Juli 2008 Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 599,22 Euro, ohne Einkommen anzurechnen. Auf Anforderung des Beklagten legte die Klägerin am 10. Juni 2008 Kopien ihres Sparbuchs vor, aus welchem sich Kapitalerträge aus den Sparbriefen sowie dem Sparbuch wie folgt ergaben: Datum Buchungsmerkmale Konto-Nr. Abgang/Zugang 18.1.08 SPBR 271207 ***185,00+ 18.1.08 SPBR 271207 ***319,92+ ***** Kapitalerträge sind steuerpflichtig ***** 18.1.08 ZINS 311207 ***41,80+ Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 2. Juli 2008 hob der Beklagte mit Bescheiden vom 8. Juli 2008 die Bewilligungsentscheidungen für die Monate Dezember 2006 in Höhe von 509,72 Euro sowie für Dezember 2007 in Höhe von 516,72 Euro teilweise auf. Dabei benannte er im Bescheid vom 8. Juli 2008, mit welchem die Einnahmen im Monat Dezember 2006 angerechnet wurden, den Aufhebungszeitraum mit "01.12.2007 bis 31.12.2007". Zur Begründung verwies der Beklagte in den Bescheiden jeweils auf die Einnahmen der Klägerin aus Kapitalerträgen in den Monaten Dezember 2006 und Dezember 2007 sowie auf eine jeweils eingetretene Überzahlung. Ferner forderte er von der Klägerin die Erstattung der genannten Beträge. Hiergegen erhob die Klägerin am 30. Juli 2008 Widerspruch, in welchem sie geltend machte, dass die Anrechnung der Zinseinkünfte rechtswidrig sei. Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2008 zurück. Am 26. September 2008 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben und geltend gemacht, dass die Zinseinkünfte nicht im Monat der Buchung, sondern im Monat des Zuflusses zu berücksichtigen seien. Der Beklagte habe ermessensfehlerhaft gehandelt und fehlerhaft die Zinseinkünfte lediglich in einem Monat berücksichtigt. Darüber hinaus seien mehrere Freibeträge anzurechnen. Auf eine Anfrage des Sozialgerichts hat die Stadtsparkasse S folgende Auskunft erteilt: "Die Zinszahlungen für das Sparbuch gelten jeweils zum 31.12. des Jahres 2006 sowie 2007 als zugeflossen. Da unsere Filialen am 31.12.2006 und am 31.12.2007 geschlossen waren, konnte die Barauszahlung der Zinsen für 2006 erst per 02.01.2007 erfolgen. Eine Abhebung der Zinsen für 2007 war frühestens am 02.01.2008 möglich. Bei Buchungen mit der Abkürzung "SPBR" handelt es sich um Zinszahlungen für Sparkassenbriefe. Die Gutschrift vom 28.12.2006 und 27.12.2007 wurde jeweils mit Wertstellung zum 01.01. des Folgejahres gutgeschrieben." Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28. August 2012 abgewiesen und bestimmt, dass keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten seien. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Zinsgutschriften Einnahmen darstellten, die auf den Bedarf der Klägerin zum Zeitpunkt der Zuflüsse in den Monaten Dezember 2006 sowie Dezember 2007 anzurechnen seien. Die Aufhebung der vorangegangenen Bewilligungsentscheidungen habe durch den Beklagten gemäß § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ohne Ermessensausübung zu erfolgen. Die Entscheidungen des Beklagten seien nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Vertrauensschutz genieße, eine Aufteilung auf mehrere Monate nicht zu erfolgen habe und die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 SGB X beachtet worden sei. Die Klägerin hat gegen den ihr am 31. August 2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 17. September 2012 Berufung eingelegt und vorgetragen, dass der Zinszufluss jeweils im Monat Januar erfolgt sei. Mit Beschluss vom 11. Dezember 2015 hat der Senat die Berufung auf den Berichterstatter übertragen. Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 28. August 2012 sowie die Bescheide des Beklagten vom 8. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht mit dem angegriffenen Gerichtsbescheid die Klage abgewiesen. Die nach § 54 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die Teilaufhebungs- und Rückforderungsbescheide des Beklagten vom 8. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2008 sind teilweise rechtswidrig und verletzen die Klägerin insoweit in ihren Rechten. Nur soweit der Klägerin im Dezember 2006 und Dezember 2007 Kapitalerträge zugeflossen sind, sind die angegriffenen Entscheidungen des Beklagten – jeweils nach Berücksichtigung eines Freibetrages – rechtmäßig. Sie sind rechtswidrig, soweit der Beklagte Kapitalerträge anrechnete, die der Klägerin tatsächlich erst im Januar 2007 bzw. Januar 2008 zugeflossen sind. Die angegriffenen Bescheide sind formell rechtmäßig, insbesondere ist ihrem Erlass eine Anhörung nach § 24 SGB X vorausgegangen. Es bestehen auch keine Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit, soweit der Bescheid vom 8. Juli 2008, mit welchem die Einnahmen im Monat Dezember 2006 angerechnet wurden, als Aufhebungszeitraum den "01.12.2007 bis 31.12.2007" nennt. Denn dabei handelt es sich um eine offensichtliche und damit unbeachtliche Unrichtigkeit. Denn aus dem Zusammenhang von Bescheidtenor, Begründung und Berechnung ergibt sich für einen objektiven Dritten in offensichtlicher Weise, dass der Bewilligungsbescheid vom 31. August 2006 betreffend den Dezember 2006 geändert werden sollte, da die in diesem Monat erzielten Einnahmen angerechnet wurden. Rechtsgrundlage für die Teilaufhebungsentscheidungen des Beklagten ist § 48 Abs. 1 SGB X (in der Fassung vom 18. Januar 2001, BGBl. I, Seite 130) iVm. § 40 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II (in der Fassung vom 14. August 2005, BGBl. I, Seite 2407) iVm. § 330 Abs. 3 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ((SGB III) in der Fassung vom 24. März 1997, BGBl. I, S. 594). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Betrifft er - wie hier - Leistungen nach dem SGB II, ist er mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach seinem Erlass Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 40 Satz 2 Nr. 1 SGB II iVm. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, jeweils in den vorstehend genannten Fassungen). Vorliegend ist in den tatsächlichen Verhältnissen der Klägerin in den Monaten Dezember 2006 und Dezember 2007 eine Änderung eingetreten. Mit Bewilligungsentscheidungen vom 31. August 2006 und 2. Oktober 2007 hatte der Beklagte der Klägerin für diese Monate Arbeitslosengeld II bewilligt, ohne Einkommen zu berücksichtigen. Jeweils nachfolgend erzielte die Klägerin durch den Zufluss von Kapitalerträgen Einkommen, die auf den Bedarf der Klägerin anzurechnen sind, wodurch sie jeweils in geringerem Umfang hilfebedürftig war, § 7 Abs. 1 Satz 1 (in der Fassung vom 20. April 2007, BGBl. I, Seite 554), § 9 Abs. 1 (in der Fassung vom 24. Dezember 2003, BGBl. I, Seite 2954), § 11 Abs. 1 SGB II (in der Fassung vom 24. März 2006, BGBl. I, Seite 558). Denn Zinsgutschriften aus Sparguthaben sind Einnahmen in Geld und als Einkommen des Leistungsberechtigten zu berücksichtigen, wenn sie diesem – wie hier – nach Antragstellung zugeflossen sind. Dies gilt auch dann, wenn es sich beim verzinsten Kapital – wie hier – um Schonvermögen handelt (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 57/07 R –, juris). Dabei ist das erzielte Einkommen gemäß § 2b iVm. § 2 Abs. 3 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung ((ALG II-V) in der Fassung vom 22.8.2005, BGBl. I, Seite 2499) im Monat des tatsächlichen Zuflusses anzurechnen (vgl. auch BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 57/07 R –, juris Rn. 18). Der Klägerin sind die Zinserträge aus dem Sparbuch in Höhe