S 12 KA 466/15

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 466/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 27/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
1. Liegt eine Beschäftigung eines anderen Arztes ohne Genehmigung vor, kann grundsätzlich eine sachlich-rechnerischen Berichtigung und einer Honorarrückforderung hinsichtlich der vom ohne Genehmigung beschäftigten Arzt erbrachten Leistungen vorgenommen werden (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1, juris Rdnr. 15 f.).
2. Nicht zu beanstanden ist die Berechnung des Berichtigungsbetrages, wenn die Kassenärztliche Vereinigung im Rahmen ihres Schätzungsermessens den Leistungsanteil abschöpft, der im Quartal auf Leistungen jenseits der zeitlichen Grenze von 780 Stunden (Quartalsprofil) entfällt.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 146.447,90 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um einen Honorarberichtigung für die fünf Quartale I/13 bis III/13 aufgrund einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung in Höhe von 146.447,90 EUR.

Der Kläger ist als hausärztlich tätiger Internist zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

In den Quartalen I/12 bis I/14 setzte die Beklagte durch Honorarbescheid das Honorar des Klägers wie folgt fest:

Quartal I/12 II/12 III/12 IV/12
Honorarbescheid v. 03.07.2012 28.09.2012 06.01.2013 08.04.2013
Nettohonorar gesamt in EUR 167.479,74 148.270,86 129.186,38 170.922,87
Fallzahl PK+EK 1.278

Quartal I/13 II/13 III/13 IV/13
Honorarbescheid v. 15.07.2013 20.09.2013 28.12.2013 07.04.2014
Nettohonorar gesamt in EUR 125.690,22 165.302,67 143.102,47 133.949,18
Honorarbescheid v. 11.09.2014 07.11.2014 07.01.2015
Nachvergütung in EUR 35.477,49 24.187,18 33.346,40
Fallzahl PK+EK 1.145 1.262 1.199

Quartal I/14 II/14
Honorarbescheid v. 16.07.2014 08.10.2014
Nettohonorar gesamt in EUR 147.920,82 158.095,42

Die Beklagte führte für die Quartale III/12 bis III/13 eine Plausibilitätsprüfung durch und übersandte dem Kläger unter Datum vom 17.11.2014 die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse für diese Quartale unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile.

Der Kläger trug unter Datum vom 20.01.2015 vor, er sei als Internist mit vorwiegend nuklearmedizinischer Tätigkeit seit über 40 Jahren niedergelassen. Im Zuge der Verhandlung mit einem potentiellen Praxisnachfolger, dem Nuklearmediziner Dr. C., habe dieser, um einen Einblick in die Praxis zu erhalten, häufig fünftägige Praxis-Vertretungen gemacht und dafür ein relativ hohes Honorar, mit Unterbringung in einem Hotel, erhalten. Z.T. habe er teilweise die Praxis bereits am Freitag verlassen, da er in D-Stadt gewohnt habe, und sei erst am Montag zurückgekehrt. Z. T. habe er zur gleichen Zeit ebf. Sprechstunde gehalten. Dr. C. habe seine Zeit in der Praxis verbracht und am Abend noch Befunde diktiert. Dadurch seien Sprechstundenzeiten von ca. 14 Stunden entstanden. Seine abendliche Anwesenheit habe auch wieder weitere Patienten außerhalb der Sprechstunde angezogen. In den Quartalen I bis III/13 sei die Chroniker-Ziffer angesetzt worden, später jedoch wieder abgesetzt worden, da O III-Leistungen durchgeführt worden seien. Für Dr. C. habe er bei der Beklagten nicht um eine Genehmigung nachgesucht, da er in der Praxis nicht kontinuierlich anwesend gewesen sei. Durch ihn sei es insb. in den Quartalen II und III/13 zu mehr Leistungen gekommen. Aufgrund der rechtlichen Änderungen habe Herr Dr. C. die Praxis nicht übernehmen können. Zum 01.01.2014 habe er seine Tätigkeit eingestellt.

