B 2 U 52/02 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 839/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 U 4605/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 52/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine den Versicherungsschutz begründende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung kann sich auf einen organisatorisch abgrenzbaren Teil eines Unternehmens beschränken.
2. Die Veranstaltung muss allen Beschäftigten des Unternehmens oder Unternehmensteils offen stehen erfordert aber keine feste Mindestbeteiligungsquote.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Der Kläger begehrt von der beklagten Berufsgenossenschaft (BG) die Anerkennung seines Unfalls am 27. Juni 1999 als Arbeitsunfall.

Der im Jahre 1963 geborene Kläger war als Einrichtungsberater bei der Filiale in R der "B GmbH und Co KG", die noch weitere Möbelhaus-Filialen ua in K und S hat, beschäftigt. Am Unfalltag fand ein "Familiensonntag" auf dem Sportplatz des Sportvereins in O statt. Dabei wurde ein Fußballturnier von Mannschaften aus den Filialen des Unternehmens in S , K und R ausgetragen. Während eines Fußballspiels erlitt der Kläger einen Schienbeinbruch. Die Veranstaltung ging auf eine Initiative des Klägers zurück, der sie zusammen mit weiteren Beschäftigten der Werbeabteilung der Filiale in R organisiert hatte. Die Vorbereitung und Organisation in den anderen teilnehmenden Filialen erfolgte dort eigenständig. Betriebssport findet in dem Unternehmen nicht statt. Die Beklagte lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, weil ein einmaliges Fußballturnier nicht die Voraussetzungen für einen versicherten Betriebssport erfülle und es sich nach Auskunft des Unternehmens um eine private und nicht um eine versicherte betriebliche Veranstaltung gehandelt habe (Bescheid vom 27. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2001).

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen, weil die Veranstaltung keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, sondern eine private, eigenwirtschaftliche Freizeitaktivität des Klägers gewesen sei (Urteil vom 18. Oktober 2001). Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und festgestellt, dass der beim Kläger bestehende Zustand nach Tibiaquerfraktur rechts Folge des Arbeitsunfalls vom 27. Juni 1999 ist, (Urteil vom 24. Oktober 2002). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Teilnahme an betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen sei Teil der versicherten Tätigkeit gemäß § 8 Abs 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII). Eine solche sei vorliegend gegeben, wenn auch nicht alle Filialen des Unternehmens beteiligt gewesen seien. Es seien alle Beschäftigten der Filiale in R eingeladen gewesen. Dass nur ein geringer Teil von ihnen an der Veranstaltung teilgenommen habe, stehe einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung für diesen Unternehmensteil nicht entgegen. Die Veranstaltung habe neben der Freizeitgestaltung zumindest in gleichem Ausmaß der Vertiefung und Bestätigung des Zusammengehörigkeitsgefühls der Belegschaft und der Unternehmensleitung gedient, zumal der Leiter der Filiale in R anwesend gewesen sei. Bestätigt werde dies durch das Auftreten der Mannschaften in firmeneigenen Trikots mit einem Logo. Die Teilnahme von Familienangehörigen und die Durchführung an einem Sonntag ohne Arbeitszeitausgleich mache die Veranstaltung nicht zu einer überwiegenden Freizeitveranstaltung. Die Veranstaltung sei auch von der Unternehmensleitung gebilligt und gefördert sowie von deren Autorität getragen worden. Insofern komme es neben dem erklärten Willen der Unternehmensleitung auf deren Gesamtverhalten an. Diese habe sich mit der Veranstaltung identifiziert, die Getränke und das Essen gestellt, den Pokal für das Turnier gestiftet sowie einen Geldbetrag an den Sportverein für die Überlassung des Sportplatzes gespendet. Die Einladungen in der Filiale R seien zumindest mit zutreffend vermutetem Einverständnis des Geschäftsführers versandt worden. Das Werbeplakat für die Veranstaltung sei in der Werbeabteilung der Filiale in R mit Wissen und vermutetem Einverständnis des Geschäftsführers entworfen und hergestellt worden. Die Veranstaltung sei hinsichtlich der Filiale R fast ausschließlich aus Ressourcen des Unternehmens zu Stande gekommen, nur die rein organisatorische Vorbereitung und Abwicklung habe beim Kläger gelegen. Dies entspreche einer üblichen Verfahrensweise: In Unternehmen, in denen es eine Personalvertretung gebe, übernehme diese in der Regel die Vorbereitung solcher Veranstaltungen mit Zustimmung des Unternehmens. In der Filiale in R gebe es keine derartige Personalvertretung, doch sei das Handlungsmuster übertragbar: Die Initiative einzelner Beschäftigter führe mit Unterstützung der Unternehmensleitung zu einer das Gemeinschaftsgefühl pflegenden Veranstaltung. Das Unternehmen habe mehr als nur geringfügige Hilfsmittel zur Verfügung gestellt und sei auch nicht ansonsten distanziert und passiv geblieben. Zudem habe der Leiter der Filiale in R an der Veranstaltung teilgenommen.

