S 33 R 773/13

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 33 R 773/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Auch die Verpflichtung, 24 Stunden täglich erreichbar zu sein, begründet nicht zwangsläufig eine abhängige Tätigkeit.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten der Klägerin werden nicht erstattet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Bereitschaftsbetreuerin der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten-und Arbeitslosenversicherung unterliegt.

Die Klägerin und ihr Mann schlossen am 28.11.2011 mit der Beigeladenen einen Vertrag über einen Bereitschaftsbetreuungsplatz, mit dem sie sich verpflichteten, Kinder im Alter von null bis sechs Jahren in Krisensituationen im Auftrag des öffentlichen Trägers bis zur Beendigung der Inobhutnahme aufzunehmen. Die Zusammenarbeit erfolgte mit dem SG KJND (Sachgebiet Kinder- und Jungendnotdienst). Der Vertrag enthält folgende Regelungen:

"§ 1 Vertragsgegenstand Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung nimmt Kinder im Alter von null bis sechs Jahren in Krisensituationen im Auftrag des öffentlichen Trägers bis zur Beendigung der Inobhutnahme auf.

§ 2 Voraussetzungen Voraussetzung für die Anerkennung als Familiäre Bereitschaftsbetreuung ist eine Pflegeelternvorbereitung zur Aufnahme eines Kindes mit dem Schwerpunkt Familiäre Bereitschaftsbetreuung. Der öffentliche Träger hat im Rahmen der Vorbereitungsphase über die persönliche Eignung als Familiäre Bereitschaftsbetreuung befunden.

§ 3 Kapazität 3.1. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung hat einen Bereitschaftsbetreuungsplatz. (Anzahl Kinder)

3.2. Bei Bedarf kann die Familiäre Bereitschaftsbetreuung darüber hinaus ein weiteres Kind aufnehmen (im Ausnahmefall).

§ 4 Rechte und Pflichten der Vertragspartner 4.1. Die Vertragspartner verpflichten sich, partnerschaftlich miteinander zu arbeiten.

4.2. Pflichten der Familiären Bereitschaftsbetreuung

4.2.1. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung verpflichtet sich, 24 Stunden am Tag wie folgt erreichbar zu sein: Telefonnummer keine Angabe Mobil. Mobil ... Fax keine Angabe E-Mail keine Angabe Änderungen der Erreichbarkeiten sind dem öffentlichen Träger unter der Anschrift: Landeshauptstadt Dresden Jugendamt Abteilung Soziale Jugenddienste Sachgebiet Kinder- und Jugendnotdienst 01219 Dresden unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

4.2.2. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung verpflichtet sich, ihre Leistung gemäß §1 dieses Vertrages zu erbringen und unverzüglich mitzuteilen, wenn nicht vertragsgemäß geleistet werden kann. Die Angabe der Gründe ist erforderlich.

4.2.3. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung hält den/die in §3 Punkt 1 bezifferten Bereitschaftsbetreuungsplatz/plätze ganzjährig vor.

Sie hat Anspruch auf 35 Kalendertage Urlaub im laufenden Kalenderjahr. Darin müssen vier Wochenenden enthalten sein. Die Beantragung des Urlaubs erfolgt in der Regel bis zum 31. Januar des laufenden Kalenderjahres beim Sachgebiet Kinder- und Jugendnotdienst (nachfolgend "SG KJND" genannt) unter der in Ziffer 4.2.1. genannten Anschrift bzw. bei Notwendigkeit nach persönlicher Absprache mit dem SG KJND. Das SG KJND entscheidet nach Ermessen. Der Urlaub wird vom SG KJND genehmigt und ist danach verbindlich.

Zusätzlich kann die Familiäre Bereitschaftsbetreuung im laufenden Kalenderjahr belegungsfreie Zeiten (bis zu 70 Tagen inklusive sechs Wochenenden) schriftlich spätestens vier Wochen vor ihrem Beginn beim SG KJND unter der in Ziffer 4.2.1. genannten Anschrift beantragen. Das SG KJND entscheidet über diesen Antrag nach Ermessen.

Ist es der Familiären Bereitschaftsbetreuung aus Gründen eigener Erkrankung nicht möglich, Kinder aufzunehmen oder zu betreuen, ist dies, unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, binnen drei Tagen im SG KJND unter der in Ziffer 4.2.1. genannten Anschrift, anzuzeigen.

4.2.4. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung übernimmt im Rahmen der Inobhutnahme die Versorgung, Betreuung und Erziehung sowie die Gesundheits- und Krankenfürsorge des/der in Obhut genommenen Kindes/Kinder. Sie Verpflichtet sich, die Arbeitsrichtlinie des öffentlichen Trägers zur Bearbeitung von Inobhutnahmen in Familiären Bereitschaftsbetreuungen zu beachten. Diese ist als Anlage beigefügt und Bestandteil des Vertrages.

4.2.5. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung verpflichtet sich, ab Kenntnis über eine beabsichtigte Inobhutnahme und ihrer damit verbundenen möglichen Inanspruchnahme unverzüglich beim SG KJND persönlich vorstellig zu werden.

In Ausführung der Inobhutnahme sind Inlandsreisen, die mit mindestens einer Übernachtung verbunden sind, vorher zwingend mit dem Sachgebietsleiter KJND persönlich telefonisch abzustimmen. Auslandsreisen in Begleitung des/der in Obhut genommenen Kindes/Kinder sind untersagt.

4.2.6. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung verpflichtet sich, die durch das Jugendamt Dresden festgelegten Umgänge mit den Personensorgeberechtigten abzusichern und bei der Realisierung mitzuwirken. Umgänge erfolgen in der Regel zweimal pro Woche, bei Bedarf auch häufiger.

4.2.7. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung verpflichtet sich, die durch den öffentlichen Träger festgelegten Anbahnungstermine mit den zukünftigen Pflegeeltern abzusichern und bei der Realisierung mitzuwirken.

4.2.8. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung verpflichtet sich, nach Einladung durch den öffentlichen Träger an den Teamberatungen des Stadtteilsozialdienstes teilzunehmen. Ergebnisse und Festlegungen von Teamberatungen in den Stadtteilsozialdiensten sind für die Familiäre Bereitschaftsbetreuung verbindlich.

4.2.9. Die Inobhutnahme ist je Kind in einem fallbezogenen Entwicklungsbericht durch die Familiäre Bereitschaftsbetreuung zu dokumentieren. Diese Dokumentation erfolgt während der Inobhutnahme durch die Familiäre Bereitschaftsbetreuung laufend. Dieser Bericht ist dem SG KJND bei Bedarf bzw. Ende der Inobhutnahme zur Verfügung zu stellen.

4.2.10. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung verpflichtet sich, die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere § 8a SGB VIII, im Rahmen der Leistungserbringung einzuhalten. Sie ist ebenso zur Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen gemäß Sächsischem Datenschutzgesetz (SächsDSG) vom 1. Juli 2009 verpflichtet. Die Belehrung zum Datenschutz erfolgt im SG KJND. Die Verschwiegenheitspflicht gilt auch nach Vertragsbeendigung.

4.3. Pflichten des öffentlichen Trägers 4.3.1. Aus diesem Vertrag resultiert seitens des öffentlichen Trägers keine Pflicht, die Familiäre Bereitschaftsbetreuung zu belegen.

4.3.2. Der öffentliche Träger verpflichtet sich, zum Schutz des in Obhut genommenen Kindes und zum Schutz der Privatsphäre der Familiären Bereitschaftsbetreuung die Adressen derselben nicht weiterzugeben. Es besteht mit schriftlichem Einverständnis der Familiären Bereitschaftsbetreuung die Möglichkeit, Mobilfunknummern und nicht registrierte Festnetznummern an Dritte bekanntzugeben.

§5 Koordination der Belegung und Betreuung der Familiären Bereitschaftsbetreuung durch den öffentlichen Träger

5.1. Die Koordination der Belegung und die Betreuung der Familiären Bereitschaftsbetreuung erfolgt durch das SG KJND. Die Erreichbarkeit ist rund um die Uhr gegeben: Telefon:. E-Mail: ...

Für jegliche Anfragen steht der Familiären Bereitschaftsbetreuung ein/e Ansprechpartner/ in beim SG KJND zur Verfügung.

5.2. Beim SG KJND werden die zur Verfügung stehenden Daten der Familiären Bereitschaftsbetreuung registriert und deren Belegung koordiniert.

5.3. Das SG KJND ordnet jedem Kind während der Inobhutnahme eine/n Fallbegleiter/in zu und koordiniert die Kontakte zwischen allen am Prozess der Inobhutnahme Beteiligten.

5.4. Das SG KJND verpflichtet sich, mit der Aufnahme eines Kindes in der Familiären Bereitschaftsbetreuung eine Verbleibensbescheinigung zur Vorlage bei anderen Behörden, eine Dienstlegitimation und ein Fallübergabeprotokoll mit Informationen zum Fall zur Verfügung zu stellen.

5.5. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung hat Anspruch auf regelmäßige fachliche Beratung in allgemeinen und speziellen Fragen durch das SG KJND. Die Beratung kann in Form von Einzelberatungen oder in einer Gruppe von Familiären Bereitschaftsbetreuungen erfolgen.

§ 6 Qualitätsentwicklung und Kontrolle 6.1. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung reflektiert im regelmäßigen Fachaustausch im Rahmen von Gruppenberatungen ihr Handeln gegenüber dem SG KJND. Bei schwierigen Konstellationen (Erziehung, Betreuung, Verpflegung, Gesundheits- und Krankenpflege) findet eine Einzelberatung zwischen der Familiären Bereitschaftsbetreuung und dem SG KJND statt mit dem Ziel, gemeinsame Lösungen zur Handlungsoptimierung der Inobhutnahmen zu erarbeiten.

6.2. Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel kann die Familiäre Bereitschaftsbetreuung an durch den öffentlichen Träger finanzierten Fortbildungen teilnehmen. Die Fortbildungen finden im SG KJND statt (zwölf Stunden im Kalenderjahr).

6.3. Die Überwachung der Einhaltung des Vertragsinhaltes liegt gemäß §§ 69 i. V. m. 76 Abs.2 SGB VIII in der Verantwortung des öffentlichen Trägers. Zur Wahrnehmung der Überwachung sind die zuständigen Mitarbeiter/-innen des SG KJND berechtigt, sich von der Qualität der Betreuung in der Familiären Bereitschaftsbetreuung persönlich zu überzeugen und in der Zeit von 8 bis 19 Uhr auch unangekündigte Vor-Ort-Besuche vorzunehmen.

§ 7 Finanzierung 7.1. Für jeden anerkannten Bereitschaftsbetreuungsplatz laut § 3 Punkt 1 dieses Vertrages wird der Familiären Bereitschaftsbetreuung ein monatlicher Pauschalbetrag als Vorhaltegeld in Höhe des einfachen Betrages für die Kosten der Erziehung gezahlt (nach Maßgabe der jeweils geltenden Pauschale gemäß des Beschlusses des Landesjugendhilfeausschusses/ Mitteilung des Sächsischen Landesjugendamtes). Hiervon sind laufende Kosten der Familiären Bereitschaftsbetreuung zu begleichen.

7.2. In der vom SG KJND bewilligten belegungsfreien Zeit gemäß § 4 Punkt 4.2.3 dieses Vertrages wird kein monatlicher Pauschalbetrag (Vorhaltegeld) für die anerkannten Bereitschaftspflegeplätze in § 3 Punkt 1 dieses Vertrages gezahlt.

Dies gilt auch für den Fall einer fristlosen Kündigung dieses Vertrages, wobei ab dem Tag, an dem die fristlose Kündigung zugeht, kein Vorhaltegeld mehr durch öffentlichen Träger gezahlt wird.

Im Fall einer fristgerechten Kündigung ist das Vorhaltegeld bis zur Vertragsbeendigung weiterzuzahlen.

7.3. Ist es einer Familiären Bereitschaftsbetreuung aus Gründen eigener Erkrankung nicht möglich, Kinder aufzunehmen, wird bei Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung bis zu insgesamt 42 Kalendertagen im laufenden Kalenderjahr der monatliche Pauschalbetrag (Vorhaltegeld) gemäß § 4 Punkt 4.2.3 dieses Vertrages weiter gezahlt. Darüber hinaus bestehen keine Ansprüche gegen den öffentlichen Träger.

7.4. Für jeden belegten vollen Kalendermonat erhält die Familiäre Bereitschaftsbetreuung pro belegtem Bereitschaftsbetreuungsplatz zuzüglich zum monatlichen Pauschalbetrag (Vorhaltegeld) gemäß §7 Punkt 1 dieses Vertrages ein monatliches Belegungsgeld als Pauschale. Diese Belegungspauschale umfasst die Kosten für materielle Aufwendungen entsprechend des Alters des Kindes und den dreifachen Betrag für die Kosten der Erziehung (nach Maßgabe der jeweils geltenden Pauschale gemäß des Beschlusses des Landesjugendhilfeausschusses/Mitteilung des Sächsischen Landesjugendamtes).

Wird der Bereitschaftsbetreuungsplatz nicht ab dem 1. Tag eines Kalendermonats belegt oder endet die Inobhutnahme im laufenden Kalendermonat, erfolgt die Zahlung der Kosten für materielle Aufwendungen und Kosten der Erziehung je belegtem Kalendertag.

7.5. Der öffentliche Träger verpflichtet sich, der Familiären Bereitschaftsbetreuung das Vorhaltegeld nach § 7 Punkt 1 und 3 dieses Vertrages jeweils bis zum 1. des laufenden Kalendermonats bzw. das Belegungsgeld nach § 7 Punkt 4 dieses Vertrages bis zum 15. des laufenden Kalendermonats zu zahlen.

