S 1 U 3686/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 3686/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Einhaltung von MAK-Werten steht Anerkennung einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung als Berufskrankheit nicht entgegen.

§ 9 Abs. 3 SGB VII enthält die gesetzliche Vermutung eines Ursachenzusammenhangs zwischen beruflichen Einwirkungen und einer Listenerkrankung der Anl. 1 zur BKV beim Ausschluss außerberuflicher, unversicherter Konkurrenzursachen
Der Bescheid vom 17. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Oktober 2015 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, bei der Klägerin eine "schwergradige chronische obstruktive Lungenerkrankung mit chronisch respiratorischer Partialinsuffizienz" als Berufskrankheit der Nummer 4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen. Die Beklagte erstattet der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer chronisch obstruktive Lungenerkrankung als Berufskrankheit (BK) der Nr. 4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Die 1979 geborene Klägerin absolvierte - eigenen Angaben zufolge - von 1996 bis 2000 eine Ausbildung zum Elektroinstallateur bei der M. B. mbH. Ab dem 31.10.2000 bis zum Beginn ihrer Arbeitsunfähigkeit am 24.03.2014 war sie, zunächst für ein Jahr im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses, bei der Firma St. GmbH, W., einem Unternehmen zur Herstellung von Robotersystemen für die Automobil- und Zweiradindustrie, als Energie-Anlagenelektronikerin beschäftigt. Ihr Aufgabengebiet umfasste die Montage elektronischer Steuermodule mittels Einbaus von Schaltern, Steckern, Kabeln und Leitungsummantelungen in vorgefertigte Metallgehäuse. Die Kontakte waren dabei zum Teil im Weichlötverfahren mit Hilfe eines elektronischen Kolbenlötgerätes zu verlöten. Bis etwa zum Jahr 2011 kam dabei Röhrenlot auf Blei-Zinn-Basis zum Einsatz; danach verwendete die Firma St. ein Kupfer-Zinnlot und ein Kupfer-Silber-Zinnlot. Absaugvorrichtungen am Arbeitsplatz der Klägerin waren nicht vorhanden.

Wegen Atemwegsbeschwerden befand sich die Klägerin vom 27.03. bis zum 07.04.2014 in stationärer Behandlung der Klinik für Innere Medizin 4 der X.-Krankenhäuser, K ... Als Gesundheitsstörung diagnostizierten die Ärzte eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung Gold IV, Gruppe C, sowie eine pulmonal arterielle Hypertonie, Klasse III (chronische Lungenerkrankung), außerdem eine chronische Sensibilisierung auf Vogelfedern und -kot (vgl. Entlassungsbericht vom 07.04.2014). Daran schlossen sich weitere stationäre und ambulante Maßnahmen der Klägerin in der Klinik für Innere Medizin V des Universitätsklinikums Y. an (vgl. u.a. Entlassungsbericht vom 10.06.2014). Die dortigen Ärzte erachteten eine Verursachung einer schweren obstruktiven Ventilationsstörung durch berufliche Expositionen gegenüber Lötzinn und Ölnebeln für möglich (vgl. Arztbrief vom 26.08.2014) und erstatteten deshalb mit Schreiben vom 22.07.2014 eine Verdachtsanzeige auf das Vorliegen einer BK. Die Klägerin gab hierzu im Fragebogen vom 11.09.2014 ergänzend u.a. an, vor rund 10 Jahren seien erstmals Atembeschwerden aufgetreten. Die Ärzte hätten diese Gesundheitsstörungen jedoch unter der Diagnose eines Asthma bronchiale behandelt. Die Beschwerden seien besonders während der Arbeit und unter Belastung aufgetreten und zwischenzeitlich permanent vorhanden. Die Lötarbeiten habe sie täglich über mehrere Stunden je Arbeitsschicht verrichten müssen.