Die Beklagte hob mit Bescheid vom 11.03.2015 im Rahmen der zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnung der Praxis des Klägers für die fünf Quartale III/12 bis I/13 die Honorarbescheide für die drei Quartale I/13 bis III/13 auf und setzte die unter Prüfungsvorbehalt gezahlte Vergütung neu fest. Hieraus errechnete sie eine von ihr festgesetzte Honorarrückforderung in Höhe von insgesamt 146.447,90 EUR netto. Im Einzelnen setzte sie folgende Honorarrückforderungen fest:

Quartal Kürzungsbetrag in EUR netto
I/13 32.618,70
II/13 62.017,92
III/13 51.811,28
gesamt 146.447,9

Zur Begründung verwies sie auf die Tages- und Quartalsprofile des Klägers:
Tagesprofil Maximale Quartalsprofil
Anzahl Tage davon Arbeitszeit Zeitsumme Überschreitung
Quartal ) 12 Std. ) 16. Std. pro Tag im Quartal Std.: Min. Std.: Min
III/12 3 0 14:32 847:39 67:39
IV/12 2 0 14:39 870:21 90:21
I/13 0 0 971:02 191:02
II/13 2 0 15:44 1.145:59 365:02
III/13 0 0 1.091:21 311:21

Der Kläger habe keinen Assistenten gemeldet gehabt, weshalb dessen Arbeitsanteil nicht feststellbar sei. Es bleibe weiterhin die Frage, warum sich die Chronikerziffern ab dem Quarta I/13 praktisch verdoppelt hätten. Nach der Streichung der Chronikerziffern im EBM habe eine Verlagerung auf psychosomatische Leistungen stattgefunden. Der Kläger habe zumindest grob fahrlässig Leistungen abgerechnet, die er nicht erbracht habe. Die Kürzung berechne sie aus dem prozentualen Verhältnis der als implausibel festgestellten Überschreitungszeiten zur Gesamtzeit im Quartal auf der Grundlage der Prüfzeiten nach Anl. 3 zum EBM 2005. Die so ermittelte Überschreitungsquote sei dem quotierten Gesamthonorar gegenüber zu stellen und ergebe den Kürzungsbetrag.

Hiergegen legte der Kläger am 14.03.2015 Widerspruch ein. Zur Begründung seines Widerspruchs führte der Kläger aus, die Beklagte habe ihr Schätzungsermessen fehlerhaft ausgeführt. Herr Dr. C. sei insb. in den EBM-Bereichen 03212 (Chronikerpauschale) sowie 35100 und 35110 EBM (psychosomatische Leistungen) tätig gewesen. Kürze man sämtliche Leistungen - ohne Berücksichtigung, dass auch er selbst solche Leistungen erbracht habe - für die drei streitgegenständlichen Quartale, so ergäbe sich ein Kürzungsbetrag in Höhe von insgesamt 87.641,47 EUR. Die von der Beklagten nicht sanktionierten Quartale III und IV/12 zeigten im Übrigen, dass er eine Quartalsarbeitszeit von 847 Stunden und 39 Minuten bzw. 870 Stunden und 21 Minuten habe. Letzteres entspreche 52.221 Minuten. Gehe man hiervon aus, ergebe sich ein Kürzungsbetrag in Höhe von insgesamt 100.722,20 EUR.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2015, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 17.09.2015 zugestellt, den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die für die Quartale I/13 bis III/13 erstellten Quartalszeitprofile führten den Indizienbeweis, dass die Abrechnungen fehlerhaft seien. Der Kläger habe außerdem eingeräumt, dass ein nicht genehmigter Arzt in diesen Quartalen Leistungen in seiner Praxis erbracht habe. Er habe gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung verstoßen. Die Sammelerklärung sei damit falsch. Der Kläger habe vorsätzlich gehandelt. Für die Neuberechnung des Honorars stehe ihr im Rahmen des Beurteilungsspielraumes ein weites "Schätzungsermessen" bzgl. der Art und Weise der Kürzungsberechnung zu. Die gewählte Berechnungsmethode sei nicht zu beanstanden, da sich die Honorarrückforderung an dem Verhältnis zwischen plausiblen Zeiten und Überschreitungen der plausiblen Zeiten orientiere. Dieses Verhältnis (dargestellt als Prozentsatz) werde auf das erwirtschaftete Gesamthonorar (nach ggf. Durchführung von Begrenzungsmaßnahmen, Vorabzug von Verwaltungskosten, ausgewiesen im Honorarbescheid) übertragen, und es werde ein entsprechender Rückforderungsbetrag festgestellt. Mit dieser Berechnungsweise werde ein erwirtschafteter Minutenpreis für alle abrechneten Leistungen ermittelt und der implausible Leistungsanteil, der über dem Zeit-Grenzwert liege, abgeschöpft. Zu Gunsten des Klägers sei die Rückforderung auf die die Quartalsprofilgrenze überschreitenden Zeiten beschränkt worden, obwohl nach der Einlassung des Klägers wahrscheinlich sei, dass der Kollege in größerem Umfang mitgearbeitet habe. Sie sei bei ihrer Schätzung nicht auf einzelne Leistungen beschränkt. Auch fehle ein Nachweis, welche Leistungen der Kollege erbracht habe. Das Abrechnungsverhalten und der Vortrag des Klägers deute vielmehr darauf hin, dass der Kollege im gesamten Leistungsspektrum tätig gewesen sei. Die Zahl der Behandlungsfälle sei seit dem Quartal I/12 weitgehend gleich geblieben, der Anteil der Chronikerpauschale habe im Jahr 2012 bei 33 - 38 % gelegen, in den Quartalen I bis III/13 liege er bei 71 %, 82 % und 87 %. Entgegen dem Vortrag des Klägers würden auch in den Quartalen I bis III/13 weniger psychosomatische Leistungen abgerechnet werden als in den Quartalen III und IV/12. Die Vorquartale seien keineswegs plausibel. Sie habe aber die Kürzung auf die Quartale mit der unerlaubten Mitarbeit des Kollegen begrenzt.

Hiergegen hat der Kläger am 05.10.2015 die Klage erhoben. Unter Wiederholung seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren trägt er ergänzend vor, klarzustellen sei, dass sein Kollege in den sanktionierten Quartale anfänglich fünf Tage, danach vier Tage und zum Schluss drei Tage in der Praxis mitgearbeitet habe. Es treffe nicht zu, dass der Kollege anstelle seiner Person gearbeitet habe. Abendsprechstunden habe weder er noch der Kollege angeboten.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hält ihre Berechnungsmethode bzgl. des Kürzungsbetrags für rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 16.03.2015 angehört. Ein Einverständnis der Beteiligten hierzu wird vom Gesetz nicht verlangt. Im Übrigen haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid eiverstanden erklärt.

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist aber unbegründet. Der Honorarrückforderungsbescheid der Beklagten vom 11.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 17.09.2015 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.

Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragszahnärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragszahnärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V, eingefügt durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl. I 2003, 2190, mit Wirkung zum 01.01.2004).

Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung erstreckt sich auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß – somit ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes – erbracht worden sind. Solche Verstöße können z. B. darin liegen, dass die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl. BSG, Urt. v. 01.07.1998 – B 6 KA 48/97 R - SozR 3-2500 § 75 Nr. 10 = Breith 1999, 659 = USK 98163, zitiert nach juris, Rdnr. 15 m.w.N.). Zur Feststellung, ob abgerechnete Leistungen vollständig erbracht worden sind, ist es zulässig, Tagesprofile zu verwenden (vgl. BSG, Urt. v. 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 4 = BSGE 73, 234 = MedR 1994, 206 = NJW 1995, 1636 = USK 93141, juris Rdnr. 24 ff.; BSG, Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 16/99 R - SozR 3-2500 § 83 Nr. 1 = BSGE 86, 30 = NZS 2001, 213 = USK 2000-111, juris Rdnr. 48).

Tages- und Quartalsprofile sind ein geeignetes Beweismittel, um einem Arzt unkorrekte Abrechnungen nachweisen zu können. Die Beweisführung mit solchen Profilen ist dem Indizienbeweis zuzuordnen. Für ihre Erstellung sind bestimmte Anforderungen erforderlich. Für die Ermittlung der Gesamtbehandlungszeit des Arztes dürfen nur solche Leistungen in die Untersuchung einbezogen werden, die ein Tätigwerden des Arztes selbst voraussetzen. Delegationsfähige Leistungen haben außer Betracht zu bleiben. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die für die einzelnen ärztlichen Leistungen zugrunde zu legenden Durchschnittszeiten so bemessen sein müssen, dass ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen kann. Der Qualifizierung als Durchschnittszeit entspricht es, dass es sich hierbei nicht um die Festlegung absoluter Mindestzeiten handelt, sondern um eine Zeitvorgabe, die im Einzelfall durchaus unterschritten werden kann. Die Durchschnittszeit stellt sich aber bei einer ordnungsgemäßen und vollständigen Leistungserbringung als der statistische Mittelwert dar (vgl. BSG, Urt. v. 24.11.1993 – 6 RKa 70/91 – a.a.O., Rdnr. 24 ff.; LSG Hessen, Urt. v. 26.11.2014 - L 4 KA 2/11 - Umdruck. S. 16; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 10.10.2007 – L 7 KA 56/03 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 21). Als Nachweis für eine Falschabrechnung des Quartals genügt bereits ein beliebiger falsch abgerechneter Tag (vgl. BSG, Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 16/99 R – a.a.O. Rdnr. 37). Tages- und Quartalsprofil stehen alternativ und nicht kumulativ als Indizien für eine implausible Abrechnung nebeneinander (vgl. BSG, Beschl. v. 17.08.2011 - B 6 KA 27/11 B - juris Rdnr. 6).

Für Quartalsprofile, die Behandlungszeiten für Leistungen dokumentieren, die der Arzt in einem Quartal und damit in einem deutlich längeren Zeitraum abgerechnet hat, gilt nichts anderes als für Tagesprofile. Sie eignen sich ebenso als Indizienbeweis für eine nicht ordnungsgemäße Abrechnung. Wird einer der in § 8 Abs. 3 der AbrechnPr-RL genannten Werte überschritten, liegen Abrechnungsauffälligkeiten vor und führt die KV eine Prüfung nach § 12 AbrechnPr-RL durch. Diese Prüfung dient nicht mehr der Ermittlung von Auffälligkeiten, sondern der Feststellung, ob die anhand der Zeitprofile zu Tage getretenen Abrechnungsauffälligkeiten auf einer nicht ordnungsgemäßen Abrechnung beruhen. Geprüft wird, wie § 12 Abs. 3 Satz 1 AbrechnPr-RL ausdrücklich feststellt, ob sich die Auffälligkeiten zugunsten des Arztes erklären lassen. Hierfür lassen sich aus dem Umstand, dass Tagesprofile im Gegensatz zum Quartalsprofil unauffällig waren, keine Erkenntnisse gewinnen (vgl. BSG, Beschl. v. 17.08.2011 - B 6 KA 27/11 B - juris Rdnr. 6).

Ausgehend hiervon war die Beklagte grundsätzlich berechtigt, Quartalsprofile zu erstellen.

Die Beklagte hat den Kläger durch Übersendung des Anhörungsschreibens und des Ausgangsbescheids ausreichend angehört (§ 24 SGB X).

Der angegriffene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

Die Beklagte hat die Quartalsprofile nicht falsch berechnet. Fehler sind weder ersichtlich noch werden sie vorgetragen.

Soweit die Beklagte zunächst darauf abstellt, dass der Kläger einen Arzt in seiner Praxis ohne Genehmigung beschäftigt hat, war sie grundsätzlich zur Kürzung aller von diesem Arzt abgerechneten Leistungen berechtigt.

Der Vertragsarzt hat die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben (§ 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV). Als Ausnahme von diesem Gebot der persönlichen Leistungserbringung gilt neben der Anstellung von Ärzten die Vertretung, Beschäftigung von Assistenten und die Delegation von Hilfstätigkeiten, soweit die rechtlichen Grenzen hierfür eingehalten werden (§ 98 Abs. 2 Nr. 13 SGB V, § 32 Ärzte-ZV). Die Anstellung eines Arztes setzt eine Genehmigung des Zulassungsausschusses voraus (§ 95 Abs. 9 Satz 1 und 2 SGB V). Die Beschäftigung von Assistenten bedarf der Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung (32 Abs. 2 Satz 1 Ärzte-ZV) und ist im Übrigen begrenzt auf Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Entlastungsassistenten (§ 32 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV). Eine rückwirkende Genehmigung ist ausgeschlossen (vgl. BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 30/06 R - SozR 4-2500 § 98 Nr. 4, juris Rdnr. 11 ff.). Eine – kurzzeitige – Vertretung wegen Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung ist bis zu einer Dauer von drei Monaten innerhalb von zwölf Monaten zulässig (§ 32 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV). Aus den Vorgaben zur Anzeigepflicht ergibt sich im Umkehrschluss, dass eine darüber hinausgehende Vertretung oder Vertretung aus anderen Gründen genehmigungspflichtig ist (vgl. § 32 Abs. 2 Satz 4 Ärzte-ZV). Sie ist auch – ebenso wie die Beschäftigung eines Assistenten – nur aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung möglich. Dauert die Vertretung länger als eine Woche, so ist sie der KV mitzuteilen (§ 32 Abs. 1 Satz 4 Ärzte-ZV).

Der Kläger hat selbst angegeben, Herr Dr. C. jedenfalls in den hier strittigen drei Quartalen I bis III/13 beschäftigt zu haben. Dies hat er weder angezeigt noch hat er hierfür eine Genehmigung beantragt oder erhalten. Sachlich dürfte es sich um die Anstellung eines Arztes nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V gehandelt haben, da eine Vertretung des Klägers, die seine Abwesenheit voraussetzt, wohl nur selten vorgekommen ist. Nach dem im Klageverfahren zuletzt gehaltenen Vortrag hat Herr Dr. C. in den streitbefangenen Quartale anfänglich fünf Tage, danach vier Tage und zum Schluss drei Tage in der Praxis mitgearbeitet. Damit ist von einer Dauerbeschäftigung des Herrn Dr. C. im gesamten streitbefangenen Zeitraum auszugehen. Zwar hat der Gesetzgeber des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes davon abgesehen, dass Fachgebietsidentität für die Anstellung eines Arztes - abgesehen von der sog. Job Sharing-Anstellung - bestehen muss (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV; siehe auch § 14a Abs. 2 BMV-Ä). Letztlich kann aber dahingestellt bleiben, ob der Kläger eine Genehmigung hätte erhalten können, da er diese nicht beantragt hat und eine solche nicht rückwirkend erteilt werden kann (vgl. für den Vertreter BSG, Urt. v. 28.01.1998 B 6 KA 93/96 R - SozR 3-2500 § 135 Nr. 6, juris Rdnr. 17).

Soweit aber eine Beschäftigung eines anderen Arztes ohne Genehmigung vorliegt, kann grundsätzlich eine sachlich-rechnerischen Berichtigung und einer Honorarrückforderung hinsichtlich der vom ohne Genehmigung beschäftigten Arzt erbrachten Leistungen vorgenommen werden (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1, juris Rdnr. 15 f.; SG Marburg, Urt. v. 26.11.2008 - S 12 KA 459/09 - juris Rdnr. 31 ff.; SG Marburg, Urt. v. 02.09.2015 - S 16 KA 531/13 - juris Rdnr. 56).

Der Beklagte hat auch vorsätzlich die von seinem angestellten Arzt erbrachten Leistungen im Wissen um das Fehlen der Genehmigung abgerechnet, was letztlich von ihm auch nicht bestritten wird.

Verjährung bzw. Ausschluss einer Berichtigung wegen Zeitablaufs ist nicht eingetreten. Die Beklagte kann eine Berichtigung innerhalb von vier Jahren vornehmen (vgl. BSG Urt. v. 15.11.1995 – 6 RKa 57/94 – SozR 3-5535 Nr. 119 Nr. 1 = USK 95136, juris Rdnr. 10 und BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 35 = BSGE 98, 169 = GesR 2007, 461 = USK 2007-35 = ZMGR 2008, 144, juris Rdnr. 16 m. w. N.).

Soweit der Kläger die Ermessensausübung als fehlerhaft ansieht, war ihm nicht zu folgen. Insofern hat die Beklagte nur die Teile des Honorars zurückgefordert, die sie bereits aufgrund der Quartalsprofile hätte zurückfordern können. Insofern kann die Beschäftigung eines Arztes ohne Genehmigung unter keinem Gesichtspunkt zu einer Erhöhung des Zeitrahmens des Quartalsprofils führen.

Nicht zu beanstanden war die Berechnung des Berichtigungsbetrages. Im Rahmen ihres Schätzungsermessens hat die Beklagte den Leistungsanteil abgeschöpft, der im Quartal auf Leistungen jenseits der zeitlichen Grenze von 780 Stunden entfällt.

Der Rechenvorgang über die Feststellung eines Überschreitungsprozentsatzes bedeutet letztlich, dass die Beklagte einen erwirtschafteten Minutenpreis für alle abgerechneten Leistungen ermittelt hat. Auf diese Weise hat die Beklagte alle Vergütungsanteile und evtl. Sachkostenerstattungen einbezogen. Dies war von der Kammer nicht zu beanstanden. Die letztlich hier zu Tage tretende systematisch fehlerhafte Abrechnung hat die Beklagte damit zu Gunsten des Klägers letztlich nur auf den Teil der Abrechnung bezogen, der auf die Überschreitung der 780 Stunden-Grenze entfällt und die Vermutung begründet, dass dieser Teil nicht mehr ordnungsgemäß erbracht werden kann. 780 Stunden bedeuten eine tägliche reine Arbeitszeit von durchgehend 12 Stunden ohne jegliche Pause.