7.6. Vor der erstmaligen Belegung wird der Familiären Bereitschaftsbetreuung zur Erstausstattung pro Bereitschaftsbetreuungsplatz gemäß § 3 Punkt 1 dieses Vertrages einmalig ein Betrag bis maximal 800,00 Euro für Möbel, Autokindersitz, Bettwäsche u. ä. sowie einmalig ein Betrag in Höhe von 300,00 Euro für Bekleidung zur Verfügung gestellt. Der Antrag auf Kostenübernahme für die Erstausstattung ist beim SG KJND zu stellen. Es sind Nachweise für den Kauf der Erstausstattung einzureichen.

7.7. Für weitere notwendige Beschaffungen stehen der Familiären Bereitschaftsbetreuung pro Bereitschaftsbetreuungsplatz maximal 300 Euro pro Kalenderjahr zur Verfügung. Der Antrag auf Kostenübernahme ist im SG KJND zu stellen.

Die Entscheidung über die Höhe der Bewilligung erfolgt beim SG KJND nach Prüfung im Einzelfall. Die Notwendigkeit der Beschaffung ist von der Familiären Bereitschaftsbetreuung gegenüber dem öffentlichen Träger nachzuweisen. Im Falle der Bewilligung der Beschaffung sind die Kaufbelege als Grundlage für die Abrechnung beim SG KJND einzureichen.

Bei Einrichtungsgegenständen gilt im Regelfall eine Nutzungsdauer von fünf Jahren. Sofern Einrichtungsgegenstände stark abgenutzt bzw. teilweise oder komplett zerstört sind, kommt eine vorzeitige Beschaffung in Betracht, wobei aber die Familiäre Bereitschaftsbetreuung wiederum die Notwendigkeit einer solchen gegenüber dem öffentlichen Träger nachweisen muss.

7.8. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung erhält auf Antrag nachgewiesene Beiträge zu einer gesetzlichen Unfallversicherung sowie die hälftigen nachgewiesenen Aufwendungen bis zu maximal 39,80 Euro/Monat zu einer Alterssicherung. Die Anträge sind beim Jugendamt Dresden, Sachgebiet Wirtschaftliche Hilfen, zu stellen. Die Nachweise sind bis zum 31. Januar des Folgejahres im Sachgebiet Wirtschaftliche Hilfen einzureichen.

§ 8 Vertragslaufzeit und -kündigung 8.1. Vertragslaufzeit Der Vertrag beginnt am 25. November 2011 und läuft auf unbefristete Zeit.

8.2. Kündigung 8.2.1. Beide Vertragspartner können den Vertrag mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende ordentlich kündigen.

8.2.2. Die Familiäre Bereitschaftsbetreuung kann den Vertrag mit dem öffentlichen Träger durch außerordentliche Kündigung beenden, wenn ihr eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund nicht möglich ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn: (1) durch die Familiäre Bereitschaftsbetreuung ein ärztliches Attest vorgelegt wird, dass der Vertragspartner dauerhaft erkrankt ist; (2) ein naher Angehöriger oder der Lebenspartner der Familiären Bereitschaftsbetreuung erkrankt, pflegebedürftig oder verstorben ist; (3) es durch Einwirken von höherer Gewalt der Familiären Bereitschaftsbetreuung nicht möglich ist, den Vertrag zu erfüllen (z. B. Feuer, Naturgewalt); (4) ein unausweichlicher Umzug der Familiären Bereitschaftsbetreuung, z. B. aus beruflichen oder familiären Gründen, erforderlich ist.

8.2.3. Der öffentliche Träger kann den Vertrag mit der Familiären Bereitschaftsbetreuung durch außerordentliche Kündigung beenden, wenn ihm eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund nicht möglich ist, z. B. für den Fall, dass ihm Tatsachen darüber bekannt werden, dass das Wohl des Kindes in der Familiären Bereitschaftsbetreuung nicht oder nicht mehr gewährleistet ist.

8.2.4. Die Kündigung bedarf in allen Fällen der Schriftform.

§ 9 Nebenabreden Nebenabreden bedürfen der Schriftform.

§ 10 Salvatorische Klausel 10.1. Verlieren einzelne Bestimmungen des Vertrages ganz oder teilweise ihre Gültigkeit, beeinflusst das nicht die Wirksamkeit des gesamten Vertrages. Die Vertragsparteien verpflichten sich, unverzüglich Vereinbarungen zu finden, die die inhaltlich unwirksam gewordenen sinnvoll ersetzen.

10.2. Die Unwirksamkeit einzelner Vertragsbedingungen berührt nicht die Gültigkeit der Übrigen, insoweit sie nicht als entscheidend zu beurteilen sind."

Die Beigeladene zahlte das Vorhaltegeld monatlich durch entsprechende Überweisung. Das außerdem gezahlte Belegungsgeld (Erziehungsgeld) und den Unterhalt für ein Kind rechnete sie gegenüber der Klägerin und deren Ehemann monatlich tagesgenau ab und überwies den von ihr ermittelten Betrag. Die Klägerin und ihr Ehemann zahlen für die so vereinnahmten Gelder keine Steuern. Die Klägerin und ihr Ehemann haben in ihrer Wohnung zwei Kinderzimmer eingerichtet und halten darin sowohl Kleidung als auch Spielzeug vor.

Am 02.12.2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihren sozialversicherungsrechtlichen Status festzustellen. Mit Bescheid vom 21.08.2012 stellte die Beklagte fest, es liege keine abhängige Beschäftigung vor. Zur Begründung führte sie aus, aus den vorgelegten vertraglichen und dargestellten tatsächlichen Verhältnissen ergäben sich als wesentliche Tätigkeitsmerkmale für eine selbstständige Tätigkeit die Ausübung der Tätigkeit im eigenen Haushalt, der Umstand, dass der Auftraggeber keine Arbeitsmittel zur Verfügung stelle, die Zahlung eines monatlichen Honorars zuzüglich eines Kostenersatzes und der Umstand, dass die Klägerin keinen Weisungen hinsichtlich der Gestaltung ihrer Arbeitszeit unterliege. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche der Urlaubsanspruch und die Arbeitsrichtlinien des öffentlichen Trägers zur Bearbeitung von Inobhutnahmen, die die Klägerin beachten müsse, wobei sie einer Kontrolle unterliege. In der Gesamtwürdigung der relevanten Tatsachen überwiegten die Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit. Eine 24-stündige Betreuung könne nicht derart weisungsgebunden sein, dass allein aufgrund der Vorgaben aus den Richtlinien von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen sei. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen sei nicht gegeben. Weisungen, die Zeit, Dauer, Ort der zu beurteilenden Tätigkeit sowie Art und Weise der Durchführung beträfen, könnten nicht einseitig im Wege des Direktionsrechtes eines Arbeitgebers erteilt werden. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte dabei geltend, für Kinder im Alter von 0-6 Jahren sei der Betreuungsaufwand am höchsten, weshalb sie an Bereitschaftspflegefamilien übergeben würden. Arbeitsmittel stelle der Auftraggeber bereit, denn die entsprechenden Anschaffungen würden von ihm bezahlt. Ein monatliches Honorar werde nicht gezahlt, vielmehr würden pauschal die Kosten für den Sachaufwand und die Kosten für die Betreuung und Erziehung erstattet. Aufgrund des Umstandes, dass es sich um eine 24-Stunden-Bereitschaft handele, bedürfe es hinsichtlich der Arbeitszeit keine Anweisung. Die Arbeitszeiten richteten sich nach den Bedürfnissen der Kinder. Belegungsfreie Zeiten könne sie nicht anderweitig abdecken. In diesen Zeiten erfolge keine Vergütung und sie könne keiner weiteren Tätigkeit nachgehen.

