L 11 R 1032/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3390/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1032/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, der über keine Sperrminorität verfügt und dessen Anstellungsvertrag mit der GmbH mehr für eine selbständige als für eine abhängige Beschäftigung spricht, ist dennoch abhängig beschäftigt, weil er bei seiner Tätigkeit als Geschäftsführer an die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gebunden ist, kraft seines Gesellschaftsanteils keinen bestimmenden Einfluss auf die Willensbildung der GmbH ausüben und im Bedarfsfall etwaige ihm unangenehme Weisungen nicht jederzeit verhindern kann.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 24.02.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) ab 01.02.2010 abhängig beschäftigt ist und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung besteht.

Der 1970 geborene Kläger ist selbstständiger Rechtsanwalt, stellvertretender ärztlicher Direktor der Universitätsklinik T., Abteilung Sportmedizin (Teilzeit zu 40%) und Gesellschafter und Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1). Die mit notariellem Vertrag vom 04.02.2010 gegründete Beigeladene zu 1) betreibt in der Rechtsform der GmbH eine sportmedizinische Einrichtung, insbesondere zur sportmedizinischen Versorgung der am Olympiastützpunkt St. trainierenden Kaderathleten und von Nachwuchsathleten. An dem Stammkapital von 170.000 EUR beteiligt sind mit je 20% die Sporthilfe Württemberg eV und das Universitätsklinikum T. sowie mit je 12% fünf Ärzte, darunter der Kläger. In der Gesellschafterversammlung gewähren je angefangene 1.000 EUR eines Geschäftsanteils eine Stimme (§ 12 Abs 2 Gesellschaftsvertrag). Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, im Einzelnen genannte Beschlüsse – ua über die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung – bedürfen einer ¾-Mehrheit (§ 15 Abs 1 Gesellschaftsvertrag). Rechtshandlungen der Geschäftsführung in Grundsatzfragen sowie in Einzelfällen von besonderer Bedeutung, darunter 1.) strategische Grundsatzentscheidungen, 2.) Erwerb, Veräußerung, Belastung, An- oder Vermietung, An- oder Verpachtung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten, soweit diese nicht im Wirtschaftsplan vorgesehen sind, 3.) Übernahme von Bürgschaften oder anderen Sicherungsleistungen, soweit diese nicht im Wirtschaftsplan vorgesehen sind, 4.) Einrichtung, Übernahme oder Auflösung von Einrichtungen, 5.) Gewährung von Darlehen ab einer vom Aufsichtsrat festzulegenden Betrag im Einzelfall an Mitarbeiter oder Dritte, 6.) Aufnahme von Darlehen ab einem vom Aufsichtsrat festzulegenden Betrag im Einzelfall soweit diese nicht im Wirtschaftsplan vorgesehen sind, 7.) Maßnahmen mit einem Aufwand bzw einer Investitionssumme ab einem vom Aufsichtsrat festzulegenden Betrag im Einzelfall, soweit diese nicht im Wirtschaftsplan vorgesehen sind (§ 11 Gesellschaftsvertrag).

