S 12 AS 753/16

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 12 AS 753/16
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Nachzahlung von Kinderzuschlag nach § 6a BKGG ist nicht als Einkommen im Rahmen des SGB 2 zu berücksichtigen.
1. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 25.09.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11.10.2015 sowie der Änderungsbe-scheide vom 15.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2016 verurteilt, den Klägern im Zeitraum 01.09.2015 bis 30.09.2015 weitere Leis-tungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 420,00 EUR zu bewilligen. 2. Der Beklagte hat den Klägern deren notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten. 3. Diese Entscheidung kann mit der Berufung oder wenn der Gegner schriftlich zustimmt, mit der Revision angefochten werden.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Kläger beantragten für sich und die in ihrer Bedarfsgemeinschaft lebenden, 2007, 2011 und 2014 geborenen, gemeinsamen Kinder am 15.09.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Die Kläger bewohnen eine ca. 112,00 m² große Mietwohnung in G. Hierfür schulden sie auf der Grundlage der Betriebskostenabrechnung vom 01.12.2014 eine Gesamtmiete in Höhe von 725,50 EUR, davon eine Grundmiete in Höhe von 535,10 EUR, Vorauszahlungen für die kalten Betriebskosten in Höhe von 100,90 EUR sowie Vorauszahlungen für Heiz- und Warmwasserkosten in Höhe von 89,50 EUR.

Die Klägerin zu 1. befindet sich in einem sozialversicherungs- und steuerpflichtigen Ar-beitsverhältnis bei der M.-GmbH in G. Nach der Geburt des dritten Kindes hat sie im Zeitraum vom 14.02.2015 bis 18.10.2016 Elternzeit in Anspruch genommen. Während der Elternzeit wird an die Klägerin zu 1. ab Februar 2015 bis September 2016 jeweils zum 19. des Monats ein Elterngeld in Höhe von 455,49 EUR auf der Grundlage des Bescheides des Landkreises Görlitz vom 13.03.2015 ausgezahlt.

Der Kläger zu 2. befindet sich in einem sozialversicherungs- und steuerpflichtigen Ar-beitsverhältnis in dem Unternehmen G.- und L., Inhaber S. W. in G. Die Vergütung erfolgt nach Ziffer 4 des Arbeitsvertrages vom 17.08.2012 auf Basis der geleisteten Stunden und wird jeweils zum 15. des Folgemonats fällig. Auf seinen Antrag wurde dem Kläger zu 2. im Zeitraum vom 19.07.2015 bis 18.09.2015 Elternzeit bewilligt. Mit Bescheid vom 13.05.2015 gewährte der Landkreis Görlitz dem Kläger zu 2. im Zeitraum vom 19.07.2015 bis 18.09.2015 Elterngeld in Höhe von 682,93 EUR monatlich. Ab dem 19.09.2015 hat der Kläger zu 2. sein Beschäftigungsverhältnis wieder aufgenommen. Das anteilige Arbeitseinkommen für den Monat September 2015 betrug netto 503,21 EUR und wurde dem Kläger zu 2. unter Abrechnung eines Arbeitnehmeranteiles für die Winterbeschäftigtenumlage in Höhe von 498,17 EUR im Oktober 2015 ausgezahlt. Das anteilige Gehalt des Klägers zu 2. für den Monat Juli 2015 in Höhe von 791,49 EUR ist den Klägern am 13.08.2015 zugeflossen.

Für die drei gemeinsamen Kinder haben die Kläger Anspruch auf Kindergeld in Höhe von 570,00 EUR, wovon im Monat August 2015 558,00 EUR zugeflossen sind; ab September 2015 wirkte sich die Kindergelderhöhung bereits aus mit einem monatlichen Zufluss in Höhe von 570,00 EUR.

