L 3 BK 12/14

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 25 BK 23/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 BK 12/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zum Bergriff der Lernfördung in § 28 Abs. 5 SGB II.
2. Schulische Angebote der Lernförderung sind von der Schule selbst angebotene Maßnahmen, strukturelle Förderungen, wie Förderkurse oder Hausaufgabenhilfe.
3. Die wesentlichen Lernziele eines Schülers sind nicht abstrakt, sondern im jeweiligen Einzelfall differenzierend nach Schulform und Klassenstufe anhand der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen zu ermitteln.
4. Nach den schulrechtlichen Bestimmungen des Freistaates Sachsen ist auch in einer 3. Klasse in einer Grundschule die Versetzung in die 4. Klasse ein wesentliches Lernziel. Zum Ziel der Versetzung in die nächsthöhere Klasse tritt jedoch in der Grundschule und damit auch in der 3. Klasse als weiteres wesentliches Lernziel die Verschaffung von Kulturtechniken hinzu.
5. Zur Eignung und zusätzlichen Erforderlichkeit einer außerschulischen Lernförderung.
I. Das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25. September 2013 sowie der Bescheid des Beklagten vom 10. Januar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2013 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Leistungen zur Bildung und Teilhabe in Höhe von insgesamt 351,00 EUR zu zahlen.

II. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme für eine die schulischen Angebote ergänzende Lernförderung als Leistung zur Bildung und Teilnahme nach § 6b des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) i. V. m. § 28 Abs. 5 des Sozialgesetzbuches Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) für das Schuljahr 2010/2011 streitig.

Die Klägerin lebt in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem im Dezember 2001 geboren Sohn F , für den sie Kindergeld nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes bezieht. Im streitigen Zeitraum erhielt die Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ihr Sohn erhielt von Seiten des Beklagten Wohngeld sowie Leistungen für Bildung und Teilhabe unter anderem für die Teilnahme an der schulischen Mittagsverpflegung. Im Schuljahr 2010/2011 besuchte er die 3. Klasse der Diesterweg-Grundschule in D. Seine Noten betrugen ausweislich der Halbjahresinformation der Grundschule vom 1. Februar 2011 im Fach Mathematik "3+" und im Fach Deutsch "4+". In beiden Fächern besuchte er regelmäßig den von der Schule angebotenen Förderunterricht.

Am 26. April 2011 meldete die Klägerin ihren Sohn bei der Fa. S in D , einem im Bereich des Nachhilfeunterrichts professionell tätigen Unternehmen, ab 1. Mai 2011 für den Nachhilfeunterricht in den Fächern Mathematik und Deutsch an. Der Unterricht erfolgte zweimal wöchentlich für jeweils eine Stunde pro Fach. Die Unterrichtsgebühr betrug monatlich 117,00 EUR. Insgesamt besuchte das Kind den Nachhilfeunterricht für die Dauer von drei Monaten.

Am 5. Mai 2011 beantragte die Klägerin für ihren Sohn Leistungen für Bildung und Teilhabe für eine außerschulische Lernförderung. Im Antragsformular bestätigte die Klassenlehrerin H W den Lernförderbedarf in der Klassenstufe 3 für die Fächer Deutsch und Mathematik und gab an, dass im Fall der Erteilung von Lernförderung eine positive Versetzungsprognose gegeben sei. Ergänzend bescheinigte sie am 16. Juni 2011, dass der Sohn der Klägerin regelmäßig den Unterricht der Klasse 3c besuche und am schulischen Förderunterricht teilnehme. Es sei nicht versetzungsgefährdet. Das Kind erarbeite sich jedoch jede Note mit sehr viel außerordentlichem Fleiß und Lernarbeit. Deshalb sei sehr zu begrüßen, wenn er zusätzlich individuelle Lernförderung erhalte. Damit könne einem möglichen Leistungsversagen vorgebeugt und der Lernwille positiv unterstützt werde. Am 30. Juni 2011 legte die Klägerin eine weitere Bestätigung der Klassenlehrerin vom 24. Juni 2011 über die Notwendigkeit von Lernförderung in der Klassenstufe "3 bzw. 4" für die Fächer Deutsch und Mathematik vor, worin diese erneut bestätigte, dass im Fall der Erteilung von Lernförderung eine positive Versetzungsprognose bestehe. Die Lehrerin vermerkte zudem, dass nach ihrer Auffassung die Versetzung nicht erst gefährdet sein müsse.

Der Sohn der Klägerin wurde in der Folge in die 4. Klasse versetzt und erreichte ausweislich des Jahreszeugnisses für die 3. Klasse vom 8. Juli 2011 in den Fächern Deutsch und Mathematik jeweils die Note "3".

Mit Bescheid vom 10. Januar 2012 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Kosten der Lernförderung ab. Zur Begründung gab er an, dass die Versetzung des Kindes nicht gefährdet gewesen sei. Die außerschulische Lernförderung im Sinne des Bildungs- und Teilhabepaktes diene nicht der reinen Verbesserung von Noten in den verschiedenen Unterrichtsfächern, sondern solle entsprechend der Auslegung des Gesetzgebers als Mehrbedarf nur in Ausnahmefällen und in der Regel auch nur kurzfristig zur Behebung einer vorübergehenden Lernschwäche dienen. Eine solche vorübergehende Lernschwäche sei weder von der Schule bestätigt worden, noch ergebe sie sich aus den eingereichten Zeugnissen.

Hiergegen legte die inzwischen anwaltlich vertretene Klägerin für sich und ihren Sohn am 10. Februar 2012 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2012 wurde der Widerspruch ihres Sohnes als unbegründet zurückgewiesen. Das dagegen angestrengte Gerichtsverfahren endete im Berufungsverfahren vor dem Sächsischen Landessozialgericht (Az. L 3 BK 1/12) mit einer übereinstimmenden Erledigungserklärung in der mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2013. Die Grundschullehrerin H W war in der mündlichen Verhandlung als Zeugin vernommen worden.

Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2013 zurück.

Die Klägerin hat am 5. August 2013 Klage erhoben und vorgebracht, dass sie selbst nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihrem Sohn beim Lernen zu helfen, insbesondere weil dieser immer die "i"-Punkte und die "ö"-Umlautpunkte vergessen habe und daher bei Diktaten schlechte Noten erhalten habe. Sie habe sich gezwungen gesehen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. September 2013 abgewiesen und hierbei die Berufung zugelassen. Nach Auffassung des Sozialgerichts seien die Voraussetzungen zur Gewährung von Leistungen zur außerschulischen Lernförderung nicht gegeben. Diese könnten nur gewährt werden, wenn die Lernförderung geeignet und zusätzlich erforderlich sei, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Das wesentliche Lernziel in der jeweiligen Klassenstufe sei regelmäßig die Versetzung in die nächste Klassenstufe beziehungsweise ein ausreichendes Leistungsniveau. Der Sohn der Klägerin sei weder versetzungsgefährdet, noch habe die Gefahr bestanden, andere wesentliche Lernziele nicht zu erreichen zu können. Die Leistungen in Deutsch und Mathematik seien durchweg ausreichend gewesen und die Rechtschreibkompetenz des Kindes sei nicht grundlegend gefährdet gewesen. Das Kind habe zwar Schwächen aufgewiesen; eine Lese-Rechtschreib-Schwäche habe aber nicht bestanden. Es sei nicht zu befürchten gewesen, dass er die Fähigkeiten Lesen und Schreiben nicht im Wesentlichen erwerben werde.

Gegen das ihr am 6. Oktober 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. November 2013 Berufung eingelegt. Sie verweist auf die erheblichen Defizite in den Fächern Deutsch und Mathematik, die auch durch die Grundschullehrerin in ihrer Zeugenaussage beschrieben worden seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichtes Leipzig vom 25. September 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 10. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die beantragten Leistungen zur Bildung und Teilhabe nach § 6b BKGG gemäß Antrag vom 5. Mai 2011 in Höhe von insgesamt 351,00 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Der Beklagten weist darauf hin, dass der Sohn der Klägerin mit jeweils der Note 3 in den Fächern Deutsch und Mathematik durchschnittliche Leistungen erbracht habe. Aus diesem Grund habe kein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die außerschulische Lernförderung bestanden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen, die Gerichtsakte im Verfahren Az. L 3 BK 1/12, insbesondere die Sitzungsniederschrift über die Vernehmung der Zeugin W in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2013, sowie die bezogene Verwaltungsakte der Beklagte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft. Zwar stehen lediglich Kosten für die Nachhilfe in Höhe von monatlich 117,00 EUR für drei Monate, mithin insgesamt 351,00 EUR, im Streit. Dadurch wird der Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 750,00 EUR (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) nicht überschritten. Die Berufung wurde jedoch vom Sozialgericht in seinem Urteil zugelassen (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGG).

II. Die Klage ist auch begründet.

Die Klägerin hat entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Anspruch auf Kostenübernahme für die die schulischen Angebote ergänzende Lernförderung für ihren Sohn gemäß § 6b BKGG i. V. m. § 28 Abs. 5 SGB II. Sie ist berechtigt, im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 und 4 SGG vom Beklagten die Erstattung der ihr hierfür entstandenen Aufwendungen in Höhe von insgesamt 351,00 EUR zu verlangen. Die entscheidungserheblichen Regelungen aus § 6b BKGG sind maßgebend in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung (vgl. Artikel 5 Nr. 4 des Gesetzes vom 24. März 2011 [BGBl. I S. 453]).

1. Nach § 6b Abs. 1 Satz 1 BGKK erhalten Personen Leistungen für Bildung und Teilhabe für ein Kind, wenn sie für dieses Kind nach diesem Gesetz oder nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes Anspruch auf Kindergeld oder Anspruch auf andere Leistungen im Sinne von § 4 BKGG haben und wenn 1. das Kind mit ihnen in einem Haushalt lebt und sie für ein Kind Kinderzuschlag nach § 6a BKGG beziehen oder 2. im Fall der Bewilligung von Wohngeld sie und das Kind, für das sie Kindergeld beziehen, zu berücksichtigende Haushaltsmitglieder sind.

Nach § 6b Abs. 2 Satz 1 BKGG entsprechen die Leistungen für Bildung und Teilhabe den Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Abs. 2 bis 7 SGB II. Vorliegend wird die Leistung nach § 28 Abs. 5 SGB II (in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung von Artikel 2 Nr. 31 des Gesetzes vom 24. März 2011 [BGBl. I S. 453]) begehrt. Danach wird bei Schülerinnen und Schülern eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Mit dieser Regelung erkennt der Gesetzgeber an, dass auch außerschulische Lernförderung als Sonderbedarf vom Anspruch auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums erfasst ist (vgl. BT-Drs. 17/3404, S. 105 [zu § 28 Abs. 4]). Er hat damit auf die Kritik des Bundesverfassungsgerichtes im Urteil vom 9. Februar 2010 reagiert. Der Bundesgesetzgeber, der mit dem SGB II ein Leistungssystem habe schaffen wollen, das das Existenzminimum vollständig gewährleistet, habe dafür Sorge zu tragen, dass mit dem Sozialgeld der zusätzliche altersspezifische Bedarf eines Schulkindes hinreichend abgedeckt ist. Der Bundesgesetzgeber könne erst dann von der Gewährung entsprechender Leistungen absehen, wenn und soweit sie durch landesrechtliche Ansprüche substituiert und hilfebedürftigen Kindern gewährt würden (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 –1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 [Hartz IV-Regelsatz , Hartz IV-Gesetz] – BVerfGE 125, 175 ff. = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12 = NJW 2010, 505 ff. = juris Rdnr. 197, vgl. auch Rdnr. 180 ff.).

2. Die Voraussetzungen zur Kostenübernahme für die außerschulische Lernförderung sind erfüllt.

a) Hinsichtlich der Anspruchsberechtigung unterscheidet sich § 6b Abs. 1 Satz 1 BKGG von § 28 Abs. 1 Satz1, Abs. 5 SGB II. Während im letzten Fall nach dem Gesetzeswortlaut die Schülerinnen und Schüler selbst anspruchsberechtigt sind, sind dies im Kindergeldrecht regelmäßig die kindergeldberechtigten Elternteile. Diesbezüglich steht zwischen den Beteiligten außer Streit, dass die Klägerin zum berechtigten Personenkreis nach § 6b Abs. 1 Satz 1 BKGG gehört. Sie erhält für ihren Sohn Kindergeld und lebt mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt. Zudem gewährte der Beklagte dem Sohn der Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 Wohngeld.

Der Beklagte ist im Fall der Klägerin die zuständige Behörde für Leistungen nach § 6b BKGG (vgl. § 13 Abs. 4 BKGG i. V. m. § 1 Abs. 1 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Bestimmung der zuständigen Behörden nach § 13 Abs. 4 Bundeskindergeldgesetz vom 7. April 2011 [SächsGVBl. S. 110]; seit 1. Mai 2014: i. V. m. § 15b Abs. 1 des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches vom 6. Juni 2002 [SächsGVBl. S. 168, 169], zuletzt geändert durch Artikel 1 Nr. 15 des Gesetzes vom 2. April 2014 [SächsGVBl. S. 230]).

b) Der Sohn der Klägerin war, was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, im streitbefangenen Zeitraum Schüler im Sinne von § 28 Abs. 5 SGB II.

c) Die in Anspruch genommene Nachhilfe bei der Schülerförderung stellt eine die schulischen Angebote angemessene und ergänzende Lernförderung dar, die auch geeignet und zusätzlich erforderlich war, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele des Kindes zu erreichen.

(1) Der Begriff der Lernförderung wird im Schrifttum in einem weiten Sinne verstanden (vgl. Becker, SGB 2012, 185 [187]; Lenze, in: Münder [Hrsg.], SGB II [5. Aufl., 2013], § 28 Rdnr. 24, m. w. N.; Leopold, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [4. Aufl., 2015], § 28 Rdnr. 140, m. w. N.; Thommes, in: Gagel, SGB II/SGB III [61. Erg. Lfg, März 2016], § 28 Rdnr. 36, m. w. N.; Voelzke, in:, Hauck/Noftz, SGB II [Stand: Erg.-Lfg. VI/2015, Juni 2015], § 28 Rdnr. 78, m. w. N.).

In der Rechtsprechung wird auch – allerdings eher unter dem Gesichtspunkt der zusätzlichen Erforderlichkeit – geprüft, ob sich die Maßnahme auf Unterrichtsinhalte bezieht und damit eine Maßnahme der Lernförderung ist (vgl. für Dyskalkulie oder eine Legasthenie: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Mai 2011 – L 2 AS 622/14 B ER – juris Rdnr. 28; Schlesw.-Holst. LSG, Beschluss vom 26. März 2014 – L 6 AS 31/14 B ER – info also 2014, 132 ff. = FEVS 66, 138 ff. = juris Rdnr. 31 f.; Hess. LSG, Urteil vom 13. November 2015 – L 9 AS 192/14 – juris Rdnr. 35) oder ob es sich um Leistungsschwächen beim Schüler handelt, derentwegen er auf vorrangige Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe – (SGB VIII) zu verweisen ist (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Mai 2011 – L 5 AS 498/10 B ER – juris Rdnr. 29 [Konzentrationsschwäche]; Schlesw.-Holst. LSG, Beschluss vom 21. Dezember 2011 – L 6 AS 190/11 B ER – juris Rdnr. 35 [Aufmerksamkeitsstörung mit Hyperaktivität]; Brose, NZS 2013, 51 [55]; vgl. hierzu auch Sächs. LSG, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – L 2 AS 1285/14 B ERNZS 2015, 197 = ZFSH/SGB 2015, 156 ff. = juris Rdnr. 18 f.).

Vorliegend muss auf das Begriffsverständnis nicht weiter eingegangen werden, weil nach allgemeiner Auffassung jedenfalls die Nachhilfe unter die Lernförderung fällt. Dies ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig.

(2) Förderfähig ist "eine schulischen Angebote ergänzende Lernförderung". Schulische Angebote der Lernförderung sind von der Schule selbst angebotene Maßnahmen, strukturelle Förderungen, wie Förderkurse oder Hausaufgabenhilfe (vgl. Lenze, a. a. O., Rdnr. 25; Luik, in: Eicher, SGB II [3. Aufl., 2013], § 28 Rdnr. 41; Leopold, a. a. O., Rdnr. 142, m. w. N.). Diese Tatbestandsvoraussetzung konkretisiert den Nachranggrundsatz der Grundsicherung aus § 1 Abs. 2 Satz 2 SGB II und verdeutlicht den Vorrang von schulischen Angeboten.

