L 23 SO 46/16 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 47 SO 150/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 SO 46/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 5. Februar 2016 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 404,00 Euro monatlich für die Zeit vom 13. April 2016 bis zum 12. Juli 2016, längstens bis zur Entscheidung über den Widerspruch des Klägers vom 29. Januar 2016 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 18. Januar 2016, zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des gesamten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu erstatten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für das Verfahren vor dem Sozialgericht und für das Beschwerdeverfahren bewilligt und Rechtsanwältin J K, Prstraße B, beigeordnet.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt von dem Antragsgegner Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) ab dem 17. Dezember 2015.

Der am 1988 geborene Antragsteller ist polnischer Staatsangehöriger. Er studierte in Polen von September 2007 bis September 2012 Politikwissenschaften sowie Verwaltungs-Management und Public Management. Von Juli 2013 bis November 2014 war er in verschiedenen Tätigkeiten in Polen berufstätig, zuletzt als Verkaufsstellenleiter. Eigenen Angaben zufolge reiste er im November 2014 nach Deutschland ein.

In Deutschland übte er eigenen Angaben zufolge vom 20. November 2014 bis 15. Juni 2015 eine Tätigkeit als Bauhelfer (Abriss, Schuttbeseitigung, Transportarbeiten auf der Baustelle) bei dem Arbeitgeber D M (Fa. "D. M. H S") aus, wobei er ab Februar 2015 nur noch Teilzeit arbeitete. Der Antragsteller gibt an, sich während dieser Berufstätigkeit fast ausschließlich in Berlin aufgehalten zu haben, er habe bei vielen Freunden gewohnt, da er weder eine eigene Wohnung noch ein Zimmer habe finden können. Die Lohnabrechnungen seines Arbeitgebers wurden an eine Adresse des Antragstellers im J/Polen adressiert. Bei der deutschen Sozialversicherung wurde er mit einer Adresse in Polen angemeldet. Eine am 15. Mai 2015 "betriebsbedingt" ausgesprochene Kündigung zum 15. Juni 2015 war ebenfalls an die Adresse in Polen adressiert. In der Zeit vom 12. März bis 22. April 2015, 28. April bis 29. Mai 2015, 3. bis 30. Juni 2015, 7. Juli bis 14. September 2015 und erneut vom 16. September bis 13. Oktober 2015 besuchte der Antragsteller in Berlin Integrationskurse gemäß § 14 Abs. 4 der Verordnung über die Durchführung von Integrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler (Integrationskursverordnung – IntV).

Zum 1. Juni 2015 schloss der Antragsteller mit seinem vormaligen Arbeitgeber Herrn M einen Untermietvertrag, wonach er ab dem 1. Juni 2015 eine Wohnung in B-N in der Astraße mit 70,5 m² Wohnfläche für eine Warmmiete von monatlich 300 EUR anmietete. Der Antragsteller meldete sich in dieser Wohnung zum 16. Juni 2015 polizeilich an.

Am 9. Juli 2015 beantragte der Antragsteller beim zuständigen Jobcenter die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II. Hierbei gab er an, in Deutschland leben und arbeiten zu wollen. Er legte eine Bescheinigung seines ehemaligen Arbeitgebers und jetzigen Vermieters (Fa. M GmbH) vor, wonach dieser ihn nach Absolvierung eines "Orientierungskurses B 2+" einstellen wolle.

Den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld II lehnte das Jobcenter mit Bescheid vom 15. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2015 mit der Begründung ab, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II schließe einen Anspruch aus, weil der Antragsteller ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitssuche habe. Die Klage hiergegen ist beim Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 156 AS 24942/15 anhängig.

Mit Beschluss vom 16. Dezember 2015 hat das Sozialgericht Berlin das Jobcenter im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, für die Zeit vom 7. Dezember 2015 bis 15. Dezember 2050 einmalig 209,70 EUR zu zahlen, und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem die Gewährung von Leistungen für den Zeitraum vom 16. Dezember 2015 bis zum 1. Juni 2016 begehrt worden war, abgelehnt. Eine Beiladung des Trägers der Sozialhilfe erfolgte nicht. Der Beschluss wurde mangels Einlegung von Rechtsmitteln rechtskräftig.

