L 7 SO 661/16 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 22 SO 370/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 661/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine außergewöhnliche Notlage, welche die Gewährung von Sozialhilfe an im Ausland lebende Deutsche rechtfertigen kann, setzt voraus, dass ohne die Hilfeleistung eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung existentieller Rechtsgüter, mithin Leben, Gesundheit oder sonstiger elementarer Grundvoraussetzungen der menschlichen Existenz, unmittelbar droht. Es verstößt nicht gegen supranationales Recht, Sozialhilfe nur in engen Ausnahmefällen an in Unionsstaaten lebende Deutsche zu gewähren.
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Gegenstand des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist das Begehren des (zwischenzeitlichen) Klägers, der seit Juni 2015 in der Französischen Republik lebt, auf die vorläufige Gewährung von Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit ab dem 22. Juni 2015.

Der 1967 in P. geborene deutsche Kläger, der von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht (Zahlbetrag 1.014,66 Euro), beantragte am 13. Oktober 2015 zunächst beim Antragsgegner zu 2) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Der Antragsgegner zu 2) leitete den Antrag mit Schreiben vom 26. Oktober 2015 zuständigkeitshalber an den Beklagten als überörtlicher Träger der Sozialhilfe weiter.

Bereits am 16. Oktober 2015 hatte der Kläger den nämlichen Leistungsantrag an den Antragsgegner zu 1) gerichtet, der ihn ebenfalls zuständigkeitshalber an den Beklagten weiterleitete (Schreiben vom 19. Oktober 2015).

Der Beklagte lehnte den klägerischen Antrag mit Bescheid vom 20. Oktober 2015 ab, der dagegen erhobene Widerspruch (Schreiben des Klägers vom 25. Oktober 2015) hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid der Regierung von Niederbayern vom 4. Februar 2016). Über die dagegen beim Sozialgericht Landshut (S 5 SO 10/16) erhobene Klage ist noch nicht entschieden.

II.

Die nach den §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Senat lässt dahinstehen, ob das Sozialgericht Freiburg (SG) als örtlich zuständiges Gericht dazu berufen war, über den gegen den Antragsgegner zu 2) und den Beklagten gerichteten Eilantrag zu entscheiden oder ob nicht insoweit eine entsprechende Trennung und Verweisung an das Sozialgericht Landshut als örtlich zuständiges Gericht (vgl. § 7 Abs. 1 SGG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Ausführung des Sozialgerichtsgesetzes in Bayern (AGSGG)) nach den Vorschriften des § 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) - die auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren anwendbar sind (vgl. nur Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 16. Oktober 2008 - B 12 SF 10/08 S - (juris Rdnr. 2); Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 15. November 2000 - 3 B 10/00 - (juris Rdnr. 4); Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 19. Februar 2009 - L 8 SO 17/09 ER - (juris Rdnr. 1); Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 28. März 2002 - L 1 B 22/02 KR ER - (juris Rdnr. 35); Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. Juli 1992 - 11 S 3050/91 - (juris Rdnr. 3); Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 98 Rdnr. 2, alle m.w.N.) - angezeigt gewesen wäre.