Mit Bescheid vom 31.08.2015 bewilligte die Familienkasse Sachsen den Klägern für den Monat August 2015 Kinderzuschlag nach § 6a BKGG in Höhe von 420,00 EUR. Die Auszahlung erfolgte ausweislich des vorliegenden Kontoauszuges am 04.09.2015. Mit weiterem Bescheid vom 31.08.2015 lehnte die Familienkasse Sachsen den Antrag vom 28.07.2015 auf Kinderzuschlag nach § 6a BKGG für die Zeit ab September 2015 ab, da die Mindesteinkommensgrenze in Höhe von 900,00 EUR unterschritten würde. Darüber hinaus forderte die Familienkasse Sachsen mit weiterem Bescheid vom 31.08.2015 den mit Bescheid vom 1. Juni 2015 bewilligten Kinderzuschlag für den Monat Juli 2015 aufgrund eines höheren zu berücksichtigenden Einkommens in Höhe von 180,00 EUR zurück. Diese Rückzahlung wurde am 21.09.2015 vom Konto der Kläger abgebucht.

Die Wohngeldbehörde der Stadt Görlitz bewilligte der Bedarfsgemeinschaft der Kläger mit Bescheid vom 22.07.2015 für den Monat September 2015 Wohngeld in Höhe von 462,00 EUR, welches laut vorliegendem Kontoauszug am 31.08.2015 dem Konto der Kläger gutgeschrieben wurde. Mit weiterem Bescheid vom 22.07.2015 bewilligte die Wohngeldbehörde der Stadt Görlitz für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis 31.07.2015 monatlich Wohngeld in Höhe von 225,00 EUR für alle Familienmitglieder der Bedarfsgemeinschaft der Kläger.

Der Beklagte bewilligte der Bedarfsgemeinschaft der Kläger aufgrund ihres Antrages vom 15.09.2015 mit Bescheid vom 25.09.2015 für den Zeitraum vom 01.09.2015 bis 28.02.2015 vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 595,85 EUR für den Monat September 2015, in Höhe von 1.034,11 EUR für Oktober 2015, in Höhe von 393,11 EUR für November und Dezember 2015 und in Höhe von 375,11 EUR für Januar bis Februar 2016. Dabei legte der Beklagte bei der Einkommensberechnung sowohl das bereits bekannte Einkommen als auch ein Durchschnittseinkommen des Klägers zu 2. ab Oktober 2015 zugrunde. In dem Bescheid vom 25.09.2015 wurde den Klägern auch mitgeteilt, dass diese ab 01.09.2015 keinen Wohngeldanspruch mehr hätten. Da auf der Grundlage des Bescheides vom 22.07.2015 die Wohngeldbehörde bereits im August 2015 Wohngeld ausgezahlt habe, würden zur Befriedung der Erstattungsforderung gegenüber der Wohngeldbehörde für September 2015 ein Betrag in Höhe von 462,00 EUR und für Oktober 2015 ein Betrag in Höhe von 225,00 EUR von den bewilligten SGB II-Leistungen einbehalten und an die Wohngeldbehörde erstattet. Mit Schreiben vom 25.09.2015 meldete die Stadtverwaltung Görlitz/Wohngeldbehörde gegenüber dem Beklagten auch eine entsprechende Erstattungsforderung für gezahltes Wohngeld im Zeitraum vom 01.09.2015 bis 31.10.2015 in Höhe von insgesamt 687,00 EUR an. Der Beklagte hat diese Erstattungsforderung gegenüber der Wohngeldbehörde in Höhe von 687,00 EUR befriedet.

Mit Änderungsbescheid vom 01.10.2015 bewilligte der Beklagte den Klägern für den Monat September 2015 Leistungen in Höhe von 325,97 EUR mehr aufgrund der Nichtanrechnung von Elterngeld für den Kläger zu 2. im Monat September 2015.

Mit Schreiben vom 08.10.2015, eingegangen beim Beklagten am 12.10.2015, legten die Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.09.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.10.2015 wegen der Berücksichtigung des Kinderzuschlages in Höhe von 420,00 EUR im Monat September 2015 als Einkommen ein. Die Kläger machten geltend, dass es sich bei dem Kinderzuschlag um eine Leistung für August 2015 handele, die trotz rechtzeitiger Antragstellung erst verspätet im September 2015 zugeflossen sei. Die Benachteiligung aufgrund der Anrechnung im September 2015 sei nicht einsehbar, da die späte Auszahlung allein auf der langen Bearbeitungsdauer der Familienkasse beruhe. Darüber hinaus sei im September 2015 eine Rückzahlung an die Familienkasse in Höhe von 180,00 EUR fällig geworden, die auch gezahlt wurde. Dieser Abzug sei hingegen bei der Berechnung nicht berücksichtigt worden.