Am 17. Dezember 2015 beantragte der Antragsteller bei dem Antragsgegner Leistungen nach dem SGB XII. In dem vom Antragsteller unter dem 12. Januar 2016 unterzeichneten Formular "Antragsbogen A – Antrag auf Sozialhilfe" heißt es unter V. Unterkunft: "Es werden keine Leistungen für die Unterkunft beantragt". Im Fragebogen für Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften gab der Antragsteller an, außer ihm wohne ein gewisser D S, geb. 20.11.1989, sowie eine weitere Person, deren Namen ihm nicht bekannt sei, und die ihre persönlichen Daten nicht angeben möchte, noch in der Wohnung. Beides seien Untermieter.

Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18. Januar 2016 mit der Begründung ab, dass Leistungen nach dem SGB XII nach § 21 SGB XII nicht in Betracht kämen, wenn jemand dem Grunde nach erwerbsfähig sei. Dies sei vorliegend der Fall. Der gegen den Ablehnungsbescheid am 29. Januar 2016 erhobene Widerspruch wurde bisher nicht beschieden.

Mit dem ebenfalls am 29. Januar 2016 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII für die Zeit ab dem 17. Dezember 2015 fortlaufend begehrt.

Mit Beschluss vom 5. Februar 2016 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Es sei kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Sowohl die tatsächlichen als auch die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers seien "undurchsichtig" und genügten nicht der Glaubhaftmachung einer Hilfebedürftigkeit.

Gegen den am 5. Februar 2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 23. Februar 2016 Beschwerde bei dem LSG Berlin-Brandenburg eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Glaubhaftmachung seiner Bedürftigkeit hat er eine eigene eidesstattliche Versicherung vom 12. Februar 2016, eine eidesstattliche Versicherung des D M vom 15. Februar 2016 und eine eidesstattliche Versicherung seiner Eltern vom 14. Februar 2016 eingereicht und vorgetragen, er habe sich über Weihnachten etwa zwei Wochen und anschließend dreimal am Wochenende bei seinen Eltern aufgehalten, die ihn jedes Mal mit großen Mengen Essen versorgt hätten, von dem er sich anschließend in Berlin ernährt habe. Für die Fahrten zu seinen Eltern habe er einmal 30 EUR zahlen müssen, sonst habe er kostenlos bei einem Freund im Auto mitfahren können. Im Übrigen habe er seinen Vermieter und ehemaligen Arbeitgeber zu überreden vermocht, ihm im Zeitraum zwischen Ende November und Ende Januar insgesamt etwa 500 EUR zu leihen.

Auf Anfrage des Gerichts hat der Antragsteller mitgeteilt, sein ehemaliger Arbeitgeber stelle ihm zwar weiterhin ein Beschäftigungsverhältnis in Aussicht, habe ihn aber wegen aktueller eigener finanzieller Probleme bisher nicht eingestellt. Der Antragsteller hat ferner einen Kontoauszug seines Girokontos bei der Postbank (IBAN DE 17 1001 0010 0680 0811 17) für die Zeit vom 29. Januar bis 22. März 2016 zur Akte gereicht, wonach das Konto am 22. März 2016 ein Guthaben von 34,30 EUR ausweist.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend und die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 3.12.2015 – B 4 AS 44/15 R) aus den Gründen der Entscheidungen des Sozialgerichts Berlin (Beschluss vom 19. Februar 2016 – S 95 SO 3345/15 ER) und des LSG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 10. Februar 2016 – L 3 AS 668/15 B ER) nicht für überzeugend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist zum Teil begründet. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt gegen den Antragsgegner für drei Monate ab der Entscheidung des Senats. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind Einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Voraussetzung hierfür ist regelmäßig, dass sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. ein materieller Leistungsanspruch, als auch ein Anordnungsgrund, d.h. eine Eilbedürftigkeit, gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht ist. Dabei stehen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch nicht beziehungslos nebeneinander, sondern bilden auf Grund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System dergestalt, dass, je größer die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind, je geringere Anforderungen an den Anordnungsgrund zu stellen sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 86b Rn. 27 m.w.N.).

