S 27 AS 654/16 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
27
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 27 AS 654/16 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 739/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Es besteht prinzipiell ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 SGB II eingelegten Rechtsbehelf, unabhängig davon, ob bereits ein Sanktionsbescheid ergangen ist.

2. Ein Widerspruch entfaltet auch dann aufschiebende Wirkung, wenn ein Widerspruchsbescheid ergangen ist und Klage hiergegen erhoben wurde, sodass im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs, nicht aber eine solche der Klage anzuordnen ist.

3. Zur Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes nach § 15 SGB II.

4. Zur Rechtmäßigkeit eines Sanktionsbescheides (§§ 31 ff. SGB II) und einer Aufhebung (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, § 48 SGB X).
1. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen Verwaltungsakt, der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt, sowie gegen einen anschließend ergangenen Sanktions- und Aufhebungsbescheid.

Der Antragsteller erhält laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II).

Im Rahmen eines Arbeitsvermittlungsgespräches am 27. Mai 2016 änderte die für den Antragsteller zuständige Arbeitsvermittlerin, Frau B., dessen "Profiling", indem sie bislang vermittlungsrelevante gesundheitliche Einschränkungen als nicht relevant einstufte, als besondere Stärken die Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann (2000 bis 2003) mit Abschluss, einen mittleren Bildungsabschluss sowie Russischkenntnisse hinzufügte und die Profillage auf "Stabilisierungsprofil" wechselte. Festgelegt wurde hierbei zudem, dass das gemeinsame Ziel die Aufnahme einer Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt lokal sei. Der Antragsteller erklärte in diesem Zusammenhang, keine Eingliederungsvereinbarung unterschreiben zu wollen, woraufhin ihn Frau B. darüber informierte, dass in diesem Fall ein Verwaltungsakt ergehen werde.

Anschließend erließ der Antragsgegner durch Frau B. noch am 27. Mai 2016 einen Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II für den Zeitraum 27. Mai 2016 bis 26. November 2016. Hierin wird unter anderem geregelt, dass der Antragsgegner den Antragsteller durch Vermittlungsvorschläge, Übernahme von Bewerbungskosten und Fahrkosten, Erstattung von Kosten für Pendelfahrten und Arbeitskleidung, Aushändigung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins sowie Zahlung eines Eingliederungszuschusses an einen künftigen Arbeitgeber bei Erfüllung näher aufgeführter Voraussetzungen unterstützt. Der Antragsteller habe demgegenüber mindestens vier ernsthafte Bewerbungsbemühungen monatlich nachzuweisen und sich auf Vermittlungsvorschläge des Antragsgegners zu bewerben. Wegen des genauen Inhalts der Regelungen und der abschließenden Rechtsfolgenbelehrung wird auf den Eingliederungsverwaltungsakt vom 27. Mai 2016 Bezug genommen.

Ebenfalls am 27. Mai 2016 übersandte der Antragsgegner dem Antragsteller einen Vermittlungsvorschlag für eine Vollzeit-Tätigkeit als Mitarbeiter bei der Firma C. für den Bereich Kasse und Verkauf mit der Bitte, sich dort umgehend zu bewerben. Wegen des Inhalts und der abgedruckten Rechtsfolgenbelehrung wird auf den Vermittlungsvorschlag vom 27. Mai 2016 Bezug genommen.

Gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 27. Mai 2016 legte der Antragsteller unter dem 4. Juni 2016 Widerspruch ein, den er damit begründete, dass er in seiner Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz - GG -) verletzt werde.

Bei der Firma C. bewarb sich der Antragsteller nicht. Daher hörte ihn der Antragsgegner mit Schreiben vom 15. Juni 2016 zu einer beabsichtigten Sanktion in Höhe von 30 % des maßgeblichen Regelbedarfes (121,20 EUR monatlich) für drei Monate an.

Mit Bescheid vom 23. Juni 2016 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II für Juli bis Dezember 2016 in Höhe von 802,69 EUR monatlich.

Mit Bescheid vom 18. Juli 2016 stellte der Antragsgegner fest, dass das Arbeitslosengeld II des Antragstellers nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 31a Abs. 1 und § 31b SGB II für die Zeit von August bis Oktober 2016 um monatlich 30% des maßgeblichen Regelbedarfes (121,20 EUR) gemindert werde, weil er sich nicht bei der Firma C. beworben habe. Der vorangegangene Bewilligungsbescheid werde insoweit nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) aufgehoben.