von 37,18 Euro im Dezember 2006 sowie in Höhe von 41,80 Euro im Dezember 2007 zugeflossen, was sich aus der Auskunft der Stadtsparkasse S an das Sozialgericht ergibt. Die Einnahmen aus den Kapitalerträgen der Sparbriefe flossen ihr hingegen erst im Januar 2007 sowie im Januar 2008 zu. Bei der Bestimmung des Zuflusszeitpunktes einer Einnahme kommt es nicht darauf an, für welchen Zeitraum die Zahlung bestimmt war, sondern darauf, wann der Hilfebedürftige die Einnahme erhalten hat und für seinen Lebensunterhalt einsetzen konnte (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 – B 14 AS 76/08 R –, juris Rn. 19; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 4 AS 70/07 R –, juris Rn. 26). Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG – wovon abzuweichen der Senat keinen Anlass sieht – der Zeitpunkt rechtlich maßgeblich, zu welchem das Einkommen dem Leistungsberechtigten als bereites Mittel tatsächlich zur Verfügung steht (vgl. zum Zufluss einer Erbschaft nach Erbauseinandersetzung: BSG, Urteil vom 25. Januar 2012 – B 14 AS 101/11 R –, juris; von der Haftanstalt verwahrtes Geld: BSG, Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 36/13 R –, juris; Zinserträge eines erst zu kündigenden Bausparvertrages: BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 43/14 R –, juris). Entscheidend ist mithin, wann die Kapitalerträge der Klägerin rechtlich zur freien Verfügung standen. Die Zinserträge aus dem Sparbuch standen der Klägerin rechtlich jeweils bereits im Dezember der Jahre 2006 und 2007 zur Verfügung. Denn diese Kapitalerträge sind nach Mitteilung der Sparkasse jeweils im Dezember 2006 und 2007 wertmäßig dem Sparkonto der Klägerin gutgeschrieben worden, so dass sie durch diese Wertstellung die rechtlich freie Verfügungsmöglichkeit über die Kapitalerträge erlangte. Denn vorliegend war auch keine rechtsgestaltende Erklärung der Klägerin erforderlich, um die wertmäßige Gutschrift der Zinsen auf ihrem Konto zu erreichen (vgl. zum Sonderfall der Zinserträge eines erst zu kündigenden Bausparvertrages: BSG Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 43/14 R –, juris). Einer Anrechnung der Zinserträge aus dem Sparbuch steht hier nicht entgegen, dass die Klägerin die Kapitalerträge durch Vorlage des Sparbuches in dieses erst im Januar 2007 und 2008 hat eintragen lassen. Denn die Kapitalerträge standen der Klägerin rechtlich bereits früher zur Verfügung; ferner würde eine solche Ansicht die Anrechenbarkeit auf den Hilfebedarf nach dem SGB II von Zufälligkeiten abhängig machen und eine (auch missbrauchsanfällige) Steuerungsmöglichkeit der Leistungsberechtigten eröffnen. Zur Vermeidung solcher Zufälligkeiten kann es nach Auffassung des Senats auch nicht auf die erste individuellen Abhebemöglichkeit der Klägerin im Einzelfall ankommen, weil dann auch etwaige Schließtage oder individuelle Verhinderungen (z.B. Krankheit) zu berücksichtigen wären. Daher ist es hier unmaßgeblich, dass sich die Klägerin nach Auskunft der Sparkasse S die Zinserträge erst am 2. Januar 2007 und 2008 bar hätte auszahlen lassen können. Nicht im Monat Dezember der Jahre 2006 und 2007 waren dagegen die Kapitalerträge aus den Sparbriefen anzurechnen. Zu Unrecht hat der Beklagte insoweit auf die Buchungsdaten – hier der 28. Dezember 2006 und der 27. Dezember 2007 – abgestellt. Denn auf das Buchungsdatum kommt es insoweit nicht an. Dabei sind der Buchungstag und der Tag der Wertstellung zu unterscheiden. Das Buchungsdatum belegt die technische Bearbeitung des Zahlungsvorgangs durch die Bank oder Sparkasse. Der Tag der Wertstellung bezeichnet den Tag, zu welchem dem Berechtigten die rechtliche und zinswirksame Verfügungsmöglichkeit eingeräumt wird (vgl. zu Wertstellungsdatum