Hierzu leitete die Beklagte weitere medizinische (u.a. Auskunft des Allgemeinmediziners Dr. L., Beizug der Aktenunterlagen der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (u.a. Vorerkrankungsverzeichnis und Entlassungsbericht der Klinik B. R. vom November 2014 )) und arbeitstechnische Ermittlungen (u.a. Auskunft der Firma St.) ein. Ihr Präventionsdienst führte in seiner Stellungnahme vom 02.10.2014 zusammenfassend aus, die beim Weichlöten aus Blei und Zinn bzw. den dabei verwendeten Flussmitteln freigesetzten Gefahrstoffe unterschritten auch bei Arbeiten ohne Absaugvorrichtungen den Grenzwert für eine Gesundheitsgefährdung in Bezug auf eine Lungenerkrankung. Der Gewerbearzt Dr. S. verneinte deshalb eine BK der Nr. 4302, weil die Klägerin die erforderlichen arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfülle (vgl. Stellungnahme vom 15.10.2014). Auf Einwände der Klägerin, der Präventionsdienst der Beklagten sei von einer arbeitstäglichen Schadstoffbelastung von lediglich 30 Minuten ausgegangen, während sie tatsächlich 50 % ihrer täglichen Arbeitszeit, teilweise auch samstags, mit Lötarbeiten verbracht habe, führte der Präventionsdienst am 10.12.2014 ergänzend aus, die von ihm dargestellten Belastungswerte seien repräsentativ für eine Schichtlänge, mithin auch für Lötarbeiten von bis zu 50 % je Arbeitsschicht. An dieser Auffassung hielt der Präventionsdienst in seiner weiteren Stellungnahme vom 11.05.2015 fest. Gestützt auf das Ermittlungsergebnis lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK der Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV mit der Begründung ab, die Klägerin sei während ihrer Berufstätigkeit keinen chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen ausgesetzt gewesen, die geeignet gewesen seien, eine obstruktive Atemwegserkrankung zu verursachen. Die Belastungen durch Arbeitsstoffe, insbesondere durch Blei- und Zinnverbindungen in der Raumluft, hätten deutlich unter den gültigen Grenzwerten bzw. unter der Nachweisgrenze des Analyseverfahrens gelegen. Auch der Verlauf der Erkrankung spreche gegen eine berufliche Verursachung. Die Klägerin habe selbst angegeben, die Schadstoffbelastung sei durch räumliche und technische Änderungen in früheren Jahren höher als zuletzt gewesen. Bei einer Arbeitsplatz bezogenen Erkrankung wäre jedoch ein Beginn der Erkrankung mit Beschwerden am Arbeitsplatz zu einem Zeitpunkt zu erwarten gewesen, zu dem die Exposition intensiver gewesen sei. Außerdem bestehe kein Zwang zur Unterlassung der versicherten Tätigkeit, weil durch technische Maßnahmen (Einsatz von Lötkolben mit integrierter Absaugung) eine weitere Schadstoffreduzierung möglich sei (Bescheid vom 17.06.2015, Widerspruchsbescheid vom 22.10.2015).

Deswegen hat die Klägerin am 13.11.2015 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, nach Auffassung der sie behandelnden Ärzte sei ihre Lungenerkrankung ursächlich auf berufliche Schadstoffeinwirkungen zurückzuführen. Wegen ihrer Lungenfunktionsstörung sei ihr gesundheitliches Leistungsvermögen inzwischen aufgehoben. Zur Stützung ihres Klagebegehrens legt die Klägerin einen Arztbrief des Universitätsklinikums Y. vom November 2015 sowie das für den Rentenversicherungsträger erstellte Gutachten des Internisten Dr. Z. vor.