Der Kläger ist seit 01.02.2010 alleinvertretungsbefugter und vom Selbstkontrahierungsverbot befreiter Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1). Der Geschäftsführervertrag enthält ua folgende Regelungen: § 3 Aufgabengebiet (1) Der Geschäftsführer hat alle Geschäfte der Sp. M. mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze, des Gesellschaftsvertrags, der Geschäftsordnung für den Geschäftsführer und der Gesellschafterbeschlüsse durchzuführen. (2) Geschäfte, zu denen der Geschäftsführer die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung oder des Aufsichtsrats benötigt, ergeben sich aus dem Gesellschaftsvertrag der Sp. M. (3) Die Tätigkeit des Geschäftsführers im Rahmen dieses Vertrags beinhaltet ausschließlich die geschäftsführende Tätigkeit und nicht die ärztliche Tätigkeit. § 4 Arbeitszeit (1) Die Arbeitszeit richtet sich nach den in § 3 festgelegten Aufgaben sowie den betrieblichen Erfordernissen. Sie ist vom Geschäftsführer in diesem Rahmen frei und eigenverantwortlich zu gestalten. § 8 Vergütung (1) Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit ab dem 01.02.2010 folgende Bezüge: 1. Ein festes Monatsgehalt iHv 600 EUR brutto, fällig am Ende des jeweiligen Kalendermonats. 2. Der Geschäftsführer erhält Ersatz aller Kosten, die durch erforderliche Geschäftsreisen entstehen. Maßgebend hierfür sind die steuerlichen Vorschriften. 3. In Abhängigkeit des Geschäftsergebnisses der Sp. M. und des tatsächlichen Aufwandes für die Geschäftsführung wird eine einvernehmliche Regelung hinsichtlich einer zusätzlichen Vergütung für die Geschäftsführung getroffen. (2) Ist der Geschäftsführer durch Krankheit oder sonstige in seiner Person liegende Gründe eine längere Zeit an der Erfüllung seiner Vertragspflichten verhindert, so erhält er für die Dauer von sechs Wochen die Differenz zwischen Nettogehalt und Krankengeld.

Daneben wurde zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) ein Vertrag über die freie Mitarbeit für die Tätigkeit als Arzt geschlossen, in dem ab dem 01.02.2010 eine Umsatzbeteiligung von 60% an den vom Kläger erbrachten Leistungen vereinbart war.

Am 21.01.2011 beantragte der Kläger die Prüfung seines sozialversicherungsrechtlichen Status und legte hierzu den Geschäftsführervertrag, den Vertrag über freie Mitarbeit und den Gesellschaftsvertrag vor. Mit Schreiben vom 24.02.2011 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Feststellung einer abhängigen Beschäftigung als Arzt und Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) an. Der Kläger führte hierauf ergänzend aus, die Tätigkeiten als Arzt und als Geschäftsführer für die Beigeladene zu 1) seien strikt voneinander zu trennen. Sie umfassten unterschiedliche Aufgabenfelder und Fachkompetenzen ohne Überschneidungen. Bei der Tätigkeit als Arzt handele es sich eindeutig um eine freiberufliche Tätigkeit. Jeder bei der Beigeladenen zu 1) tätige Arzt könne sich die Zeiten, an denen er ärztlich tätig sei, völlig frei einteilen. Er allein lege fest, wann und in welchem Umfang er Sprechstunden abhalte. Wolle er keine Sprechstunde abhalten, würden für ihn auch keine Patienten einbestellt. Jeder Arzt lege selbst fest, an welchem Ort er diese Sprechstunden erbringe. Es stünden die Betriebsräume der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung, in vielen Fällen erfolge aber auch eine abweichende Vereinbarung zwischen ihm und dem Patienten zur Leistung vor Ort, etwa in Betrieben oder Sportstätten. Jeder Arzt erhalte eine vorher vereinbarte Umsatzbeteiligung, die nur zweimal jährlich abgerechnet werde. Es bestehe absolut weisungsfreie, unternehmerische Eigenverantwortlichkeit. Es bestehe auch weder eine persönliche noch wirtschaftliche Abhängigkeit von der Beigeladenen zu 1). Bei der Tätigkeit als Geschäftsführer handele es sich ebenfalls um eine freiberufliche Tätigkeit. Nach dem Geschäftsführervertrag sei eine Beteiligung am Geschäftserfolg vorgesehen, welche 10.000 EUR für 2010 betragen solle, womit die Grundvergütung von 600 EUR pro Monat deutlich überschritten sei. Der Geschäftsführer könne frei entscheiden, wann, wo und wie er seinen Aufgaben nachkomme. Dass der Geschäftsführer als Einzelperson mit 12% Beteiligung nur einen bedingten Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft habe, liege bei fünf Gesellschaftern, die natürliche Personen seien, in der Natur der Sache und könne kein Kriterium sein. Bis zu einem Betrag von 25.000 EUR könne er ohne Zustimmung des Aufsichtsrats und bis zu einem Betrag von 50.000 EUR ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung Maßnahmen selbst durchführen, auch wenn diese nicht im Wirtschaftsplan vorgesehen seien, gleiches gelte für die Aufnahme von Darlehen. Die Beigeladene zu 1) erziele einen Jahresumsatz von rund 0,5 Mio EUR, so dass nahezu alle Maßnahmen unter die Grenze von 25.000 EUR fielen. Damit habe der Geschäftsführer weitgehende Alleinentscheidungsbefugnis.