Der Senat geht davon aus, dass ein Anordnungsgrund besteht, da der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass ihm finanzielle Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhalts nicht zur Verfügung stehen. Hierzu hat er einen Kontoauszug vom 22. März 2016 vorgelegt, auf dem ein Kontostand von ca. 34 EUR und seit Ende Januar 2016 nur Abhebungen von insgesamt 200 EUR verzeichnet sind. Durch die eidesstattlichen Versicherungen des Antragstellers und seiner Eltern vom 12. und 15. Februar 2016 ist auch glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller derzeit Geldmittel in ausreichender Höhe nicht zur Verfügung stehen.

Auch ein Anordnungsanspruch ist gegeben. Es bestehen große Erfolgsaussichten für ein Obsiegen in der Hauptsache. Dem Antragsteller dürften Leistungen der Sicherung zum Lebensunterhalt gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII als Ermessensleistung zu gewähren sein. Entsprechend der Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 3. Dezember 2015, Az.: B 4 AS 44/15 R, dokumentiert in juris und in ZFSH/SGB 2016, 126) hat der Antragsteller einen sich aus dem garantierten Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG) ergebenden Anspruch glaubhaft gemacht (vgl. hierzu auch den Terminbericht zu den Urteilen des 14. Senats des BSG vom 16. Dezember 2015, zu finden unter www. Bundessozialgericht.de "Termine"). Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die Gründe des Urteils des BSG vom 3. Dezember 2015, Az. B 4 AS 44/15 R, a.a.O., verwiesen.

Die Einwendungen des Antragsgegners und der von ihm zitierten Gerichte gegen die Urteile des Bundessozialgerichts sind hier im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht geeignet, einen Anordnungsanspruch zu verneinen und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Der für die Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG hat bereits entschieden, dass auch einem Ausländer, der dem Leistungsausschluss des § 23 Abs. 3 Satz 1 erste oder zweite Alternative SGB XII unterfällt, vom Träger der Sozialhilfe Leistungen in Ausübung von Ermessen gewährt werden können, soweit es im Einzelfall gerechtfertigt ist (vgl. Urteil des BSG vom 18. November 2014, Az. B 8 SO 9/13 R, juris Rn. 28 = SozR 4- 3500 § 25 Nr. 5). Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist insoweit jedenfalls hinsichtlich eines Ermessensanspruchs von einer hohen Erfolgsaussicht in der Hauptsache auszugehen. Mit den Einwendungen des Antragsgegners gegenüber der Rechtsprechung der mit den Angelegenheit der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II befassten Senate des Bundessozialgerichts wird sich ggf. im Hauptsacheverfahren auseinanderzusetzen sein.

Der Senat hat eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt jedoch nur für drei Monate ausgesprochen. Grund dafür ist zum einen, dass nicht ausgeschlossen ist, dass es dem jungen, gesunden und erwerbsfähigen Antragsteller gelingen wird, in Wahrnehmung seiner Selbsthilfeobliegenheit (§ 2 SGB XII) auf dem sich saisonbedingt wieder entspannenden Arbeitsmarkt zeitnah eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, mit der er seinen Lebensunterhalt – gegebenenfalls mit Hilfe ergänzender Leistungen des SGB-II-Leistungsträgers – decken kann.

Die Verpflichtung für lediglich drei Monate war zum anderen deshalb vorzunehmen, damit der Antragsgegner Gelegenheit hat, sein Ermessen unter Berücksichtigung der ggf. noch zu ermittelnden Umstände des Einzelfalles auszuüben. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII, der Rechtsgrundlage für die Verpflichtung des Antragsgegners ist, kann, wenn ein Anspruch auf Leistungen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht gegeben ist, Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Danach ist, nach Feststellung der Umstände des Einzelfalles, vom Sozialhilfeträger Ermessen auszuüben, was bisher nicht erfolgt ist.

