L 7 SO 4619/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 SO 5208/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4619/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Bezeichnung des Klägers gehören grundsätzlich die Angabe des vollständigen Namens und der ladungsfähigen Anschrift, die bloße Angabe einer Email-Adresse, einer Telefonnummer oder eines Postfachs genügen nicht. Unterlässt der Kläger die Angabe seiner Anschrift, ist das Rechtsschutzbegehren grundsätzlich unzulässig. Die Schriftform der Klage ist durch einfache - ohne qualifizierte elektronische Signatur versehene - Email nicht gewahrt. Auch der Ausdruck einer elektronisch übermittelten Bilddatei wahrt nicht das Schriftformerfordernis, wenn diese die Unterschrift lediglich in Form einer Bilddatei mit zuvor eingescannter Unterschrift enthält. Eine in der Bundesrepublik Deutschland drohende Strafverfolgung stellt kein Rückkehrhindernis dar, welches die Gewährung von Sozialhilfe an im Ausland lebende Deutsche gem. § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XII begründen könnte
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Oktober 2015 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit ab dem 1. Juli 2015 streitig.

Der 1957 in W. (heute Stadt D., S.-.-K.) geborene deutsche Kläger hat nach eigener Angabe das Bundesgebiet am 10. August 2010 verlassen und lebt seither in L./Ukraine. Mit Email-Schreiben vom 13. Juli 2015 übersandte die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Kiew (künftig nur Botschaft) dem Beklagten den Antrag des Klägers auf Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland vom 2. Juli 2015. Darin gab der Kläger u.a. an, zurzeit keine Wohnung in L. zu haben, seit dem 12. August 2003 mit einer in D./Ukraine geborenen I. K. unbekannten Wohnorts verheiratet zu sein, seinen Lebensunterhalt mit Geschenken und Zuwendungen durch Freunde zu bestreiten, Unterkunftskosten i.H.v. ca 3.500 UAH (Hrywnja) zu haben und in den letzten zehn Jahren "zwangsenteignet" worden zu sein. Außerdem gab der Kläger an, wegen hoheitlicher Gewalt zum Verbleib im Aufenthaltsland gezwungen zu sein. Des Weiteren legte die Botschaft dem Beklagten das Schreiben des Klägers - maschinenschriftlich überschrieben mit seinem Namen und dem Zusatz "Ukraine" - vom 13. Juli 2015 vor, in dem Frau M. S. (künftig nur M.S.), wohnhaft in der B.str ... in ... N., als Zustellungsbevollmächtigte benannt wurde. Sowohl der klägerische Antrag als auch die Zustellungsvollmacht enthalten je eine eingescannte Bildunterschrift; wegen der Einzelheiten der Bildunterschriften wird auf Blatt 7 und 8 der Verwaltungsakte verwiesen. In der Übersendungs-Email teilte der Botschaftsbedienstete R. dem Beklagten weiter mit, dass der Kläger nach den Erkenntnissen der Botschaft nicht zum Verbleib in der Ukraine gezwungen und die Ausübung hoheitlicher Gewalt, die einer Ausreise entgegenstehen würde, nicht erkennbar sei. Namentlich bestehe keine Inhaftierung. Zudem könne der Kläger auch keine Aufenthaltserlaubnis für die Ukraine vorweisen. Im Übrigen habe der Kläger angegeben, dass ihm in Deutschland eine Haftstrafe drohe, weshalb er keine Absicht habe, in das Bundesgebiet zurückzukehren. Auf die ihm angebotene Beantragung von Konsularhilfe zur Rückkehr nach Deutschland habe er ausdrücklich verzichtet.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2015, das dem Kläger über die Botschaft am 6. August 2015 an die Email-Adresse "n.@web.de" verschickt wurde, teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass sein Antrag unvollständig sei und dass die Voraussetzungen der begehrten Sozialhilfe aus näher dargelegten Gründen nicht vorlägen. Es sei daher beabsichtigt, den Antrag abzulehnen, wozu der Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme erhalte. Im anschließenden Email-Schriftwechsel zwischen den Beteiligten teilte der Kläger u.a. mit, dass er seinen Antrag bereits am 27. Juni 2015 an das Auswärtige Amt gesendet habe und am 1. Juli 2015 bei der Botschaft eingegangen sei, dass er keine "eigene" Wohnung habe, dass er im Juli 2015 600 Euro zur Bestreitung seines Lebensunterhalts erhalten habe, dass er "durch die BRD" 19 Mal rechtswidrig verhaftet worden sei, um "Plünderungen durchzuführen" und ihn zu erpressen, dass er seit März von "Interpol Ukraine" gesucht werde, dass er Deutschland auch aus gesundheitlichen Gründen verlassen habe und dass beim Amtsgericht Dresden ein Gerichtsverfahren anhängig sei.