Für die Grundschulen im Freistaat Sachsen sind solche schulischen Angebote in den §§ 13 und 13a der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über Grundschulen im Freistaat Sachsen (Schulordnung Grundschulen – SOGS) vom 3. August 2004 (SächsGVBl. S. 312) in der hier maßgebenden Fassung von Artikel 1 der Verordnung vom 16. Juli 2010 (SächsGVBl. S. 228) geregelt. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SOGS wird Förderunterricht gemäß dem individuellen Förderbedarf des jeweiligen Schülers durchgeführt. Grundlage bildet das pädagogische Konzept der Schule (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 SOGS). Förderunterricht kann in Gruppen, klassen- oder jahrgangsübergreifend stattfinden. Nach § 13 Abs. 2 SOGS sollen nach Maßgabe der Stundentafel im Förderunterricht Entwicklungsrückstände abgebaut, durch dafür qualifizierte Lehrer oder Schulpsychologen festgestellte Teilleistungsschwächen verringert sowie Begabungen gefördert werden. Der Schüler ist gemäß § 13 Abs. 3 SOGS zur Teilnahme am Förderunterricht während des vom Lehrer festgelegten Zeitabschnittes verpflichtet. Daneben kann nach § 13a Abs. 1 Satz 1 SOGS die Sächsische Bildungsagentur für Schüler mit festgestellter Teilleistungsschwäche im Lesen und Rechtschreiben zulassen, dass für die Klassenstufe 3 besondere Klassen (LRS-Klassen) gebildet werden. Dabei wird die Klassenstufe 3 auf zwei Schuljahre gedehnt (vgl. § 13a Abs. 1 Satz 2 SOGS). Für den Besuch dieser Klassen ist die Einwilligung der Eltern erforderlich (vgl. § 13a Abs. 1 Satz 3 SOGS). Zum Abschluss des ersten Schuljahres dieser Klassenstufe wird eine Mitteilung erstellt, die entsprechend einer Halbjahresinformation über den erreichten Entwicklungs- und Leistungsstand informiert (vgl. § 13a Abs. 2 Satz 1 SOGS). Zum Abschluss der Klassenstufe wird ein Zeugnis erteilt, das entsprechend einem Jahreszeugnis den in der Klassenstufe erreichten Entwicklungs- und Leistungsstand dokumentiert (vgl. § 13a Abs. 2 Satz 2 SOGS). In den Halbjahresinformationen, der Mitteilung und dem Zeugnis wird der Besuch der LRS-Klasse vermerkt (vgl. § 13a Abs. 2 Satz 3 SOGS). Eine Wiederholung der Klassenstufe 3 ist nicht möglich (vgl. § 13a Abs. 2 Satz 4 SOGS).

Die Nachhilfe bei der Fa. S in D , einer im Bereich des Nachhilfeunterrichts professionell tätigen Unternehmens (vgl. https://www.schuelerhilfe.de/unternehmen/ ueber-uns/), stellt eine das schulische Angebote ergänzende Lernförderung im Sinne von § 28 Abs. 5 SGB II dar. An der fachlichen Eignung der Firma bestehen keine Bedenken (zur Beschränkung der Auswahl auf geeignete Träger: Voelzke, a. a. O., Rdnr. 89, m. w. N.).

(3) Eine Lernförderung ist nach der Gesetzesbegründung angemessen, wenn sie im Rahmen der örtlichen Angebotsstruktur auf kostengünstige Anbieterstrukturen zurückgreift. Die Angemessenheit der Höhe der Vergütung richtet sich ferner nach der konkret benötigten Lernförderung und den ortsüblichen Sätzen (vgl. BT-Drs. 17/3404 S. 105; vgl. hierzu: Leopold, a. a. O., Rdnr. 144, m. w. N.; Lenze, a. a. O., Rdnr. 26; Luik, a. a. O., Rdnr. 49; Voelzke, a. a. O., m. w. N.).

In diesem Sinne waren die von der Klägerin entrichteten monatlichen Aufwendungen von 117,00 EUR hinsichtlich ihrer Höhe angemessen. Denn diesem Betrag standen bei jeweils zwei Stunden je Fach und Woche sowie bei angenommenen vier Wochen je Monat 16 Nachhilfestunden gegenüber. Dies entspricht einem Stundensatz von 7,31 EUR.

(4) Maßgebend für die Beurteilung, ob eine außerschulische Lernforderung im Sinne von § 28 Abs. 5 SGB II erforderlich ist, sind die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele. Wesentliches Lernziel in der jeweiligen Klassenstufe ist nach der Gesetzesbegründung regelmäßig die Versetzung in die nächste Klassenstufe beziehungsweise ein ausreichendes Leistungsniveau (vgl. BT-Drs. 17/3404, a. a. O.; zum ausreichenden Leistungsniveau als Lernziel: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. Februar 2012 – L 7 AS 43/12 B ER – juris Rdnr. 21; Schlesw.-Holst. LSG, Beschluss vom 26. März 2014 – L 6 AS 31/14 B ER – info also 2014, 132 ff. = FEVS 66, 138 ff. = juris Rdnr. 29; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. Januar 2015 – juris Rdnr. 27; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22. Juni 2015 – L 13 AS 107/15 B ER – juris Rdnr. 7; Hess. LSG, Urteil vom 13. November 2015 – L 9 AS 192/14 – juris Rdnr. 34; weitere Nachweise bei Sächs. LSG, Beschluss vom 7. September 2015 – L 7 AS 1793/13 NZB – juris Rdnr. 23).