Die Kammer hat zunächst zu Beweiszwecken schriftliche Auskünfte der behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen eingeholt: Der Internist Dr. B. hat bekundet, er habe die Klägerin wegen einer Rechtsherzbelastung behandelt. Eine chronische Atemwegserkrankung habe er nicht diagnostiziert. Seine Auskunft hat Dr. Baumanns eigene Arztbriefe beigefügt. Der Internist und Pneumologe Dr. V. hat über eine schwerste obstruktive Atemwegserkrankung mit sauerstofflichtiger respiratorischer Insuffizienz und pulmonal-arterieller Hypertonie berichtet. Die Ursache der obstruktiven Ventilationsstörung sei nicht eindeutig bekannt. Prof. Dr. W., Oberärztin der Klinik für Innere Medizin V des Universitätsklinikums Y., hat ausgeführt, die Klägerin leide an einer schweren chronischen Atemwegsobstruktion mit sehr leisem Atemgeräusch, einer deutlich eingeschränkten Lungenfunktion mit Werten zwischen 27% und 35 % des Solls und einem Residualvolumen von 315 % des Solls als Hinweis für eine ausgeprägte Überblähung. Gleichzeitig beständen eine ausgeprägte Einschränkung der Diffusionskapazität, eine Hypoxämie und begleitend darüber hinaus eine schwere präkapilläre pulmonale Hypertonie. Das Krankheitsbild der Klägerin sei ungewöhnlich. Ein lediglich geringer Nikotinabusus sei angesichts des jungen Alters der Klägerin als Ursache der Lungenerkrankung auszuschließen. Gleiches gelte für die in der Vergangenheit erfolgte Vogelhaltung. Denn insoweit wäre keine obstruktive, sondern eine restriktive Ventilationsstörung zu erwarten gewesen. Da überdies eine Therapie mit oralen Steroiden keine Besserung der Lungenfunktion bewirkt habe, komme weder eine exogen allergische Alveolitis noch ein Asthma bronchiale als Diagnose in Frage. Ihrer Auskunft hat Prof. Dr. W. weitere Arztunterlagen, u.a. den eigenen Arztbrief vom Februar 2016, beigefügt.

Sodann hat im Auftrag des erkennenden Gerichts von Amts wegen der Internist und Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde sowie Arbeitsmedizin Dr. P. ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Dieser hat als Gesundheitsstörungen eine schwergradige chronisch obstruktive Lungenerkrankung, eine chronisch respiratorische Partialinsuffizienz mit Sauerstoff-Langzeittherapie und eine schwergradige pulmonale Hypertonie diagnostiziert. Diese Gesundheitsstörung sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf berufliche Schadstoffeinwirkungen der Klägerin bei ihrer Tätigkeit als Energieanlagenelektronikerin zurückzuführen. Da hierdurch das gesundheitliche Leistungsvermögen insgesamt aufgehoben sei, sei die Klägerin auch gezwungen gewesen, wegen ihrer Lungenerkrankung die Tätigkeit als Energie-Anlagenelektronikerin aufzugeben. Der zunächst als Ursache der Lungenerkrankung geäußerte Verdacht auf eine sogenannte Vogelhalterlunge habe sich im weiteren Verlauf nicht bestätigt. Auch Zigarettenkonsum und ein genetischer Defekt seien als Ursache sicher auszuschließen. Schließlich seien auch keine Hinweise für ein allergisches Asthma bronchiale als Ursache der Lungenerkrankung zu objektivieren. Der Verlauf der Erkrankung spreche nicht gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Arbeitsplatzexposition und der Erkrankung. Denn die schwergradige Obstruktion und Lungenüberblähung sei bereits bei Diagnosestellung nicht reversibel gewesen, was für eine dauerhafte, strukturelle Schädigung der Bronchen bzw. der Lungen spreche. Zwar sei die genaue Intensität der berufsbedingten Schadstoffexposition der Klägerin nicht bekannt und lasse sich aus verschiedenen Gründen (Umzug der Firma in ein neues Gebäude im Jahr 2008, fehlende Unterlagen zu den vor 2011 verwendeten Röhrenloten) auch nicht abschließend klären. Allerdings sei die Festlegung eines gesundheitlich unbedenklichen unteren Grenzwertes aufgrund unterschiedlicher individueller Empfindlichkeiten für gleiche Schadstoffdosen nicht möglich. Nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen könnten auch toxisch-irritative Schadstoffexpositionen im Niedrigkonzentrationsbereich eine arbeitsbedingte Atemwegserkrankung verursachen. Die Unterschreitung von MAK-Werten für einzelne Stoffe stehe der Annahme der Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs hier ebenfalls nicht entgegen. Denn beim Weichlöten entstehe als Lötrauch ein sehr komplexes Gemisch verschiedener inhalativ-toxisch wirkender Gefahrstoffe, die nicht selten zu Summationseffekten der schädigenden Stoffe führten. Vor dem Hintergrund des ungewöhnlichen Krankheitsbildes und -verlaufs mit einer für das Alter der Klägerin sehr ausgeprägten Lungenerkrankung ohne feststellbare konkurrierende, nicht berufsbedingte Ursache erachte er einen ursächlichen Zusammenhang für hinreichend wahrscheinlich. An dieser Auffassung hat Dr. P. auf Einwände der Beklagten in einer ergänzenden Stellungnahme festgehalten.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 17. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Oktober 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihre Lungenerkrankung als Berufskrankheit der Nr. 4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erachtet die angefochtenen Bescheide unter Vorlage beratungsärztlicher Stellungnahmen des Facharztes für Arbeitsmedizin Dr. L. für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG); zur Zulässigkeit des Wahlrechts der Versicherten zwischen einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage und einer Anfechtungs- und Feststellungsklage vgl. u.a. BSG vom 15.05.2012 - B 2 U 8/11 R -, Rdnr. 13 m.w.N. (Juris)) zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtwidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Zu Unrecht hat es die Beklagte abgelehnt, die Lungenerkrankung der Klägerin als BK der Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.