Mit Bescheid vom 20. August 2015 - der M.S. am 22. August 2015 mit Postzustellungsurkunde zugestellt - lehnte der Beklagte den klägerischen Antrag "vom 2. Juli 2015" ab. Eine unabweisbare außergewöhnliche Notlage i.S.d. § 24 SGB XII liege nicht vor. Der Kläger habe jederzeit die Möglichkeit, nach Deutschland zurückzukehren. Hiergegen erhob der Kläger mit Email vom 22. August 2015 Widerspruch in Gestalt eines der Email angehängten Dokuments im Portable Document Format (künftig nur pdf) unter Verwendung des Briefkopfs "J.N., ... L., Ukraine, E-Mail: n.@web.de, Fax: +49xxxxxx" und wiederum eingescannter Bildunterschrift. Seinen Widerspruch begründete er im Wesentlichen damit, dass es ihm wegen eines polnischen und eines ukrainischen Haftbefehls nicht möglich sei, "über die Grenze zu kommen", dass ihm eine Rückkehr nach Deutschland wegen jahrelanger Verfolgung und "mindestens" zehn bis zwölfmaliger unberechtigter Verhaftung nicht zumutbar sei und dass die ihm vorgeworfenen Straftaten frei erfunden seien. Außerdem sei sein Antrag bereits am 1. Juli 2015 bei der Botschaft eingegangen. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. September 2015 - der M.S. am 5. September 2015 mit Postzustellungsurkunde zugestellt - wies der Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung der Ausführungen im Ausgangsbescheid als unbegründet zurück. Ergänzend führte er aus, dass die Durchführung von Strafverfahren in Deutschland kein Rückkehrhindernis darstellten, zumal die Sozialhilfe nicht dazu diene, sich der deutschen Strafverfolgung zu entziehen. Ein objektives Rückkehrhindernis bestehe auch nach Auffassung der Botschaft in Kiew nicht, zumal man den Kläger darauf hingewiesen habe, dass er zur Ausstellung eines neuen Reisepasses bei der Auslandsvertretung vorstellig werden könne. Schließlich stelle auch die behauptete Ehe mit einer Ukrainerin kein Rückkehrhindernis dar.

Mit seiner am 21. September 2015 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) per Email als pdf-Dokument erhobenen Klage - die als Ausdruck zur SG-Akte genommen wurde und die als Absender wiederum die Angaben "J. N., ... L., Ukraine" und eine eingescannte Bildunterschrift enthält - hat der Kläger sein Begehren auf die Gewährung von Auslandssozialhilfe weiterverfolgt. Das SG hat den Kläger unter Hinweis auf die Regelungen des § 90 und § 63 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mehrmals per Email aufgefordert, seine Klage in schriftlicher Form - ggf. mittels unterschriebenem Telefax - einzureichen und eine ladungsfähige Anschrift bzw. einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland zu benennen, da der Kläger bereits am 7. September 2015 dem Beklagten mitgeteilt hatte, dass die Zustellungsvollmacht der M.S. mit sofortiger Wirkung erloschen sei. Nachdem der Kläger dieser Aufforderung trotz mehrerer Emailantwortschreiben nicht nachgekommen war, hat das SG die Klage nach Anhörung der Beteiligten und nach Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs des Klägers gegen den Vorsitzenden der 20. Kammer des SG, Richter., (Beschluss der 10. Kammer des SG vom 29. Oktober 2015 (S 10 SF 5359/15 AB)) mit Gerichtsbescheid vom 30. Oktober 2015 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage bereits unzulässig sei, weil die per Email eingelegte Klageschrift nicht dem Schriftformerfordernis entspreche. Es mangele an einer eigenhändigen Unterschrift. Daran ändere es nichts, dass das die Klage enthaltende pdf-Dokument vom Gericht ausgedruckt worden sei, denn bei der ausgedruckten Unterschrift handele es sich bloß um eine eingescannte Bilddatei und nicht um die Kopie eines eigenhändig unterschriebenen Originalschriftsatzes. Die Klage sei auch nicht mit der eigenhändigen Unterschrift des Klägers zusätzlich per Telefax bei Gericht eingegangen, nachdem das Telefaxprotokoll des SG keine entsprechende Übereinstimmung mit der vom Kläger angegebenen Telefaxnummer ergeben habe. Die Klage sei darüber hinaus auch mangels Angabe einer ladungsfähigen Anschrift unzulässig, zumal konkrete und nachvollziehbare Angaben bezüglich der klägerischen Wohnverhältnisse bzw. der behaupteten Obdachlosigkeit fehlten. Das Bestreben, vor den Strafverfolgungsbehörden geschützt zu sein, begründe kein besonderes schützenswertes Geheimhaltungsinteresse. Unabhängig davon habe die Klage auch in der Sache keinen Erfolg. Ein objektives Rückkehrhindernis bestehe nicht, da dem Kläger nach den zuletzt gemachten Angaben "lediglich" in Deutschland eine Inhaftierung im Zusammenhang mit zwei Verfahren wegen Insolvenzverschleppung drohe. § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XII erfasse nur Deutsche, die im Ausland inhaftiert seien und deswegen nicht zurückkehren könnten.

Hiergegen hat sich der Kläger mit einem per Email vom 30. Oktober 2015 übersandten pdf-Dokument - wiederum mit eingescannter Bildunterschrift - an das SG gewandt, mit dem er die "Zurückweisung" des Gerichtsbescheids begehrt, dessen öffentliche Zustellung mit Beschluss des SG vom 30. Oktober 2015 angeordnet und die mittels Aushang der Benachrichtigung an der Gerichtstafel in der Zeit vom 30. Oktober bis 1. Dezember 2015 bewirkt worden ist. Das SG hat das pdf-Dokument vom 30. Oktober 2015 ausgedruckt und dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg am 5. November 2015 vorgelegt. Mit per Email vom 12. November 2015 eingegangenem pdf-Dokument hat der Kläger klargestellt, dass es sich bei seinem Begehren um eine Berufung handelt.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen - soweit verfahrensbezogen und verständlich - an, dass er keine "eigene Anschrift" besitze und im Übrigen schutzbedürftig sei. Sein "Antrag", die Korrespondenz per Email zu führen, sei ignoriert worden. Außerdem habe er die letzte Seite seiner Klage per Telefax übersandt, was seine "Faxbestätigung" belege. Die Richter würden Prozessbetrug begehen und seien nicht legitimiert, der Gerichtsbescheid auch nicht unterschrieben. Die Voraussetzungen für Sozialhilfe im Ausland seien im Übrigen erfüllt. Es werde versucht, seinen Aufenthaltsort zu erforschen, um ihn zu verhaften, auch seitens der Ukraine.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Oktober 2015 und des Bescheids des Beklagten vom 20. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2015 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab dem 1. Juli 2015 Sozialhilfe für Deutsche im Ausland in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Berufung für unzulässig und den angefochtenen Gerichtsbescheid sowie seine Bescheide für zutreffend.

Mit Verfügung des vormaligen Berichterstatters vom 17. November 2015 ist der Kläger per Email u.a. darauf hingewiesen worden, dass eine Sachprüfung seines Begehrens ohne Angabe einer Anschrift bzw. Benennung eines Prozess- oder Zustellungsbevollmächtigten nicht erfolgen könne. Außerdem ist ihm mitgeteilt worden, dass der Senat mit ihm zukünftig nicht mehr mittels Email kommunizieren werde.

In der Terminsbestimmung vom 27. April 2016, deren öffentliche Zustellung mit Beschluss vom 27. April 2016 angeordnet und die mittels Aushang der Benachrichtigung an der Gerichtstafel in der Zeit vom 27. April bis 30. Mai 2016 bewirkt worden ist, sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers entscheiden, denn dieser ist ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2016 geladen und in der Ladung auf die Möglichkeit hingewiesen worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens im Termin verhandelt und entschieden werden kann.

Die Terminsbestimmung vom 27. April 2016 wurde dem Kläger gegenüber auch wirksam zugestellt. Zwar sind nach § 63 Abs. 1 Satz 2 SGG Ladungen und Terminsbestimmungen (nur) bekannt zu geben; eine Zustellung ist nicht (mehr) vorgeschrieben. Der Vorsitzende kann jedoch die Zustellung anordnen, wenn er dies für zweckmäßig erachtet (vgl. nur LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juli 2014 - L 3 AS 357/14 - (n.v.); Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 110 Rdnr. 12). Die Zustellung kann hierbei nach § 63 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 185 Nr. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) durch eine öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) erfolgen, wenn der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist. Da der genaue Aufenthaltsort des Klägers nicht bekannt ist und die Zustellung an einen Vertreter bzw. Zustellungsbevollmächtigten ebenfalls nicht möglich ist, ist dem Senat die Möglichkeit der öffentlichen Zustellung eröffnet gewesen, die vom Vorsitzenden mit Beschluss vom 27. April 2016 angeordnet worden ist. Die Benachrichtigung darüber, dass die Terminsbestimmung auf der Geschäftsstelle des Senats eingesehen werden kann und dass die Versäumung des Termins Rechtsnachteile zur Folge haben kann, wurde sodann in der Zeit vom 27. April bis 30. Mai 2016 an der Gerichtstafel ausgehängt (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 186 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

1. Die nach § 143 SGG statthafte Berufung des Klägers, der Berufungsausschlussgründe nicht entgegenstehen (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), ist unzulässig, weil sie nicht ordnungsgemäß eingelegt wurde. Sie ist damit zu verwerfen (§ 158 Satz 1 SGG).

a) Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG). Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist, nicht schriftlich, nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie als unzulässig zu verwerfen (§ 158 Satz 1 SGG). Dies gilt entsprechend auch dann, wenn die Berufung aus anderen als den genannten Gründen unzulässig ist (statt vieler nur Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 158 Rdnr. 5; Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 158 Rdnr. 5).

Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG, der über die Verweisungsnorm des § 153 Abs. 1 SGG im Berufungsverfahren neben der Vorschrift des § 151 SGG entsprechend gilt (statt vieler nur Jaritz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 92 Rdnr. 15 und § 151 Rdnr. 35 jeweils m.w.N.; Binder in Hk-SGG, 4. Aufl. 2012, § 151 Rdnr. 27; Eschner in Jansen, SGG, 4. Aufl. 2012, § 92 Rdnr. 2), muss die Klage bzw. die Berufung den (Berufungs-)Kläger, den (Berufungs-)Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Zur Bezeichnung des (Berufungs-)Klägers gehören grundsätzlich die Angabe des vollständigen Namens und der ladungsfähigen Anschrift - also der Anschrift mit Angabe der Wohnung nach Ort, Straße, Hausnummer und ggf. weiteren Unterscheidungsmerkmalen ohne Rücksicht auf den Wohnsitz im Rechtssinne (dazu nur Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 13. April 1999 - 1 C 24/97 - (juris Rdnr. 28); Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 4. März 1986 - VI ZR 242/84 - (juris Rdnr. 4) m.w.N.) -, unter der der Beteiligte tatsächlich jedenfalls für eine gewisse Zeit zu erreichen ist; die bloße Angabe einer Email-Adresse, einer Telefonnummer oder eines Postfachs genügen nicht (Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 18. November 2003 - B 1 KR 1/02 S - (juris Rdnrn. 4, 9) m.w.N.; Bayerisches LSG, Beschluss vom 1. März 2012 - L 8 SO 3/12 B ER - (juris Rdnr. 19); Leitherer a.a.O., § 92 Rdnr. 4; Jaritz a.a.O., § 92 Rdnr. 24 m.w.N.; Binder a.a.O., § 92 Rdnr. 5; Eschner a.a.O., § 92 Rdnr. 9; siehe zum finanzgerichtlichen Verfahren und zur Abgrenzung zum Zivilprozess auch Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 30. Juni 2015 - X B 28/15 - (juris Rdnrn. 11, 14 f.); vgl. auch BVerwG a.a.O. (juris Rdnrn. 30 ff.) m.w.N. und Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Oktober 2004 - 11 S 1992/04 - (juris Rdnrn. 2 f.), jeweils zu § 82 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). Bei dem Erfordernis der Anschriftenangabe des Rechtsuchenden handelt es sich um eine wesentliche, ungeschriebene Sachurteilsvoraussetzung eines jeden Rechtsschutzbegehrens, also auch das der Berufung. Unterlässt der (Berufungs-)Kläger die Angabe seiner Anschrift, ist das Rechtsschutzbegehren grundsätzlich unzulässig (BSG a.a.O.; Bayerisches LSG, Urteil vom 24. April 2012 - L 8 SO 182/11 - (juris Rdnr. 25); Beschluss vom 1. März 2012 a.a.O. (juris Rdnrn. 19 ff.), jeweils m.w.N., st. Rspr.; LSG Hamburg, Beschluss vom 10. Oktober 2005 - L 1 B 300/05 ER KR - (juris Rdnr. 5); VGH Baden-Württemberg a.a.O. zu § 82 Abs. 1 VwGO; Fock in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 151 Rdnr. 28; Jaritz a.a.O., § 151 Rdnr. 35; a.A. ohne weitere Begründung Leitherer a.a.O., § 151 Rdnr. 12, der indes die Änderung des § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG von einer "Soll"- zu einer "Muss"-Vorschrift zum 1. April 2008 unbeachtet lässt und übersieht, dass sich der vom ihm zitierte, ältere Beschluss des BSG vom 6. Dezember 1983 - 11 BJz 2/83 - (juris Rdnr. 2 = SozR 1500 § 151 Nr. 10) auf die Anschrift des Rechtsmittelgegners bezieht), es sei denn, die Anschrift lässt sich im Einzelfall unschwer ermitteln oder gewichtige Gründe rechtfertigen ausnahmsweise ein Absehen von der Angabe der Anschrift (BSG a.a.O.; Bayerisches LSG jeweils a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 14. Februar 2012 - 9 B 79/11 - (juris Rdnr. 11) m.w.N., st. Rspr.; VGH Baden-Württemberg a.a.O (juris Rdnr. 6), jeweils zu § 82 Abs. 1 VwGO; siehe für den Zivilprozess auch BGH, Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 107/02 - (juris Rdnr. 9) m.w.N.). Die verpflichtende Angabe der ladungsfähigen Anschrift des (Berufungs-)Klägers schränkt die Rechtsschutzgewährung nicht in unzumutbarer Weise ein (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 2. Februar 1996 - 1 BvR 2211/94 - (juris Rdnr. 2); Jaritz a.a.O., § 92 Rdnr. 24), zumal der Senat im Rahmen der Zulässigkeit der Berufung gerade überprüft, ob die Nichtangabe der Anschrift des Rechtsmittelführers auf Grundlage der Einzelfallumstände ausnahmsweise gerechtfertigt ist (vgl. dazu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 31. August 2010 - L 13 R 3865/09 - (juris Rdnr. 16), aber auch BFH a.a.O., der zutreffend darauf hinweist, dass die Angabe der Anschrift im öffentlich-rechtlichen Prozess - anders als im Zivilprozess - regelmäßig auch noch nach Einreichung des ersten, verfahrenseinleitenden Schriftsatzes erfolgen kann).

Unter Zugrundelegung dessen genügen weder die Berufungsschrift vom 30. Oktober 2015 noch die sonstigen Email-Schreiben des Klägers im Berufungsverfahren diesen Anforderungen, denn der Kläger hat lediglich eine sog. Fax-to-mail-Nummer des Online-Anbieters "fax.pdf24.org" sowie eine Email-Adresse angegeben, über die er ausschließlich mit dem Senat kommuniziert hat. Damit ist die Anschrift, unter der der Kläger ladungsfähig tatsächlich zu erreichen ist, unbekannt geblieben; die bloße Ortsangabe "L./Ukraine" reicht - wie bereits dargelegt - nicht.

Obgleich der Kläger sowohl im Klageverfahren als auch im Berufungsverfahren (Berichterstatter-Verfügung vom 17. November 2015) mehrmals aufgefordert worden ist, seine Anschrift zu offenbaren oder aber einen Zustellungs- bzw. Prozessbevollmächtigten zu benennen, ist er dem nicht nachgekommen. Gründe, die ausnahmsweise ein Absehen von der Anschriftenangabe rechtfertigen könnten, sind nicht nachprüfbar dargetan, geschweige denn nachgewiesen.