Unabhängig davon, ob der Rechtsprechung des BSG zu folgen ist, wonach eine Ermessensreduzierung auf Null im Regelfall bereits anzunehmen ist, wenn sich der Hilfebedürftige länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufgehalten hat (vgl. hierzu ablehnend LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 7. März 2016, Az. L 15 AS 185/15 B ER, juris, Rn. 16 f.), ergibt sich bereits aus dem Urteil des BSG vom 3. Dezember 2015, Az.: B 4 AS 44/15 R, dass es auch Fälle geben kann, in denen trotz des Zeitablaufs eine Reduzierung des dem Beklagten nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII eingeräumten Ermessens nicht anzunehmen ist.

Derartige Umstände können insbesondere vorliegen, wenn die tatsächlichen Lebensumstände des Unionsbürgers darauf schließen lassen, dass er nicht auf Dauer im Inland verweilen wird, oder wenn die Ausländerbehörde bereits konkrete Schritte zur Beendigung des Aufenthaltes eingeleitet hat (vgl. bereits BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, Az. B 4 AS 44/15 R, juris Rn. 57 am Ende). Berücksichtigung kann auch finden, ob der Betroffene in der Vergangenheit bereits seinen Aufenthalt im Inland für längere Zeit unterbrochen und in seinem Heimatland oder einem anderen Mitgliedstaat gelebt hat. Weiterhin können ggf. Selbsthilfemöglichkeiten (§ 2 SGB XII; vgl. W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage 2006, § 2, Rn. 7) bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen sein.

Vorliegend sind bereits Umstände erkennbar, die dafür sprechen könnten, dass hier das dem Antragsgegner eingeräumte Ermessen nicht auf eine Verpflichtung zur Gewährung von Hilfen zum Lebensunterhalt in vollem Umfang reduziert ist. Der Antragsteller hat zwar vorgetragen, aus einem Untermietverhältnis monatlich 300 EUR zu schulden, Leistungen für Kosten der Unterkunft bei der Antragstellung beim Antragsgegner jedoch ausdrücklich nicht begehrt. Dies und der Umstand, dass der angebliche Vermieter die Nichtzahlung der angeblich vereinbarten Miete über einen Zeitraum von inzwischen elf Monaten nicht zum Anlass genommen hat, das Mietverhältnis zu beenden, spricht dafür, dass der Antragsteller entweder keinem ernsthaften Mietverlangen ausgesetzt ist oder eine Begleichung der Unterkunftskosten auf anderem Wege erfolgt.

Die Umstände, die im Rahmen des vom Antragsgegner auszuübenden Ermessens zu berücksichtigen sind, wird dieser zu ermitteln haben. Hierfür dürfte ein Zeitraum von drei Monaten ausreichend sein. Aus diesem Grund konnte dem Antrag auf zeitlich unbegrenzte Verpflichtung nicht gefolgt werden und war die Beschwerde insoweit zurückzuweisen.

Der Beginn der Leistungen war auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats festzulegen. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller sofort zurückzuerstattende finanzielle Verpflichtungen eingegangen ist, die eine Gewährung von Leistungen bereits ab Antragseingang bei dem Sozialgericht – oder gar wie beantragt ab Antragseingang beim Antragsgegner – erforderlich machen würden, um eine Notlage abzuwenden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Kosten der Unterkunft und Heizung hat der Antragsteller, wie ausgeführt, nicht geltend gemacht. Der Antragsgegner war daher lediglich zur Zahlung des monatlichen Regelbedarfs in Höhe von 404,00 Euro zu verpflichten. Gründe für eine Reduzierung dieses Betrages liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dem Antragsteller war Prozesskostenhilfe sowohl für das erstinstanzliche als auch für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten zu gewähren, da die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bot bzw. sogar teilweise erfolgreich war (§ 73 a SGG i.V.m. 114 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved