L 9 SO 328/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 19 SO 17/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 328/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
L 9 SO 328/14
Urteil vom 18.08.2016

Leitsatz

1. Der Anspruch des Nothelfers besteht in Abgrenzung zum Anspruch des Hilfebe-dürftigen nur, solange der Sozialhilfeträger keine Kenntnis von Leistungsfall hat und ein Anspruch des Hilfsbedürftigen gegen den Sozialhilfeträger nur deshalb nicht entsteht.

2. Die Kenntnis des Sozialhilfeträgers bildet die Zäsur für die sich gegenseitig aus-schließenden Ansprüche des Nothelfers und des Hilfebedürftigen
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 23.05.2014 geändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Nachdem sich die Beteiligten hinsichtlich des Zeitraumes vom 20. bis zum 22.12.2009 im Berufungsverfahren geeinigt haben, begehrt die Klägerin von der Beklagten unter Berufung auf das Vorliegen eines Nothilfefalles noch die Erstattung weiterer von ihr im Rahmen der stationären Behandlung nach einem Suizidversuch aufgewandten Kosten im Zeitraum vom 22.12.2009 bis zum 12.01.2010.

Der kenianische Staatsbürger F Q H, geb. am 00.00.1983, reiste Anfang 2009 in das Bundesgebiet ein und wohnte bei seiner damaligen Freundin G H in N. Nach seiner zwischenzeitlichen Ausreise reiste er am 15.08.2009 erneut in das Bundesgebiet ein, um einen Sprachkurs zu belegen. Er war im Besitz einer Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet - Aufenthaltsgesetz - (AufenthG) und fand zunächst bei den Eheleuten V und I K in L Unterkunft, welche ihn aus ihrer früheren Tätigkeit als Entwicklungshelfer in Kenia kannten. Später war er unter der Anschrift X 89 in L gemeldet. Bereits unter dem 15.06.2009 hatten die Eheleute K eine Verpflichtungserklärung gegenüber dem Ausländeramt der Stadt L abgegeben, in der sie sich verpflichteten, für die Zeit vom 15.07.2009 bis zum 15.05.2010 die Kosten für den Lebensunterhalt und für die Ausreise des Herrn H nach §§ 66-68 AufenthG zu tragen. Bei der ADAC-Schutzbrief Versicherungs-AG schlossen sie für ihn zudem eine Reise-Krankenversicherung für Besucher der Bundesrepublik Deutschland ab.

Nachdem Herr H Frau H in N aufgesucht hatte, um dieser mitzuteilen, dass er beabsichtige, sie zu heiraten, beendete diese die Beziehung. Daraufhin sprang er am 19.12.2009 in suizidaler Absicht aus dem dritten Stock eines Wohnhauses in N und zog sich multiple Verletzungen (u.a. eine traumatische Dissektion der Aorta descendens) zu. Die medizinische Erstversorgung fand in den Städtischen Kliniken L statt, von wo aus er am Sonntag, dem 20.12.2009, zur weiteren stationären Behandlung in die Klinik für Gefäßchirurgie der Klägerin verlegt wurde. Diese dauerte bis zum 12.01.2010. Vom 12.01. bis 14.01.2010 schloss sich ein stationärer Aufenthalt in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Klägerin an.

Bereits am 22.12.2009 teilte die Klägerin der Beklagten per Telefax die stationäre Aufnahme von Herrn H mit und beantragte die Übernahme der anfallenden Kosten. Am 23.12.2009 stellte Herr H einen Antrag auf Sozialhilfe bei der Beklagten. In der Folgezeit versuchte die Klägerin vergeblich, die angefallenen Behandlungskosten bei Herrn H und bei den Eheleuten K geltend zu machen.

Mit Bescheid vom 30.06.2010 lehnte die Beklagte die Übernahme der Behandlungskosten ab. Die Bedürftigkeit des Herrn H sei nicht belegt, zumal Ermittlungen zu dessen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ergebnislos verlaufen seien. Die Klägerin legte am 23.07.2010 Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen.

Mit weiterem Bescheid vom 07.09.2010 lehnte die Beklagte auch die Übernahme der Kosten für die Behandlung des Herrn H im Zeitraum vom 12.01. bis zum 14.01.2010 ab. Zur Begründung führte sie aus, es bestünden erhebliche Zweifel an der Hilfebedürftigkeit des Herrn H, was auch die Tatsache belege, dass er während seines Aufenthaltes weder Sozialhilfe, noch Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen habe.

Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am 24.09.2010 Widerspruch ein und führte aus, es sei von einer Mittellosigkeit des Herrn H auszugehen. Er habe in Kenia als Aushilfskellner gearbeitet und hierdurch lediglich ein Einkommen von rund 50,00 Euro monatlich erzielt. Während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet habe er über keinerlei feste Anstellung verfügt und sei von Bekannten unterstützt worden.

Am 08.12.2010 lehnte die ADAC-Schutzbrief Versicherungs-AG die Übernahme der Kosten ab, da die Kosten durch vorsätzliches Handeln herbeigeführt worden seien.

Die Städteregion B als Widerspruchsbehörde wies die Widersprüche durch Widerspruchsbescheid vom 29.01.2013 unter Vertiefung der Ausführungen der Bescheide zurück. Ergänzend führte sie aus, es bestünden widersprüchliche Angaben des Herrn H zu dessen Beschäftigung in Kenia, da er zwischenzeitlich angegeben habe, als Autovermieter gearbeitet zu haben. Diese Widersprüche gingen zu Lasten der Klägerin.

Am 08.02.2013 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Aachen erhoben.

Der Anspruch gegen die Beklagte auf Übernahme der Behandlungskosten ergebe sich aus § 25 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Es habe ein Eilfall vorgelegen und Herr H sei hilfebedürftig i. S. d. Sozialhilferechts gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vorn 30.06.2010 und vom 07.09.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2013 zu verurteilen, an sie 29.888,57 Euro sowie Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.02.2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Ablehnungsentscheidung bekräftigt. Nach wie vor sei die Hilfebedürftigkeit nicht eindeutig nachgewiesen.

Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2014 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen V und I K und sodann durch Urteil vom gleichen Tage die angefochtenen Bescheide aufgehoben, die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 29.888,57 Euro zu zahlen, und die Klage im Übrigen betreffend die geltend gemachten Rechtshängigkeitszinsen abgewiesen.