Die klägerische Behauptung, dass er "keine eigene Anschrift" besitze (Schreiben vom 17. November 2015 (Blatt 15 der Senats-Akte)), begründet bereits deshalb nicht die Unmöglichkeit der Angabe einer Anschrift, weil es unerheblich ist, ob der Kläger über eine "eigene" Anschrift im Sinne einer eigenen Wohnung verfügt. Der Kläger hat nach den obigen Ausführungen vielmehr die Anschrift mitzuteilen, unter der er tatsächlich zu erreichen ist, also unabhängig von etwaigen Besitzverhältnissen. Mit der entsprechenden - auch nicht weiter substantiierten - Behauptung, über keine "eigene" Anschrift zu verfügen, ist folglich nicht nachprüfbar dargetan, dass er etwa obdachlos wäre (vgl. dazu z.B. BVerwG, Beschluss vom 14. Februar 2012 - 9 B 79/11 - (juris Rdnr. 11) zu § 82 Abs. 1 VwGO; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. Januar 2015 - L 2 R 148/13 - (juris Rdnr. 37); Bayerisches LSG, Beschluss vom 16. Februar 2009 - L 7 AS 160/08 - (juris Rdnr. 13); Leitherer a.a.O., § 92 Rdnr. 4; Jaritz a.a.O., § 92 Rdnr. 26 m.w.N.). Dem würde im Übrigen schon entgegenstehen, dass der Kläger regelmäßig und vielfältig über sein Email-Konto respektive über das Internet kommuniziert (vgl. dazu etwa Spiolek, jurisPR-SozR 8/2004 Anm. 6) und darüber hinaus im Verwaltungsverfahren angegeben hat, Unterkunftskosten in Höhe von rund 3.500 UAH zu haben.

Der Kläger ist auch nicht ausnahmsweise von der Angabe seiner Anschrift suspendiert, weil ihm die Offenbarung unzumutbar wäre. Dazu müssten zur Überzeugung des Senats unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten bzw. besonders schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen vorliegen (dazu nur BSG, Beschluss vom 18. November 2013 - B 1 KR 1/02 S - (juris Rdnr. 8); BFH, Urteil vom 19. Oktober 2000 - IV R 25/00 - (juris Rdnrn. 18 f.) m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 13. April 1999 - 1 C 24/97 - (juris Rdnr. 40); BGH, Urteil vom 9. Dezember 1987 - IVb ZR 4/87 - (juris Rdnr. 9); Leitherer a.a.O., § 92 Rdnr. 4; Jaritz a.a.O., § 92 Rdnr. 26). Derartiges ist indes nicht der Fall. Zwar nimmt namentlich der BFH an, dass die Nennung einer Anschrift ausnahmsweise dann unterbleiben kann, wenn sich der Rechtschutzsuchende der konkreten Gefahr einer Verhaftung aussetzen würde (etwa BFH, Urteil vom 11. Dezember 2001 - VI R 19/01 - (juris Rdnr. 10); Urteil vom 19. Oktober 2000 - IV R 25/00 - (juris Rdnrn. 19 f.), jeweils zu § 65 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung). Ob dem unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung gefolgt werden kann (verneinend z.B. Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 28. November 1996 - 1 U 3944/96 - (juris Rdnr. 7); ablehnend auch VGH Baden-Württemberg a.a.O. im Falle einer drohenden Abschiebung), kann hier auf sich beruhen. Denn zum einen ist nach dem Vorbringen des Klägers schon vollkommen unklar, welcher Staat (Bundesrepublik Deutschland, Republik Polen, Ukraine) nach ihm auf Grundlage welchen vollziehbaren Haftbefehls wegen welcher Delikte überhaupt fahndet. Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, warum und inwiefern die Offenbarung der klägerischen Anschrift im hiesigen Verfahren zu der konkreten Gefahr der Inhaftierung im angegebenen Aufenthaltsstaat, der Ukraine, führen soll, zumal zu keinem Zeitpunkt ein staatsanwaltschaftliches oder gerichtliches Auskunftsersuchen an den Senat gerichtet worden ist. Darüber hinaus verlangt auch der BFH (a.a.O.), dass in jedem Fall die Identität des Rechtschutzsuchenden feststehen und die Möglichkeit der Zustellung durch einen Zustellungs- oder Prozessbevollmächtigten sichergestellt sein muss. Beides ist vorliegend indes nicht der Fall. Der Kläger, der sowohl im Klage- als auch Berufungsverfahren trotz mehrmaliger Aufforderung keinen Bevollmächtigten benannt hat, hält sich an einem unbekannten Ort auf und agiert ausschließlich über das Internet aus dem Verborgenen. Abdrucke von Identitätspapieren sind zu keinem Zeitpunkt zu den Akten gelangt. In einem solchen Fall kommt ein Absehen von der Anschriftenangabe nicht in Betracht, da eine handhabbare und sichere Kommunikation mit einer einwandfrei identifizierten Person nicht gegeben ist (BSG a.a.O. (juris Rdnr. 6)).