Gemäß § 57 Abs. 3 SGG ist bei einem Kläger, der - wie vorliegend - seinen Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland hat, örtlich zuständig das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz hat. Bezogen auf den Antragsgegner zu 2) und den Beklagten wäre dies das Sozialgericht Landshut. Im Fall der vorliegend gegebenen subjektiven Antragshäufung gibt es - außerhalb des Bestimmungsverfahrens nach § 58 Abs. 1 Nr. 5 SGG - keinen einheitlichen Gerichtsstand der Streitgenossenschaft (vgl. § 74 SGG i.V.m. §§ 59 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO); dazu etwa BSG, Beschluss vom 12. September 2002 - B 7 SF 52/02 S - (juris Rdnr. 2); Beschluss vom 24. August 1994 - 4 BS 4/93 - (juris Rdnrn. 28 f., 31); Beschluss vom 11. Juli 1978 - 1 S 3/78 - (juris Rdnr. 7); LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. September 2010 - L 18 SF 213/10 - (juris Rdnr. 2)), insbesondere auch nicht unter Sachzusammenhangs- oder Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 24. Oktober 2012 - B 12 SF 2/12 S - (juris Rdnr. 4); Beschluss vom 16. Oktober 2008 a.a.O. - (juris Rdnr. 3); BVerwG, Beschluss vom 1. Dezember 1993 - 2 AV 7/93 - (juris Rdnr. 4)). Der Umstand, dass der Kläger sein einstweiliges Rechtsschutzbegehren mit den beiden Hilfsanträgen gegen den Antragsgegner zu 2) und den Beklagten richtet und in einem Rechtsschutzgesuch zusammengefasst hat, lässt die örtliche Zuständigkeit mithin unberührt respektive rechtfertigt keine Abweichung von den gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen (vgl. BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2008 a.a.O. m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2002 - 7 AV 2/02 - (juris Rdnr. 3)).

Einer weitergehenden Vertiefung bedarf es hier indes nicht, denn im Rechtsmittelverfahren kann die (Un-)Zuständigkeit des Erstgerichts nicht mit Erfolg gerügt werden (vgl. § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 576 Abs. 2 ZPO); das Rechtsmittelgericht prüft die Zuständigkeit daher nicht mehr (§ 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 GVG). Dies gilt - wie oben bereits dargelegt - nicht nur in Klageverfahren, sondern (entsprechend) auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.

2. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in dessen Abs. 1, für Vornahmesachen in dessen Abs. 2. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache - im vorliegenden Beschwerdeverfahren der mit der Sache gemäß § 29 Abs. 1 SGG befasste Senat (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86b Rdnr. 11) - auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Nach § 86b Abs. 4 SGG sind die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 schon vor Klageerhebung zulässig.

Hinsichtlich der begehrten vorläufigen Leistungsgewährung kommt allein der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt - neben der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs - das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrunds voraus (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 26. Januar 2016 - L 7 AS 41/16 ER-B - (juris Rdnr. 11) und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - (juris Rdnr. 7)). Eine einstweilige Anordnung darf nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), wobei im Fall der Bestandskraft eines Bescheides an den Anordnungsgrund besonders strenge Anforderungen zu stellen sind und dieser nur bei einer massiven Beeinträchtigung der sozialen und wirtschaftlichen Existenz vorliegen kann (Keller in Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86b Rdnr. 29c). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 26. Januar 2016 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).

a) Der gegen den Antragsgegner zu 1) gerichtete Haupt- und der gegen den Antragsgegner zu 2) gerichtete (erste) Hilfsantrag (vgl. Antragsschrift vom 28. Januar 2016 (Blatt 1 der SG-Akte)) sind bereits deshalb unbegründet, weil diese beiden Beteiligten nicht passiv legitimiert sind; sie können mangels Zuständigkeit materiell-rechtlich nicht zur begehrten vorläufigen Leistungserbringung verpflichtet werden (vgl. zur fehlenden Passivlegitimation und dann vorliegenden Unbegründetheit des Rechtsschutzgesuchs nur LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25. Juli 2013 - L 5 AS 710/13 B ER - (juris Rdnr. 15); Keller in Meyer-Ladewig, a.a.O., Vor § 51 Rdnr. 13; Leitherer in Meyer-Ladewig, a.a.O., § 69 Rdnr. 4), so dass der erforderliche Anordnungsanspruch nicht besteht.