Am 06.09.2012 schlossen die Klägerin und ihr Ehemann mit der Beigeladenen einen Bereitschaftsbetreuungsvertrag über 2 weitere Bereitschaftsbetreuungsplätze. Die vereinbarten Regelungen entsprechen den oben dargestellten. Die Plätze waren in der Vergangenheit regelmäßig belegt. Zuletzt haben die Klägerin und ihr Ehemann aus gesundheitlichen Gründen nur ein Kind aufgenommen.

Mit Bescheid vom 18.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung der zuvor aufgeführten Gründe zurück und teilte der Klägerin in der Rechtsmittelbelehrung mit, sie könne innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung des Bescheides Klage erheben.

Mit Schreiben vom 02.04.2013 teilte die Krankenversicherung dem Ehemann der Klägerin mit, nach ihrer Beurteilung sei die Klägerin nicht hauptberuflich selbstständig tätig. Auch die Einkommensgrenze zur Familienversicherung werde nicht überschritten. Deshalb werde die Familienversicherung für die Klägerin weitergeführt.

Die Klage ging am 18.04.2013 beim Sozialgericht Dresden ein.

Mit Beschluss vom 24.10.2013 hat das Sozialgericht Dresden die LH Dresden beigeladen.

Die Klägerin macht geltend, sie unterliege als Beschäftigte im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV der gesetzlichen Rentenversicherung, denn sie gehe einer nichtselbstständigen Arbeit nach. Entgegen der Auffassung der Beklagten überwiegten die Merkmale einer unselbstständigen Tätigkeit. Sie sei hinsichtlich der Zeit und des Ortes der Tätigkeit weisungsgebunden, da sie die sich in ihrer Obhut befindlichen Kinder 24 Stunden am Tag und dies bis zu 3 Jahren täglich betreuen müsse. Entgegen der Auffassung der Beklagten müsse sie den Weisungen der Beigeladenen Folge leisten, insbesondere sei sie an die Weisungen des SG KJND gebunden. Sie müsse die Arbeitsrichtlinien der Beigeladenen zur Bearbeitung von Inobhutnahmen in familiären Bereitschaftsbetreuungen beachten und die vom Jugendamt festgelegten Umgänge mit den Berechtigten und die durch die Beigeladene festgelegten Anbahnungstermine mit den zukünftigen Pflegeeltern absichern und an deren Realisierung mitwirken. Außerdem müsse sie an Teamberatungen des Sozialdienstes teilnehmen und ihre Arbeit gegenüber dem SG KJND rechtfertigen und von diesem kontrollieren lassen. Weiter müsse sie für jedes in Obhut genommene Kind einen Dokumentationsbericht über dessen Entwicklung verfassen. Dem geschlossenen Bereitschaftsbetreuungsvertrag lasse sich keine Formulierung entnehmen, die auf eine eigenverantwortliche und selbstständige Tätigkeit hindeuten, sondern eher gegenteilig, Verpflichtungen, die der Klägerin auferlegt werden. Zudem sei die Klägerin nicht in der Lage, frei darüber zu entscheiden, ob sie ein Kind in Obhut nehme oder nicht. Wenn Sie einen Auftrag zur Übernahme eines Kindes erhalte, müsse sie sich nach § 4.2.5 des Bereitschaftsbetreuungsvertrages unverzüglich persönlich vorstellen und das Kind in Obhut nehmen. Die konkreten Betreuungszeiten würden ihr also auch von der Beigeladenen auferlegt und sie könne nicht frei darüber bestimmen, wann und wie lange sie ein Kind in Obhut nehme. Die Klägerin unterliege außerhalb von Urlaubs- und Krankheitszeiten dem Weisungsrecht der Beigeladenen. Während im Bereitschaftsbetreuungsvertrag geregelt sei, dass bis zu 3 Kinder im Alter von 0-6 Jahren aufgenommen werden, könne das Jugendamt gemäß § 4.2.5 des Bereitschaftsbetreuungsvertrages unverzüglich per Telefonanruf die Anzahl und das Alter der zu betreuenden Kinder festlegen. Die familiären Bereitschaftsbetreuer seien prinzipiell wie jeder andere Arbeitnehmer an die Weisung gebunden. Bei Bedarf könnten mehrere Weisungen pro Tag ergehen. Die angeführte Vertragsklausel beinhalte eine Residenzpflicht auch für das Wochenende. Gemäß § 4.2.6 und 4.2.7 des Bereitschaftsbetreuungsvertrages sei die familiäre Bereitschaftsbetreuung weiter zur Wahrnehmung von mindestens 2 Terminen pro Woche verpflichtet. Nach § 8.2.3 des Vertrages sei die Bereitschaftsbetreuung vertraglich an das Rechtsgut des Kindeswohls gebunden. Im Gegensatz dazu sei es in anderen Arbeitsverträgen oft nicht möglich, Art und Umfang der Arbeit eindeutig, konkret und rechts-gültig zu definieren. Das Weisungsrecht habe den Zweck, durch konkretisierende Weisungen diese Lücke zu schließen. Im Falle der Bereitschaftsbetreuung sei die Einflussnahme des Auftraggebers auf den Leistungserbringer und die eindeutige Festlegung der Arbeitsaufgaben somit bereits durch den Bereitschaftsbetreuungsvertrag und die Definition des Rechtsgutes Kindeswohls geregelt. Die für einen abhängig Beschäftigten typische Bindung an die Vorgaben des Arbeitgebers sei auch ohne häufige Ausübung des Weisungsrechtes im konkreten Fall gegeben. Nach § 8.2.1 des geschlossenen Vertrages könne die Beigeladene bei Nichtbeachtung von Weisungen davon Gebrauch machen, den Vertrag mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten regulär ohne Angabe von Gründen zu kündigen. Nach § 8.2.3 sei eine fristlose Kündigung möglich. Als Bedingung für die fristlose Kündigung seien wichtige Gründe und ein Beispiel genannt. Halte sich ein Bereitschaftsbetreuer nicht an das Ergebnis der Teamberatung könne dies ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung sein.

Der Umstand, dass die Klägerin nicht an jeder Teamberatung teilnehme sei kein Indiz für die fehlende Einbindung in die Betriebsorganisation. Die Teamberatungen würden von leitenden Mitarbeitern des Jugendamtes vorgenommen und in den Teamberatungen würden Entscheidungen getroffen, an welchen die Klägerin ihr Handeln ausrichten müsse. Dass sie an diesen Treffen nicht teilnehme, spreche also eher für eine abhängige Beschäftigung. Im Übrigen fänden monatlich Teambesprechungen zwischen den jeweiligen familiären Bereitschaftsbetreuern statt. Außerdem gebe es nach der Erstellung des Hilfeplans Besprechungen mit dem Jugendamt, dem Kinderpflegedienst und dem sozialen Dienst, um das weitere Vorgehen im Einzelfall zu besprechen.