1. Rechtsgrundlage des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs ist § 9 Abs. 1 S. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII). Danach sind BKen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann BKen sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung oder die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können (§ 9 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Eine der in § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII definierten Krankheiten nimmt die BKV mit den sogenannten Listenkrankheiten vor. Hierzu gehören nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen. Zusätzliche Voraussetzung dieser BK ist, dass die obstruktive Atemwegserkrankung zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Abs. 1 genannten BK ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, dass diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist (§ 9 Abs. 3 SGB VII).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der die Kammer folgt, ist für die Anerkennung einer Listen-BK (Versicherungsfall; § 7 Abs. 1 SGB VII) erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt demgegenüber die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Dass die berufsbedingte Erkrankung gegebenenfalls den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK, wohl aber für eine Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. u.a. BSG vom 23.04.2015 - B 2 U 10/14 R -, Rdnr. 10 und BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 11/14 R -, Rdnr.10, jeweils m.w.N. (jeweils Juris)).

2. Gemessen daran hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Unrecht abgelehnt, die Gesundheitsstörung der Klägerin auf lungenfachärztlichem Gebiet als BK der Nr. 4302 anzuerkennen. Für diese Überzeugung stützt sich die Kammer auf die wohlbegründeten, kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen des Sachverständigen Dr. P. sowie die damit - im Ergebnis - übereinstimmenden glaubhaften Bekundungen der sachverständigen Zeugin Prof Dr. W ... Danach erfüllt die Klägerin sowohl die arbeitstechnischen (dazu nachfolgend unter a)) als auch die arbeitsmedizinischen (dazu nachfolgend unter b)) Voraussetzungen der streitigen BK Nr. 4302. Schließlich war die Klägerin wegen ihrer berufsbedingten Atemwegserkrankung gezwungen, ihre versicherte Tätigkeit als Energie-Anlagenelektronikerin aufzugeben (dazu nachfolgend unter c)).

a) Die Klägerin erfüllt - entgegen der Auffassung der Beklagten - zunächst die arbeitstechnischen Voraussetzungen der streitigen BK. Denn sie war nach den Darlegungen des Präventionsdienstes der Beklagten bei ihrer versicherten Tätigkeit als Energie-Anlagenelektronikerin - konkret: beim Verlöten elektrischer Kontakte im Rahmen des Schaltschrankbaus - schädigenden Einwirkungen aus dem zum Einsatz gekommenen Röhrenlot in Form freigesetzter Schadstoffe aus Blei und Zinn sowie seinen Verbindungen, außerdem Schadenstoffen aus den im Röhrenlot enthaltenen Flussmitteln wie Formaldehyd, Acetaldehyd, Acrylaldehyd und Butyraldehyd ausgesetzt. Dabei ist mit Dr. P. insbesondere das atemwegsschädigende Potenzial von Weichlot sowohl auf Zinn- als auch auf Bleibasis bekannt. Wesentliches Problem sind dabei die verwandten Flussmittel - hier nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 14.12.2016: Kolophonium , ein in Alkohol gelöstes Harz. Dass nach den weiteren Ausführungen des Präventionsdienstes selbst unter Berücksichtigung der konkreten räumlichen Verhältnisse am Arbeitsplatz, der fehlenden Absaugvorrichtungen und eines Zeitanteils der Lötvorgänge von bis zu 50 % je Arbeitsschicht die MAK-Grenzwerte der einzelnen Gefahrstoffe "deutlich unterschritten" gewesen seien, steht der Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht entgegen. Denn diese Angaben des Präventionsdienstes beruhen schon nicht auf konkreten Messungen am Arbeitsplatz der Klägerin, weshalb der Kammer eine gerichtsfeste Nachprüfung dieser bloßen Behauptung nicht möglich ist. Entsprechende Schadstoffmessungen lassen sich im Übrigen auch nicht mehr nachholen. Denn bereits im Jahr 2008 wurden in dem Produktionsgebäude des früheren Arbeitgebers bauliche Veränderungen bzw. ein Umzug vorgenommen; außerdem sind mangels konkreter Unterlagen beim früheren Arbeitgeber die bis 2011 zum Einsatz gekommenen Lötmaterialien nicht mehr konkret feststellbar. Zu Recht weist der Sachverständige Dr. P. ferner darauf hin, dass arbeitsbedingte Atemwegserkrankungen nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen auch durch toxisch-irritative Schadstoffe im Niedrigkonzentrationsbereich, d.h. auch unterhalb der Grenzwerte, verursacht werden können und allmählich zu Krankheitssymptomen führen. Dies ergibt sich auch aus Nr. 2.8 der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte" und Nr. 2 Abs. 6 der Technischen Regeln 406 für biologische Arbeitsstoffe und Gefahrstoffe "Sensibilisierende Stoffe für die Atemwege", denen zufolge die Einhaltung von Arbeitsplatzgrenzwerten für Gefahrstoffe nicht zuverlässig vor deren sensibilisierender Wirkung schützt (vgl. auch Magiera in Betriebliche Prävention 2016, S. 466, 467). Der Arbeitsplatzgrenzwert gibt nach der Definition in § 2 Abs. 8 S. 2 der Gefahrstoffverordnung (BGBl. I 2010 S. 1643) allein an, bis zu welcher Konzentration eines Stoffes akute oder chronische schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Beschäftigten "im Allgemeinen" nicht zu erwarten sind; er schließt daher schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit im Einzelfall nicht von vorn herein aus. Überdies gelten die vom Präventionsdienst der Beklagten hergezogenen MAK-Werte nur für einzelne Stoffe. Dagegen entsteht im Anschluss an die auch insoweit überzeugenden Darlegungen des Dr. P. als Lötrauch ein sehr komplexes Gemisch verschiedener inhalativ-toxisch wirkender Gefahrstoffe, aus dem nicht selten Summationseffekte der verschiedenen schädigenden Arbeitsstoffe reduzieren, die zeitgleich oder zeitversetzt auftreten. Dies räumt im Ergebnis auch der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. L., ein. Schließlich setzt die hier streitige BK Nr. 4302 im Tatbestand zu ihrer Anerkennung keine konkrete Belastungsdosis voraus. Auch das Merkblatt zu dieser BK (vgl. Bekanntmachung des damaligen Bundesministeriums für Arbeit vom 10.07.1979 in BArbBl. 7/8/1979, S. 74) enthält keine Hinweise für einen dem entsprechenden medizinischen Konsens. Dort wird zwar unter "I. Gefahrenquellen" ausgeführt, dass im Einzelfall Intensität und Dauer der Einwirkung zu berücksichtigen sind, immer aber auch mit der Möglichkeit einer individuellen Empfindlichkeitssteigerung zu rechnen ist. Vor diesem Hintergrund hegt die Kammer keine Zweifel, dass die Klägerin die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 4302 erfüllt.

b) Sie leidet darüber hinaus nach den - im Ergebnis - übereinstimmenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. wie auch der sachverständigen Zeugin Prof. Dr. W. und Dr. V. an einer schweren Atemobstruktion mit hochgradiger Einschränkung des FEV 1-Wertes (forciertes Exspirationsvolumen in der ersten Sekunde) auf 29 % des Sollwertes sowie einer Einschränkung der Vitalkapazität auf 63 % des Sollwertes; außerdem bestehen eine respira-torische Partialinsuffizienz, d.h. ein erniedrigter Sauerstoffpartialdruck, und eine schwergradige sekundäre, d.h. als Folge der chronischen Lungenerkrankung aufgetretene pulmonale Hypertonie. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und unzweifelhaft.

Diese Gesundheitsstörungen sind auch - entgegen der Beklagten - mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf die schädigenden Einwirkungen zurückzuführen, denen die Klägerin bei ihrer versicherten Tätigkeit als Energie-Anlagenelektronikerin ausgesetzt war. Für diese Überzeugung stützt sich die Kammer auf die auch insoweit überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. P ...

aa) Zutreffend führt der gerichtliche Sachverständige aus, dass nach den glaubhaften anamnestischen Angaben der Klägerin bereits im Jahr 2006 erste Atemwegsbeschwerden aufgetreten waren, die seither im Wesentlichen unter Einsatz hoher Cortisongaben medikamentös behandelt werden. Dennoch kam es am Arbeitsplatz und unter Belastung weiterhin zu Atemnotanfällen, die im Frühjahr 2014 deutlich exazerbierten und zu wiederholten stationären Behandlungen in den X.-Kliniken, K., und dem Universitätsklinikum Y. wie auch ambulanten Behandlungen führten. Überzeugend hat Dr. P. außerdem dargelegt, dass außerberufliche Ursachen vorliegend auszuschließen sind: der in den Entlassungsberichten der X.-Kliniken vom 07.04.2014 und des Universitätsklinikums Y. vom 10.06.2014 zunächst geäußerte Verdacht auf eine sogenannte Vogelhalterlunge bestätigte sich im weiteren Verlauf der Behandlung nicht. Denn nach den auch insoweit übereinstimmenden Darlegungen von Dr. P. und Prof. Dr. W. wäre in diesem Fall keine obstruktive, sondern eine restriktive Ventilationsstörung zu erwarten gewesen. Auch führte die eingeleitete Therapie mit oralen Steroiden nicht zu einer Besserung der Lungenfunktion - dies selbst nach Beendigung der vermeintlichen kausalen Exposition, d.h. der Abschaffung der Vögel -, weshalb eine exogen allergische Alveolitis als Ursache der Lungenerkrankung der Klägerin sicher auszuschließen ist. Die während des stationären Aufenthaltes in den X.-Kliniken nachgewiesenen gering erhöhten IgG-Antikörper u.a. für Kanarienvögel, Papagei und Wellensittich besitzen keinen Krankheitswert, sondern belegen nach den glaubhaften Bekundungen von Prof. Dr. W. und den Darlegungen des Sachverständigen Dr. P. allein, dass die Klägerin vorübergehend - hier konkret: Ein Jahr lang - Kontakt mit Vögeln hatte. Auch die zu Beginn der Behandlungsserie stattgefundene bildgebende Diagnostik wie auch das Ergebnis der bronchoalveolären Lavage belegen keine exogen allergische Alveolitis. Auch hierauf haben Dr. P. und Prof. Dr. W. übereinstimmend hingewiesen.

bb) Auch ein jahrelanges inhalatives Rauchen als der mit Abstand, d.h. über 90 %, häufigsten Ursache einer obstruktiven Lungenerkrankung, lag nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht vor. Denn die Klägerin hat ihren glaubhaften eigenen Angaben zufolge bis Ende des Jahres 2001 nur rund fünf Jahre und nur in relativ geringem Umfang, d.h. maximal zehn Zigaretten täglich, geraucht. Ein solcher Konsum ist jedoch nach den - übereinstimmenden - Ausführungen der Dres. P. und V. nicht geeignet, bereits in jungen Jahren eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit einem solch massiven Schaden wie bei der Klägerin auszulösen.