Anhand der Überschreitung der Quartalsprofile ermittelt die Beklagte den prozentualen Leistungsumfang, der gekürzt werden kann. Soweit sie diese "Quote" mit dem jeweiligen Nettohonorar multipliziert, erhält sie den Kürzungsbetrag. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sie von einer gleichbleibenden Vergütung für alle Leistungen ausgeht und nicht danach unterscheidet, wie sich die Honorarfestsetzung aufgrund der verschiedenen Begrenzungsmechanismen gestaltet. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Beklagte von einem durchschnittlichen Punktwert für alle Leistungen ausgeht, unabhängig davon, ob es sich im Einzelnen um Leistungen zum sog. oberen Punktwert oder unteren Punktwert aufgrund der Überschreitung des Regelleistungsvolumen handelt. Ein solcher durchschnittlicher Punktwert ist der Punktwert, mit dem letztlich die Leistungen des Klägers vergütet wurden.

Es besteht kein Anspruch darauf, dass zunächst die – im Rahmen der Honorarberechnung - geringer vergüteten Leistungen als Maßstab genommen werden. Für die Berechnung der Rückforderung aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung im Falle von Budgetierungen bleibt der praxisindividuelle Punktwert maßgebend, der sich auf der Grundlage des vom Arzt in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens ergeben hat. Es erfolgt keine Neuberechnung des Punktwerts auf der Grundlage des korrigierten Punktzahlvolumens. Eine andere Berechnungsweise kann in Ausnahmefällen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Betracht kommen (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R - BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr. 7 = USK 2009-11). Ein solcher Ausnahmefall setzt aber voraus, dass die fehlerhafte Honoraranforderung durch eine missverständliche oder unzutreffende Information o. ä. seitens der Kassenärztlichen Vereinigung mit verursacht wurde. Ein derartiger Sonderfall ist auch dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Arzt in offenem Dissens mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Gebührennummer ansetzt, weil er die Frage ihrer Abrechenbarkeit einer gerichtlichen Klärung zuführen will (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R -, a.a.O., juris Rdnr. 27 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Im Übrigen dienen Budgetierungsmaßnahmen nur – neben ihrer Steuerungsfunktion – der Berechnung des Honorars, bedeuten aber keine Wertigkeit der einzelnen Leistungen. Der tatsächliche Wert der Leistung kann nur praxisbezogen mit Hilfe des praxisindividuellen Punktwerts berechnet werden (vgl. SG Marburg, Urt. v. 10.11.2010 - S 12 KA 555/09 - juris Rdnr. 42). Soweit eine solche punktwertbezogene Berechnung nicht sinnvoll ist, da nicht ein bestimmtes Punktzahlvolumen von der Vergütung ausgeschlossen ist, kann das des Klägers verbleibende Honorar auch in der Weise bemessen werden, dass eine zu vergütende Tätigkeit im Umfang von höchstens 12 Stunden täglich bzw. 780 Stunden im Quartal angenommen wird und nur der darüber hinausgehende Teil die Grundlage der Berichtigung bildet. Der "Minutenpreis" entspricht dabei dem durchschnittlichen Punktwert. Die Vorgehensweise der Beklagten ist daher von ihrem Schätzungsermessen gedeckt.

Schon aufgrund der Implausibilität der gesamten Abrechnung kann sich der Kläger nicht darauf berufen, der angestellte Arzt habe nur einige wenige Leistungen erbracht. Schon die Behauptung ist wenig nachvollziehbar, da der Kläger andererseits selbst einräumt, der angestellte Arzt habe drei bis fünf volle Tage die Woche in der Praxis gearbeitet. Im Übrigen fehlt es an jeglichem Beweis für diese Behauptung. Aufgrund der Implausibilität der gesamten Abrechnung kann der Kläger auch nicht auf die implausiblen Abrechnungen der Vorquartale verweisen, auch wenn die Beklagte hier von Honorarkürzungen abgesehen hat. Im Übrigen liegt es nach dem Vortrag des Klägers nahe, dass er zunächst in einem annähernd gleichen Umfang wie der Kläger gearbeitet hat (ebf. fünf Tage in der Woche), dann ca. 80 % (vier Tage in der Woche), dann ca. 60 % (drei Tage in der Woche), was zu Kürzungen im Umfang von 50 %, 44 % und 38 % führen würde.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Verfahrenskosten.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Der wirtschaftliche Wert folgt aus dem Rückforderungsbetrag. Dies ergab den festgesetzten Wert.
Rechtskraft
Aus
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