Mit Bescheid vom 01.04.2011 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) seit 01.02.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung bestehe. Zu beurteilen sei die Tätigkeit als Geschäftsführer. Für abhängige Beschäftigung spreche, dass der vorgelegte Arbeitsvertrag arbeitsvertraglich typische Regelungen enthalte, es werde eine Vergütung iHv 600 EUR pro Monat gezahlt und kraft seines Anteils am Stammkapital könne der Kläger keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche die Beteiligung am Stammkapital und die Weisungsfreiheit der Tätigkeit. Allein aus einer weisungsfreien Ausführung der Tätigkeit könne jedoch nicht auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden, da der Kläger ansonsten in die von der Gesellschafterversammlung vorgegebene Ordnung des Betriebes eingegliedert sei und der Überwachung durch die Gesellschafterversammlung unterliege.

Hiergegen legte der Kläger am 29.04.2011 Widerspruch ein und wiederholte und vertiefte sein Vorbringen aus dem Anhörungsverfahren. Er wies darauf hin, dass er seit Beginn seiner ärztlichen Tätigkeit von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei.

Mit Bescheid vom 23.04.2012 nahm die Beklagte die Feststellung des Bestehens von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung wieder zurück, da der Kläger in den letzten drei Jahren vor Aufnahme der hier zu beurteilenden Tätigkeit die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten habe und daher ab 01.02.2010 Versicherungsfreiheit in der Kranken- und dem folgend in den Pflegeversicherung bestehe. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2012 zurück. Mangels mehrheitlicher Beteiligung am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) habe der Kläger keine Einflussmöglichkeiten auf die grundsätzliche Ausgestaltung seiner Tätigkeit und die Geschicke der Gesellschaft; er könne weder Beschlüsse zu Gunsten seines Mitarbeitsverhältnisses erwirken noch zu seinen Ungunsten verhindern.

Hiergegen richtet sich die am 17.10.2012 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage. Zur Begründung verweist der Kläger erneut auf die freie Gestaltung seiner Tätigkeit (§ 4 Geschäftsführervertrag) und die weitgehende Alleinentscheidungsbefugnis. Die Beigeladene zu 1) könne dem Kläger keine allgemeinen oder für den Einzelfall geltenden Weisungen erteilen, sie sei an Fristen und Formalien des Gesellschaftsvertrags gebunden. Faktisch seien auch seit Beginn der Tätigkeit keine Weisungen erteilt worden. Bei schlechter Geschäftslage müsste er zudem befürchten, dass ein Großteil seiner Bezüge als Geschäftsführer wegfalle. Im Unterschied zu den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen habe der Kläger nur einen Bruchteil seiner Arbeitskraft für die Geschäftsführung einzusetzen.

Nach Erörterung des Sachverhalts am 24.01.2014 hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 24.02.2016 die Klage abgewiesen. Zunächst spreche die vertragliche Regelung für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die Arbeitszeit richte sich nach dem Geschäftsführervertrag nach den betrieblichen Erfordernissen, nur in diesem Rahmen könne der Kläger frei und eigenverantwortlich über Art und Umfang seiner Tätigkeit entscheiden. Nach § 8 Geschäftsführervertrag erhalte er ein festes Monatsgehalt von 600 EUR sowie Ersatz für Kosten, die für Geschäftsreisen anfielen. § 8 Abs 2 Geschäftsführervertrag sehe eine Fortzahlung des Gehalts für den Fall einer längeren Erkrankung vor. Diese Regelungen seien typisch für einen Arbeitsvertrag. Der Kläger unterhalte keine eigene Betriebsstätte, sondern sei auf die räumlichen Vorgaben der Beigeladenen zu 1) angewiesen. Gegen eine selbstständige Tätigkeit spreche, dass der Kläger mit einem Anteil von 12% am Stammkapital nicht über eine Sperrminorität verfüge und weder rechtlich noch tatsächlich in der Lage sei, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Nur Einzelmaßnahmen bis zu einem Betrag von 25.000 EUR könne er ohne Zustimmung des Aufsichtsrats und bis zu einem Betrag von 50.000 EUR ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung durchführen. Auf der Grundlage des Geschäftsführervertrags könne auch nicht von einem maßgeblichen Unternehmerrisiko gesprochen werden, ein erhebliches Verlustrisiko sei nicht dargelegt. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche lediglich die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot. Dieser Umstand sei aber nicht so außergewöhnlich, dass er als gewichtiges Argument für eine Selbstständigkeit herangezogen werden könnte. Das Weisungsrecht möge im Hinblick auf die Art der Tätigkeit des Klägers gelockert sein, dies unterscheide ihn jedoch nicht von einem im Krankenhaus angestellten Arzt.