Hiergegen erhob der Antragsteller unter dem 22. Juli 2016 Widerspruch. Zur Begründung legte er dar, der Sanktion fehlte das Amtssiegel. Zudem seien Unterschrift sowie Vor- und Zuname nicht leserlich. Außerdem sei das Schreiben nicht durch Frau B. unterschrieben, sondern lediglich "im Auftrag".

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2016 wies der Antragsgegner den Widerspruch gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 27. Mai 2016 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Antragsteller habe sich geweigert, die Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben, sodass der angegriffene Verwaltungsakt erlassen worden sei. Die Bestimmung zur Erstattung von Bewerbungskosten sei allerdings insoweit zu konkretisieren, als ein vorheriger Antrag nicht erforderlich sei und auf Nachweis der Bemühungen die Überprüfung der Kostenerstattung erfolge.

Am 23. August 2016 erhob der Antragsteller hiergegen Klage (S 27 AS 655/16), über die noch nicht entschieden ist.

Ebenfalls am 23. August 2016 hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz beantragt.

Zur Begründung trägt er vor, er habe einen aus dem Grundgesetz abgeleiteten Rechtsanspruch auf Leistungen nach dem SGB II ohne Gegenleistung. Das SGB II sei zudem wegen Verstoßes gegen das Zitiergebot (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) ungültig. Daher sei auch jede Leistungskürzung rechtswidrig. Die angegriffenen Bescheide seien wegen fehlender vollständiger Unterschrift nichtig, denn eine Paraphe sei nicht ausreichend. Sowohl die Eingliederungsvereinbarung als auch deren Ersatz durch Verwaltungsakt berührten die Vertragsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG. Angebote müssten daher nicht von ihm angenommen werden. Dies gelte insbesondere dann, wenn sie von einer Firma kämen, was bei dem Landkreis D. der Fall sei. Der angegriffene Eingliederungsverwaltungsakt sei auch deshalb rechtswidrig, weil es vorher keine Verhandlungen gegeben habe und sein Ziel zu unbestimmt formuliert sei. Es gehe nicht darum, ihn in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren und ihm einen Arbeitsplatz zu verschaffen, von dem er leben könne, sondern um die Beendigung bzw. Verringerung der individuellen Hilfebedürftigkeit. Er beanstande zudem die Textpassage "Unterbreitung von passenden Vermittlungsvorschlägen, soweit geeignete Stellenangebote vorliegen" als zu unbestimmt und nicht einforderbar. Die Stellenvermittlung gehöre außerdem zu den Pflichtaufgaben des Antragsgegners und müsse deshalb nicht gesondert geregelt werden. Es fehle schließlich auch an einem Eingliederungskonzept, sodass der Verwaltungsakt willkürlich sei. Der "Vertrag" beruhe im Wesentlichen auf inhaltsleeren Verpflichtungserklärungen. Eine in diesem Jahr von ihm unterschriebene Eingliederungsvereinbarung gebe es im Übrigen nicht, sodass die Sanktion nichtig sei.

Der Antragsteller beantragt wörtlich
die Annullierung der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt, den Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2016 für nichtig und nicht rechtens zu erklären, die Sanktion vom 18. Juli 2016 auszusetzen und für rechtswidrig zu erklären und die sanktionierten Gelder zu erstatten.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung trägt er vor, der durch Verwaltungsakt geschlossenen Eingliederungsvereinbarung sei ein Beratungsgespräch vorausgegangen. Der Antragsteller habe sich explizit geweigert, die Vereinbarung zu unterschreiben. Auch die Sanktion und die damit verbundene Kürzung seien rechtmäßig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2016 hat der Antragsgegner den Widerspruch vom 22. Juli 2016 gegen den Bescheid vom 18. Juli 2016 zurückgewiesen. Zur Begründung führt er aus, die angebotene Tätigkeit sei zumutbar. Der Antragsteller habe sich ohne wichtigen Grund nicht beworben. Die Sanktion nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II setze auch keinen Eingliederungsverwaltungsakt voraus, sodass es nicht auf dessen Rechtmäßigkeit ankomme.

Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2016 hat der Antragsteller bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht erhoben.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Behördenakte Bezug genommen, die der Entscheidung zugrunde lagen.

II.

1. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

a) Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist im wohlverstandenen Interesse des Antragstellers als Antrag nach § 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 4. Juni 2016 gegen den Verwaltungsakt vom 27. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2016 sowie des Widerspruches vom 22. Juli 2016 gegen den Bescheid vom 18. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2016 auszulegen (entsprechend § 123 SGG, § 133 Bürgerliches Gesetzbuch).