Die Klägerin sei auch nicht nur im geringen Umfang in die betriebliche Organisation der Beigeladenen eingebunden, denn nach dem Bereitschaftsbetreuungsvertrag fordere die Beigeladene, dass die Klägerin und ihr Mann 24 Stunden am Tag mobil erreichbar seien. Die E-Mail-Adresse habe die Klägerin ebenfalls benannt. Arbeitsaufgaben und Weisungen könnten und würden über das Handy jederzeit übermittelt. Die Telefonnummern der familiären Bereitschaftsbetreuer seien deshalb als Dienstnummern anzusehen, auch wenn es sich um private Handyverträge handele, da auf diesen jederzeit angerufen werden könne. Zu beachten sei auch, dass eine Prüfung durch das Jugendamt erfolge, bevor der Bereitschaftsbetreuungsvertrag geschlossen werde. Dabei werde intensiv geprüft, ob von den Bewerbern keine Gefährdung des Kindeswohls ausgehe und ob die Bewerber den Anforderungen der Tätigkeit gewachsen sein. Die Privatsphäre werde intensiv geprüft und es bestehe das Sonderrecht, über das Führungszeugnis hinaus vollständige Akteneinsicht bei der Polizei zu erhalten. Die Weisungsgebundenheit ergebe sich auch daraus, dass die Klägerin ohne Belegung in der Regel innerhalb von 1-2 Stunden in der Lage sein müsse, ein Kind nach Anruf des Jugendamtes aufzunehmen. Erfolge eine Belegung, so gestalte sich die Arbeitszeit unterschiedlich. Die Klägerin sei verpflichtet, Kinder von 0-6 Jahren aufzunehmen. Abgesehen von Säuglingen auf Entzug werde natürlich nicht 24 Stunden gearbeitet. Von einer freien Zeiteinteilung könne in diesem Fall aber trotzdem nicht ausgegangen werden. Andere Tätigkeiten für andere Auftraggeber seien ausgeschlossen, die Zeiteinteilung bestimme letztendlich nicht die familiäre Bereitschaftsbetreuerin, sondern das Kind, die familiäre Bereitschaftsbetreuerin könne nur indirekt Einfluss nehmen. Auch Kinder im Alter von 2-6 Jahren bestimmten letztendlich die Arbeitszeit. Eine freie Einflussmöglichkeit sei bei der familiären Bereitschaftsbetreuungstätigkeit in der Regel nicht gegeben.

Eine Versorgung der Säuglinge und Kleinkinder im Betriebssitz des Vertragspartners sei nicht möglich, da eine 24-Stunden-Betreuung der Kleinkinder notwendig sei. Aus diesem Grund stelle der Bereitschaftsbetreuer seine Wohnung zur Betreuung der Kleinkinder zur Verfügung. Die Klägerin habe feste Arbeitszeiten, nämlich einen 24-Stunden-Dienst. Der Umstand, dass die Klägerin ihre Leistung nicht am Dienstort des Auftraggebers erbringe, könne als Kriterium für die Bestimmung, ob es sich um eine selbstständige oder nichtselbstständige Tätigkeit handele nicht herangezogen werden. Ziel der familiären Bereitschaftsbetreuung sei, dass die Kinder zwischen 0-6 Jahren bei einer Inobhutnahme nicht in einem Kinderheim oder in einer ähnlichen Einrichtung untergebracht werden sollen. Der Auftraggeber verfolge das Ziel, dass die Kinder "Normalität" erleben sollen. Dazu zwingend erforderlich seien der 24-Stunden-Dienst und die Ausübung der Tätigkeit in einer Privatwohnung. Die Leistungserbringung in der Privatwohnung sei somit kein Anzeichen dafür, dass eine selbständige Tätigkeit vorliege. Die Klägerin habe deshalb keinerlei zusätzliche Freiheiten oder Vorteile, die sich nicht aus der Natur der Tätigkeit selbst herleiteten. Vielmehr werde die Privatwohnung der Klägerin durch die Zahlung des "Vorhaltegeldes" und der vertraglichen Möglichkeit, unangemeldete Besuche seitens des Jugendamtes durchzuführen, teilweise zum Dienstort des Auftraggebers. Die Wohnung müsse für die Wahrung der Sicherheit und des Kindeswohls geeignet ausgestattet sein. Es sei zwar richtig, dass die Inobhutnahme durch das Jugendamt erfolge, die Klägerin als familiäre Bereitschaftsbetreuerin könne jedoch als Außenstelle des KJND betrachtet werden, denn erst wenn dort die räumlichen und personellen Kapazitäten ausgelastet seien, würden die Kinder in die familiäre Bereitschaftsbetreuung gegeben. Die abhängig beschäftigten Mitarbeiter im KJND arbeiteten im Schichtdienst, da auch dort Kinder Tag und Nacht betreut würden. Die Kinder befänden sich in der familiären Bereitschaftsbetreuung in einer stationären Vollzeitbetreuung, da die Dienstzeit der Klägerin 24 Stunden betrage.

Sie erhalte monatlich einen Pauschalbetrag und kein Honorar. Der Pauschalbetrag diene lediglich der Deckung der Aufwendungen und lasse die Klägerin keinen Gewinn erzielen. Zudem erhalte sie die zur Betreuung des in Obhut genommenen Kindes notwendigen Beschaffungen, wie Möbel, Kindersitze, Kleidungsstücke und anderes, von der Beigeladenen und müsse diese nicht selbst finanzieren. Die unternehmerischen Chancen einer selbständigen Tätigkeit seien nicht vorhanden. Einem Schreiben der Beigeladenen sei zu entnehmen, dass pro Kind eine Vergütung von 1.189,00 Euro/Monat und 235,00 Euro/Monat pro Platz gezahlt werde. Davon seien alle Ausgaben zu bestreiten.

Sie habe außerdem einen Urlaubsanspruch von 35 Tagen im Jahr und erhalte das Vorhaltegeld in Höhe des einfachen Betrages während des Urlaubs und auch im Krankheitsfall weiter ausgezahlt. Zudem müsse sie zwingend ihren Urlaub mit dem Sachgebietsleiter der KJND absprechen. Gegen eine selbstständige Tätigkeit spreche auch der Umstand, dass durch die Aufsichtspflicht für die Kinder eine vollständige Bindung an den Ort der Kinderbetreuung bestehe. Die Wochenendaktivitäten seien im Gegensatz zu einem normalen abhängig Beschäftigten fest an einen "kindertauglichen" Rahmen gebunden. Von mehr persönlichen Freiheiten als bei einer "normalen" abhängigen Beschäftigung oder einer freien Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft könne damit nicht ausgegangen werden. Im Rahmen der Prüfung, bei Gesprächen und fakultativen Schulungen würden die familiären Bereitschaftsbetreuer immer wieder darauf hingewiesen, dass sie verpflichtet seien, Situationen, mit denen sie alleine nicht fertig wurden, anzuzeigen. Auf die größeren und kleineren Schwierigkeiten reagiere das Jugendamt mit Weisungen.