Gegen den ihm am 29.02.2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 16.03.2016 eingelegte Berufung des Klägers. Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen führt der Kläger aus, dass die Formulierung im Geschäftsführervertrag, die Arbeitszeit richte sich nach den betrieblichen Erfordernissen, im Rahmen freier Dienstverhältnisse üblich sei. Es sei nicht nachvollziehbar, hierin einen Anhaltspunkt für abhängige Beschäftigung zu sehen. In der Fortzahlung des Gehalts einen solchen Anhaltspunkt zu sehen sei abwegig vor dem Hintergrund, dass das fix vereinbarte Pauschalhonorar deutlich im einstelligen Prozentbereich des gesamten Bruttoeinkommens des Klägers liege. Der Kläger unterhalte auch eine eigene Betriebsstätte als Rechtsanwalt. Einen nicht unerheblichen Teil seiner Geschäftsführertätigkeit erbringe er in den Räumen seiner Kanzlei. Nicht aussagekräftig sei zudem die Beschränkung auf bestimmte Beträge, über die der Kläger ohne Zustimmung von Aufsichtsrat oder Gesellschafterversammlung entscheiden könne. In den sechs Jahren seiner Tätigkeit sei nur beim Kauf für ein einziges Gerät (Ultraschallgerät für brutto 48.000 EUR) der Betrag von 25.000 EUR überschritten worden. Dies zeige eindrücklich, wie frei der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) sei.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 24.02.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 01.04.2011, abgeändert durch Bescheid vom 23.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2012 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer für die Beigeladene zu 1) ab 01.02.2010 um eine selbstständige Tätigkeit handelt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Auffassung des SG für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 01.04.2011, abgeändert durch Bescheid vom 23.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2012, mit dem festgestellt worden ist, dass der Kläger seit 01.02.2010 in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Beigeladene zu 1) abhängig beschäftigt ist und der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Die Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung hat die Beklagte mit dem Änderungsbescheid vom 23.04.2012 festgestellt, so dass dies nicht Gegenstand des Verfahrens ist. Ebenfalls nicht Gegenstand des Verfahrens ist die Tätigkeit des Klägers als Arzt für die Beigeladene zu 1). Zwar hat die Beklagte noch im Anhörungsverfahren auch die Beurteilung dieser Tätigkeit (als abhängige Beschäftigung) angekündigt, die Feststellungen im angefochtenen Bescheid beziehen sich jedoch ausdrücklich allein auf die Tätigkeit als Geschäftsführer, eine Beurteilung der ärztlichen Tätigkeit ist nicht erfolgt. Einer getrennten Betrachtung der Tätigkeiten als Geschäftsführer und als Arzt für die Beigeladene zu 1) stehen auch nicht die Grundsätze des einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses entgegen. Nach der Rechtsprechung des BSG sind Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber unabhängig von deren arbeitsvertraglicher Gestaltung sozialversicherungsrechtlich als einheitliche Beschäftigung zu werten, wenn eine selbstständige Tätigkeit mit einer abhängigen Beschäftigung derart verbunden ist, dass sie nur aufgrund der abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und insgesamt wie ein Teil der abhängigen Beschäftigung erscheint (BSG 03.02.1994, 12 RK 18/93, SozR 3-2400 § 14 Nr 8). Eine Grenze findet die einheitliche Beschäftigung jedoch dort, wo der Zusammenhang zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kein notwendiger mehr ist, insbesondere wenn weder die selbstständige Tätigkeit als solche noch die konkrete Art und Weise ihrer Ausübung vom Bestand der Beschäftigung abhängig sind (BSG 31.10.2012, B 12 R 1/11 R, SozR 4-2400 § 14 Nr 16 RdNr 17). So liegt der Fall hier. Die Tätigkeit als Arzt ist von der Geschäftsführertätigkeit nicht nur inhaltlich ohne jeden Überschneidungsbereich, sie hängt auch in keiner Weise von der Geschäftsführertätigkeit ab. Letzteres ergibt sich schon daraus, dass auch andere Ärzte in vergleichbarer Weise wie der Kläger für die Beigeladene zu 1) tätig sind, die keine Geschäftsführerfunktion haben.