Die wesentlichen Lernziele eines Schülers sind nicht abstrakt, sondern im jeweiligen Einzelfall differenzierend nach Schulform und Klassenstufe anhand der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen zu ermitteln (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. Februar 2012, a. a. O., Rdnr. 20; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. März 2013 – L 2 AS 1679/12 B ER – juris Rdnr. 5; Hess. LSG, Urteil vom 13. November 2015, a. a. O., Rdnr. 13). Aufgrund der allgemeinen und gesetzgeberischen Kompetenzvermutung für die Länder und des Schweigens des Grundgesetzes zum primären und sekundären Bildungssektor ist das Schulrecht Länderangelegenheit (vgl. Artikel 30, Artikel 70 Abs. 1 des Grundgesetzes [GG]). Die wesentlichen Lernziele werden damit von den jeweiligen Bundesländern bestimmt.

Vorliegend bestimmen sich die wesentlichen Lernziele nach den Regelungen des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen (SchulG) (hier i. d. F. der Bekanntmachung vom 16. Juli 2004 [SächsGVBl. S. 298], zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 10 des Gesetzes vom 19. Mai 2010 [SächsGVBl. S. 142]), der Schulordnung Grundschule sowie den für die Grundschulen im Freistaat Sachsen ergebenden Lehr- und Bildungsplänen des Sächsische Staatsministerium für Kultus (vgl. § 35 Abs. 1, § 59 Abs. 1 Nr. 1 SchulG).

(a) Die für das schulische Fortkommen eines Schülers in den Grundschulen des Freistaates Sachsen maßgebenden Regelungen finden sich in § 5 Abs. 2 Satz 1 SchulG und § 22 SOGS.

Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 SchulG umfasst die Grundschule die Klassenstufen 1 bis 4. Nach § 22 Abs. 1 SOGS werden diejenigen Schüler in die nächsthöhere Klassenstufe versetzt, die in allen Fächern mindestens die Note "ausreichend" erzielt haben. Nach § 22 Abs. 4 SOGS kann ein Schüler in die Klassenstufen 4 und 5 noch versetzt werden, wenn er in einem der Fächer Deutsch, Sachunterricht oder Mathematik höchstens einmal die Note "mangelhaft", insgesamt jedoch nicht mehr als zweimal die Note "mangelhaft" erreicht hat und sein Lern- und Arbeitsverhalten, die Art und Ausprägung seiner schulischen Leistungen und seine bisherige Entwicklung erwarten lassen, dass er den Anforderungen der nächsthöheren Klassenstufe gewachsen sein wird. Nach § 22 Abs. 5 Satz 1 SOGS können Schüler bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wie längerer Erkrankung, Wechsel an eine andere Grundschule oder festgestellter Teilleistungsschwäche, die nach Absatz 1 nicht zu versetzen wären, versetzt werden, wenn sie aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und bisherigen Gesamtentwicklung den Anforderungen der nächsthöheren Klassenstufe gewachsen sein werden. Eine Versetzung auf Probe ist nicht zulässig (vgl. § 22 Abs. 5 Satz 2 SOGS).

Die Regelungen über die Bewertung von Leistungen sind in den §§ 14 ff. SOGS enthalten. Nach § 14 Abs. 4 SOGS sind Grundlage der Leistungsbewertung in einem Unterrichtsfach alle vom Schüler im Zusammenhang mit dem Unterricht erbrachten schriftlichen, mündlichen und praktischen Leistungen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SOGS werden Leistungen nach dem Grad des Erreichens von Lernanforderungen bewertet. Die Bewertung berücksichtigt den individuellen Lernfortschritt des Schülers (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 SOGS). Ab Klassenstufe 3 wird in allen Fächern mit Ausnahme des Faches Englisch benotet (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 3 SOGS). Die einzelnen schriftlichen, mündlichen und praktischen Leistungsnachweise sowie die gesamten während eines Schuljahres in den einzelnen Fächern erbrachten Leistungen werden nach Maßgabe von § 15 Abs. 3 Satz 2 SOGS bewertet (zur Benotung und Bewertung der sog. "Kopfnoten" Betragen, Fleiß, Mitarbeit und Ordnung: § 15 Abs. 6 und 7 SOGS). Anforderungen im Sinne des Absatzes 3 sind die im Lehrplan festgelegten Ziele und Inhalte sowie der Grad der selbstständigen und richtigen Anwendung der Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, einschließlich der Art der Darstellung (vgl. § 15 Abs. 4 SOGS).

Aus diesen Regelungen folgt, dass auch in einer 3. Klasse in einer Grundschule im Freistaat Sachsen die Versetzung in die 4. Klasse ein wesentliches Lernziel ist.

(b) Zum Ziel der Versetzung in die nächsthöhere Klasse tritt jedoch in der Grundschule und damit auch in der 3. Klasse als weiteres wesentliches Lernziel die Verschaffung von Kulturtechniken hinzu (vgl. hierzu auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. Februar 2012 – L 7 AS 43/12 B ER – juris Rdnr. 20; SG Marburg, Beschluss vom 1. November 2012 – S 5 AS 213/12 ER – juris Rdnr. 29).

Die Grundschule hat nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchulG die Aufgabe, alle Schüler in einem gemeinsamen Bildungsgang ausgehend von den individuellen Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen unter Einbeziehung von Elementen des spielerischen und kreativen Lernens zu weiterführenden Bildungsgängen zu führen. Damit schafft sie nach § 5 Abs. 1 Satz 2 SchulG die Voraussetzungen für die Entwicklung sicherer Grundlagen für selbstständiges Denken, Lernen und Arbeiten und die Beherrschung des Lesens, Schreibens und Rechnens (Kulturtechniken).