Nach Vorlage der Verdienstabrechnung für den Kläger zu 2. für September 2015 änderte der Beklagte mit Bescheid vom 15.10.2015 den Bescheid vom 25.09.2015 für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis 31.10.2015 teilweise ab und bewilligte den Klägern insgesamt höhere Leistungen von nunmehr 1.059,94 EUR.

Auf der Grundlage des Bescheides der Familienkasse Sachsen vom 08.10.2015, mit dem den Klägern für den Zeitraum ab November 2015 bis Februar 2016 wieder ein Kinderzuschlag in Höhe von 420,00 EUR monatlich bewilligt wurde, hob der Beklagte mit weiterem Änderungsbescheid vom 15.10.2015 den Bewilligungsbescheid vom 25.09.2015 für die Zeit ab 01.11.2015 ganz auf. Unter Berücksichtigung des Einkommens des Klägers zu 2., den Leistungen nach dem Wohngeldgesetz und dem Bundeskindergeldgesetz bestehe ab 01.11.2015 kein Anspruch mehr auf Leistungen nach dem SGB II.

Am 13.11.2015 fand zur Klärung des Widerspruchs der Kläger gegen die Leistungsbewilligung für den Monat September 2015 ein Clearinggespräch statt. Im Rahmen dieses Gespräches haben die Kläger erneut geltend gemacht, dass die Anrechnung des Kinderzuschlages für August 2015 im Monat September 2015 unzulässig sei.

Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2016 zurück. Gleichzeitig setzte der Beklagte die bewilligten Leistungen nach dem SGB II im Zeitraum vom 01.09.2015 bis 28.02.2016 endgültig fest. Der Beklagte ist der Auffassung, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes Einkommen im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses anzurechnen sei. Die Nachzahlung des Kinderzuschlages für den Monat August 2015 sei dem Konto der Kläger am 04.09.2015 gutgeschrieben worden, so dass der Kinderzuschlag auch im September 2015 als Einkommen anzurechnen sei. Bei dem Rückforderungsbetrag in Höhe von 180,00 EUR betreffend den Kinderzuschlag für Juli 2015 handele es sich hingegen um Schulden, welche nicht mindernd vom Einkommen abgezogen werden könnten. Auch dies habe das Bundessozialgericht bereits wiederholt entschieden. Es sei in den §§ 11a und 11b SGB II i. V. m. der ALG II-Verordnung abschließend geregelt, welche Positionen vom Einkommen in Abzug zu bringen sind, bevor es angerechnet würde. Im Übrigen sei Einkommen vorrangig für die Sicherung des Lebensunterhaltes einzusetzen. Aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge folge, dass diese erst dann eingreifen solle, wenn die Hilfebedürftigen die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel verbraucht haben. Auch die Einbehaltung des Wohngeldes in Höhe von 462,00 EUR für September 2015 entspreche der geltenden Rechtslage. Aufgrund des Leistungsanspruches nach dem SGB II seien die Kläger im September 2015 nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Wohngeldgesetz i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a Wohngeldgesetz vom Wohngeldbezug ausgeschlossen. Da die Wohngeldbehörde das Wohngeld für September 2015 bereits ausgezahlt habe, sei die Einbehaltung des Wohngeldes zu Recht erfolgt.