Mit diesem Regelungsgegenstand ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 01.04.2011, abgeändert durch Bescheid vom 23.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2012 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger seit 01.02.2010 bei der Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer eine sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigung ausübt und daher der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt.

Nach § 7a Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I, Seite 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, Seite 6). Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Kläger am 21.01.2011 bei der Beklagten gestellt.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)). Nach § 7 Abs 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111,257 mwN).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, juris).

Ob der Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem Beschäftigungsverhältnis steht, ist ebenfalls nach den oben dargelegten Grundsätzen zu beurteilen. Dies ist grundsätzlich auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern neben deren gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Das BSG hat insoweit mehrmals entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft selbst im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Bei einem am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20; BSG 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, aaO). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Eine Sperrminorität in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Gesellschafter nach dem Gesetz und den Abreden des Gesellschaftsvertrags Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13; BSG 23.06.1994, 12 RK 72/92, NJW 1994, 2974). Dagegen liegt kein maßgeblicher gesellschaftsrechtlicher Einfluss - und damit in der Regel eine Stellung als Beschäftigter - vor, wenn der Geschäftsführer-Gesellschafter so wesentliche Entscheidungen wie die Auflösung der Gesellschaft, die operative Neuausrichtung oder seine eigene Abberufung bzw Entlassung nicht verhindern kann (Senatsurteil vom 30.09.2014, L 11 R 2662/13 mwN zur Rechtsprechung des BSG).

Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Kläger seine Geschäftsführertätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) seit 01.02.2010 in abhängiger Beschäftigung ausübt und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Geschäftsführertätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wird, ist der Geschäftsführervertrag. Dieser Vertrag enthält als einzigen Gesichtspunkt, der für eine abhängige Tätigkeit spricht, ein festes Gehalt von monatlich 600 EUR. Geregelt ist, dass die Tätigkeit als Nebentätigkeit ausgeübt wird. Die Arbeitszeit ist dabei nicht näher festgelegt, sondern richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen und ist in diesem Rahmen vom Geschäftsführer frei und eigenverantwortlich zu gestalten (§ 4 Geschäftsführervertrag). Auch in der tatsächlichen Umsetzung in der Praxis ist diese Regelung nach den glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat so gelebt worden. So gab und gibt es Wochen, in denen er überhaupt nicht für die Beigeladene zu 1) tätig ist, mal fällt ein Aufwand von zwei Stunden wöchentlich an, bei Vorbereitung einer Gesellschafterversammlung und/oder Aufsichtsratssitzung auch mehr. Es lassen sich auch ansonsten dem Geschäftsführervertrag keine Einschränkungen hinsichtlich der Gestaltung der Tätigkeit entnehmen, auch nicht wo sie auszuüben ist. Soweit in § 8 Abs 2 des Geschäftsführervertrags eine Art Lohnfortzahlung in Höhe der Differenz zwischen Nettogehalt und Krankengeld für 6 Wochen geregelt ist, kam dieser Passus nach den glaubhaften Angaben des Klägers nie zur Anwendung und ist in dem neuen Geschäftsführervertrag nach Ablauf der Befristung auf fünf Jahre zum 01.02.2015 nicht mehr enthalten. Ohne wesentliche Aussagekraft ist das Fehlen von Urlaubsansprüchen, da eine solche Gestaltung typisch ist, wenn die Beteiligten von einer selbstständigen Tätigkeit ausgehen. Soweit der Kläger von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist und einen Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung in Abhängigkeit vom Geschäftsergebnis (§ 8 Abs 1 Nr 3 Geschäftsführervertrag) hat, ist eine derartige Gestaltung sowohl bei selbstständiger Tätigkeit als auch bei einer abhängigen Beschäftigung möglich (Senatsurteil vom 30.09.2014 - L 11 R 2662/13 mwN). Ein gewisses Unternehmerrisiko liegt jedoch vor, da die gewinnabhängige Vergütung ihrer Höhe nach das relativ geringe feste Gehalt deutlich übersteigt und insoweit erst nach Abschluss des Geschäftsjahres feststeht, ob sich der Arbeitseinsatz des Klägers finanziell gelohnt hat.