Entgegen der von der Beigeladenen vertretenen Auffassung sei die Tätigkeit der Klägerin nicht mit der einer sozialpädagogischen Familienhilfe, auf die sich das Urteil des LSG Baden-Württemberg beziehe, vergleichbar. Die Klägerin meint, das Urteil des LSG Baden-Württemberg (Az. L 5 R 3908/14), das sich auf die Sozialversicherungspflicht einer sozialpädagogischen Einzelfallhelferin beziehe, sei nicht auf familiäre Bereitschaftsbetreuer anwendbar. In der sozialpädagogischen Familienhilfe sei es üblich, dass die Träger der freien Jugendhilfe und auch die Jugendämter freier Mitarbeiter einschalteten. Diese erhielten einzelne Aufträge für pädagogische Leistungen und rechneten nach Zeitaufwand ab. Für die eigene soziale Absicherung sei es Familienhelfern möglich, sich beispielsweise in Teilzeit fest anstellen zu lassen. Sozialpädagogische Familienhelfer (§ 31 KJHG) betreuten stundenweise ambulant und unterstützten Familien bei der Bewältigung des Alltags und begleiteten sie zu Ämtern und Institutionen. Unter Anleitung der Familienhelfer lernten Eltern Formulare und Anträge auszufüllen und bei Behörden ihre Anliegen vorzubringen. Die Tätigkeit der Familienhilfe sei damit mit der familiären Bereitschaftsbetreuung nicht vergleichbar.

Die Klägerin beantragt: 1. Der Bescheid der Beklagten vom 23.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2013 wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt.

Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Die Beigeladene beantragt: die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung ihres Antrags bezieht sich die Beklagte auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides.

Die Beigeladene ist der Auffassung, die Klägerin übe keine abhängige Tätigkeit aus. In der Rechtsprechung werde davon ausgegangen, dass die in einer Bereitschaftspflege eingebundenen Pflegepersonen ihre Tätigkeit regelmäßig ohne besondere Weisungen des Jugend-amtes wahrnehmen. Es handele sich zwar grundsätzlich um eine Tätigkeit die der Aufsicht des Jugendamtes unterliege, die Ausübung liege aber prinzipiell in der Verantwortung der Pflegeperson. Die Klägerin unterliege keinem, über die Gesamtverantwortung nach § 76 Abs. 1 SGB VIII hinausgehenden Weisungsrecht der Beigeladenen bezüglich Ort und Zeit der Ausführung. Die ganztägige Versorgung, Betreuung und Erziehung sowie die Gesundheits- und Krankenfürsorge liege in der Natur der Inobhutnahme und sei damit jeglicher Weisung entzogen. Auch bezüglich des Ortes der Arbeitsleistung gebe es keine vertraglichen Vorgaben durch die Beigeladene, ebensowenig Weisungen im Einzelfall. Eine Pflicht zur Teilnahme an den Beratungen zum Hilfeplan bestehe lediglich auf Einladung, bei entsprechendem Bedarf. An den regulären, regelmäßigen Dienstberatungen und Arbeitsabsprachen des Kinder- und Jugendnotdienstes nehme die Klägerin nicht teil. Die Beratungen würden unter allen Mitarbeitern des Jugendamtes durchgeführt. In die regulären, regelmäßigen Dienstberatungen und Absprachen des Kinder- und Jugendnotdienstes der Beigeladenen sei die Klägerin nicht eingebunden. Daneben bestünden Fallberatungen bei Bedarf im so genannten Fachteam des allgemeinen sozialen Dienstes der Beigeladenen, zu denen notwendigerweise alle an der Perspektivklärung Mitwirkenden, geladen werden. Ähnliche Teamberatungen fänden auch mit Pflegeeltern bei der Erstellung und Fortführung von Hilfeplänen statt. Die Klägerin könne nach Einladung entscheiden, ob sie persönlich an Fachteambesprechungen teilnehme oder alternativ einen schriftlichen Entwicklungsbericht abgebe. Die Fallberatungen fänden in der Regel 10, 30 und 60 Tage nach Beginn der Inobhutnahme statt. Verpflichtend für alle familiären Bereitschaftsbetreuer sei die Teilnahme an jährlich 5 Fachberatungen. Diese seien Bestandteil der Qualitätssicherung durch das Jugendamt im Bereich der Inobhutnahme und beinhalteten vor allem einen Fach- und Erfahrungsaustausch zwischen den familiären Bereitschaftsbetreuern.

Auch die Berichtspflicht lasse nicht auf eine abhängige Beschäftigung rückschließen, denn auch der freie Mitarbeiter sei im Rahmen seines Dienstvertrages gehalten, über seine Tätigkeit zu berichten und gegebenenfalls Vorschläge zu unterbreiten. Aus der Natur der sozialpädagogischen Arbeit ergebe sich sowohl das eine als auch das andere, ohne dass dies einen Hinweis darauf geben könne, ob die Arbeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses oder einer freien Mitarbeiterschaft geschehe. Auch die Verpflichtung zur Beachtung von Arbeitsrichtlinien der Beigeladenen lasse nicht den Schluss auf eine abhängige Beschäftigung zu. Außerdem sei die Klägerin nicht in einen Betreuungskörper oder Betreuungsbetrieb der Beigeladenen integriert. Dass sie ihren Urlaub mit dem Sachgebiet Kinder- und Notdienst der Beigeladenen abzusprechen habe, entspreche dem Notdienst und der daraus resultierenden Erforderlichkeit über das Wissen von Unterbringungsmöglichkeiten. Eine Krisenbereitschaft in dem Sinne, dass die Klägerin in Notfällen erreichbar sei und zur Verfügung stehe, sei Sinn und Zweck des Vertrages über die Bereitschaftsbetreuung. Im Unterschied zur Klägerin unterliege eine angestellte Bereitschaftsbetreuerin einem umfassenden Weisungsrecht, könne auch andere Aufgaben eines Sozialarbeiters oder eines Sozialpädagogen zugewiesen bekommen und müsse Urlaubs- und Krankheitsvertretung übernehmen.