Mit ihrer am 17.02.2016 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren hinsichtlich der Anrechnung des Familienzuschlages in Höhe von 420,00 EUR im September 2015 weiter. Die Kläger tragen vor, dass sie im September 2015 beim Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes beantragt hätten, da ihnen der Kinderzuschlag für die Zeit ab September 2015 mit Bescheid der Familienkasse vom 31.08.2015 abgelehnt worden sei. Gleichzeitig hätten sie erst am 31.08.2015 den Bescheid über die Bewilligung des Kinderzuschlages für August 2015 in Höhe von 420,00 EUR erhalten, welcher jedoch verzögert am 04.09.2015 auf ihrem Konto eingegangen sei. Darüber hinaus sei noch eine Rückforderung für den Monat Juli 2015 in Höhe von 180,00 EUR festgestellt worden, welche an die Familienkasse zurückgezahlt werden musste. Durch den Beklagten seien bei der Berechnung des Anspruches nach dem SGB II diese 420,00 EUR (pro Kind 140,00 EUR) angerechnet worden als Einkommen für September, obwohl es sich um eine Nachzahlung für August handele. Im September stünde ja laut Bescheid vom 31.08.2015 gar kein Kinderzuschlag zu. Außerdem schließe sich der gleichzeitige Erhalt von Kinderzuschlag nach § 6a BKGG und Leistungen nach dem SGB II gemäß § 6a Nr. 4 BKGG aus. So stehe es auch in einem Absatz des Widerspruchsbescheides. Die Kläger hätten den Kinderzuschlag immer rechtzeitig beantragt und Unterlagen zur weiteren Berechnung so zeitnah wie möglich nachgereicht. Es läge nicht in ihrer Verantwortung, dass die Familienkasse teilweise so lange Bearbeitungszeiten hätte und dementsprechend spät das Geld ausgezahlt würde. Das Zuflussprinzip stelle insoweit eine ungerechtfertigte Benachteiligung dar. Mit dem Geld hätten die Kläger bereits im August 2015 gerechnet. Dass darüber hinaus die Rückzahlung in Höhe von 180,00 EUR, die im September ebenfalls erfolgt sei, nicht berücksichtigt würde, sei widersprüchlich.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 25.09.2015 in der Fassung des Än-derungsbescheides vom 01.10.2015 sowie in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2016 zu verurteilen, den Klägern für den Monat September 2015 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 420,00 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Darüber hinaus macht der Beklagte geltend, dass sich der Gesetzgeber gerade nicht für eine Priviligierung des Kinderzuschlages entschieden habe und dieses von der Anrechnung als Einkommen auf den Bedarf des Kindes ausgenommen habe. Der Kinderzuschlag finde sich entsprechend weder in der Aufzählung des § 11a Abs. 1, 2 SGB II, noch in der Aufzählung des § 1 Abs. 1 ALG II-Verordnung. Diese gesetzgeberische Entscheidung würde gegenstandslos werden, wenn man Kindergeld und Kinderzuschlag als berücksichtigungsfreie zweckgebundene Leistung ansehen würde. Der Gesetzgeber habe sich nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 3 Satz 4 SGB 2 eindeutig dafür entschieden, den Kinderzuschlag (und das Kindergeld) als Einkommen bei dem jeweiligen Kind der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Eine solche Zuordnungsregelung sei nicht notwendig gewesen, wenn der Gesetzgeber diese Einnahme nicht als Einkommen berücksichtigt haben wolle. Auch das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Nichtannahmebeschluss vom 11.02.2010 unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 24.10.1991 entschieden, dass auch der – zusätzlich zum Kindergeld – auf Antrag bewilligte Kindergeldzu-schlag nach § 11a BKGG (a. F.) anrechenbares Einkommen nach §§ 76, 77 BSHG (gültig bis 31.12.2004) darstelle und die Anrechnung als Einkommen auf Sozialhilfe nach dem BSHG verfassungsgemäß sei. Etwas anderes könne auch nicht für die Anrechnung des nachträglich gezahlten Kinderzuschlages nach § 6a BKGG auf die Leistungen nach dem SGB II gelten. Es sei auch nicht erkennbar, dass durch die Anrechnung des Kinderzuschlages als Einkommen auf den Bedarf das Existenzminimum der Kläger im September 2015 gefährdet gewesen sein soll. Das BSG habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Berücksichtigung einer Einnahme als Einkommen voraussetze, dass das zugeflossene Einkommen als bereites Mittel geeignet sei, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken. Dies sei vorliegend der Fall. Der nachgezahlte Kinderzuschlag habe den Klägern als bereites Mittel zur Deckung des Bedarfs der Kinder im September 2015 zur Verfügung gestanden. Die Nachzahlung sei auch geeignet gewesen, den konkreten Bedarf der Kinder zu decken.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakte mit den darin enthaltenen zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätzen verwiesen. Die genannten Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten waren im tenorierten Umfang abzuändern, da sie die Kläger in ihren Rechten verletzen (§ 54 Sozial-gerichtsgesetz, SGG). Die Nachzahlung des Kinderzuschlages für August 2015 im September 2015 ist nicht als Einkommen im Rahmen des SGB II zu berücksichtigen, sodass den Klägern für September 2015 zusätzliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 420,00 EUR zustehen.