Da weitere Handlungsmöglichkeiten des Senats in Ermangelung einer prozessordnungsgemäßen Kommunikationsart mit dem Kläger nicht bestehen (dazu erneut BSG a.a.O. (juris Rdnr. 10)), ist die Berufung nach alledem entsprechend § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.

b) Ob die Berufung darüber hinaus auch deshalb unzulässig wäre, weil die dem SG per Email übermittelte Berufungsschrift des Klägers vom 30. Oktober 2015 im pdf-Format, die das SG ausgedruckt und sodann dem Senat vorgelegt hat, nicht die nach § 151 Abs. 1 SGG gebotene Schriftform erfüllt - nämliches gilt hinsichtlich der übrigen vom Kläger im Berufungsverfahren per Email übersandten pdf-Dokumente - kann auf sich beruhen.

Zwar können die Beteiligten gemäß § 65a Abs. 1 Satz 1 SGG dem Gericht elektronische Dokumente übermitteln, soweit dies für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung der Bundesregierung oder der Landesregierungen zugelassen worden ist. Eine derartige Rechtsverordnung für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit des Landes Baden-Württemberg ist indes bisher nicht erlassen worden; die klägerische Email ist darüber hinaus auch nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes versehen (§ 65a Abs. 1 Satz 3 SGG), so dass die elektronisch übermittelte Berufungsschrift des Klägers nicht die Anforderungen des § 65a SGG erfüllt. In der sozialrechtlichen Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit, dass die erforderliche Schriftform durch eine einfache - ohne qualifizierte elektronische Signatur versehene - Email nicht gewahrt wird (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 15. November 2010 - B 8 SO 71/10 B - (juris Rdnr. 6); Senatsbeschluss vom 14. April 2016 - L 7 SO 1037/16 ER-B - (n.v.); LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. November 2015 - L 25 AS 1511/15 - (juris Rdnrn. 21 ff.); LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2013 - L 9 AS 4755/12 - (juris Rdnr. 28); Bayerisches LSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - L 15 SB 123/10 - juris (Rdnr. 29); Jaritz a.a.O., § 90 Rdnr. 40; Leitherer a.a.O., § 151 Rdnr. 3f m.w.N.; für das zivilgerichtliche Verfahren siehe nur BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 - I ZB 64/14 - (juris Rdnr. 13); Beschluss vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08 - (juris Rdnr. 6); für das finanzgerichtliche Verfahren BFH, Beschluss vom 14. September 2005 - VII B 138/05 - (juris Rdnr. 5); für das verwaltungsgerichtliche Verfahren Sächsisches Oberverwaltungsgericht (OVG), Beschluss vom 19. Oktober 2015 - 5 D 55/14 - (juris Rdnrn. 6 ff.)). Demnach genügt die am 30. Oktober 2015 an das SG übersandte Email - wie auch die übrigen zur Senats-Akte gelangten - nicht dem Schriftformerfordernis des § 151 Abs. 1 SGG.

Ob der Umstand, dass das SG sowohl die Email des Klägers vom 30. Oktober 2015 als auch das dieser angefügte pdf-Dokument ausgedruckt und dem Senat vorgelegt hat, zu einer formwirksamen Berufungseinlegung führt (vgl. zu diesem "Medienwechsel" Senatsbeschluss a.a.O. m.w.N.), bedarf hier in Ansehung der obigen Ausführungen unter Buchst. a) keiner weiteren Vertiefung. Zweifel bestehen aber deshalb, weil das (ausgedruckte) pdf-Dokument nicht die eigenhändige Unterschrift des Klägers enthält - also sich nicht als Scan-Kopie eines vom Kläger eigenhändig unterzeichneten Schriftstücks darstellt -, sondern lediglich eine Bilddatei mit wiederum eingescannter (Bild-)Unterschrift. Der Ausdruck einer elektronisch übermittelten Bilddatei, welche lediglich eine in das Dokument eingefügte weitere Bilddatei einer zuvor isoliert eingescannten Unterschrift wiedergibt, entspricht nach der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes nicht dem Schriftformgebot (BGH, Beschluss vom 18. März 2015 - XII ZB 424/14 - (juris Rdnr. 15) m.w.N.; siehe auch BGH, Beschluss vom 15. Juli 2008 - X ZB 8/08 - (juris Rdnr. 19) und Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 5. August 2009 - 10 AZR 692/08 - (juris Rdnrn. 25 ff.) zur Unzulässigkeit, einen bestimmenden Schriftsatz mit einer Faksimile-Unterschrift über ein herkömmliches Faxgerät zu versenden; zum SGG-Verfahren explizit LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. November 2015 a.a.O. (juris Rdnrn. 32 ff.) m.w.N.).