Die Klägerin habe einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Behandlung des Herrn H im Zeitraum vom 20.12.2009 bis zum 12.01.2010 gemäß § 25 Satz 1 SGB XII. Die Beklagte sei zuständig gewesen und die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage lägen für die gesamte Behandlungsdauer durch die Klinik für Gefäßchirurgie der Klägerin vor. Die Beklagte sei als örtlicher Sozialhilfeträger für die Gewährung von Hilfen bei Krankheit zuständig. Dem stehe nicht entgegen, dass der hilfebedürftige Herr H aus den Städtischen Kliniken L in die Klinik für Gefäßchirurgie der Klägerin verlegt worden sei. Denn zuständig für die Entscheidung über die Erstattung von Aufwendungen sei derjenige Sozialhilfeträger, in dessen Zuständigkeitsbereich der Hilfesuchende bei Beginn der Nothilfe seinen tatsächlichen Aufenthalt habe. Die Nothilfe der Klägerin indessen habe mit der Aufnahme von Herrn H in ihrer Klinik eingesetzt, so dass die Beklagte nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII zuständig gewesen sei. Das Vorliegen eines Eilfalls sei offenkundig und werde von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen. Wegen der gravierenden Erkrankung des Herrn H sei eine Aufnahme in die Klinik für Gefäßchirurgie der Klägerin noch am 20.12.2009 unmittelbar geboten, eine Zusage der Beklagten bzw. eine Anerkennung des Leistungsfalls in eigener Zuständigkeit jedoch in der Kürze der Zeit nicht zu erlangen gewesen. Die Klägerin habe im Rahmen dieses Eilfalles auch Leistungen der Krankenbehandlung an Herrn H erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären. Insbesondere habe Herr H keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), weil er nicht erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB II gewesen sei. Er habe darüber hinaus nicht über einen Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) verfügt, weil die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AsylbLG in seiner Person nicht vorgelegen hätten. Demgegenüber ergebe sich ein Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe aus § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Eine vorrangige Leistungspflicht, welche Sozialhilfeleistungen bereits aufgrund des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) ausschließen würde, bestehe nicht. Herr H sei offensichtlich nicht gesetzlich krankenversichert gewesen. Die Folgen suizidaler Handlungen seien nicht vom Schutz seiner privaten Reise-Versicherung umfasst gewesen. Schließlich folge eine Pflicht zur Übernahme der Kosten auch nicht aus der von den Eheleuten K unterschriebenen Verpflichtungserklärung. Denn diese umfasse lediglich die Erstattung aufgewendeter öffentlicher Mittel. Bei den Kosten, welche angesichts der Behandlung von Herrn H durch die Klägerin angefallen seien, handele es sich indessen nicht um öffentliche Mittel im Sinne jener Vorschrift. Aufwendungen eines Krankenhauses für die notfallmäßige Behandlung eines Ausländers stellten keine staatlichen Leistungen in jenem Sinne dar. Es habe weiter auch keine rechtliche oder sittliche Pflicht der Klägerin bestanden, die Kosten der Behandlung selbst zu tragen. Schließlich bestünden keine Zweifel an der Hilfebedürftigkeit des Herrn H. Diese folge nicht zuletzt aus den glaubhaften Ausführungen der Zeugen V und I K. Beide hätten Herrn H aus ihren früheren Aufenthalten als Entwicklungshelfer in Kenia gekannt und seien deshalb auch in der Lage gewesen, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse über einen längeren Zeitraum zu beurteilen. Die Erstattung der Aufwendungen sei schließlich von der Klägerin auch innerhalb angemessener Frist i. S. v. § 25 Satz 2 SGB XII bei der Beklagten beantragt worden, denn sie habe unter dem 22.12.2009 die Beklagte über den Fall informiert. Ein Anspruch auf Zinsen bestehe demgegenüber nicht, denn im Rahmen von Ansprüchen, welche ein Krankenhaus gegen einen Sozialhilfeträger wegen Leistungen verfolge, die es als Nothelfer erbracht habe, finde § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) keine Anwendung. Gegen das ihr am 10.07.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 08.08.2014 Berufung eingelegt. Sie wendet ein, dass die Voraussetzungen eines Eilfalles nicht für die gesamte Dauer der Behandlung des Herrn H in der Klinik für Gefäßchirurgie der Klägerin zu bejahen seien. Vielmehr sei in Ansehung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) eine tageweise Aufteilung der Kosten vorzunehmen. Ein Eilfall ende mit der Kenntnis des Sozialhilfeträgers, im Fall des Herrn H am 22.12.2009, so dass lediglich eine anteilige Kostenübernahme für drei Behandlungstage in Betracht komme. Bei Anwendung der Regelung in § 1 Abs. 7 Satz 1 Fallpauschalenverordnung zähle sogar der Entlassungstag nicht mit. Allerdings sei bislang höchstrichterlich nicht geklärt, ob sich in den Fällen der Nothilfe die örtliche Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Hilfebedürftigen oder nach dem tatsächlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt des Eilfalles richte. Klägerin und Sozialgericht hätten unberücksichtigt gelassen, dass die Kenntnis des Sozialhilfeträgers den Anspruch des Nothelfers vom Anspruch des Patienten trenne. Der Antrag des Herrn H auf Sozialhilfeleistungen vom 23.12.2009 habe mangels Mitwirkung nicht weiterbearbeitet werden können. Weder sei feststellbar, ob er hilfebedürftig gewesen sei, noch ob er dem Personenkreis des SGB II oder des SGB XII unterfalle. Die Behandlungskosten ab dem 22.12.2009 seien lediglich im Rahmen eines eventuellen Sozialhilfeanspruchs des Herrn H übernahmefähig. Dieser sei ein Sachleistungsanspruch, an das Vorliegen von Hilfebedürftigkeit geknüpft und im vorliegenden Verfahren nicht streitgegenständlich.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.08.2016 haben sich die Beteiligten im Rahmen eines Teilvergleiches darauf geeinigt, dass die Beklagte auf den geltend gemachten Anspruch der Klägerin einen Betrag i. H. v. 3.898,51 Euro zahlt.

Die Beklagte beantragt noch,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 23.05.2014 abzuändern und die weitergehende Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht in Ergänzung ihres Klagevorbringens geltend, der Großteil der Behandlungskosten sei ihr bereits zwischen dem 20.12. und dem 22.12.2009 entstanden. Die endovaskuläre Versorgung der Aorta sei am 20.12. und die operative Versorgung der multiplen Frakturen am Morgen des 22.12.2009 erfolgt. Diesen Aufwand beziffert sie anhand einer DRG-Fallsplitting-Berechnung ihres Medizincontrollings mit 17.916,91 Euro. Ihr als Nothelfer seien diese gebotenen Aufwendungen zu erstatten. Die Beklagte habe zudem den Antrag des Patienten auf Gewährung von Sozialhilfe bisher nicht beschieden, so dass für die Zeit ab Kenntniserlangung durch die Beklagte keine sog. "Quasiversicherung" i. S. v. § 264 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) eingetreten sei, über die die Klägerin den unstreitig bestehenden Vergütungsanspruch für die Behandlung abrechnen könne. Da der Patient in sein Heimatland zurückgereist sei und den Sozialhilfeanspruch nicht weiterverfolge, erhalte die Klägerin die Behandlungskosten nicht ersetzt. Dies führe dazu, dass die Beklagte durch ihr Untätigbleiben von ihrer Leistungspflicht frei werde. Damit werde der Sinn und Zweck der Nothilfe, die Hilfsbereitschaft Dritter im Interesse in Not geratener Menschen zu erhalten und zu stärken, konterkariert. Die Hilfebedürftigkeit des Patienten sei im Behandlungszeitpunkt durch das anhängige Verfahren belegt. Weitere Ermittlungen vor der Bescheidung des Antrages seien entbehrlich gewesen. Herr H habe Anspruch auf Hilfe bei Krankheit gemäß § 48 Satz 1 SGB XII gehabt. Im Übrigen sei er auch aufgrund der erlittenen Verletzungen zum Behandlungszeitpunkt nicht erwerbsfähig i. S. v. § 8 Abs. 1 SGB II gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der Stadt Köln (Amt für Soziales und Senioren und Amt für Öffentliche Ordnung/Ausländeramt) Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist insbesondere gem. §§ 143, 144 SGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 2 SGG). Die vollständig abgefasste Entscheidung ist der Beklagten am 10.07.2014 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei dem Landesozialgericht am 08.08.2014 eingegangen.