Angesichts dessen sei die Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung versichert gewesen, auch wenn nicht festgestellt werden könne, dass die für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung erforderliche Mindestteilnehmerzahl der Beschäftigten ohne Familienangehörige erreicht werde. Denn von den damals ca 200 Beschäftigten in der Filiale in R hätten nur ca 30 einschließlich Familienangehörigen an der Veranstaltung teilgenommen. Ob bezogen auf die Gesamtzahl der Teilnehmer an der Veranstaltung gemessen an der Gesamtzahl der Beschäftigten in allen drei Filialen die Mindestteilnehmerzahl erreicht worden sei, sei aufgrund der getrennten Organisation nicht mehr aufklärbar. Jedenfalls sei der Kläger aus Gründen des Vertrauensschutzes versichert gewesen. Einem rechtsunkundigen Beschäftigten sei das Risiko einer unversicherten Teilnahme an einer Veranstaltung nicht zumutbar, wenn sich ihm das Fehlen des gemeinschaftsfördernden Zweckes wegen zu geringer Beteiligung nicht aufdränge oder er der Veranstaltung bei dem Erkennen des fehlenden betrieblichen Zusammenhangs nicht mehr ohne Weiteres fernbleiben könne. Vorliegend habe der Kläger bereits wegen des unüberschaubaren Personenkreises aus drei Filialen und in Unkenntnis der Organisation der anderen Filialen eine zu geringe Beteiligung der Beschäftigten nicht erkennen können. Auch habe sich die Unternehmensleitung nicht von der Veranstaltung distanziert, sondern durch persönliche Teilnahme des Filialleiters die fortbestehende Unterstützung und Billigung nach außen dokumentiert.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte, es habe sich nicht um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt, weil von den ca 200 Beschäftigten der Filiale in R nur 30 an der Veranstaltung teilgenommen hätten. Die vom Bundessozialgericht (BSG) als ausreichend angesehene Beteiligung von 20 von Hundert (Hinweis auf BSGE 7, 249, 252) werde nicht erreicht. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er als der Organisator der Veranstaltung gewusst habe, wie viel Beschäftigte der Filiale in R teilgenommen hätten. Auch habe er die Anzahl der Teilnehmer der anderen Filialen gewusst, da sich die Anzahl der Speisen und Getränke danach gerichtet habe.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2002 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Oktober 2001 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).

II

Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Entscheidung über die vom Kläger im Kern geltend gemachte Anerkennung seines Unfalls vom 27. Juni 1999 als Arbeitsunfall nicht aus.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignete, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dieser innere bzw sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung (BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr 92; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 10) ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 10).

Im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen auch betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen und sind daher unfallversicherungsrechtlich geschützt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG kann die Teilnahme von Beschäftigten etwa an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen Gemeinschaftsveranstaltungen dem Unternehmen zugerechnet und der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dient. Die Veranstaltung muss deshalb allen Beschäftigten des Unternehmens - bei Großbetrieben mindestens allen Beschäftigten einzelner Abteilungen oder anderer betrieblicher Einheiten - offen stehen und von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder zumindest gebilligt oder gefördert und von ihrer Autorität als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen werden (s ua BSGE 1, 179, 182; 17, 280, 281 = SozR Nr 56 zu § 542 RVO; BSG SozR 2200 § 548 Nr 30; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 21, 40; § 539 Nr 54; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, 12. Aufl, § 8 RdNr 118 ff mwN). Für die Beurteilung, ob eine Veranstaltung diese Voraussetzungen erfüllt, ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der in Fortführung der bisherigen Rechtsprechung des BSG von Folgendem auszugehen ist:

Eine Veranstaltung ist dann von der Autorität der Unternehmensleitung getragen, wenn der Veranstalter dabei nicht oder nicht nur aus eigenem Antrieb und freier Entschließung, sondern im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung oder für diese handelt (BSG SozR Nr 66 zu § 542 RVO aF). Die Unternehmensleitung muss nicht selbst Veranstalter sein; es genügt, dass sie die Veranstaltung billigt und fördert. Veranstalter - im Auftrag der Unternehmensleitung - kann auch der Betriebsrat (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 54) oder eine Gruppe bzw einzelne Beschäftigte des Unternehmens sein. Die Billigung der Unternehmensleitung muss sich nicht nur auf die wegen der Durchführung einer Veranstaltung erforderlichen betrieblichen Änderungen (zB der Arbeitszeit, das Benutzen betrieblicher Räume) erstrecken, sondern die Durchführung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung muss von ihr gewollt sein (BSG SozR 2200 § 548 Nr 11), zumal mögliche Unfälle bei solchen Veranstaltungen Auswirkungen auf die von dem Unternehmen zu zahlenden Beiträge haben können (vgl § 162 Abs 1 SGB VII). Bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, die in einzelnen organisatorischen Einheiten des Unternehmens erfolgen, insbesondere wenn das Unternehmen über mehrere Betriebsstätten oder wie vorliegend Filialen verfügt, genügt es, wenn die Leitung der jeweiligen organisatorischen Einheit oder zB Filiale als Veranstalter seitens des Unternehmens fungiert.

Um die für den Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen wesentliche "betriebliche Zielsetzung" - Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander - zu erreichen, muss die Veranstaltung grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens offen stehen, von besonderen Fallgestaltungen in Großbetrieben, Versorgungsunternehmen usw abgesehen (s ua BSG SozR 2200 § 548 Nr 69). Es reicht nicht aus, dass allen Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme an einer für sie und nicht für alle Beschäftigten des Unternehmens oder Unternehmensteils ausgerichteten Veranstaltung offen steht (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 21).

Eine Anwesenheit der Unternehmensleitung während der gesamten Veranstaltung ist nicht erforderlich. Die Veranstaltung ist von der Autorität der Unternehmensleitung auch zu einer Zeit getragen, in der sie nicht selbst anwesend ist, zB der Betriebsrat die Veranstaltung leitet und dabei zugleich für das Unternehmen handelt (BSGE 7, 249, 253). Grundsätzlich muss die Unternehmensleitung oder Teile von ihr aber an der Veranstaltung teilnehmen, damit die betriebliche Zielsetzung Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten erreicht werden kann. Zusammenkünfte, welche der Pflege der Verbundenheit nur der Beschäftigten eines Unternehmens untereinander dienen, reichen daher nicht aus, um die Teilnahme an ihnen einer betrieblichen Tätigkeit gleichzustellen (BSG SozR Nr 25 und 66 zu § 542 RVO aF).

Zwar ist ein Teilnahmezwang unserer heutigen Rechtsordnung fremd (BSGE aaO; 7, 249, 252; BSG SozR Nr 24 zu § 548 RVO), jedoch wird eine bestimmte Mindestbeteiligung zu fordern sein, um noch tatsächlich von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgehen zu können, die den beabsichtigten Zweck erreichen kann (BSGE 7, 249, 252). Das BSG hat eine Teilnahme von drei bis fünfzehn Personen, am Unfalltag drei Personen, von 150 Betriebsangehörigen als eindeutiges Missverhältnis bezeichnet (BSG SozR Nr 25 zu § 542 RVO aF), bei einer Beteiligungsquote von 26,5 bzw 40 vH hatte es keine Bedenken gegen eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung (BSGE 7, 249, 252 f bzw SozR Nr 24 zu § 548 RVO). Eine feste Mindestbeteiligungsquote ist keiner dieser Entscheidungen zu entnehmen. Eine solche feste Grenze oder Relation ist angesichts der Verschiedenartigkeit der von der gesetzlichen Unfallversicherung umfassten Unternehmen aufgrund ihrer Größe und Struktur (vgl die besonderen Fallgestaltungen wie zB Großbetriebe, Schichtbetriebe, Versorgungsunternehmen usw) auch nicht festlegbar. Entscheidend sind immer die konkreten Verhältnisse im Einzelfall im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung.

Im Übrigen ist bei einem möglichen Missverhältnis zu beachten, dass der Versicherungsschutz für die einzelnen Teilnehmer einer Veranstaltung, zu der das Unternehmen als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung eingeladen hat und bei der die übrigen Voraussetzungen für eine solche erfüllt sind, an der aber nun so wenig Beschäftigte teilnehmen, dass der Gemeinschaftscharakter fraglich wird, auf Vertrauensschutz beruhen kann, zumal die geringe Anzahl der Teilnehmer ggf erst bei Beginn der Veranstaltung festgestellt wird (Brackmann/Krasney, § 8 RdNr 121).

Form und Ort der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung sind nicht eng begrenzt, wie ua Weihnachtsfeiern, Jubiläen und Betriebsausflüge zeigen. Ebenso ist der Zeitpunkt der Gemeinschaftsveranstaltung für den Versicherungsschutz unerheblich, sie kann deshalb auch, wie im vorliegenden Fall, an einem Sonntag stattfinden (BSGE 7, 249, 253).