Rechtsgrundlage für die streitbefangene Anrechnung des Kinderzuschlages nach § 6a Bun-deskindergeldgesetz (BKGG) ist § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der für den strittigen Zeitraum maßgeblichen Fassung des SGB II in der Bekanntmachung vom 13.05.2011 (BGBl. I S. 850, 2094) – a.F.

Hiernach ist die den Klägern am 04.09.2015 zugeflossene Nachzahlung des Kinderzuschlages in Höhe von 420,00 EUR nicht als Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. zu berücksichtigen. Denn hiergegen sprechen Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. sowie des § 6a BKGG.

Nach § 6a Abs. 1 BKGG in der hier maßgeblichen Fassung erhalten Personen für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn

1. sie für diese Kinder nach diesem Gesetz oder nach dem X. Abschnitt des Einkommen-steuergesetzes (EStG) Anspruch auf Kindergeld oder Anspruch auf andere Leistungen im Sinne von § 4 haben,

2. sie mit Ausnahme des Wohngeldes und des Kindergeldes über Einkommen im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in Höhe von 900 Euro oder, wenn sie alleinerziehend sind, in Höhe von 600 Euro verfügen, wobei Beträge nach § 11b SGB II nicht abzusetzen sind,

3. sie mit Ausnahme des Wohngeldes über Einkommen oder Vermögen im Sinne der §§ 11 bis 12 SGB II verfügen, das höchstens dem nach Absatz 4 Satz 1 für sie maßgebenden Betrag zuzüglich dem Gesamtkinderzuschlag nach Absatz 2 entspricht, und

4. durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird.

§ 6a BKGG soll also das Existenzminimum von Kindern sichern und dadurch verhindern, dass diese und ihre Familien in den SGB II - Leistungsbezug fallen.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. sind als Einkommen zu berücksichtigen "Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen". § 11 a Abs. 1 SGB II a.F. bestimmt, dass "nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind 1. Leistungen nach diesem Buch, 2. die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine ent-sprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, 3. die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. "

Nach dem Wortlaut des § 11a Abs. 1 SGB II a.F. ist eine Nachzahlung von Leistungen nach § 6a BKGG nicht von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen, weil nur Leistungen "nach diesem Buch", womit das SGB II gemeint ist, und Leistungen des sozialen Entschädigungsrechts genannt werden. Hieraus kann jedoch nicht unmittelbar etwas hergeleitet werden, weil es auch zahlreiche andere nicht zu berücksichtigende Einnahmen gibt, die auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhen (vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand: März 2015, K § 11a RdNr 308 ff). Diese Ausnahmen belegen aber, dass § 11a Abs. 1 SGB II a.F. keine abschließende Regelung hinsichtlich des zu berücksichtigenden Einkommens enthält.

Vorliegend spricht zur Überzeugung der Kammer gegen eine Berücksichtigung der Nachzahlung nach dem BKGG Sinn und Zweck des § 11a Abs. 1 SGB II a.F., existenzsichernde Leistungen nicht als Einkommen einsetzen zu müssen. Denn durch die Nichtberücksichtigung von "Leistungen nach diesem Buch" nach Nr. 1 des § 11a Abs. 1 SGB II will die Vorschrift Zirkelschlüsse vermeiden, weil die Berücksichtigung von Leistungen nach dem SGB II bei der Ermittlung von Ansprüchen nach dem SGB II vor allem bei einer Bedarfsgemeinschaft mit mehreren Personen und der wechselseitigen Berücksichtigung von Einkommen (vgl § 7 Abs 3, § 9 Abs 2 SGB II) keinen Sinn ergeben würde (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11a RdNr 34; Striebinger in Gagel, SGB II/SGB III, Stand: März 2015, § 11a SGB II RdNr 6).