und Verfügbarkeit von Geldbeträgen § 675t Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in der Fassung vom 29. Juli 2009, BGBl. I, Seite 2355 sowie die Vorgängerregelung in § 676g Abs. 1 Satz 4 BGB in der Fassung vom 2. Januar 2002, BGBl. I, Seite 42; vgl. zur sozialrechtlichen Unterscheidung von Buchung und Wertstellung: BSG, Urteil vom 16. Februar 1982 – 10/8b RKg 21/80 –, juris Rn. 24). Der Buchungsvorgang erfolgt in der Praxis (gerade zum Jahreswechsel) häufig zeitlich vor der rechtlichen Wertstellung, um den Berechtigten die Zinserträge rechtlich schon am ersten Fälligkeitstag zinswirksam zur Verfügung stellen zu können. Maßgeblich für den Zufluss ist damit hier das Datum der Wertstellung, da die Klägerin eine rechtliche Verfügungsmöglichkeit erst mit der Wertstellung erlangte. Die Erträge aus den Sparbriefen wurden aber – anders als die Zinsen aus dem Sparbuch, die jeweils bereits am 31. Dezember der Jahre 2006 und 2007 wertgestellt wurden – erst am 1. Januar 2007 und 1. Januar 2008 wertgestellt. Damit erzielte die Klägerin im Dezember 2006 lediglich ein Einkommen von 37,18 Euro und im Dezember 2007 von 41,80 Euro. Die Kapitalerträge aus den Sparbriefen sind jeweils erst im Januar des Folgejahres anzurechnen, die Teilaufhebungsentscheidungen des Beklagten betreffen jedoch (nur jeweils) den Monat Dezember. Auf die Zinseinnahmen im Dezember 2006 und Dezember 2007 ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (ALG II-V in der Fassung vom 22.8.2005, BGBl. I, Seite 2499) ein Freibetrag von jeweils 30,00 Euro anzurechnen, so dass im Dezember 2006 ein anrechenbares Einkommen von 7,18 Euro und im Dezember 2007 von 11,80 Euro verbleibt. Nur insoweit sind die Aufhebungsentscheidungen des Beklagten rechtmäßig. Die Zinseinnahmen der Klägerin fallen nicht unter die Bagatellgrenze des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V, da die Kapitalerträge der Klägerin in den Jahren 2006 und 2007 den Bagatellbetrag von 50 Euro jährlich deutlich überstiegen. Die Einnahmen in den Monaten Dezember 2006 und Dezember 2007 waren nicht auf mehrere Monate aufzuteilen, da – selbst bei Anrechnung von allen hier streitigen Kapitalerträgen im jeweiligen Monat Dezember – die Hilfebedürftigkeit der Klägerin und damit der Versicherungsschutz in der Kranken- und Pflegeversicherung nicht entfiele (vgl. BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 57/07 R –, juris Rn. 26). Auf Vertrauen der Klägerin, der Beklagte werde die Kapitalerträge nicht anrechnen, kommt es bei der Anrechnung von nach Erlass der Bewilligungsentscheidung erzieltem Einkommen nicht an, § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Die Aufhebungsentscheidungen vom 8. Juli 2008 erfolgten auch innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 iVm. § 45 Abs. 4 SGB X. Denn der Beklagte erhielt erst im September 2007 sowie im Juni 2008 Kenntnis von den Kapitalerträgen der Klägerin und hat binnen eines Jahres nach erster Kenntniserlangung die Teilaufhebungsentscheidungen getroffen. Die Rückforderungsentscheidungen beruhen auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Soweit die Teilaufhebungsentscheidungen des Beklagten für Dezember 2006 und Dezember 2007 rechtmäßig sind, sind auch die Rückforderungsentscheidungen rechtmäßig. Mangels rechtmäßiger Teilaufhebung der Bewilligungsentscheidungen für die im Januar 2007 bzw. Januar 2008 zugeflossenen Kapitalerträge aus den Sparbriefen sind auch die darauf gestützten Rückforderungsentscheidungen rechtswidrig. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens. Das Unterliegen der Klägerin ist geringfügig, so dass der Senat dem Beklagten die vollen Kosten auferlegt hat. Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Saved