Auch wenn nach den vertraglichen Regelungen danach mehr für eine selbstständige Tätigkeit spricht, ist der Senat der Auffassung, dass gleichwohl ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis schon deshalb besteht, weil der Kläger als Geschäftsführer im Rahmen seiner Tätigkeit an Gesellschafterbeschlüsse gebunden ist (§ 3 Abs 1 Geschäftsführervertrag, § 37 Abs 1 GmbHG); für bestimmte bedeutende Geschäfte ist vorliegend sogar die vorherige Zustimmung von Gesellschafterversammlung bzw Aufsichtsrat erforderlich. Entscheidend ist nicht, ob der Anstellungsvertrag für sich betrachtet bereits als ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu werten ist. Maßgeblich ist bei einem GmbH-Geschäftsführer vielmehr, in welchem Maße er der Kontrolle und den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt (Senatsurteil vom 22.07.2014, L 11 R 4543/13, juris). Eingriffe in seinen Tätigkeitskreis muss der Geschäftsführer infolge seiner Abhängigkeit von der Gesellschafterversammlung hinnehmen, selbst wenn der Geschäftsführervertrag keine Bestimmungen hierüber enthielte (K. Sch. in S., GmbHG, 11. Aufl, § 46 RdNr 116). Trotz der arbeitnehmeruntypischen Freiheiten des Klägers und fehlender tatsächlicher Weisungen bleibt die Tätigkeit daher fremdbestimmt, denn sie geht in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs auf (Senatsurteil vom 30.09.2014, L 11 R 2662/13 mwN). Insoweit ist auch zu beachten, dass Gesellschafter einer GmbH dem Geschäftsführer zwar große Freiheiten lassen können, doch dürfen sie ihn nicht ganz von der Überwachung befreien (Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl 2016, § 46 RdNr 31; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl 2013, § 46 RdNr 51), zumal sie andernfalls gegenüber den Gesellschaftsgläubigern womöglich schadensersatzpflichtig werden (BSG 29.07.2015, B 12 R 1/15 R, juris).