Ausweislich des Lehrplanes der Grundschule – Deutsch (2004/2009) leistet der Deutschunterricht einen fundamentalen Beitrag für die kognitive, emotionale und soziale Entwicklung. Im Zentrum steht die Ausbildung der Kulturtechniken Lesen und Schreiben als Basis für weiterführendes Lernen, für die Teilnahme an gesellschaftlichen Leben und zum Erschließen der Welt. Allgemeine fachliche Ziele sind der Erwerb von Grundlagen für selbständiges Lesen und Schreiben (Schriftspracherwerb), die Entwicklung des Leseverständnisses, die Entwicklung der mündlichen Sprachfähigkeit, die Entwicklung der schriftlichen Sprachfähigkeit, die Entwicklung der Reflexionsfähigkeit über Sprache und der Erwerb von Lernstrategien und Arbeitstechniken (vgl. S. 2 des Lehrplanes). Ziele der Klassenstufe 3 sind das Vertiefen von Einsichten in die Bedeutung von Lesen und Schreiben, die Weiterentwicklung der individuellen Sprachfähigkeit und des Ausdrucksvermögens sowie die Weiterentwicklung der schriftsprachlichen Fähigkeiten. In Bezug auf das zuletzt genannte Ziel erhöhen die Schüler ihre Schreibsicherheit und -geläufigkeit. Ferner vertiefen sie ihr Verständnis für rechtschriftliche Regelmäßigkeiten und wenden rechtschriftliche Regeln auf den Orientierungswortschatz an. Sie beherrschen grundlegende Arbeitstechniken und entwickeln Strategien zum richtigen Schreiben. Sie vertiefen und erweitern ihr Wissen über die Form von Bedeutung von Wörtern, Sätzen, Texten und wenden es im Umgang mit Sprache an (vgl. S. 18 des Lehrplanes; zum Lernbereich "Richtig Schreiben": S. 21 des Lehrplanes).

Vergleichbares ergibt sich auch aus dem Lehrplan Grundschule – Mathe (2004/2009). Danach erwerben die Schüler im Fach Mathematik grundlegendes geometrisches und arithmetisches Wissen, das sie befähigt, elementare Aufgaben aus ihrer Umwelt zu lösen. Sie eigenen sich damit die Kulturtechnik des Rechnens an. Der Mathematikunterricht leistet einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Wahrnehmungsfähigkeit und des Vorstellungsvermögens. Allgemeine fachliche Ziele sind die Entwicklung der Wahrnehmungs- und Vorstellungsfähigkeit, das Operieren mit geometrischen Objekten, Zahlen und Größen, das Entwickeln von Fähigkeiten, mathematische Probleme zu lösen, und das Entwickeln der Fähigkeit, sich sach- du fachgerecht zu äußern (vgl. S. 2 des Lehrplanes). Für die Klassenstufe 3 ist als eines der Ziele in Bezug auf das Operieren mit geometrischen Objekten, Zahlen und Größen festgelegt, dass die Schüler Grundaufgaben des Einspluseins und des Einmaleins beherrschen. Sie nutzen dieses Wissen zum vorteilhaften Rechnen und Kontrollieren. Sie lernen die Verfahren zur schriftlichen Addition, Subtraktion und Multiplikation kennen (vgl. S. 15 des Lehrplanes; zum Lernbereich "Richtig Schreiben": S. 21 des Lehrplanes).

(5) Eine außerschulische Lernförderung ist geeignet im Sinne von § 28 Abs. 5 SGB II, wenn die Aussicht verbesset wird, dass der Schüler das wesentliche Lernziel erreicht (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. März 2013 – L 15 AS 62/13 B ER – juris Rdnr. 5; Voelzke, a. a. O., Rdnr. 82, m. w. N.; ähnlich: LSG Niedersachen-Bremen, Beschluss vom 22. Juni 2015 – L 13 AS 107/15 B ER – juris Rdnr. 8), oder anders formuliert, wenn die schulischen Defizite beseitigt oder jedenfalls gemindert werden (vgl. Leopold, a. a. O., Rdnr. 149; weitergehend Schlesw.-Holst. LSG, Beschluss vom 26. März 2014 – L 6 AS 31/14 B ER – info also 2014, 132 ff. = FEVS 66, 138 ff. = juris Rdnr. 32: positive Prognose auch, wenn zwar keine Verbesserung des Leistungsniveaus in dem Fach, für das Nachhilfe beansprucht wird [hier: Fach Deutsch], aber eine Verhinderung der Verschlechterung des Leistungskurses in anderen Fächern erwartet werden kann). Die auf den Einzelfall bezogene prognostische Einschätzung muss auf das Schuljahresende bezogen sein und die schulischen Förderangebote einbeziehen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Mai 2011 – L 5 AS 498/10 B ER – juris Rdnr. 25; Luik, a. a. O., Rdnr. 44; Voelzke, a. a. O.). Der gewünschte Lernerfolg muss grundsätzlich objektiv erreichbar sein, auch wenn der Erfolg ungewiss ist (vgl. Leopold, a. a. O.; vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Mai 2011, a. a. O., Schlesw.-Holst. LSG, Beschluss vom 26. März 2011, a. a. O.; LSG Niedersachen-Bremen, Beschluss vom 22. Juni 2015, a. a. O.).

Die Eignung, aber auch die Erforderlichkeit, der beabsichtigten Maßnahmen ist zu verneinen, wenn eine Versetzung oder ein Verbleiben in der gewählten Schulart wegen des Umfangs der Leistungsdefizite ohnehin ausgeschlossen erscheint (vgl. Voelzke, a. a. O., Rdnr. 83; Thommes, a. a. O., Rdnr. 39).

(6) Ferner muss die außerschulische Lernförderung zusätzlich erforderlich sei. Diese Tatbestandsvoraussetzung erlangt in mehrfacher Hinsicht Bedeutung. So verdeutlicht es ebenso wie das Tatbestandsmerkmal der "eine schulischen Angebote ergänzende Lernförderung" den Nachrang von Grundsicherungsleistungen gegenüber schulischen Angeboten (vgl. Leopold, a. a. O., Rdnr. 141). Ein durch die Schule angebotener Nachhilfeunterricht geht also einem außerschulischen Nachhilfeunterricht leistungsrechtlich vor. Ein Anspruch auf Übernahme besteht – neben weiteren Voraussetzungen – mithin erst, wenn es keine schulischen Angebote der Lernförderung gibt oder diese nicht ausreichen.