Die vom Antragsteller wörtlich beantragte Feststellung von Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes, die durch eine einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG erfolgen kann, ist vorliegend nicht statthaft, weil sie gegenüber dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung subsidiär (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) ist. Der Antrag auf Erstattung der sanktionierten Gelder ist ebenfalls nicht als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, sondern als Annexantrag nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG (sog. Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch) zum Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu verstehen. Der Antrag umfasst schließlich auch die Aufhebungsentscheidung. Zwar wendet sich der Antragsteller nicht ausdrücklich gegen die Aufhebung der Leistungsbewilligung. Sein Antrag ist aber dementsprechend erweiternd auszulegen. Dies folgt auch aus dem Verhältnis von Sanktion und Aufhebung. Denn die Feststellung der Obliegenheitsverletzung nach § 31 SGB II und die Änderung der Leistungsbewilligung (nach § 48 SGB X) sind materiell so aufeinander bezogen, dass die rechtzeitige Anfechtung des Minderungsbescheides ein Aufhebungsbegehren im Hinblick auf den Umsetzungsverwaltungsakt einschließt, um einer effektiven Rechtsschutzgewährung im Lichte von Art. 19 Abs. 4 GG Rechnung zu tragen (BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R -, juris, Rn. 20).

b) Der so verstandene Antrag ist zulässig.

Der Antrag ist statthaft. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Weder Rechtsbehelfe gegen den angegriffenen Eingliederungsverwaltungsakt noch solche gegen den Sanktions- und Aufhebungsbescheid haben nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II aufschiebende Wirkung.

Es besteht auch hinsichtlich des Eingliederungsverwaltungsaktes ein Rechtsschutzbedürfnis für den Eilantrag. Der Antragsteller will wissen, ob er den Pflichten aus dem Eingliederungsverwaltungsakt Folge leisten und bei Missachtung der Pflichten Sanktionen nach §§ 31 ff. SGB II befürchten muss. Damit begehrt er nicht nur vorläufigen Rechtsschutz gegen eine künftige Sanktion, sondern gegenwärtigen Rechtsschutz gegen eine aktuelle Verpflichtung. Insoweit besteht ein Rechtsschutzbedürfnis (vgl. LSG Bayern, Beschluss vom 01.08.2016 - L 7 AS 415/16 B ER -, juris, Rn. 29; LSG Hessen, Beschluss vom 16.01.2014 - L 9 AS 846/13 B ER -, juris, Rn. 6). Mit Blick auf die Garantie des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) kann der Antragsteller nicht auf nachfolgenden Rechtsschutz gegen einen Sanktionsbescheid verwiesen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.11.2015 1 BvR 3460/13 -, juris, Rn. 2). Dies gilt auch, obgleich vorliegend bereits ein Sanktionsbescheid ergangen ist (abweichend Bayerisches LSG, Beschluss vom 24.03.2016 - L 7 AS 140/16 B ER -, juris, Rn. 25). Denn der Antragsteller muss befürchten, bei weiteren Verstößen gegen den Eingliederungsverwaltungsakt erneut sanktioniert zu werden. Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Sanktion vom 18. Juli 2016 ist zudem bereits deshalb nicht ausreichend, weil der Antragsgegner sie nicht auf einen Verstoß gegen den Eingliederungsverwaltungsakt gestützt hat.

Der Zulässigkeit des Eilantrages gegen den Sanktions- und Aufhebungsbescheid steht auch nicht entgegen, dass inzwischen der Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2016 beschieden, der Antragsteller aber noch keine Klage hiergegen erhoben hat und damit insoweit nicht die aufschiebende Wirkung einer Klage angeordnet werden kann. Denn hergestellt wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs auch dann, wenn bereits Klage erhoben worden ist, da seine aufschiebende Wirkung nicht nur bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides, sondern bis zur Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes fortwirkt (BVerwG, Urteil vom 27.10.1987 - 1 C 19/85 -, juris, Rn. 45; OVG Koblenz, NVwZ 1996, 90). § 86a SGG kennt nur eine einheitliche aufschiebende Wirkung, nicht aber eine solche des Widerspruchs und eine andere der Klage, und dieser Suspensiveffekt wird von dem ersten mit aufschiebender Wirkung ausgestatteten Rechtsbehelf ausgelöst und dauert prinzipiell bis zur Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes (siehe für § 80 VwGO Hessischer VGH, NVwZ-RR 2015, 498; Kintz, Öffentliches Recht im Assessorexamen, 8. Aufl. 2012, Rn. 414; im Ergebnis abweichend z.B. Hessisches LSG, Beschluss vom 16.01.2014 - L 9 AS 846/13 B ER -, juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 01.08.2016 - L 7 AS 416/16 B ER -, juris, Rn. 24). Daher gibt es auch kein Bedürfnis, einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs entsprechend § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG in einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage zu ändern, wenn während des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ein Widerspruchsbescheid erlassen und Anfechtungsklage erhoben wird (so aber z.B. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2006 - L 3 B 1138/05 U ER -, juris, Rn. 11; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 9b m.w.N.).

c) Der Antrag ist indes unbegründet.