II. Die Berufung ist begründet.

1. Gegenstand des Klageverfahrens ist bei richtigem Verständnis des Begehrens der Klägerin der Bescheid der Beklagten vom 30.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2013 (§ 95 SGG), gegen den sie sich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 i.V.m. § 56 SGG) wendet. In der Klageschrift wird nur auf diesen Bescheid Bezug genommen, sowie explizit auf den davon erfassten Behandlungszeitraum und den diesbezüglich in Ansatz gebrachten Rechnungsbetrag.

Der Bescheid vom 07.09.2010 regelte demgegenüber die Ablehnung der Kostenübernahme für den Zeitraum vom 12. bis zum 14.01.2010 in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Dieser Bescheid ist durch die Klage nicht angegriffen worden. Diesbezüglich berühmt sich die Klägerin keines Tätigwerdens als Nothelfer. Schließlich trifft auch das erstinstanzliche Urteil keine Entscheidung über das Bestehen eines weiteren Kostenerstattungsanspruches. Die Klageabweisung bezieht sich allein auf den ursprünglich geltend gemachten Zinsanspruch.

2. Ein Anspruch der Klägerin als Nothelfer - andere Anspruchsgrundlagen scheiden aus - kann sich nur aus § 25 SGB XII ergeben. Danach sind demjenigen, der in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat (Satz 1) und wenn er die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt (Satz 2).

a) Der Anspruch der Klägerin als Nothelfer kann sich nur gegen die Beklagte als den sachlich und örtlich zuständigen Träger der Sozialhilfe am Ort des tatsächlichen Aufenthalts des Herrn H richten (§§ 97 Abs. 1, 98 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 3 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 2 SGB XII, §§ 1, 2 Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.) 2004 Seite 816 - und der Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes NRW vom 16.12.2004 - GV. NRW. Seite 817 -). Für die örtliche Zuständigkeit ist nämlich wegen der Eilbedürftigkeit der Leistungserbringung durch den Nothelfer der tatsächliche Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme maßgeblich. § 25 Satz 2 SGB XII begründet keine eigene Zuständigkeit für die Fälle der Nothilfe, sondern knüpft an die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen wegen der Leistungen an, die der Träger der Sozialhilfe in Kenntnis seiner Leistungspflicht hätte erbringen müssen. Maßgeblich ist mithin in Eilfällen, die eine Aufnahme in einer stationären Einrichtung notwendig machen, die in § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII (tatsächlicher Aufenthalt) geregelte Zuständigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R -, juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 14.06.2001 - 5 C 21/00 -, juris Rn. 14), selbst wenn ein gewöhnlicher Aufenthalt des Hilfebedürftigen in einem anderen Zuständigkeitsbereich besteht, der - den Eilfall hinweggedacht - die örtliche Zuständigkeit des dortigen Trägers begründen würde (vgl. § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Die Zuständigkeit richtet sich nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII, da § 25 SGB XII keine eigene Zuständigkeit begründet (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R -, juris Rn. 11). Herr H hielt sich bei der Aufnahme im Universitätsklinikum der Klägerin tatsächlich in B auf. Es spielt keine Rolle, dass er aus L verlegt worden war, denn auch der Transport eines Hilfebedürftigen über Zuständigkeitsgrenzen hinweg aktualisiert die Allzuständigkeit neu.

b) In materiell-rechtlicher Hinsicht setzt ein Anspruch nach § 25 SGB XII zunächst voraus, dass ein beim Nothilfeempfänger bestehender unabwendbarer Bedarf nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des SGB XII unmittelbar durch den Dritten gedeckt wird. Dieses bedarfsbezogene Moment beschreibt die Eilbedürftigkeit des Eingreifens selbst (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 13/12 R -, juris Rn. 16).