Der Kläger ist in einer Gesellschaft mit sechs weiteren Gesellschaftern tätig, wobei die vier weiteren natürlichen Personen ebenfalls einen Geschäftsanteil von 12% halten und die beiden juristischen Personen von jeweils 20%. Ein "freies Schalten und Walten", wie es uU bei Familiengesellschaften denkbar ist, ergibt sich hieraus nicht. Zudem hat das BSG, dem der Senat folgt, die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung aufgegeben, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbstständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen. Diese Rechtsprechung ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (BSG 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 24 = BSGE 119, 224). Der Kläger selbst trägt lediglich einen Geschäftsanteil von deutlich unter 50%, nämlich von 12%. Für Gesellschafterbeschlüsse ist die einfache Mehrheit erforderlich, bei einer Reihe von im Einzelnen genannten Geschäften sogar eine ¾-Mehrheit. Hierfür genügt der Geschäftsanteil des Klägers nicht. Auch über eine Sperrminorität verfügt er nicht. Der Kläger kann mithin kraft seines Geschäftsanteils keinen bestimmenden Einfluss auf die Willensbildung und Geschicke der Beigeladenen zu 1) ausüben und etwaige ihm unangenehme Weisungen im Bedarfsfall nicht jederzeit verhindern. Unerheblich ist in jedem Fall, dass eine bestehende Rechtsmacht mit daraus folgenden Weisungsrechten mangels tatsächlichen Anlasses in der Geschäftspraxis nicht ausgeübt wird, wie dies der Kläger geltend macht. Ausreichend ist, dass eine bestehende Rechtsmacht aufrecht erhalten bleibt und von ihr bei gegebenem Anlass, etwa bei einem Zerwürfnis Gebrauch gemacht werden kann; eine bloße "Schönwetter-Selbstständigkeit" (so BSG 29.08.2012, B 12 KR 14/10 R, juris) ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar.

Entgegen der Auffassung des Klägers vermag der Senat der Tatsache, dass hier die Geschäftsführertätigkeit nur als Nebenbeschäftigung zu einem sehr geringen Umfang ausgeübt wird, keine entscheidende Bedeutung beizumessen. Die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte, insbesondere die Bindung des Geschäftsführers an Gesellschafterbeschlüsse, hängt nicht vom Umfang seiner Tätigkeit ab. Eine abweichende Beurteilung ist daher nicht geboten.

Nach alledem ist vorliegend nach dem Gesamtbild von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen, die zur Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung führt.

Die Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung als Arzt gemäß § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI (Bescheid vom 13.09.1996 mWv 15.05.1996) wirkt sich auf die hier streitige Geschäftsführertätigkeit nicht aus. Sie ist nach § 6 Abs 5 Satz 1 SGB VI beschränkt auf die jeweilige Tätigkeit, für welche die Befreiung beantragt worden ist (BSG 22.10.1998, B 5/4 RA 80/97 R, SozR 3-2600 § 56 Nr 12 = BSGE 83, 74; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, § 6 RdNr 130 mwN). Die Geschäftsführertätigkeit ist jedoch schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers eine völlig andersgeartete Tätigkeit ohne Bezug zur ärztlichen Tätigkeit.

Es liegt auch keine Erstreckung der Befreiung nach § 6 Abs 5 Satz 2 SGB VI vor. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Befreiung ua im Fall des § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Ungeachtet der Frage, ob die Befristung der Geschäftsführertätigkeit auf fünf Jahre noch eine hinreichende zeitliche Grenze darstellt (anders die Praxis der Rentenversicherungsträger, die in Analogie zu § 14 Abs 2 Teilzeitbefristungsgesetz von maximal zwei Jahren ausgehen), fehlt es an der erforderlichen Verwaltungsentscheidung. Über die Erstreckung der Befreiung nach § 6 Abs 5 Satz 2 SGB VI muss – ebenso wie über die ursprüngliche Befreiung selbst – vom Rentenversicherungsträger durch Verwaltungsakt entschieden werden (BSG 31.10.2012, B 12 R 8/10 R, SozR 4-2600 § 6 Nr 8). Da eine derartige Entscheidung hier nicht vorliegt (und auch bislang nicht beantragt wurde), muss es schon deshalb für die vom Kläger ausgeübte versicherungspflichtige Nebentätigkeit bei der Rentenversicherungspflicht bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Maßgebend ist nach Auffassung des Senats die Frage, ob selbst bei Ausgestaltung des Geschäftsführervertrags iS einer selbstständigen Tätigkeit schon allein die fehlende im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht des Geschäftsführers zum Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung führt. In den bisher vom BSG entschiedenen Konstellationen sprach – soweit ersichtlich – der Anstellungsvertrag stets für ein Arbeitsverhältnis und im zweiten Prüfungsschritt wurde geprüft, ob abweichend hiervon wegen einer aus dem Gesellschaftsrecht bestehenden Rechtsmacht gleichwohl eine selbstständige Tätigkeit vorlag.
Rechtskraft
Aus
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