Denn die streitgegenständlichen Verwaltungsakte sind offensichtlich rechtmäßig.

Der Antrag nach § 86b Abs. 1 SGG auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist begründet, wenn nach summarischer Prüfung des Sachverhaltes das Interesse des Antragstellers an der Herstellung der aufschiebenden Wirkung (Suspensivinteresse) das Vollziehungsinteresse des Antragsgegners überwiegt. Dabei kommt es wesentlich auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache an. Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig, überwiegt das Suspensivinteresse, ohne dass es noch auf eine besondere Eilbedürftigkeit ankäme. Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig, überwiegt das Vollzugsinteresse. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei der Grad der Erfolgsaussichten der Hauptsache und die Folgen der Verwaltungsentscheidung zu berücksichtigen sind (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 12f). Vorliegend ist zudem die Wertung des § 39 Nr. 1 SGB II zu berücksichtigen, wonach der Gesetzgeber dem Sofortvollzug prinzipiellen Vorrang gegenüber privaten Interessen einräumt. Eine Abweichung von diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis kommt nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder ausnahmsweise besondere private Interessen überwiegen (Hessisches LSG, Beschluss vom 16.01.2014 - L 9 AS 846/13 B ER -, juris, Rn. 9; Bayerisches LSG, Beschluss vom 01.08.2016 - L 7 AS 416/16 B ER -, juris, Rn. 26).

Der Eingliederungsverwaltungsakt (aa) und der Sanktions- und Aufhebungsbescheid (bb) sind rechtmäßig.

aa) Der Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II (in der bis zum 31.07.2016 gültigen Fassung - a.F. -), § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II (in der ab 01.08.2016 gültigen Fassung - n.F. -) ist rechtmäßig.

(1) Der Eingliederungsverwaltungsakt ist formell rechtmäßig.

Er wahrt insbesondere die Formvorschrift des § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB X, wonach ein schriftlicher Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder eines Beauftragten enthalten muss. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist damit eine (vollständige) Unterschrift der Mitarbeiterin des Antragsgegners nicht erforderlich. Zudem ist sowohl auf dem vom Antragsteller in Kopie vorgelegten Eingliederungsverwaltungsakt als auch auf dem in der Behördenakte befindlichen Exemplar jeweils die volle Unterschrift und der Nachname von Frau B. enthalten.

Eine Anhörung (§ 24 Abs. 1 SGB X) fand statt. Denn die Mitarbeiterin des Antragsgegners hat den Antragsteller am 27. Mai 2016 davon in Kenntnis gesetzt, dass sie die Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt erlassen werde. Der Antragsteller hat daraufhin geäußert, dass sie dies gerne tun könne. Damit hatte er hinreichend Möglichkeit sich zu äußern.

(2) Der Eingliederungsverwaltungsakt ist auch materiell rechtmäßig.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II a.F. (§ 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F.) sollen die Regelungen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. (§ 15 Abs. 2 SGB II n.F.) durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. (§ 15 Abs. 2 Satz 2 SGB II n.F.) soll die Eingliederungsvereinbarung insbesondere bestimmen, welche Leistungen Erwerbstätige zur Eingliederung in Arbeit erhalten (Nr. 1), welche Bemühungen sie in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müssen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind (Nr. 2). Diese Regelungen sind verfassungsgemäß (a) und wurden rechtmäßig durch den angegriffenen Eingliederungsverwaltungsakt umgesetzt (b).

(a) § 15 SGB II ist verfassungsgemäß.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers unterliegt das SGB II nicht dem Zitiergebot. Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt, dass ein Gesetz, welches ein Grundrecht einschränkt, das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennt. Ausgelöst wird das Zitiergebot indes nur, wenn eine durch ausdrücklichen Vorbehalt grundsätzlich erlaubte Grundrechtseinschränkung durch Gesetz vorgenommen oder zugelassen wird (vgl. BVerfGE 83, 130, 154). Dies ist bei dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 1 GG) nicht der Fall. Es steht nicht unter einem solchen Gesetzesvorbehalt, sondern wurde durch die Rechtsprechung des BVerfG entwickelt, ist dem Grunde nach unverfügbar und bedarf der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber (BVerfGE 125, 175).

§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II a.F. (§ 15 Abs. 3 SGB II n.F.) verstößt auch nicht gegen die Vertragsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG. Die Obliegenheit des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB II, eine Eingliederungsvereinbarung zu schließen, ist nicht sanktionsbewehrt, sodass dieser Kontrahierungszwang mit Art. 2 Abs. 1 GG vereinbar ist (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.03.2014 - L 19 AS 373/14 B ER -, juris, Rn. 23). Der Eingliederungsverwaltungsakt selbst begründet zudem keine vertraglichen, sondern einseitig-hoheitliche Rechtsbeziehungen.

Schließlich ist § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II a.F. (§ 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F.) auch mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG) vereinbar. Dieses Grundrecht gewährleistet keinen von Mitwirkungsobliegenheiten und Eigenaktivitäten unabhängigen Anspruch auf Sicherung eines gewissen Leistungsniveaus. Die Möglichkeit, eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt zu ersetzen, verletzt zudem nicht die Menschenwürde, sondern dient gerade dazu, ein Leben unabhängig von staatlichen Leistungen und in eigener Verantwortung zu führen (Thüringer LSG, Urteil vom 17.03.2016 - L 9 AS 898/15 -, juris, Rn. 18).

(b) Der Eingliederungsverwaltungsakt ist auch im Übrigen materiell rechtmäßig.

Der Antragsgegner war berechtigt, eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt zu ersetzen. Eine Eingliederungsvereinbarung ist nicht zustande gekommen. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II a.F. (§ 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F.) setzt grundsätzlich voraus, dass der Grundsicherungsträger zuvor den Versuch unternommen hat, mit dem Arbeitssuchenden eine Vereinbarung zu schließen (BSG, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 195/11 R -, juris, 19). Dies hat der Antragsgegner getan. Der Antragsteller war jedoch offensichtlich nicht bereit, eine einvernehmliche Eingliederungsvereinbarung zu schließen. Ein atypischer Fall, der dem Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes entgegenstehen könnte, liegt zudem nicht vor.

Der Inhalt des Eingliederungsverwaltungsaktes ist nicht zu beanstanden und entspricht den Vorgaben des § 15 SGB II.

Ersetzt der Träger eine Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt, hat er dessen Regelungen im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II a.F. (§ 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F.) nach denselben Maßstäben zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, wie sie für die Eingliederungsvereinbarung selbst gelten (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R -, SGb 2016, 459).

(aa) Die Eingliederungsvereinbarung dient dem Ziel einer aktivierenden Arbeitsmarktpolitik im Sinne einer "maßgeschneiderten Ausrichtung" der Eingliederungsleistung auf den Leistungsberechtigten, bei der aufbauend auf der konkreten Bedarfslage ein individuelles Angebot unter aktiver Mitarbeit des Leistungsberechtigten geplant und gesteuert wird. Sie muss daher auf den Leistungsgrundsätzen des § 3 Abs. 1 Satz 2 SGB II beruhen, insbesondere bei den Leistungen zur Eingliederung in Arbeit die Eignung und individuelle Lebenssituation des Hilfebedürftigen berücksichtigen sowie individuelle, konkrete und verbindliche Leistungsangebote enthalten (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 30/15 R -, juris, Rn. 18-19).

Diese Anforderungen erfüllt der angegriffene Eingliederungsverwaltungsakt.

Seinem Erlass ging am 27. Mai 2016 eine Eignungsanalyse voraus (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 30/15 R -, juris, Rn. 19), welche zu einer Änderung am "Profiling" und zur Festlegung eines konkreten Ziels geführt hat. Er enthält auch konkrete Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne der vom Gesetzgeber intendierten "maßgeschneiderten" Ausrichtung der Eingliederungsleistungen. Ziel des Eingliederungsverwaltungsaktes ist ausweislich des Vermerks vom 27. Mai 2016 die Aufnahme einer Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt binnen 12 Monaten. Zur Erreichung dieses Ziels werden in dem Eingliederungsverwaltungsakt neben Vermittlungsvorschlägen sowie Regelungen zur Erstattung von Bewerbungskosten und Fahrkosten auch Unterstützungsleistungen in Form von betrieblichen Trainingsmaßnahmen, Erstattung von Kosten für Pendelfahrten und Arbeitskleidung, Erteilung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines sowie ein Eingliederungszuschuss für Arbeitgeber geregelt. Diese Leistungen sind für das Ziel "Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt" maßgeschneidert. Dem Antragsteller wurde am 22. September 2016 auch ein Vermittlungsgutschein ausgestellt, wodurch bestätigt wird, dass diese Unterstützungsleistung auf ihn zugeschnitten ist.

(bb) Die Regelungen in dem Eingliederungsverwaltungsakt sind auch hinreichend bestimmt, § 33 Abs. 1. SGB X. Für den Antragsteller ist erkennbar, was von ihm erwartet wird und welche Leistungen im Gegenzug erbracht werden (siehe hierzu LSG Sachsen, Beschluss vom 23.06.2014 - L 3 AS 88/12 B ER -, juris).

Ob der Eingliederungsverwaltungsakt vom 27. Mai 2016 zu unbestimmt war, weil er nicht hinreichend klar regelte, zu welchem Zeitpunkt ein Antrag auf Übernahme von Bewerbungskosten spätestens gestellt werden muss (siehe hierzu Hessisches LSG, Beschluss vom 16.01.2014 - L 9 AS 846/13 B ER -, juris, Rn. 18), kann offen bleiben. Denn der Antragsgegner hat den Ausgangsverwaltungsakt im Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2016 insoweit abgeändert, als Bewerbungskosten auch ohne vorherigen Antrag erstattet werden. Dieser Widerspruchsbescheid gibt dem Eingliederungsverwaltungsakt seine maßgebliche Gestalt, § 95 SGG.

Die Gegenleistung des Antragstellers ist nach Anzahl der Bewerbungen (vgl. hierzu Hessisches LSG, Beschluss vom 30.07.2013 - L 9 AS 490/13 B ER -, juris, Rn. 10) und Art des Nachweises konkret bezeichnet (vgl. hierzu LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.04.2013 - L 5 AS 90/12 -, juris). Hinreichend bestimmt - obgleich keine Obergrenze festgelegt wird - und auch im Übrigen nicht zu beanstanden ist die Verpflichtung des Antragstellers, sich spätestens am dritten Tag auf Vermittlungsvorschläge des Antragsgegners bzw. der Agentur für Arbeit zu bewerben (vgl. aber Hessisches LSG, Beschluss vom 16.01.2014 - L 9 AS 846/13 B ER -, juris, Rn. 21). Der Antragsteller kann durch diese Formulierung klar erkennen, dass er sich auf alle Vermittlungsvorschläge und ohne Obergrenze zu bewerben hat. Angesichts des Umstandes, dass nahezu alle Tätigkeiten für den Antragsteller zumutbar im Sinne des § 10 SGB II sind, die Anzahl der offenen Stellen auf dem ersten Arbeitsmarkt ("lokal") überschaubar ist und dem Antragsteller seit dem 27. Mai 2016 offenbar lediglich eine Stelle angeboten wurde, sind kaum Konstellationen denkbar, in denen diese Verpflichtung für den Antragsteller unzumutbar und übermäßig belastend wäre. Eine solche - theoretisch denkbare - Situation wäre dann, ebenso wie zwischenzeitlich eintretende gesundheitliche Einschränkungen, ein wichtiger Grund für eine Nichtbewerbung im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Dies führt aber nicht zur Unverhältnismäßigkeit einer solchen Regelung und damit nicht zur Rechtswidrigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes. Zudem entspricht die Obliegenheit, sich prinzipiell auf "alle" Vermittlungsvorschläge zu bewerben, derjenigen aus § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II, sodass auch eine entsprechende Regelung in einem Eingliederungsverwaltungsakt nicht zu beanstanden ist (Sächsisches LSG, Beschluss vom 20.09.2016 - L 7 AS 774/16 B ER -, juris, Rn. 45).

Die Leistungen des Antragsgegners erschöpfen sich auch nicht im Wesentlichen in reinen allgemeinen Verhaltenspflichten ohne jeden konkreten (zeitlichen) Bezug (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2007 - L 13 AS 4160/06 ER-B -, juris), wie der Antragsteller indes meint. Auch die Pflicht des Leistungsträgers zur Unterbreitung von Vermittlungsvorschlägen ist hinreichend bestimmt (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.11.2012 - L 19 AS 2098/12 B ER -, juris). Eine weitere Konkretisierung ist bereits deshalb nicht möglich, weil nicht absehbar ist, ob und welche offenen Stellen dem Antragsgegner gemeldet werden. Dass dem Antragsteller nicht jede Stelle angeboten werden kann, ergibt sich bereits aus der Formulierung "passend" in dem Eingliederungsverwaltungsakt sowie aus § 10 SGB II, der die Zumutbarkeit einer Tätigkeit regelt.

Nicht nachvollziehbar ist für die Kammer, inwiefern der Antragsteller die Zielbestimmung der Eingliederungsvereinbarung für unbestimmt und fehlerhaft hält.

(cc) Ein Eingliederungsverwaltungsakt muss zudem ein ausgewogenes Verhältnis der wechselseitigen Verpflichtungen aufweisen und Regelungen zu individuellen, konkreten und verbindlichen Unterstützungsleistungen vorsehen, wenn er bestimmte individuelle, konkrete und verbindliche Bewerbungsbemühungen des Hilfebedürftigen enthält (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 30/15 R -, juris, Rn. 21, 23).

Dem trägt der Eingliederungsverwaltungsakt des Antragsgegners ebenfalls ausreichend Rechnung. Er enthält konkrete und verbindliche Regelungen zur Übernahme von Bewerbungskosten, indem er die Erstattung von 5 EUR pro schriftlicher Bewerbung und 2 EUR pro E-Mail Bewerbung, bis 260 EUR jährlich, zusagt. Der Umfang der Kostenerstattung ist ebenfalls nicht zu beanstanden (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 20.09.2016 L 7 AS 774/16 B ER -, juris, Rn. 44). Pauschalierungen und Höchstbeträge sind hier prinzipiell zulässig, wobei der Träger die Kostenerstattung auch von einem Antrag abhängig machen kann (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 30/15 R -, juris, Rn. 24).

Die geforderte Anzahl von vier Bewerbungen im Monat ist zudem zumutbar (siehe z.B. Hessisches LSG, Beschluss vom 16.01.2014 - L 9 AS 846/13 B ER -, juris, Rn. 21; Bayerisches LSG, Beschluss vom 24.03.2016 - L 7 AS 140/16 B ER -, juris, Rn. 19).

(dd) Die Geltungsdauer des Eingliederungsverwaltungsaktes führt ebenfalls nicht zu dessen Rechtswidrigkeit (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 195/11 R -, juris, Rn. 19). Denn sie beträgt sechs Monate, was dem in § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II a.F. vorgesehenen Regelfall entspricht und ebenfalls mit § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB II n.F. vereinbar ist, wonach die Eingliederungsvereinbarung regelmäßig, spätestens nach sechs Monaten überprüft und fortgeschrieben werden soll.

(ee) Sofern der Antragsteller der Auffassung ist, der Eingliederungsverwaltungsakt sei auch deshalb rechtswidrig, weil er mit der Stellenvermittlung durch den Antragsgegner eine Regelung enthalte, die sich bereits aus dem SGB II als Pflichtaufgabe ergebe, folgt die Kammer dem nicht Es ist bereits nicht ersichtlich, wie der Antragsteller durch eine doppelte Verpflichtung des Antragsgegners beschwert sein könnte. Wenn der Träger zudem weder auf spezifische Gegebenheiten des Einzelfalls eingeht, noch die rechtlichen Vorgaben im Hinblick auf die Person des Hilfebedürftigen modifiziert, handelt es sich lediglich um Hinweise, die Rechte und Pflichten nicht begründen oder abändern (BSG, Urteil vom 15.06.2016 - B 4 AS 45/15 R -, juris, Rn. 23).

bb) Der Sanktions- und Aufhebungsbescheid vom 18. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2016 ist ebenfalls rechtmäßig. Die Sanktion (1) und die Aufhebung (2) sind nicht zu beanstanden.

(1) Die festgestellte Sanktion ist nach §§ 31 Abs. 1, 31a Abs. 1 Satz 1, 31b SGB II rechtmäßig.

Diese Regelungen sind verfassungsgemäß. Die Auffassung des Antragstellers, von Verfassungs wegen einen Rechtsanspruch auf SGB II – Leistungen ohne Gegenleistung zu haben, was auch Kürzungen entgegenstehe, ist unzutreffend. Sanktionen sind grundsätzlich nicht verfassungswidrig, da das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht bedingt, dass diese Mittel voraussetzungslos im Sinne eines bedingungslosen Grundeinkommens zur Verfügung gestellt werden müssten, wobei Sanktionen nach § 31 SGB II grundrechtsdogmatisch keine Eingriffe, sondern Formen abgesenkter Leistungsgewährungen sind (BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 145 AS 19/14 R -, juris, Rn. 51-53). Den hiervon abweichenden Vorlagebeschluss des SG Gotha vom 26. Mai 2016 (S 15 AS 5157/14) hat das BVerfG nicht zu Entscheidung angenommen (Beschluss vom 06.05.2016 - 1 BvL 7/15 -, juris).