Zutreffend ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass maßgeblich für die Beurteilung des Eilfalls zunächst der Zeitpunkt der Aufnahme (20.12.2009) am Tag nach der Verletzung (19.12.2009) ist, nachdem die Erstversorgung am Tag zuvor mit Verlegung des Herrn H aus den Städtischen Kliniken L beendet worden war. Mit jedem weiteren Eingreifen eines Dritten als Nothelfer kann insoweit ein weiterer Eilfall entstehen (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R -, juris Rn. 14 m. w. N.).

Zur Überzeugung des Senates bestand im Zeitpunkt des Eintreffens in der Klinik für Gefäßchirurgie der Klägerin auch ein (fortbestehender) Bedarf des Herrn H, den die Beklagte als Hilfe bei Krankheit (vgl. § 19 Abs. 3, § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 48 Satz 1 SGB XII) sofort decken musste. Am 20.12.2009 bestand weiterhin eine unaufschiebbare Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit. Aus den mitgeteilten Diagnosen und den durchgeführten Behandlungen lässt sich ersehen, dass die Behandlungen medizinisch notwendig waren und auch (durchgehend) der besonderen sächlichen und personellen Ausstattung des Krankenhauses bedurften. Ein unabweisbarer Bedarf in Form der Krankenhausbehandlung i. S. v. § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 SGB V, auf die § 48 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 52 SGB XII wegen der Leistungen zur Krankenhausbehandlung Bezug nimmt, war gegeben. Bis zum 28.12.2009 befand sich Herr H auf verschiedenen Intensivstationen, bis zum 12.01.2010 ist die Notwendigkeit der unfallchirurgischen Überwachung im stationären Setting nachvollziehbar. Sobald der Zustand eine Überstellung in die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie zuließ, ist diese im Hinblick auf die Vorgeschichte des Herrn H erfolgt.

Der Anspruch des Nothelfers besteht in Abgrenzung zum Anspruch des Hilfebedürftigen allerdings nur, solange der Sozialhilfeträger keine Kenntnis vom Leistungsfall hat und ein Anspruch des Hilfebedürftigen gegen den Sozialhilfeträger (nur) deshalb nicht entsteht. Ein Eilfall liegt damit nicht vor, wenn Zeit zur Unterrichtung des zuständigen Sozialhilfeträgers verbleibt (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R -, juris Rn. 15 m. w. N.). Der Senat teilt die Feststellung des sozialhilferechtlichen Moments durch das Sozialgericht, dass es nämlich der Klägerin objektiv unmöglich gewesen ist, den zuständigen Sozialhilfeträger noch am 20.12.2009 über den Hilfefall zu unterrichten, weil die Aufnahme an einem Sonntag, mithin außerhalb der Dienstzeiten der Beklagten, erfolgt ist.

Folglich steht fest, dass am 20.12.2009 eine sofortige Behandlung in einem Krankenhaus, hier einer Universitätsklinik, notwendig (sog. bedarfsbezogenes Moment) und eine rechtzeitige Leistung des Sozialhilfeträgers objektiv nicht zu erlangen war (sog. sozialhilferechtliches Moment).

c) Der Senat vermag allerdings die Annahme des Sozialgerichtes nicht zu teilen, dass dieser Eilfall über den 22.12.2009 hinaus angedauert hätte.

Grundsätzlich entfällt ein Eilfall, sobald der zuständige Sozialhilfeträger wieder dienstbereit ist, eine Obliegenheit zur Unterrichtung besteht und diese durch das Krankenhaus verletzt worden ist. Die Obliegenheit eines Krankenhauses, den Sozialhilfeträger zu unterrichten, wird regelmäßig dann ausgelöst, wenn der Patient - wie hier - einen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht durch Vorlage einer Versichertenkarte (vgl. § 15 Abs. 6 SGB V) nachweisen kann und sich auch ansonsten keine Umstände ergeben, aus denen die notwendige Kostensicherheit für das Krankenhaus hervorgeht (dazu BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 13/12 R -, juris Rn. 19).