Als Deutscher, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Französischen Republik hat, kann der Kläger Sozialhilfe alleine nach der Bestimmung des § 24 SGB XII (Sozialhilfe für Deutsche im Ausland) erhalten. Nach dessen Abs. 4 Satz 2 ist grundsätzlich - die Ausnahmebestimmung des Satz 3 (Geburtsort im Ausland oder nicht bekannt) greift vorliegend nicht ein - der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist, für die Leistungen (sachlich) zuständig (vgl. § 97 Abs. 1 SGB XII). Da der Kläger in P. geboren ist, ist hiernach alleine der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe für die begehrte Leistungserbringung zuständig (§§ 3 Abs. 3, 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. Art. 81 Abs. 1 und 3 des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) vom 8. Dezember 2006 (GVBl. S. 942) i.V.m. der Bezirksordnung für den Freistaat Bayern (Bezirksordnung - BezO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 1998 (GVBl. S. 850). Eine Verpflichtung des (ebenfalls) angegangenen Antragsgegners zu 1) und zu 2) kommt damit von vornherein mangels Passivlegitimation nicht in Betracht.

b) Soweit der Kläger Leistungen für die Zeit vor Anbringung des Eilantrags am 28. Januar 2016 begehrt, fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund. Eine einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG bedarf eines Gegenwartsbezugs im Sinne einer aktuellen Notlage, also einer besonderen Dringlichkeit des Rechtsschutzbegehrens. Einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigungen in der Vergangenheit herbeizuführen ist grundsätzlich nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes; eine derartige Entscheidung bleibt vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Das gilt namentlich für Leistungen, die für einen Zeitraum vor dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehrt werden (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86b Rdnr. 35a m.w.N.). Denn die Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG dient der Abwendung wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 26. Januar 2016 a.a.O. (juris Rdnr. 12) und vom 28. März 2007 - L 7 AS 1214/07 ER-B - (juris Rdnr. 3)). Aus dem Gegenwartsbezug der einstweiligen Anordnung folgt, dass dieser vorläufige Rechtsbehelf für bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung zurückliegende Zeiträume nur ausnahmsweise in Betracht kommt; es muss durch die Nichtleistung in der Vergangenheit eine Notlage entstanden sein, die bis in die Gegenwart fortwirkt und den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht.

Einen derartigen "Nachholbedarf" für die Zeit vom 22. Juni 2015 bis zum 27. Januar 2016 hat der Kläger nicht dargetan und erst recht nicht glaubhaft gemacht, zumal er ausweislich der im Prozesskostenhilfeverfahren (PKH) vorgelegten Kontoauszüge in der Lage ist, Kreditrückzahlungen zu tätigen, also Schulden zu bedienen (siehe etwa Buchung vom 7. Januar 2016 über 120 Euro (Blatt 13 des PKH-Beihefts)).

c) Auch für die Zeit ab Anbringung des Eilantrags am 28. Januar 2016 ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Der Kläger verfügt nach eigener Angabe über laufende monatliche Einkünfte i.H.v. 1.147,66 Euro (1.014,66 Euro Rente, 133 Euro Wohnbeihilfe (Allocation logement sociale) durch den französischen Träger CAF ( Caisse d Allocations Familiales)). Ob es sich bei den aus den im PKH-Verfahren beigebrachten Kontoauszügen ersichtlichen monatlichen Kontogutschriften i.H.v. 844,44 Euro (Gutschriften vom 1. Februar 2016 (Blatt 11 des PKH-Beihefts), 4. Januar 2016 (Blatt 13 des PKH-Beihefts) und 2. Dezember 2015 (Blatt 15 des PKH-Beihefts)) um den Rentennettoauszahlungsbetrag nach Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen handelt oder um zusätzliche Einkünfte, vermag der Senat nicht abschliessend festzustellen, nachdem sich der Kläger zu diesen Beträgen nicht erklärt und stattdessen eine Unkenntlichmachung der Herkunft auf den Kontoauszügen vorgenommen hat. Auch hat er sich nicht zu seinem noch im Antrag vom 15. Oktober 2015 angegebenen Konto bei der C. erklärt, sondern lediglich Kontoauszüge betreffend sein Konto bei L. B. P.vorgelegt. Unter diesen Voraussetzungen kommt der begehrte Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht, da es dem Kläger bei monatlichen Einkünften i.H.v. mindestens 1.147,66 Euro jedenfalls möglich und zumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.

Der Eilantrag ist daher aus den dargelegten Gründen insgesamt unbegründet und die Beschwerde zurückzuweisen, ohne dass es auf das weitere Vorbringen des Klägers, insbesondere auf die geltend gemachte Europarechtswidrigkeit, streiterheblich ankommt.

d) Lediglich ergänzend merkt der Senat an, dass auch ein Anordnungsanspruch gegen den Beklagten nicht glaubhaft gemacht ist, unabhängig davon, dass bereits eine sozialhilferechtliche Bedürftigkeit des Klägers auf Grundlage seiner aktenkundigen Einkünfte nach der gebotenen - aber auch ausreichenden (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschlüsse vom 1. Februar 2010 - 1 BvR 20/10 - (juris Rdnr. 2) und vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/15 - (juris Rdnr. 23)) - summarischen Prüfung nicht angenommen werden kann.

Nach der Bestimmung des § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Deutsche, die - wie der Kläger - ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, keine Leistungen. Hiervon kann gemäß Satz 2 der Vorschrift im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist: (1.) Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, (2.) längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder (3.) hoheitliche Gewalt. Aus dem Zusammenspiel der Regelungen des § 24 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB XII ergibt sich, dass von einem Hilfesuchenden regelmäßig die Rückkehr nach Deutschland abverlangt wird; Ausnahmen hiervon sind nur zugelassen, soweit eine außergewöhnliche Notlage unabweisbar ist und darüber hinaus aus bestimmten, im Gesetz abschließend (BT-Drs. 15/1761, S. 6) aufgezählten Gründen eine Rückkehr in das Bundesgebiet nicht möglich ist (dazu nur Senatsurteil vom 25. Februar 2010 - L 7 SO 5106/07 - (juris Rdnrn. 25 f.); Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 - L 7 SO 4166/05 ER-B - (juris Rdnr. 5), jeweils m.w.N.), denn Sozialhilfe soll grundsätzlich nur im Inland, nicht aber im Ausland gezahlt werden. Die Auslandssozialhilfe kommt mithin nicht schon bei einer nur allgemeinen sozialhilferechtlichen Notlage in Betracht; vielmehr bedarf es einer sich hiervon deutlich abhebenden, außergewöhnlichen Notlage. Eine solche Notlage ist - unter Heranziehung der hier nutzbar zu machenden Rechtsprechung des BVerwG zum Merkmal des "besonderen Notfalls" in § 119 Abs. 1 des Bundessozialhilfegesetzes (vgl. Urteile vom 5. Juni 1997 - 5 C 3/97 - (juris Rdnrn. 13 f.); - 5 C 17/96 - (juris Rdnr. 9); - 5 C 4/96 - (juris Rdnrn. 11 f.)) - gegeben, wenn ohne die Hilfeleistung an den im Ausland lebenden Deutschen eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung existentieller Rechtsgüter droht, mithin Leben, Gesundheit oder sonstige elementare Grundvoraussetzungen der menschlichen Existenz (vgl. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes) unmittelbar gefährdet sind (Senatsurteil vom 25. Februar 2010 a.a.O.; Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 a.a.O.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. August 2014 - L 20 SO 481/11 - (juris Rdnr. 66); Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 24 Rdnrn. 9 ff., alle m.w.N.).