Der Sanktionsbescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere wurde der Antragsteller im Schreiben vom 15. Juni 2016 zu der beabsichtigten Sanktion angehört, § 24 Abs. 1 SGB X.

Der Sanktionsbescheid ist auch materiell rechtmäßig.

Eine Pflichtverletzung liegt sowohl nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 als auch nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II vor.

Der Antragsteller hat sich im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II geweigert, die von dem Antragsgegner vorgeschlagene Arbeit aufzunehmen. Durch sein Verhalten hat der Antragsteller eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er nicht bereit ist, sich bei der Firma C. zu bewerben. Einer ausdrücklichen Erklärung bedurfte es nicht (vgl. Sonnhoff, in: juris-PK-SGB II, § 32 Rn. 20, Stand: 25.11.2015). Die Tätigkeit war auch zumutbar, § 10 SGB II. Die Sanktion nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II setzt zudem nicht voraus, dass das Stellenangebot aufgrund eines Eingliederungsverwaltungsaktes erfolgte (vgl. LSG Bayern, Urteil vom 26.10.2012 - L 7 AS 768/11 -, juris).

Der Antragsteller hat sich damit gleichzeitig geweigert, seine in dem (rechtmäßigen und sofort vollziehbaren) Eingliederungsverwaltungsakt festgelegten Pflichten zu erfüllen, § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. Denn er hat sich, entgegen seiner Verpflichtung aus Nr. 2, 2. Spiegelstrich, nicht spätestens am dritten Tag nach Erhalt des Vermittlungsvorschlages bei der Firma C. beworben.

Für diese Pflichtverletzungen liegt kein wichtiger Grund vor (§ 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II).

Die (schriftlichen) Rechtsfolgenbelehrungen im Eingliederungsverwaltungsakt und im Vermittlungsvorschlag waren ordnungsgemäß. Sie waren konkret, verständlich, richtig und vollständig (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 92/09 R -). Die Belehrungen legen die Folgen einer Pflichtverletzung konkret dar und enthalten Ausführungen über Beginn, Dauer und Höhe der Absenkung (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.07.2009 - L 19 B 68/09 AS -, juris). Sie ergingen auch in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu dem sanktionsbewehrten Verhalten (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 26.03.2007 - L 9 AS 38/07 ER -, juris). Die Rechtsfolgenbelehrung in dem Eingliederungsverwaltungsakt ist auch ausweislich der Formulierung "Bescheid, § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II", auf diesen zugeschnitten und betrifft nicht nur die Eingliederungsvereinbarung (vgl. dazu Sonnhoff, a.a.O., § 32 Rn. 136).

Die Minderung des maßgeblichen Regelbedarfes um 30% folgt aus § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II. Der Beginn der Minderung ergibt sich aus § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II, die Minderungsdauer von drei Monaten aus § 31a Abs. 1 Satz 3 SGB II. Die Frist zur Feststellung der Minderung - sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung, § 31b Abs. 1 Satz 5 SGB II - wurde eingehalten.

(2) Die Aufhebungsentscheidung ist ebenfalls rechtmäßig, § 40 Abs. 1 SGB II, § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X.

Eine solche Aufhebung ist erforderlich, weil sich zwar der Auszahlungsanspruch bei der Feststellung einer Minderung nach § 31a SGB II kraft Gesetzes reduziert, die zugrunde liegende Bewilligung aber ohne Aufhebung ihre Regelungswirkung nicht verliert (BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R -, juris, Rn 16).

Die Aufhebung ist zu Recht erfolgt.

Die Aufhebungsentscheidung ist formell rechtmäßig. Insbesondere liegt im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine Anhörung (§ 24 Abs. 1 SGB X) vor. Ob in dem Schreiben vom 15. Juni 2016 auch zu der Aufhebung angehört wurde, kann dabei offen bleiben. Denn eine unterbliebene Anhörung wurde insoweit jedenfalls dadurch nachgeholt, dass der Antragsteller gegen die Aufhebungsentscheidung Widerspruch eingelegt hat und die Möglichkeit zur Stellungnahme hierzu hatte.

Die Aufhebung ist auch materiell rechtmäßig. Denn durch die Minderung des Leistungsanspruches nach § 31a SGB II ist insoweit eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten, die zwingend zu einer entsprechenden Teilaufhebung für die Zukunft führte, § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X (§ 40 Abs. 1 SGB II).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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