Insoweit hat das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom 25.06.2015 ( – B 14 AS 17/14 R –, zit. nach juris), dort Randnummer 14 unmissverständlich wie folgt ausgeführt:

"Demgemäß sind Nachzahlungen von Leistungen nach dem SGB II, die Anspruchsteller zB im Rahmen eines Gerichtsverfahrens für frühere Bewilligungsabschnitte erstritten haben und nun ausgezahlt werden, ebenfalls nicht als Einkommen im laufenden Bewilligungsabschnitt zu berücksichtigen (Mues in Estelmann, SGB II, Stand: Mai 2015, § 11a RdNr 12; Schmidt in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2014, § 11a RdNr 5). Eine andere Auslegung würde gegen den gesetzlichen Rechtsanspruch auf die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende verstoßen und die Verpflichtung des Leistungsträgers nach § 17 Abs 1 Nr 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I), darauf hinzuwirken, dass die Berechtigten die ihnen zustehenden Sozialleistungen umfassend und zügig erhalten, in ihr Gegenteil verkehren, weil die zunächst erfolgte rechtswidrige Leistungsverweigerung "belohnt" werden würde; außerdem wäre dies mit dem Gebot einer effektiven Rechtsschutzgewährung nicht vereinbar (Art 19 Abs 4 Grundgesetz (GG); vgl zur entsprechenden Rechtslage schon unter dem BSHG: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) vom 30.4.1992 - 5 C 12/87 - BVerwGE 90, 154, Juris RdNr 14; BVerwG vom 5.5.1994 - 5 C 43/91 - BVerwGE 96, 18, Juris RdNr 11; ebenso zur Berücksichtigung von Vermögen, das auf erstrittenen Nachzahlungen beruht: Radüge in JurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 12 RdNr 177; Wahrendorf in Grube/ders, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 90 RdNr 78 f).

Bestätigt wird diese Auslegung durch die Rechtsprechung zur sog. gemischten Bedarfsge-meinschaft, in der die Lückenhaftigkeit der einschlägigen Regelungen des SGB II deutlich wird (vgl BSG vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 2/06 R - BSGE 99, 131 = SozR 4-3500 § 28 Nr 1; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5).

Für solche gemischten Bedarfsgemeinschaften hat der 8. Senat des BSG zu der § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II aF entsprechenden Vorschrift des § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII ausgeführt, dass das Alg II des Partners nach dem SGB II bei dem anderen Partner, der Leistungen nach dem SGB XII begehrt, nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist. Die beiden korrespondierenden Vorschriften § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II aF und § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII bezweckten, existenzsichernde Leistungen nicht als Einkommen einsetzen zu müssen. Dies habe der Gesetzgeber bei der Formulierung des § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII übersehen, sodass die Regelung auf Alg II entsprechend anzuwenden sei. Hierfür spreche außerdem die zwischenzeitliche Regelung des (früheren) Zuschlags zum Alg II nach § 24 SGB II aF als nicht zu berücksichtigendes Einkommen in § 82 Abs 1 SGB XII, die mittlerweile nur gestrichen worden sei, weil dieser Zuschlag abgeschafft worden sei (BSG vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8, RdNr 16 ff mwN). Dem hat sich die sozialhilferechtliche Literatur angeschlossen (Adolph in Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, Stand: Mai 2015, § 82 SGB XII RdNr 38; Schmidt in JurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 82 SGB XII RdNr 35, der die Entscheidung auf Leistungen nach dem AsylbLG überträgt).

In der aktuellen Literatur zum SGB II sind diese Ausführungen zu Recht auf die Nachfol-gevorschrift in § 11a SGB II nF übertragen worden, weil jede andere Entscheidung zu nicht auflösbaren Wertungswidersprüchen führen würde (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11a RdNr 59; Sauer in Sozialgesetzbuch für die Praxis, SGB II, Stand: Januar 2015, § 11a RdNr 15a; Söhngen in JurisPK-SGB II, § 11a RdNr 18). Aus den zuvor aufgezeigten Gründen gilt dies - entgegen der Ansicht des LSG - nicht nur für parallel bezogene Sozialleistungen, sondern ebenso für Nachzahlungen."