2. Die Berufung wäre im Übrigen auch unbegründet.

a) Auch insoweit kann offenbleiben, ob das SG die Klage aus den hier unter Ziffer 1) Buchst. b) dargelegten Erwägungen und in Ermangelung einer zu den Akten gelangten, vom Kläger eigenhändig unterschriebenen - Computerfax-/Telefaxkopie der - Klageschrift zu Recht als unzulässig abgewiesen hat oder ob es nach Vorlage der Computerfax-Sendebestätigung des Fax-to-mail-Anbieters (Blatt 33 der SG-Akte) und Prüfung des gerichtlichen Telefaxprotokolls (Aktennotiz vom 23. Oktober 2015 (Blatt 76 der SG-Akte)) - wenn mit dem Kläger schon (obgleich nicht prozessordnungsgemäß) mehrfach via Email kommuniziert wurde - ggf. angezeigt gewesen wäre, dem Kläger abschließend Gelegenheit zur Stellungnahme (vgl. § 67 Abs. 1 SGG) zu geben.

b) Ebenfalls offenbleiben kann, ob die Klage jedenfalls für die Zeit des 1. Juli 2015 bereits deshalb unzulässig ist, weil der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2015 ausdrücklich nur eine Entscheidung für die Zeit ab dem 2. Juli 2015 getroffen hat, so dass für die Zeit davor eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung nicht vorliegt und der Kläger daher mangels Beschwer (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG) schon nicht klagebefugt ist, zumal sein Vorbringen, sein auf den 2. Juli 2015 datierter Antrag sei bereits am 1. Juli 2015 bei der Botschaft eingegangen (vgl. dazu § 16 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz und Abs. 2 Satz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch i.V.m. § 24 Abs. 4 Satz 1 SGB XII), nicht ohne weiteres plausibel ist.

c) Der Klage wäre jedenfalls sachlich-rechtlich aus den vom SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegten (Hilfs-)Erwägungen sowohl für die Zeit ab dem 1. Juli als auch für die Zeit ab dem 2. Juli 2015 der Erfolg versagt. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Auslandssozialhilfe. Der Bescheid vom 20. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2015 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht.

Nach der Bestimmung des § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Deutsche, die - wie der Kläger - ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, keine Leistungen. Hiervon kann gemäß Satz 2 der Vorschrift im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist: (1.) Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, (2.) längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder (3.) hoheitliche Gewalt. Aus dem Zusammenspiel der Regelungen des § 24 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB XII ergibt sich, dass von einem Hilfesuchenden regelmäßig die Rückkehr nach Deutschland abverlangt wird; Ausnahmen hiervon sind nur zugelassen, soweit eine außergewöhnliche Notlage unabweisbar ist und darüber hinaus aus bestimmten, im Gesetz abschließend (BT-Drs. 15/1761, S. 6) aufgezählten Gründen eine Rückkehr in das Bundesgebiet nicht möglich ist (dazu nur Senatsbeschluss vom 25. Mai 2016 - L 7 SO 661/16 ER-B - (n.v.); Senatsurteil vom 25. Februar 2010 - L 7 SO 5106/07 - (juris Rdnrn. 25 f.); Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 - L 7 SO 4166/05 ER-B - (juris Rdnr. 5), jeweils m.w.N.), denn Sozialhilfe soll grundsätzlich nur im Inland, nicht aber im Ausland gezahlt werden. Der Gesetzgeber erwartet danach eine Rückkehr in das Inland und sieht lediglich bei Vorliegen eines objektiven Hindernisses - nicht jedoch bei bloßer Unzumutbarkeit der Rückkehr - von dieser Erwartung ab (Senatsurteil vom 27. Juli 2015 - L 7 SO 3338/14 - (n.v.); LSG Hamburg, Urteil vom 28. Januar 2015 - L 4 SO 16/14 - (juris Rdnr. 24)).

aa) Die Auslandssozialhilfe kommt mithin nicht schon bei einer nur allgemeinen sozialhilferechtlichen Notlage in Betracht; vielmehr bedarf es einer sich hiervon deutlich abhebenden, außergewöhnlichen Notlage. Eine solche Notlage ist - unter Heranziehung der hier nutzbar zu machenden Rechtsprechung des BVerwG zum Merkmal des "besonderen Notfalls" in § 119 Abs. 1 des Bundessozialhilfegesetzes (vgl. Urteile vom 5. Juni 1997 - 5 C 3/97 - (juris Rdnrn. 13 f.); - 5 C 17/96 - (juris Rdnr. 9); - 5 C 4/96 - (juris Rdnrn. 11 f.)) - gegeben, wenn ohne die Hilfeleistung an den im Ausland lebenden Deutschen eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung existentieller Rechtsgüter droht, mithin Leben, Gesundheit oder sonstige elementare Grundvoraussetzungen der menschlichen Existenz (vgl. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes (GG)) unmittelbar gefährdet sind (Senatsurteile vom 27. Juli 2015 a.a.O. und 25. Februar 2010 a.a.O.; Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2016 a.a.O. und 21. Dezember 2005 a.a.O.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. August 2014 - L 20 SO 481/11 - (juris Rdnr. 66); Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 24 Rdnrn. 9 ff., alle m.w.N.). Darüber hinaus muss die außergewöhnliche Notlage im Einzelfall unabweisbar, d.h. durch kein anderes Mittel als durch die begehrte Hilfeleistung zu beheben sein (Senatsurteil vom 27. Juli 2015 a.a.O. m.w.N.).