Richtig sei, dass die Klägerin in bestimmten Punkten tatsächlich nicht frei sei, wie zum Beispiel bei der Entscheidung, ob und wie lange sie ein Kind in Betreuung und Versorgung aufnehme. Die normale Betreuung und das Leben des Kindes in einer familiären Bereitschaftsbetreuung liege jedoch prinzipiell in der Verantwortung der Betreuungsperson, hierzu ergingen keine besonderen Weisungen. Der Betreuungsfamilie seien weder hoheitliche Befugnisse verliehen noch werde sie als Verwaltungshelfer in einem Verwaltungsverfahren eingeschaltet. Zu Recht habe der BGH (III ZR 164/05) auch auf die deutlichen Parallelen zur Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII hingewiesen, welche auch im § 2 des Bereitschaftsbetreuungsvertrages erkennbar seien. Es sei aber anerkannt, dass die Pflegefamilie, die ebenfalls in regelmäßigem Kontakt mit dem Jugendamt stehe, keiner abhängigen Beschäftigung beim Träger des Jugendamtes nachgehe. Die Klägerin nehme die Kinder auch nicht in Obhut. Die Inobhutnahme erfolge durch den Kinder- und Notdienst der Beigeladenen. Die Kinder würden regelmäßig in der familiären Bereitschaftsbetreuung für die Dauer der Inobhutnahme untergebracht, das heiße, die familiäre Bereitschaftsbetreuung sei verantwortlich für die Ausführung der Inobhutnahme.

Soweit die Klägerin den einzelnen Vertragsklauseln eine Weisungsbefugnis der Beigeladenen entnehmen wolle, könne dem nicht gefolgt werden. Gemäß § 5 des Bereitschaftsbetreuungsvertrages werde die Belegung der familiären Bereitschaftsbetreuung durch den Kinder- und Notdienst der Beigeladenen koordiniert. Bei Kenntnis einer bevorstehenden Inobhutnahme werde die zu belegende bzw. zur Verfügung stehende familiäre Bereitschaftsbetreuung umgehend telefonisch kontaktiert. Das Alter sowie die Anzahl des Kindes bzw. der Kinder werde übermittelt und ein Zeitpunkt für die Übernahme aus dem Kinder- und Notdienst vereinbart. Von einer "Festlegung" von Anzahl und Alter der zu betreuenden Kinder durch das Jugendamt der Beigeladenen könne nicht gesprochen werden, da die Kinder so in Obhut genommen würden, wie es die jeweilige Situation erfordere. Ein Entscheidungsspielraum hinsichtlich der genannten Parameter bestehe seitens des Jugendamtes nicht, weshalb die Verträge über die familiäre Bereitschaftsbetreuung die genannte Altersspanne von 0-6 Jahren umfassten und eine jeweils mit der familiären Bereitschaftsbetreuung ausgehandelte Maximalbelegungszahl beinhalteten.

Für die Klägerin bestehe auch keine Residenzpflicht. Räumlich begrenzte Ausflüge seien ohne weiteres möglich, Inlandsreisen nach Absprachen ebenfalls. Auslandsreisen widersprächen nicht nur dem Wesen der Bereitschaftsbetreuung, bei der die Pflegeperson gerade erreichbar sein müsse, sondern darüber hinaus oftmals auch den aktuellen Belangen der in Obhut genommenen Kinder. Hinsichtlich der Verpflichtung, Termine wahrzunehmen sei festzuhalten, dass der regelmäßige Umgang der Eltern mit den in Obhut genommenen Kindern gesichert werden müsse, bzw. eine Beziehung zu den zukünftigen Pflegeeltern aufgebaut werden müsse. Auch dies sei durch die Gesamtverantwortung der Beigeladenen bedingt. Die Termine würden in Absprache mit der Klägerin vereinbart.

Die von der Klägerin beschriebenen Merkmale zur räumlichen Ausübung ihrer Tätigkeit sowie zur intensiven Prüfung der Umgangspersonen träfen ebenso auf die Pflegeeltern zu, die für die Betreuung und Erziehung eines Kindes Pflegegeld gemäß §§ 33, 39 SGB VIII erhalten, dennoch nicht beim öffentlichen Träger des Jugendamtes abhängig beschäftigt seien. Das hier gezahlte Vorhaltegeld stelle einen dem im Rahmen der Vollzeitpflege gezahlten Pflegegeld vergleichbaren Aufwandsersatz dar. Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII, komme klassischen Merkmalen der Selbstständigkeit, wie unternehmerischen Chancen keine unmittelbare Bedeutung zu.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens und der Entscheidungsfindung gemacht. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Akte sowie die Gerichtsakte, die gewechselten Schriftsätze insgesamt und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2016 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 21.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2013, mit dem die Beklagte eine Versicherungspflicht der Klägerin abgelehnt hat. Hiergegen richtet sich die statthafte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1, S.1,1. Alt, 55 SGG.

2. Der Bescheid ist rechtmäßig, denn die Klägerin unterliegt nicht der Versicherungspflicht nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, 1 Nr. 1 SGB VI, 20 Abs. 1 Nr. 1, 25Abs. 1 SGB III. Die Beklagte ist in dem von der Klägerin eingeleiteten Anfrageverfahren (§ 7aSGB IV) aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls (§ 7a Abs. 2 SGB IV) zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Beigeladenen steht.

2.1. In dem hier streitgegenständlichen Zeitraum ab 2011 unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 S.2 Nr. 1 SGB XI, § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI und § 25 Abs. 1 S. 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann insbesondere bei Diensten höherer Art eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18.11.2015, Az. B 12 KR 16/13 R m.w.H.). Beachtlich sind dabei die tatsächlichen Verhältnisse, also die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus deren Umsetzung in der Realität erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt ist die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. Die tatsächlichen Verhältnisse sind vorrangig beachtlich, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 29.08.2012, Az. B 12 KR 25/10 R ).

Die Rechtsprechung hat im Zusammenhang mit der Beurteilung von Tätigkeiten auf dem Gebiet der Jugend- und Sozialhilfe bislang vor allem den Einsatz sozialpädagogischer Familienhelfer durch die staatlichen Träger der Jugendhilfe beurteilt und teils eine abhängige Beschäftigung, teils eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses angenommen. Soweit ersichtlich war die Frage, ob Bereitschaftsbetreuer abhängig beschäftigt sind, bislang nicht Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen.

Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile v. 24.05.2012, Az. B 12 KR 14/10 R, B 12 KR 24/10 R) schließen die Regelungen des SGB VIII über die Jugend- und Familienbetreuung im Rahmen der staatlichen Jugendhilfe den Einsatz selbständiger Familienhelfer nicht von vornherein aus. Den Regelungen des SGB VIII, insbesondere § 79 Abs. 1 SGB VIII, aber auch § 31 und § 36 SGB VIII sowie § 8a SGB VIII könne ein für eine Beschäftigung sprechendes, eine persönliche Abhängigkeit i. S. von § 7 Abs. 1 SGB IV begründendes Weisungsrecht des staatlichen Jugendhilfeträgers nicht entnommen werden. Das SGB VIII treffe keine Aussagen über den arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Status von Familienhelfern, habe vielmehr allein die staatliche Verantwortung für die Aufgaben der Jugendhilfe im Verhältnis zu den Leistungsberechtigten im Blick (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 SGB I, § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 4 i. V. m. §§ 16 ff., 27 ff. SGB VIII). Selbst die Regelungen des SGB VIII über die Leistungserbringung enthielten keine Vorgaben über den sozialversicherungsrechtlichen Status von Mitarbeitern. Aus der in § 79 Abs. 1 SGB VIII festgelegten Gesamt- und Planungsverantwortung der staatlichen Jugendhilfeträger für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII folge keine für eine Beschäftigung typische Weisungsbefugnis eines öffentlichen Jugendhilfeträgers gegenüber einem für ihn zur Aufgabenerfüllung Tätigen. Eine Weisungsbefugnis setze vielmehr eine entsprechende rechtliche Verankerung, ggf. durch vertragliche Vereinbarung, im Verhältnis zu dem Dritten voraus, der zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe herangezogen werde.