Hier aber liegt der Fall gerade so, dass den Klägern die ihnen eigentlich für den Monat August 2015 zustehenden existenzsichernden Leistungen nach dem BKGG aufgrund des Verschuldens der Familienkasse erst verspätet, nämlich im September 2015, ausgezahlt wurden. Der Beklagte würde demnach zum Nachteil der Kläger "belohnt" durch die lange Verfahrensdauer bei der Familienkasse.

Für die Kammer steht zweifelsfrei fest, dass bei den Klägern aufgrund der Anrechnung des Kinderzuschlages eine finanzielle Unterdeckung eingetreten ist. Soweit der Beklagte im Schreiben vom 24.05.2016 ausführt, dass bei den Klägern im Monat August 2015 auch ohne den gezahlten Kinderzuschlag das Existenzminimum gewährleistet war, verkennt er, dass den Klägern im August das ihnen eigentlich nicht zustehende Wohngeld für September 2015 zugeflossen ist, welches der Beklagte sodann bei der Leistungsbewilligung für September auch –berechtigt – einbehalten hat. Darüber hinaus hat der Kläger zu 2. im August noch Arbeitslohn für den Vormonat (Juli) zusätzlich zum Elterngeld erhalten, wohingegen im September weder Elterngeld noch Arbeitslohn zugeflossen sind. Die zusätzlich vorgenommene Anrechnung des Kinderzuschlages für August 2015 im September 2015 führt jedenfalls im September 2015 zu einer erheblichen Bedarfsunterdeckung, was auch aus den in der Verwaltungsakte enthaltenen Kontoauszügen ersichtlich ist.

Für die Nichtberücksichtigung der Nachzahlung nach § 6a BKGG als Einkommen nach dem SGB II sprechen zudem systematische Zusammenhänge sowie die Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Im Zusammenhang mit der Abschaffung des von der Bundesregierung als ineffizient, intransparent und wenig bürgerfreundlich empfundenen Nebeneinanders der staatlichen Fürsorgesysteme der Arbeitslosenhilfe für Erwerbstätige und der Sozialhilfe und der Einführung des "Arbeitslosengeldes II" sowie des "Sozialgeldes" kam der 1. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zu dem Ergebnis, dass insbesondere Familien von Armut bedroht sein können. Die Bundesregierung hatte sich deshalb zum Ziel gesetzt, die Armut von Kindern zu vermindern. Sie stellte fest, dass im Jahre 2003 allein 100.000 Kinder im Sozialhilfebezug waren und mit ihren Familien in der Regel Anspruch auf das neue Arbeitslosengeld II (bzw. auf Sozialgeld) haben dürften. Zusätzlich zu diesen erwartete die Bundesregierung nach der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, dass weitere Kinder aus der Arbeitslosenhilfe in Ansprüche nach dem SGB II wechseln würden. Um dem entgegenzuwirken, wurde mit § 6a BKGG der Kinderzuschlag eingeführt (Art. 46 Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt). Die Vorschrift ist gem. Art. 61 Abs. 1 dieses Gesetzes am 01.01.2005 in Kraft getreten.

Die systematische Bedeutung der Norm im Verhältnis zum SGB II erschließt sich am deutlichsten aus § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG. Hiernach ist Voraussetzung für den Anspruch auf Kinderzuschlag, dass durch seine Zahlung Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird. Der Kinderzuschlag soll damit an die Stelle eines ansonsten gegebenen Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II treten bzw. wird nicht bewilligt, wenn trotz seiner Zahlung Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II besteht. Der Kinderzuschlag nach § 6a Abs. 1 BKGG steht damit – anders als der zuvor geltende Zuschlag nach § 11a BKGG a.F. - in einem strengen Alternativverhältnis zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Besteht bereits dem Grunde nach kein Anspruch nach dem SGB II, besteht kein Anspruch auf Kinderzuschlag. Leistungsberechtigte nach dem SGB XII können ebenfalls keinen Kinderzuschlag in Anspruch nehmen.