Im Fall des Herrn H erfolgte die vorsorgliche Mitteilung der Aufnahme durch die Klägerin erst am 22.12.2009 (Dienstag). Aus dem handschriftlichen Vermerk auf Blatt 1 der Verwaltungsakte der Beklagten ergibt sich aber, dass Herr H sich noch auf der Intensivstation befand und aktuell nicht ansprechbar war. Sobald er wieder ansprechbar sei, werde ein Sozialhilfeantrag aufgenommen, heißt es dort weiter. Auf der Grundlage dieses Vermerkes und der Behandlungs- bzw. Verlegungsberichte der Klägerin geht der Senat unter Berücksichtigung der bis zum 21.12.2009 erfolgten invasiven Beatmung zugunsten des Krankenhauses davon aus, dass die Klägerin ihre Obliegenheit vor dem 22.12.2009 noch nicht verletzt hatte, zumal nicht ersichtlich ist, dass Herr H ihr gegenüber das Bestehen eines Versicherungsschutzes ebenso wie ausreichendes Einkommen und Vermögen als Selbstzahler ausdrücklich verneint hatte. Der Eilfall endete mithin am 22.12.2009.

Zu weiter gehenden Ermittlungen nach dem Ende des Eilfalls war die Klägerin nicht verpflichtet (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R -, juris Rn. 17 m. w. N.). Da eine Durchbrechung des öffentlich-rechtlichen Systems für die Gewährung der Sozialhilfe (insbesondere des speziell hierfür normierten Verwaltungsverfahrens und der "Vergütungsstruktur") durch den Nothelfer regelmäßig nicht im öffentlichen Interesse liegt, treffen ihn nach dem Ende des Eilfalls im Verhältnis zum Sozialhilfeträger keine zusätzlichen Pflichten zur Ermittlung, ob wegen des Hilfebedarfs, den er als Nothelfer gedeckt hat, Ansprüche nach dem SGB XII im Einzelnen tatsächlich bestehen.

Hat der Nothelfer dem Sozialhilfeträger - wie hier - die Kenntnis vom Eilfall verschafft, obliegt diesem - nicht anders als im Falle der Vermittlung der Kenntnis durch den Hilfebedürftigen selbst - die weitere Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen nach § 20 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), auch wenn der Nothelfer die materielle Beweislast dafür trägt, dass der geltend gemachte Anspruch besteht (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2013 - B 8 SO 19/12 R -, juris Rn. 24). Erforderlich ist nur die Stellung eines Antrags auf Kostenerstattung innerhalb angemessener Frist (vgl. § 25 Satz 2 SGB XII). Diese Frist, die aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität regelmäßig einen Monat nach Ende des Eilfalls beträgt (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2013 - B 8 SO 19/12 R -, juris Rn. 28), ist vorliegend mit dem Eingang des Antrags bei der Beklagten am 22.12.2009 eingehalten.

d) Der Senat geht wiederum mit dem Sozialgericht davon aus, dass Herr H finanziell hilfebedürftig gewesen ist. Er verfügte im Zeitpunkt der Aufnahme bei der Klägerin über keinerlei Einkommen oder Vermögen und war damit nicht in der Lage, die Kosten für eine notwendige Krankenhausbehandlung selbst aufzubringen. Offenbar hat er immer von Unterstützungsleistungen von Angehörigen, Freunden und Bekannten gelebt. So wurde der Sprachkurs von seinen Verwandten bezahlt. Die Einkommens- und Vermögenslosigkeit ergibt sich aus der Gesamtschau des Verhaltens und der Angaben des Herrn H sowie aller beigezogenen Akten, insbesondere aus der Akte des Ausländeramtes der Stadt L sowie den Zeugenaussagen und schriftlichen Angaben der Eheleute K. Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf die insoweit überzeugenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).

3. Der Leistungspflicht der Beklagten steht auch nicht der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) entgegen. Insbesondere bestand für Herrn H kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung, sodass keine Krankenkasse vorrangig für die Erbringung der Leistung zuständig war und diese Leistung (ggf. im Kontext des § 25 SGB XII) als Sachleistung - ohne Rücksicht auf die Kenntnis davon - bereits erbracht wäre (vgl. vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2013 - B 8 SO 19/12 R -, juris Rn. 26).

Nach dem allein in Betracht kommenden § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sind Personen in der sog. Auffangversicherung pflichtversichert, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert (Buchst. a) oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, sie gehörten zu den in § 5 Abs. 5 SGB V genannten hauptberuflich Selbstständigen oder zu den nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V versicherungsfreien Personen oder hätten bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland zu ihnen gehört (Buchst. b). Ob diese Voraussetzungen im Einzelnen bei Herrn Hvorlagen, kann offen bleiben.