Eine Lernförderung ist nicht erforderlich, wenn sie zusätzliche und damit nicht versetzungsrelevante Unterrichtsangebote betrifft (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. März 2013 – L 2 AS 1679/12 B ER – juris Rdnr. 5).

Schließlich ist unter dem Gesichtspunkt der zusätzlichen Erforderlichkeit zu prüfen, auf Grund welcher Umstände die Inanspruchnahme außerschulischer Lernförderung notwendig erscheint. Die Erforderlichkeit kann regelmäßig bejaht werden, wenn diese Umstände vom Schüler nicht verschuldet sind, was beispielsweise bei erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten der Fall sein kann (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Mai 2011 – L 5 AS 498/10 B ER – juris Rdnr. 30; Voelzke, a. a. O., Rdnr. 80, 81). Auch Erfolge von außerschulischer Lernförderung in der Vergangenheit können für die Erforderlichkeit einer weiteren Lernförderung sprechen (vgl. Schlesw.-Holst. LSG, Beschluss vom 21. Dezember 2011 – L 6 AS 190/11 B ER – juris Rdnr. 36). Hingegen können eine fehlende Bereitschaft des Schülers, sich anzustrengen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Mai 2011 – L 5 AS 498/10 B ER – juris Rdnr. 29), selbst verschuldete Ausfallzeiten ("Schulschwänzen") oder eine ablehnende Haltung gegenüber schulischen oder außerschulischen Lernförderungsangeboten zu Lasten des Leistungsanspruches gehen (vgl. Leopold, a. a. O., Rdnr. 152, m. w. N.).

(7) In diesem Sinne war die Nachhilfeunterricht für den Sohn der Klägerin geeignet und zusätzlich zu den Angeboten der schulischen Lernförderung erforderlich.

(a) Bei dem Sohn der Klägerin war das Erlernen der Kulturtechniken des Schreibens und Rechnens gefährdet. Dies ergibt sich aus den Angaben der Grundschullehrerin H W die diese ihm Rahmen ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2014 (Az. L 3 BK 1/12) getätigt hat.

Im Fach Deutsch hatte der Sohn der Klägerin größere Schwächen im Bereich der Rechtschreibung und Grammatik, was bereits in der 1. Klasse bei ihm festzustellen war. Die Schwächen waren insbesondere bei Rechtschreibübungen und bei Diktaten festzustellen. Am Anfang hatte er auch wegen der Buchstabenverdrehungen große Probleme beim Lesen. Es verdrehte zum Beispiel die Buchstaben "b" und "d". Es gab Probleme bei der Groß- und Kleinschreibung, auch bei der Großschreibung am Satzanfang, sowie beim Satzaufbau nach Subjekt, Prädikat, Objekt. Dem Sohn der Klägerin fiel es schwer, die Fälle zu bestimmen und die Rechtschreibregeln umzusetzen. Die Schwächen zeigten sich insbesondere bei Rechtschreibeübungen und Diktaten. Zudem brachte er nach den Angaben der Klägerin die "i"-Punkte und die "ö"-Umlautpunkte nicht an oder vergaß diese, was insbesondere bei Diktaten zu schlechten Noten führen.

Nach den Angaben der Zeugin W wirkte sich die Leseschwäche auch auf das Fach Mathematik aus. Der Sohn der Klägerin hatte Probleme, Sachaufgaben zu verstehen. Zudem verwechselte er Rechenzeichen und rechnete in Folge dessen auch falsch. Der Sohn der Klägerin hatte ferner Probleme, die Rechenschritte in eine bestimmte Reihenfolge zu bringen und zu bearbeiten.

(b) Der Sohn der Klägerin hatte in der Halbjahresinformation der Grundschule vom 1. Februar 2011 für die 3. Klasse im Fach Mathematik "3+" und im Fach Deutsch "4+". Nach Angaben der Zeugin W bedeutet der Notenzusatz Plus, dass der Schüler, wenn er sich anstrengt, die nächstbessere Notenstufe erreichen kann. Die Zusätze Plus und Minus gibt es nur in der Halbjahresinformation, nicht mehr im Jahresendzeugnis. Damit lag auch die Note für das Fach Deutsch noch im unteren durchschnittlichen Bereich. eine Versetzung war nicht gefährdet.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für eine außerschulische Lernförderung besteht, ist vorliegend allerdings zu berücksichtigen, dass nach den schulrechtlichen Regelungen über die Benotung in den einzelnen Fächern Teilnoten für Teilbereiche, wie im Fach Deutsch für Rechtschreibung oder Grammatik, durch Teilnoten für andere Teilbereiche, wie zum Beispiel für Lesen, ausgeglichen werden können. Die Gesamtnote für ein Fach bildet somit nur einen Durchschnittswert für das Leistungsvermögen eines Schülers in einem Fach ab. Wenn es zudem um die Leistungseinschätzung für Querschnittskompetenzen wie die Kulturtechniken geht, die anders als beispielsweise die Kopfnoten nicht gesondert benotet werden, können aus den Noten für die einzelnen Fächer nur sehr begrenzt Rückschlüsse auf das Leistungsniveau bezüglich der Kernkompetenzen gezogen werden.