Damit ist ersichtlich, dass der Kinderzuschlag – ebenso wie Leistungen nach dem SGB II – der Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums dienen soll. Die Zahlung erfolgt aus einem vergleichbaren Rechtsgrund. Die vom Beklagten vorgenommene Anrechnung des Kinderzuschlages würde diesem Auftrag der Existenzsicherung zuwider laufen. Da dieses strenge Alternativverhältnis erst nach der Einführung des § 6a BKGG zum 01.01.2005 zum Tragen kam, lassen auch die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Nichtannahmebeschluss vom 11.02.2010 (1 BvR 3163/09) keine ausreichenden Rückschlüsse für den hier zu entscheidenden Fall zu. Denn diese Entscheidung erging noch zu dem alten § 11a BKGG. Der Gesetzgeber wollte aber – wie oben ausgeführt – mit der Gesetzesänderung 2005 gerade eine Verminderung der Armut von Kindern erreichen. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn die vorliegend streitige Anrechnung zulässig wäre.

Die Kammer verkennt nicht, dass die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II a.F. bei der von der Kammer vertretenen Rechtsauffassung für die Leistungen nach § 6a BKGG ins Leere laufen würde. Allerdings drängt sich im Hinblick darauf, dass – wie oben bereits ausgeführt - der parallele Bezug von Leistungen nach dem SGG II und dem BKGG schlechthin ausgeschlossen ist, die Überlegung auf, ob es sich insoweit um ein gesetzgeberisches Versehen handelt.

Soweit der Beklagte weiterhin einwendet, dass unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung der Kammer auch weitere Leistungen nach anderen Sozialgesetzbüchern anrechnungsfrei bleiben müssten, nimmt die Kammer Bezug auf die Ausführungen des BSG in der Entscheidung vom 25.06.2015 (a.a.O., RN 28):

" Die weiteren zahlreichen Einnahmen, insbesondere Nachzahlungen, die nach der Recht-sprechung des BSG im Unterschied zu der vorliegenden Nachzahlung nach dem AsylbLG als Einkommen nach § 11 Abs 1 SGB II aF oder jetzt nach § 11a Abs 1 Satz 1 SGB II nF zu berücksichtigen sind, stammen nicht aus einem mit den drei Existenzsicherungssystemen SGB II, SGB XII und AsylbLG vergleichbaren Rechtsgrund, sodass aus ihnen nichts für die Beurteilung von Leistungen nach dem AsylbLG hergeleitet werden kann (vgl nur BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 19: Krankengeld; BSG vom 3.3.2009 - B 4 AS 47/08 R - BSGE 102, 295 = SozR 4-4200 § 11 Nr 24: Abfindung aufgrund arbeitsgerichtlichen Vergleichs; BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18: Einkommensteuererstattung; bestätigt in BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57; BSG vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - BSGE 108, 258 = SozR 4-4200 § 11 Nr 39: Auflösung einer Ansparrücklage)."

Die Kammer hält ebenso wie das BSG die existenzsichernde Leistung nach § 6a BKGG nicht vergleichbar mit Entgeltersatzleistungen wie Arbeitslosengeld, Krankengeld, Rentenzahlungen oder aber sonstigen Einkünften wie Einnahmen aus Fondsauflösungen, Steuerrückerstattungen oder Abfindungen. Diese Einnahmen betreffen nicht in gleicher Weise wie der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG den existenzsichernden Bereich, der nach § 11a Abs. 1 SGB II a.F. nach dem Verständnis der Kammer gerade von der Einkommensanrechnung freigestellt werden soll.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Berufung und die Sprungrevision waren zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Die vorliegend zu entscheidende Frage, ob existenzsichernde Leistungen nach dem BKGG bei der Ermittlung der Ansprüche nach dem SGB 2 als Einkommen zu berücksichtigen sind, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Die Klärung dieser Rechtsfrage ist aus Gründen der Rechtseinheit und der Fortbildung des Rechts erforderlich.

Damit liegen auch die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG vor, weshalb die Sprungrevision nach § 161 Abs. 1 Satz 1 SGG von Amts wegen ebenso zuzulassen war. Die Kläger haben insoweit im Protokoll der mündlichen Verhandlung ihre Zustimmung erklärt.
Rechtskraft
Aus
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