Ungeachtet dessen, dass der Kläger schon eine unabweisbare außergewöhnliche Notlage in diesem Sinne weder dargetan noch glaubhaft gemacht hat - sie liegt unter Zugrundelegung der klägerischen Einkommensverhältnisse und des Umstands, dass er seinen gewöhnlichen Aufenthalt im grenznahen Frankreich hat und über eine Wohnung und Krankenversicherungsschutz verfügt, auch nicht nahe -, ist schon nicht ersichtlich, dass er nach der hier einzig in Betracht kommenden Ausnahmebestimmung des § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XII ("hoheitliche Gewalt") objektiv (dazu nur Coseriu in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 24 Rdnr. 28, Stand: 14. April 2016) gehindert ist, in das Bundesgebiet zurückzukehren. Dem steht bereits entgegen, dass der Kläger beim SG einen Reisekostenvorschuss beantragt hat, damit er zum Gericht anreisen kann (Schreiben vom 2. Februar 2016 (Blatt 37 der SG-Akte)) und darüber hinaus um Übersendung der Akten an das Amtsgericht Kehl ersucht hat, um dort Akteneinsicht zu nehmen (Schreiben vom 17. Februar 2016 (Blatt 67 der SG-Akte)). Im Übrigen liegt ein objektives Rückkehrhindernis in diesem Sinne nur dann vor, wenn der Aufenthaltsstaat dem Deutschen die Rückkehr in das Bundesgebiet untersagt respektive verhindert, etwa durch eine Ausreisesperre oder durch Inhaftierung (vgl. nur LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. März 2015 - L 2 SO 56/15 - (juris Rdnr. 31); Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 a.a.O. (juris Rdnr. 7); Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rdnr. 24; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, a.a.O., § 24 Rdnr. 19; Berlit in LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 24 Rdnr. 11). Dass der Kläger sich in Deutschland - aus welchen Gründen auch immer - "nicht mehr sicher" bzw. "politisch verfolgt" fühlt, stellt kein Rückkehrhindernis i.S.d. § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XII dar.

Etwaige Reisekosten für die Rückführung wären im Übrigen nicht vom Beklagten zu tragen, sondern gegebenenfalls von der zuständigen konsularischen Vertretung nach § 5 Abs. 4 des Gesetzes über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse (Konsulargesetz - KonsG) auf Kosten des Bundes zu übernehmen (siehe dazu nur Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 a.a.O. (juris Rdnr. 7) m.w.N.; Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Januar 1992 - 8 B 7/92 - (juris Rdnr. 17); Coseriu in jurisPK-SGB XII, a.a.O., § 24 Rdnr. 43; Bieback in Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 24 Rdnr. 26). Ob die Voraussetzungen für eine derartige Rückführung vorliegen, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und wäre ggf. auch vor den Gerichten der (allgemeinen) Verwaltungsgerichtsbarkeit zu klären.

Gegen die Regelung des § 24 Abs. 1 SGB XII ist schließlich auch verfassungsrechtlich nichts zu erinnern; dies hat der Senat bereits entscheiden und verweist auf die entsprechenden Ausführungen im Senatsurteil vom 25. Februar 2010 (a.a.O. (juris Rdnr. 35); siehe auch Bayerisches LSG, Urteil vom 20. Januar 2014 - L 8 SO 146/12 - (juris Rdnr. 27); Sächsisches LSG, Urteil vom 29. November 2010 - L 7 SO 80/10 B ER - (juris Rdnr. 25); Hohm in Schellhorn/ Hohm/Scheider, a.a.O., § 24 Rdnr. 1.1; Berlit in LPK-SGB XII, a.a.O., § 24 Rdnr. 2; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 24 Rdnr. 23, Stand: Dezember 2011, alle m.w.N.). Es verstößt auch nicht gegen supranationales Recht, Sozialhilfe nur in engen Ausnahmefällen an in Unionsstaaten lebende Deutsche zu leisten, denn die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO [EG] Nr. 883/2004 (ABl. L 166 vom 30. April 2004, S. 1)) ist nach dem Ausschlusstatbestand des Art. 3 Abs. 5 Buchst. a) schon nicht auf die Sozialhilfe anwendbar (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. August 2014 - L 20 SO 481/11 - (juris Rdnr. 84) zur Vorgängerreglung des Art. 4 Abs. 4 der VO Nr. 1408/71/EWG; Berlit in LPK-SGB XII, a.a.O., § 24 Rdnr. 2).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

III.

Da unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen weder die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von PKH ausreichend glaubhaft gemacht sind, noch die erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht gegeben ist (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO), ist die Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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