Eine derartige außergewöhnliche, unabweisbare Notlage hat der Kläger nicht dargetan, geschweige denn zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) nachgewiesen. Vielmehr hat er sich zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie zu seinen Wohnumständen und zu den damit zusammenhängenden Kosten ausgeschwiegen. Er hat in seinem Leistungsantrag lediglich - nicht nachprüfbar - angegeben, Unterkunftskosten in Höhe von ca. 3.500 UAH zu haben und "Geschenke und Zuwendungen durch Freunde" zu erhalten. In seiner Email an den Beklagten vom 13. August 2015 (Blatt 13 der Verwaltungsakte) hat er eingeräumt, jedenfalls im Juli 2015 600 Euro erhalten zu haben, um seine Übernachtungskosten und seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Darüber hinausgehende konkrete, nachprüfbare Angaben zu den erhaltenen Geldmitteln sowie zu seinen Einkommens- und Lebensverhältnissen in der Ukraine hat der Kläger im gesamten Verfahren trotz Aufforderung nicht gemacht. Unter diesen Umständen ist die Hilfebedürftigkeit des Klägers mithin ungeklärt, so dass eine unabweisbare außergewöhnliche Notlage nicht angenommen werden kann. Dies geht zu Lasten des Klägers, der für diese anspruchsbegründende Tatsache die Feststellungslast trägt (vgl. Senatsurteil vom 27. Juli 2015 a.a.O.).

bb) Unabhängig davon ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger nach der hier einzig in Betracht kommenden Ausnahmebestimmung des § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XII ("hoheitliche Gewalt") objektiv (dazu nur Senatsurteil vom 27. Juli 2015 a.a.O.; Coseriu in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 24 Rdnr. 28, Stand: 14. April 2016) gehindert ist, in das Bundesgebiet zurückzukehren. Ein objektives Rückkehrhindernis in diesem Sinne läge nur dann vor, wenn der Aufenthaltsstaat dem Deutschen die Rückkehr in das Bundesgebiet untersagt respektive verhindert, etwa durch eine Ausreisesperre oder durch Inhaftierung (Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2016 a.a.O. und 21. Dezember 2005 a.a.O. (juris Rdnr. 7); vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. März 2015 - L 2 SO 56/15 - (juris Rdnr. 31); Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rdnr. 24; Hohm a.a.O., § 24 Rdnr. 19; Berlit in LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 24 Rdnr. 11). Der Kläger ist indes nicht inhaftiert; auch liegt keine sonstige hoheitliche Gewalt des angegebenen Aufenthaltsstaats - der Ukraine - vor, die einer Ausreise entgegenstehen würde. Dies entnimmt der Senat der Auskunft der Botschaft vom 13. Juli 2015 (Blatt 1 der Verwaltungsakte). Dass der Kläger sich in Deutschland - aus welchen Gründen auch immer - "nicht mehr sicher" bzw. "politisch verfolgt" fühlt, stellt kein Rückkehrhindernis i.S.d. § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XII dar, ebenso wenig die Gefahr einer Inhaftierung in Deutschland. Die Vorschrift bezieht sich alleine auf die hoheitliche Gewalt, die vom Aufenthaltsstaat ausgeht. Der Kläger kann auch nicht erwarten, dass ihm von bundesdeutschen Behörden steuerfinanzierte Sozialhilfe geleistet wird, um sich einer Verhaftung gerade durch die deutschen Behörden zu entziehen (vgl. dazu bereits OLG München a.a.O. und VGH Baden-Württemberg a.a.O.). Es ist dem Kläger vielmehr - unabhängig davon, dass eine drohende Inhaftierung in Deutschland auf Grundlage des überwiegend nur schwer verständlichen Vortrags des Klägers nicht recht nachvollziehbar ist - abzuverlangen, in das Bundesgebiet zurückzukehren und dort seine (behauptete) Inhaftierung mit den zur Verfügung stehenden strafprozessualen Mitteln gerichtlich überprüfen zu lassen. Er ist dadurch nicht rechtschutzlos gestellt, so dass auch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG keine andere Bewertung rechtfertigt (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg a.a.O.).

Etwaige Reisekosten für die Rückführung wären im Übrigen nicht vom Beklagten zu tragen, sondern ggf. von der zuständigen konsularischen Vertretung nach § 5 Abs. 4 des Gesetzes über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse (Konsulargesetz - KonsG) auf Kosten des Bundes zu übernehmen (siehe dazu nur Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2016 a.a.O. und 21. Dezember 2005 a.a.O. (juris Rdnr. 7) m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Januar 1992 - 8 B 7/92 - (juris Rdnr. 17); Coseriu a.a.O., § 24 Rdnr. 43; Bieback a.a.O., § 24 Rdnr. 26). Ob die Voraussetzungen für eine derartige Rückführung vorliegen, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und wäre ggf. auch vor den Gerichten der (allgemeinen) Verwaltungsgerichtsbarkeit zu klären.

cc) Gegen die Regelung des § 24 Abs. 1 SGB XII ist schließlich auch verfassungsrechtlich nichts zu erinnern; dies hat der Senat bereits entscheiden und verweist auf die entsprechenden Ausführungen im Senatsurteil vom 25. Februar 2010 (a.a.O. (juris Rdnr. 35); siehe auch Senatsbeschluss vom 25. Mai 2016 a.a.O.; Bayerisches LSG, Urteil vom 20. Januar 2014 - L 8 SO 146/12 - (juris Rdnr. 27); Sächsisches LSG, Urteil vom 29. November 2010 - L 7 SO 80/10 B ER - (juris Rdnr. 25); Hohm a.a.O., § 24 Rdnr. 1.1; Berlit a.a.O., § 24 Rdnr. 2; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 24 Rdnr. 23, Stand: Dezember 2011, alle m.w.N.).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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