Hinsichtlich des Unternehmerrisikos hat das BSG u.a. auf die Höhe der Vergütung abgestellt; eine Vergütung, die betragsmäßig im Bereich des angestellten Familienhelfern tariflich oder einzelvertraglich zustehenden Arbeitsentgelts liegt, kann für ein Beschäftigungsverhältnis sprechen. Außerdem kann es darauf ankommen, ob die Familienhelfer (aus eigenem Willensentschluss) den Einsatz ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abbrechen (dann eher Selbständigkeit) oder (gegen seinen Willen) abgezogen werden und einer anderen Familie "zugeteilt" (dann eher Abhängigkeit) werden können. Auch der Vergleich der Handlungsspielräume, die selbständig tätigen und abhängig beschäftigten Familienhelfern bei ihrer Tätigkeit jeweils eröffnet sind, kann für die Statusbeurteilung von Belang sein. Dabei kann es auch darauf ankommen, ob höchstpersönliche Leistungspflichten und/oder Vertretungsregelungen bestehen (BSG, Urteil vom 25.04.2012, Az. B 12 KR 24/10 R).

2.2. Gemessen hieran ist die Kammer aufgrund der Durchsicht der Akten und der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin jedenfalls nicht einer Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 S.1 SGB IV nachgeht.

Das Gericht hat zunächst den von der Klägerin und ihrem Ehemann mit der Beigeladenen geschlossenen Bereitschaftsbetreuungsvertrag berücksichtigt, der allerdings nicht den Willen der Vertragspartner, ein Beschäftigungsverhältnis nicht zu begründen bzw. zu begründen, erkennen lässt. Der Vertrag enthält sowohl Formulierungen die auf eine Selbstständigkeit der Klägerin und ihres Ehemannes hinweisen (wie zum Beispiel die Verpflichtung in Ziffer 4.1, partnerschaftlich miteinander zu arbeiten) als auch solche, die auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis hindeuten (wie zum Beispiel die Erstattung nachgewiesener Beiträge zu einer gesetzlichen Unfallversicherung sowie die anteilige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für eine Alterssicherung). Eine Absprache zur Beurteilung der Tätigkeit ist ebenfalls nicht erfolgt. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, der Mitarbeiter der Beigeladenen, den sie zur versicherungsrechtlichen Einordnung ihrer Tätigkeit befragt habe, habe sie auf anhängige Klageverfahren verwiesen, lässt sich dem eine Vereinbarung nicht entnehmen.

Die tatsächlichen Umstände, die das Gesamtbild der Tätigkeit der Klägerin prägen, schließen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung aus, wobei die Kammer nicht verkennt, dass es sich wohl auch nicht um eine selbstständige Tätigkeit handelt. Darauf kommt es aber nicht an, denn Aufgabe des Gerichts war es allein, festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S.1 SGB IV erfüllt sind.

Gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht zunächst, dass nicht nur die Klägerin sondern auch ihr Ehemann Vertragspartner der Beigeladenen sind. Die vertraglich geschuldete Leistung (Versorgung der untergebrachten Kinder) haben demnach beide Eheleute zu erbringen. Dies entspricht auch den tatsächlichen Gegebenheiten. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung hierzu ausgeführt, dass sie sich zwar überwiegend um die Kinder kümmere, weil ihr Mann einer Erwerbstätigkeit nachgehe, dieser jedoch - soweit erforderlich - ebenfalls die Versorgung der Kinder übernehme und dann auch gleichberechtigt sei.

Hinsichtlich der Arbeitsorganisation bzw. der Weisungsgebundenheit verkennt das Gericht nicht, dass die Klägerin und ihr Ehemann nach Übernahme eines Kindes an weitgehende Vorgaben der Beigeladenen gebunden sind. Auch den Umstand, dass die Eheleute in ihrer Lebensführung eingeschränkt sind, weil sie – jedenfalls wenn nicht alle Betreuungsplätze belegt sind – jederzeit bereit sein müssen, ein Kind aufzunehmen, hat das Gericht berücksichtigt. All diese Umstände beruhen jedoch auf der Besonderheit der Tätigkeit und können deshalb nicht bei der Gewichtung maßgeblich herangezogen werden. Dies gilt auch für die Dokumentationspflichten und die Verpflichtung, die Beigeladene über Angelegenheiten der Kinder zu unterrichten. Die Frage der Betriebsstätte ist dagegen für das Gericht nicht maßgeblich, denn auch weisungsgebundene Mitarbeiter eines Betriebes können die Möglichkeit haben ihrer Tätigkeit im sog. Homeoffice nachzugehen. Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei der von der Klägerin und ihrem Ehemann bewohnten Wohnung nicht um eine ausgelagerte Betriebsstätte.

Für die Feststellung, ob die Klägerin abhängig beschäftigt ist, kann auch nicht auf die Art und Weise der Vergütung abgestellt werden, denn die Klägerin erhält kein Entgelt in diesem Sinne. Das von der Beigeladenen gezahlte Vorhaltegeld dient nicht der Bezahlung von geleisteten Diensten der Klägerin, sondern beinhaltet nach Überzeugung der Kammer die Entschädigung dafür, dass die Klägerin und ihr Mann zwei Zimmer ihrer Wohnung für die Unterbringung von Kindern vorhalten, die als Kinderzimmer eingerichtet sind und in denen sich auch Kleidung und Spielzeug befinden. Der für die untergebrachten Kinder gezahlte Unterhalt dient ebenfalls nicht der Vergütung der von den Eheleuten erbrachten Dienste. Auch das Belegungsgeld (Erziehungsgeld) hat nicht die Qualität eines Entgelts. Die Eheleute erhalten bei voller Belegung (3 Kinder) nur jeweils 711,00 EUR pro Platz/Monat, also 23,00 EUR/Tag. Damit hat das Belegungsgeld den Charakter einer Aufwandsentschädigung, nicht aber den einer Vergütung. Hinzukommt, dass die Klägerin und ihr Ehemann diese Einnahmen unter Bezugnahme auf § 3 Nr. 11 EStG (Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung unmittelbar zu fördern) nicht versteuern.

Aus dem Umstand, dass eine Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV nicht vorliegt, folgt für die Kammer im vorliegenden Fall nicht, dass die Klägerin einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht, denn auch für diesen Typus fehlt es an den notwendigen Merkmalen. In Abweichung von der Rechtsprechung ist das Gericht der Meinung, dass aus "nicht beschäftigt" nicht zwingend "selbständig" folgen muss.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und folgt der Entscheidung über die Hauptsache.

4. Diese Entscheidung ist gem. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG anfechtbar, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt.
Rechtskraft
Aus
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