Unter Versicherungsschutz stehen bei einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung alle Verrichtungen, die mit dem Zweck der Veranstaltung vereinbar sind. Dies werden oft Verrichtungen sein, die sonst mit der betrieblichen Tätigkeit nicht im unmittelbaren, inneren Zusammenhang stehen, zB Tanzen beim Betriebsfest, Spazieren gehen und Baden beim Betriebsausflug, Spiele, Theateraufführungen, Chorgesang, nicht aber rein persönlich motivierte Reitvorführungen (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 40). Unter Versicherungsschutz stehen die Teilnehmer an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nämlich nur bei den Tätigkeiten, die mit dem Gesamtzweck der Veranstaltung, der sich auch auf die körperliche Entspannung und Erholung erstreckt, vereinbar bzw vorgesehen oder üblich sind. Sportliche Betätigungen mit spielerischem Charakter sind unter diesen Voraussetzungen versichert, wenn sie der Förderung des Gemeinsinns oder des Zusammengehörigkeitsgefühls aller Beschäftigten und nicht allein dem persönlichen Interesse des Betroffenen dienen. Dabei spielt es wiederum keine Rolle, ob der oder die Teilnehmer die besondere Aktivität allein bzw unter sich entfalten oder ob sie ihre besonderen Fähigkeiten etwa einzelnen, einigen oder gar allen anderen Teilnehmern der Gemeinschaftsveranstaltung vorführen oder vorführen wollen. Allein wenn eine derartige Vorführung zur Unterhaltung oder Belustigung aller übrigen Teilnehmer als Teil der Gemeinschaftsveranstaltung vorgesehen oder üblich war, kann sie als der Gemeinschaftspflege dienend in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehend beurteilt werden (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 40).

Es muss sich jedoch insgesamt um eine Veranstaltung handeln, welche nach ihrer Programmgestaltung an sich geeignet ist, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens im Unternehmen beizutragen, indem sie die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten Interessentenkreis der Beschäftigten anspricht. Auch eine Werbewirkung des Unternehmens, die im Zusammenhang mit einer im Interesse der Beschäftigten durchgeführten sportlichen Veranstaltung in Erscheinung tritt, wäre hierbei nicht außer Betracht zu lassen (BSG vom 28. August 1968 - 2 RU 68/68 -, BG 1969, 276, 277)

Die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen hingegen ist nicht deshalb versichert, weil diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden. Stehen Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang (BSGE 17, 280, 282 = SozR Nr 56 zu § 542 RVO aF; BSG SozR 2200 § 548 Nr 21 mwN). Es steht jedem Unternehmen zwar frei, seine Mitarbeiter zB durch "Incentive-Reisen" zu höheren Leistungen anzuspornen; das Unternehmen hat es jedoch nicht in der Hand, den gesetzlichen UV-Schutz auf sonst unversicherte Tatbestände auszuweiten, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch die persönliche Verbundenheit einer Gruppe von Beschäftigten mit dem Unternehmen gestärkt würde (s BSG SozR 2200 § 548 Nr 21). Das Interesse der Unternehmensleitung, dass sich aus solchen Veranstaltungen wahrscheinlich auch eine Motivation zu Leistungssteigerungen ergibt, reicht nicht aus, für solche Betätigungen den rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit herzustellen (s BSGE 17, 280, 282). Der Unternehmer honoriert insoweit eine bestimmte Leistung mit einem geldwerten Vorteil, ohne dass dadurch die vom Unternehmen finanzierte Reise für die Beschäftigten zu einer betrieblichen Tätigkeit wird. Ebenso wie die Pflege gesellschaftlicher Beziehungen, auch wenn sie für das Unternehmen wertvoll ist, nicht schon deshalb unter Versicherungsschutz steht, ist die Pflege der persönlichen Beziehungen zur Unternehmensleitung und unter den Beschäftigten trotz günstiger Auswirkungen auf die Arbeit im Unternehmen außerhalb der in den Versicherungsschutz einbezogenen Teilnahme an betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 21).

Nach diesen Grundsätzen kann nach den nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend entschieden werden, ob der Kläger bei seinem Unfall am 27. Juni 1999 einen versicherten Arbeitsunfall erlitten hat.