Im Zeitpunkt der Behandlung war Herr H nämlich als nicht erwerbstätiger kenianischer Staatsangehöriger von diesem Versicherungspflichttatbestand ohnedies ausgeschlossen (vgl. § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V). Danach werden Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, nur dann von der Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nr. 13 SGB V erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Herr H war demgegenüber nur im Besitz eines Aufenthaltstitels i. S. v. § 81 Abs. 4 AufenthG mit einer Gültigkeit vom 10.11.2009 bis zum 09.02.2010.

Etwaige Ansprüche der Klägerin direkt gegen die Eheleute K aus der Verpflichtungserklärung scheiden aus. Der Senat schließt sich auch diesbezüglich den Erwägungen des Sozialgerichtes an und weist ergänzend auf Folgendes hin: Die gegenüber der Ausländerbehörde abgegebene Verpflichtungserklärung im Sinne des § 68 AufenthG begründet rechtlich einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zugunsten Dritter und damit einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, welcher durch Verwaltungsakt geltend zu machen ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27.10.2009 - I-3 U 31/09, 3 U 31/09 -, juris Rn.6 f.). Die Verpflichtungserklärung wird zum Zwecke der Vermeidung einer Kostenbelastung der Bundesrepublik Deutschland und der hier tätigen Behörden mit der Folge erteilt, dass geleistete "öffentliche Mittel" auch für die Versorgung im Krankheitsfalle zu erstatten sind. Dazu zählen jedoch nicht die zivilrechtlichen Behandlungskosten, die durch einen Krankenhausaufenthalt entstehen. Auch ein öffentlich-rechtlich organisiertes Krankenhaus - wie die Klägerin - hat daher gegen denjenigen, der die Verpflichtungserklärung für den ausländischen Angehörigen abgegeben hat, keinen Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten für diesen Angehörigen nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag, weil es bereits an dem dafür erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen fehlt, da das Krankenhaus ausschließlich aufgrund seiner eingegangenen vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem ausländischen Patienten tätig geworden ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27.10.2009 - I-3 U 31/09, 3 U 31/09 -, juris Rn.5).

4. Der Anspruch war für Herrn H als Ausländer auch nicht nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen. Danach haben Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen (1. Alt.) oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt (2. Alt.) keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte. Die Einreise erfolgte vielmehr erkennbar zum Zwecke des Besuches einer Sprachschule.

Es kann dahinstehen, ob Herr H ab dem 20.12.2009 überhaupt als erwerbsfähig angesehen werden konnte. Vorliegend wäre ihm nämlich, selbst wenn der Leistungsausschluss des § 23 Abs. 3 Satz 1 2. Alt SGB XII Anwendung fände, bei Notwendigkeit einer unaufschiebbaren Krankenbehandlung Hilfe bei Krankheit nach § 48 Satz 1 SGB XII auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII zu gewähren gewesen. Auch dem Ausländer, der dem Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 1. Alt SGB XII unterfällt, kann der Träger der Sozialhilfe in Ausübung von Ermessen Sozialhilfe gewähren, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist (so bereits BVerwG, Urteil vom 10.12.1987 - 5 C 32/85 -, juris Rn. 18); dies gilt gleichermaßen für den (möglichen) Leistungsausschluss für Ausländer nach § 23 Abs. 3 Satz 1 2. Alt SGB XII.

Insbesondere wenn wegen der Notwendigkeit von unaufschiebbaren Krankenbehandlungsmaßnahmen das Recht auf Leben (Gesundheit) und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz berührt ist (zur Bedeutung dieses Grundrechts im Sozialrecht vgl. insbesondere BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 -, juris), muss die Erbringung von entsprechenden Leistungen bei Mittellosigkeit gewährleistet sein; das Ermessen ist dann auf Null reduziert (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R -, juris Rn. 28).

§ 25 SGB XII ist schließlich auch anwendbar bei Leistungsberechtigten nach dem SGB II, das eine vergleichbare Regelung nicht kennt (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 4/08 R, juris), so dass es auch von daher nicht auf die Frage ankommt, ob Herr H, dessen Aufenthaltsgenehmigung auch eine Arbeitserlaubnis enthielt, erwerbsfähig i. S. v. § 8 SGB II war.