cc) Weiter bestehen mit Dr. P. aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens keine Anhaltspunkte für einen genetischen Defekt mit Verminderung des lungenschützenden Alpha-1-Antikrypsins oder für eine autoimmune Genese. Hierauf hatten bereits die Ärzte der X.- Kliniken, K., im Entlassungsbericht vom 07.04.2014 hingewiesen und einen Alpha-1-Antikrypsinmangel laborchemisch ausgeschlossen.

dd) Auch für ein allergisches Asthma bronchiale als Ursache der Lungenerkrankung ergeben sich mit Dr. P. keine Hinweise. In diesem Fall wäre zumindest eine teilweise Reversibilität der Einengung der Atemwege (Obstruktion) zu fordern, die bei der Klägerin jedoch selbst unter hochdosierter Kortison-Therapie nicht eingetreten war. Auch die nach dem Entlassungsbericht der X.-Kliniken, Karlsruhe, vom April 2014 nachgewiesene fehlende Erhöhung von Stickstoffoxyd (NO) in der Ausatemluft spricht mit Dr. P. gegen das Vorliegen eines Asthma bronchiale. Schließlich ergeben sich bei der Klägerin weder klinisch noch laborchemisch Hinweise auf eine einem Asthma zugrundeliegende Allergie; so lag der unspezifische Allergiemarker IgE z.B. während des Aufenthalts in den X.-Kliniken als auch bei der Untersuchung und Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. P. mit 27,40 U/ml bzw. 19 kU/l deutlich unterhalb des Referenzwertes von 100 und waren die während des Heilverfahrens in der Klinik B. R. im Herbst 2014 bestimmten spezifischen Antikörper-Werte für die wichtigsten ubiquitären Allergene wie Pollen, Hausstaubmilben, Schimmelpilze, Katzen- und Hundeschuppen sämtlich negativ.

ee) Auch eine familiär bedingte Disposition für das Auftreten einer chronisch obstruktive Lungenerkrankung erachtet die Kammer aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens nicht für erwiesen. Soweit die Klägerin gegenüber den Ärzten des Universitätsklinikums Y. angegeben hatte, dass Verwandte von ihr (Tanten) unter Asthma bronchiale litten (vgl. Arztbrief vom 22.04.2016), führt dies schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil zum einen die Klägerin gerade nicht an einem Asthma bronchiale leidet (vgl. insoweit oben unter dd)), zum anderen nach ihren anamnestischen Angaben gegenüber Dr. P. die Mutter und die Schwester der Klägerin jeweils gesund sind. Der mit 47 Jahren sehr jung an Lungenkrebs verstorbene Vater der Klägerin war demgegenüber Raucher und im Braunkohletagebau tätig. Ein möglicherweise schädigendes Passivrauchen auf Seiten der Klägerin kann deshalb allenfalls für eine sehr kurze Zeit stattgefunden haben und führte auch nicht zu Atemwegsbeschwerden. Denn vor dem erstmaligen Auftreten von Luftnot etwa im Jahr 2006 hat die Klägerin ihren glaubhaften anamnestischen Angaben gegenüber Dr. P. zufolge, abgesehen von gelegentlichen Bronchitiden, nie Lungenprobleme gehabt (vgl. dazu nachfolgend auch unter ff)).

ff) Schließlich enthält auch das vom Beklagten im Verwaltungsverfahren von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See beigezogene Vorerkrankungsverzeichnis keinen Hinweis auf eine außerberufliche Krankheitsursache; vielmehr sind dort für die Zeit von November 1996 bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 24.03.2014 lediglich fünf jeweils kurzzeitige (2 bis 4, in einem Einzelfall auch 10 Tage) andauernde Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen akuter Infekte der oberen Luftwege bzw. der Bronchen vermerkt.

gg) Lassen sich damit Anhaltspunkte für eine Verursachung der schwergradigen Lungenfunktionserkrankung der Klägerin außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht feststellen, wird bei - wie hier - Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen gemäß § 9 Abs. 3 SGB VII ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Einwirkungen infolge der versicherten Tätigkeit und einer Gesundheitsstörung im Sinne einer Listenerkrankung der BKV vermutet.