Den Feststellungen des LSG ist nicht klar zu entnehmen, ob es von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung der Filiale in R oder des Gesamtunternehmens oder der drei beteiligten Filialen in R , K und S ausgeht. Zwar kann ein Unternehmen oder ein bestimmter Teil eines Unternehmens, zB eine Filiale, seine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung auch mit anderen Unternehmen bzw deren Teile zusammen durchführen oder im Rahmen seiner betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung an Veranstaltungen anderer Unternehmen bzw Teile von ihnen teilnehmen. Dies kann zu unterschiedlichen versicherungsrechtlichen Beurteilungen bei den an einer Veranstaltung beteiligten Beschäftigten verschiedener Unternehmen oder ggf sogar bei den Beschäftigten eines Unternehmens mit mehreren beteiligten Filialen führen, ist jedoch eine Konsequenz aus dem jeweiligen Unternehmen bzw dessen Untergliederung als Bezugspunkt für die betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Zur Feststellung einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung muss jedoch klar sein, welche Unternehmensleitung diese in Bezug auf welches Unternehmen oder hilfsweise welchen Unternehmensteil durchführt. Vorliegend geht das LSG nach dem überwiegenden Teil seiner Entscheidungsgründe von der Filiale in R als dem Unternehmensteil aus, der die betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung unter der Autorität des örtlichen Filialleiters durchführte. Andererseits misst es jedoch der Frage, ob angesichts der Gesamtzahl der Beschäftigten in allen drei Filialen die Veranstaltung die Mindestteilnehmerzahl erreicht habe, Bedeutung zu, wenn es diese auch nicht mehr als aufklärbar ansieht. Bei den Ausführungen zum Vertrauensschutz des Klägers stellt das LSG ebenfalls auf die Beschäftigten aus den anderen Filialen und deren Organisationsform ab. Hierauf kann es aber nicht ankommen, wenn es sich um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung der Filiale in R handelte.

Das LSG hat unter Hinweis auf das Gesamtverhalten des Leiters der Filiale in R zwar ausgeführt, dass die Veranstaltung von ihm gebilligt und gefördert sowie von seiner Autorität getragen worden sei. Die vom LSG vorgebrachten Gründe, dass die Veranstaltung fast ausschließlich aus den Ressourcen des Unternehmens zu Stande gekommen sei, belegen jedoch nicht, dass die Veranstaltung von dem Leiter der Filiale in R als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gewollt war und es sich um mehr als die finanzielle Unterstützung einer Freizeitveranstaltung für den fußballinteressierten Teil der Beschäftigten handelte. Aufgrund der Feststellungen des LSG ist nämlich zudem zweifelhaft, inwieweit die als Familiensonntag bezeichnete Veranstaltung sich überhaupt an einen größeren Teil der Beschäftigten wandte oder ob dies nur die Bezeichnung für ein Fußballturnier um einen unternehmensinternen Pokal war, das von Anfang an aufgrund seiner Programmgestaltung nur einen begrenzten Teil der Belegschaft ansprach. Gegen eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung der Filiale in R scheint auch zu sprechen, dass nur ca 30 von insgesamt ca 200 Beschäftigten dieser Filiale an der Veranstaltung teilgenommen haben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine feste Mindestbeteiligung zu fordern ist, da ggf im Rahmen einer betrieblichen und personellen Entwicklung in einem Unternehmen zunächst nur wenige Beschäftigte der Einladung zu einer solchen Veranstaltung folgen, es aber Ziel der Unternehmensleitung sein kann, letztlich über eine Folge von Veranstaltungen alle Beschäftigten zur Stärkung der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander zu erreichen. Vielmehr ist diese Zahlenrelation ein Kriterium bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung, ob eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vorlag. Eine niedrige Beteiligung schließt eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zwar nicht von vornherein aus, spricht aber eher dagegen und fordert zB hinsichtlich der Unternehmensleitung als Veranstalter oder der organisatorischen Zielrichtung und Vorbereitung stärkere Gesichtspunkte, die für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung sprechen, wenn eine solche im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung bejaht werden soll.

Die Bejahung einer versicherten, betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung unter dem Gesichtspunkt Vertrauensschutz ist auch beim Kläger als Organisator der Veranstaltung nicht von vornherein ausgeschlossen, erfordert jedoch weitere und konkretere Feststellungen als sie das LSG getroffen hat. Insbesondere wäre zu klären, inwieweit er im Vorfeld der Veranstaltung wusste, wie viele Beschäftigte aus allen drei Filialen, wenn es sich um eine gemeinsame betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt haben sollte, oder aus der Filiale in R , wenn es eine eigenständige betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung dieser Filiale war, teilnehmen würden.

Bei dem derzeitigen Stand des Verfahrens ist dem Senat eine abschließende Entscheidung nicht möglich, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Rechtskraft
Aus
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