5. § 25 Satz 1 SGB XII begrenzt den möglichen Anspruch der Klägerin als Nothelfer allerdings der Höhe nach auf die Erstattung von Aufwendungen "in gebotenem Umfang". Maßstab für die gebotene Höhe der Aufwendungen sind (im Grundsatz) die Kosten, die die Beklagte bei rechtzeitiger Kenntnis ihrerseits hätte aufwenden müssen (so bereits vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R -, juris Rn. 29); soweit bei Hilfebedürftigkeit und in Kenntnis der Notlage von der Beklagten Hilfe bei Krankheit nach § 48 Satz 1 SGB XII hätte gewährt werden müssen, gelten für die Erbringung dieser Leistungen die Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V (Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern) entsprechend (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 1 SGB XII). Auch für den Bereich der Nothilfe richtet sich das Kostenerstattungsbegehren nach den Vorschriften des SGB V; eine Zulassung des Nothelfers als Leistungserbringer nach dem SGB V (hier also als Krankenhaus nach § 108 SGB V) ist allerdings nicht erforderlich.

Um "Aufwendungen in gebotenem Umfang" i. S. des § 25 SGB XII handelt es sich jedenfalls dann, wenn die geltend gemachte Vergütung der nach dem SGB V und den sonstigen Normen und Verträgen entspricht. Der Vergütungsanspruch eines zugelassenen Krankenhauses nach dem SGB V bestimmt sich nach einer Fallpauschale, die alle dabei in Anspruch genommenen Behandlungsmaßnahmen zu einer Abrechnungseinheit zusammenfasst, ohne dass es grundsätzlich auf die Dauer des Krankenhausaufenthalts ankommt (vgl. § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in der Normfassung des Fallpauschalengesetzes vom 23.04.2002 - BGBl. I 1412 - i.V.m. § 7 Krankenhausentgeltgesetz, § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz, jeweils in den Normfassungen des Zweiten Fallpauschalenänderungsgesetzes vom 15.12.2004 - BGBl. I 3429 -; vgl. dazu nur: BSG, Urteil vom 08.11.2011 - B 1 KR 8/11 R -, juris).

Als "Aufwendungen in gebotenem Umfang" hat die Beklagte ausgehend von der maßgeblichen Fallpauschale eine tagesbezogene anteilige Vergütung ("pro rata temporis") zu erstatten. Eine solche Abrechnung gewährleistet einerseits den Zweck der Nothilfe, die Hilfsbereitschaft Dritter im Interesse in Not geratener Menschen zu erhalten und zu stärken, ohne dass andererseits eine vom Gesetzgeber unerwünschte Durchbrechung des öffentlich-rechtlichen Systems für die Gewährung der Sozialhilfe gefördert würde (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2013 - B 8 SO 19/12 R -, juris Rn. 19, 22). Für den Nothelfer verbleibt so der Anreiz, seiner Obliegenheit entsprechend den Sozialhilfeträger möglichst schnell vom Eilfall zu unterrichten; hierfür bestünde aus Sicht des Nothelfers bei einer Erstattung der gesamten Fallpauschale als "Aufwendung in gebotenem Umfang" für den ersten Tag des Eilfalls keine Notwendigkeit mehr. Ein Krankenhaus als Nothelfer, das sich seinen Obliegenheiten entsprechend verhält, erlangt auch bei einer Abrechnung "pro rata temporis" einen umfassenden Kostenerstattungsanspruch für die gesamte Behandlung. Soweit Hilfebedürftigkeit des Patienten tatsächlich besteht und das Krankenhaus rechtzeitig Kenntnis vom Eilfall gegeben hat, trägt der Sozialhilfeträger auch die Kosten der Behandlung im Anschluss daran. Die Kenntnis des Sozialhilfeträgers (bzw. die Obliegenheitsverletzung durch das Krankenhaus) bildet die Zäsur für die sich gegenseitig ausschließenden Ansprüche des Nothelfers und des Hilfebedürftigen. Allein die Nothilfe macht die Vergütung nicht zu einer untrennbaren Einheit. Von der Gesamtzahl an Tagen, für die die Beklagte in Kenntnis der Sozialhilfebedürftigkeit Hilfe zur Krankheit zu erbringen gehabt hätte, steht der Klägerin als Nothelfer deshalb eine Kostenerstattung nur für die Anzahl von Tagen, an denen ein Eilfall i. S. des § 25 SGB XII vorlag, zu. Das betrifft den Zeitraum vom 20. bis zum 22.12.2009. Darüber haben sich die Beteiligten im Rahmen des Teilvergleichs verständigt.

III. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG, da ein Nothelfer zu dem in § 183 Satz 1 SGG genannten Personenkreis der Leistungsempfänger zu zählen ist (so schon BSG, Beschluss vom 11.06.2008 - B 8 SO 45/07 B -, juris; LSG NRW, Urteil vom 18.01.2013 - L 20 SO 554/11 -, juris).

IV. Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.

Dr. Sommer Dr. Götz Dr. Hansmann
Rechtskraft
Aus
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