Diese Vermutung wird durch den Verlauf der Krankheit der Klägerin nicht widerlegt, wie der Sachverständige Dr. P. auch insoweit zutreffend dargelegt hat. Denn - entgegen den Bekundungen der sachverständigen Zeugin Prof. Dr. W. - ist es selbst nach Aufgabe der versicherten Tätigkeit im März 2014 zu keiner signifikanten Verbesserung der Lungenfunktion gekommen; vielmehr zeigen die seither bei verschiedenen Untersuchungen, Heilbehandlungen und Begutachtungen erhobenen Lungenfunktionsparameter nur geringe Schwankungen. Dies belegt, dass die schwergradige Obstruktion und Lungenüberblähung bereits im Zeitpunkt der Diagnosestellung im März 2014 nicht mehr reversibel war. Dies spricht mit Dr. P. für eine dauerhafte, strukturelle Schädigung der Bronchen bzw. der Lunge. Unter Auswertung medizinisch-wissenschaftlicher Fachliteratur weist der Sachverständige überdies darauf hin, dass eine durch chemisch-irritativ und toxisch wirkende Stoffe verursachte allmähliche strukturelle und nicht reversible Schädigung der Lunge und der Bronchen nicht ungewöhnlich ist. Auch der Umstand, dass die aus der schwergradigen Lungenerkrankung resultierende Symptomatik erst zu einem Zeitpunkt aufgetreten ist, als mit Blick auf die Verwendung anderer Lotsubstanzen seit 2012 eine im Vergleich zu früher niedrigere Schadstoff-Exposition vorlag, spricht nicht gegen einen Kausalzusammenhang zwischen berufsbedingten Schadstoffexpositionen und der Lungenerkrankung. Insbesondere ist - dies räumt auch der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. L., ein - nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen ein direkter Arbeitsbezug der Beschwerden bei einer chronischen Lungenerkrankung nicht zwingend. Denn - hierauf weist Dr. P. zutreffend hin - selbst bei einer schweren chronisch obstruktive Lungenerkrankung können lange keine oder nur geringe klinisch fassbare Symptome bestehen und erst spät, oft erst mit dem Auftreten von Folgekomplikationen (im Fall der Klägerin dem Auftreten einer Hypoxämie und einer dadurch bedingten sekundären pulmonalen Hypertonie) relativ rasch zu einer dramatischen klinischen Verschlechterung führen. Überdies spricht auch der Umstand, dass seit dem Ende der beruflichen Schadstoffexposition im März 2014 keine weitere Verschlechterung der Lungenfunktion eingetreten ist, mit Dr. P. für die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Lungenerkrankung und beruflichen Expositionen.

c) Schließlich war die Klägerin wegen der Folgen ihrer berufsbedingten Lungenerkrankung auch gezwungen, mit Beginn ihrer Arbeitsunfähigkeit am 24.03.2014 die schädigende Tätigkeit als Energieanlagenelektronikerin zu unterlassen. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer außer den auch insoweit überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. P. bereits aus dem Arztbrief des Universitätsklinikums Y. vom 04.11.2015, dem zufolge die Klägerin "später keinerlei beruflicher Schadstoffexposition ausgesetzt sein (sollte)". Aus dem für den Rentenversicherungsträger erstellten Gutachten des Internisten Dr. Z. ergibt sich überdies, dass eine wesentliche Besserung der lungenfunktionellen Befunde eher nicht zu erwarten ist und selbst für körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ein gesundheitliches Leistungsvermögen von weniger als 3 Stunden bestand, weshalb die Klägerin derzeit - befristet bis März 2017 - Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung erhält. Bestätigt wird der Unterlassungszwang außerdem durch die glaubhaften Bekundungen der sachverständigen Zeugin Prof. Dr. W., denen zufolge die Klägerin keinerlei beruflichen Schadstoffbelastungen ausgesetzt werden darf.

3. Anders ist auch nicht aufgrund der beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. L. zu entscheiden. Denn dessen Ausführungen erachtet die Kammer aufgrund der überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. P. in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme als widerlegt. Überdies hat Dr. P. - anders als Dr. L. - die Klägerin persönlich untersucht und begutachtet, weshalb das Gericht seinen Darlegungen einen höheren Beweiswert zumisst.

4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und war dem Begehren der Klägerin in vollem Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Absätze 1 und 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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