Auch der Umstand, dass beim Sohn der Kläger anlässlich eines Tests in der 2. Klasse keine typische Lese-Rechtschreib-Schwäche festgestellt werden konnte, führt nicht dazu, dass der außerschulische Nachhilfeunterricht nicht förderfähig wäre. Dies folgt mittelbar aus den schulrechtlichen Bestimmungen. Denn für Schüler mit einer Teilleistungsschwäche im Lesen und Rechtschreiben kann nach § 13a Abs. 1 Satz 1 SOGS eine besondere Klasse (LRS-Klasse) gebildet werden. Für Schüler, die keine Teilleistungsschwäche in diesem Sinne aufweise, bei denen aber gleichwohl ein Förderbedarf gesehen wird, wird nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SOGS Förderunterricht gemäß dem individuellen Förderbedarf des jeweiligen Schülers durchgeführt. Die Förderung von Schülern mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche ist also lediglich eine spezialisiertere Form der Förderung von Schülern mit Leistungsschwächen.

(c) Weder der Klägerin noch ihrem Sohn können Vorhaltungen gemacht werden, die gegen eine Förderfähigkeit des außerschulischen Nachhilfeunterrichts sprechen könnten.

An der Diesterweg-Grundschule gab es das Förderangebot für einen ergänzenden Unterricht einmal die Woche im Umfang von einer Dreiviertelstunde. Der Förderunterricht wurde von einem Lehrer durchgeführt. Die Förderung war, so die Zeugin W , danach ausgerichtet, welchen Förderbedarf die Schüler im Allgemeinen hatten. Soweit im Einzelfall ein individueller Förderbedarf bestand, wurde, soweit dies möglich war, auch hierauf eingegangen. Nach Angaben der Zeugin W nahm der Sohn der Klägerin wegen der von Anfang an bestehenden Leistungsschwächen bereits ab der 1. Klasse an dem Förderunterricht im Fach Deutsch teil. Ab dem 3. Schuljahr nutzte er auch das Angebot im Fach Mathematik. In der 3. Klasse nahmen damals von 21 Schülern im Schnitt vier bis maximal sechs Schüler am Förderunterricht teil.

Die Zeugin W gab weiter an, dass der Sohn der Klägerin damals nicht unentschuldigt gefehlt hat. Fehlzeiten, zum Beispiel in Folge einer Erkrankung, hat er versucht daheim nachzuarbeiten. Dies gilt auch für die 21 Fehlzeittage im der 3. Klasse.

Der Sohn der Klägerin war nach der Einschätzung der Zeugin ein eher schwächerer Schülern in der damals leistungsstarke Klasse. Er war in vielen Fächern interessiert, fleißig und arbeitet immer gut mit.

Danach unternahmen die Klägerin und ihr Sohn alles ihnen Mögliche, um seine beschriebenen Leistungsschwächen zu beseitigen oder zumindest zu verringern.

(d) Gleichwohl gelang es trotz des Fleißes des Sohnes der Klägerin und der Teilnahme an dem von der Schule angebotenen Förderunterricht nicht, die Leistungsschwächen zu beseitigen oder auf ein geringeres Maß abzusenken. Trotz des Besuches des Förderunterrichtes im Fach Deutsch seit der 1. Klasse bestand auch in der 3. Klasse noch ein Förderbedarf. Im Fach Mathematik trat ein weiterer Förderbedarf hinzu. Zwar schaffte es der Sohn der Klägerin in der 3. Klasse von der Halbjahresinformation zum Jahreszeugnis im Fach Deutsch von der Note 4 auf die Note 3. Im Fach Mathematik blieb es allerdings bei der Note 3. Die Leistungsschwächen waren aber, so die Zeugin, nicht ganz beseitigt. In Bezug auf die Notenentwicklung ist zudem zu berücksichtigen, dass der Sohn der Klägerin ab Mai 2011 zusätzlich zum Besuch des Förderunterrichtes am außerschulischen Nachhilfeunterricht teilnahm.

Dass beim Sohn der Klägerin in der 3. Klasse ein Bedarf bestand, das schulische Angebot durch eine außerschulische Lernförderung zu ergänzen, zeigt auch seine weitere Entwicklung. Zwar lies bei ihm in der 4. Klasse das Verwechseln von Rechenzeichen etwas nach. Es traten dann aber Probleme beim Umrechnen von Größeneinheiten auf, zum Beispiel beim Umrechnen von Kilogramm in Gramm oder von Kilometer in Meter. Zudem erhielt er wegen der fortbestehenden Leistungsschwächen im Fach Deutsch im ersten Halbjahr zunächst wieder die Note 4 und dann im zweiten Halbjahr wieder die Note 3.

d) In Bezug auf die Erforderlichkeit einer außerschulischen Lernförderung ist schließlich zu beachten, dass diese Lernförderung schulische Angebote nur ergänzen soll. Sie soll keine Dauereinrichtung neben schulischen Angeboten sein. Der Gesetzgeber ging deshalb davon aus, dass die außerschulischen Lernförderung in der Regel nur kurzzeitig notwendig ist (vgl. BT-Drs. 17/3404, a. a. O.). Der mögliche zeitliche Umfang einer außerschulischen Lernförderung steht allerdings in der Diskussion (vgl. hierzu Leopold, a. a. O., Rdnr. 157 ff., m. w. N.; Thommes, a. a. O., Rdnr. 33; Voelzke, a. a. O., Rdnr. 90, m. w. N.; Brose, NZS 2013, 51 [55]).

Diese Rechtsfrage bedarf vorliegend keiner weiteren Erörterung. Denn die Dauer eines Nachhilfeunterrichtes von drei Monate hält sich auch noch im Rahmen dessen, was dem Gesetzgeber mit der "Kurzzeitigkeit" vor Augen stand.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Dr. Scheer Höhl Krewer
Rechtskraft
Aus
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