L 5 AS 649/16 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 7 AS 2974/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 649/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren während des Bezugs von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der Kosten für den Austausch einer Heizungsanlage.

Der 1972 geborene Antragsteller zu 1) und die 1981 geborene Antragstellerin zu 2) sind Partner und die Eltern des 2010 geborenen Antragstellers zu 3) sowie des 2013 geborenen Antragstellers zu 4). Alle Antragsteller hatten bis zum 1. Oktober 2015 in M ... gewohnt und waren dann in die K ...straße ... nach A ... gezogen.

Der Antragsteller zu 1) und die Antragstellerin zu 2) hatten im Juli 2015 ein insgesamt 1.128 qm großes Grundstück in A ... (K ...straße ...) gekauft. Geschlossen worden war ein "Grundstückskaufvertrag mit Auflassung zugunsten Dritter", weil die Zahlungen auf den Kaufpreis nicht die Eigentümer des Grundstücks, sondern die Voreigentümerin erhalten sollte. Der Kaufpreis von 40.000 EUR sollte mit 6 % verzinst und in 94 Raten von 530 EUR sowie einer Schlussrate von 523,99 EUR bezahlt werden. § 4 Abs. 1 des Kaufvertrags enthält folgende Formulierung: "Der Käufer hat den Kaufgegenstand besichtigt. Er kauft ihn im gegenwärtigen, gebrauchten, sanierungsbedürftigen Zustand". Der Besitzübergang sollte mit der Zahlung der ersten Rate erfolgen. Erklärungen zum Weg zur Auflassung – z.B. zu Informationspflichten der Voreigentümerin über die Zahlung des vollständigen Kaufpreises an die Eigentümer – enthält der Vertrag nicht. Infolge des Kaufvertrags erfolgte die Eintragung einer Eigentumsüberlassungsvormerkung zugunsten des Antragstellers zu 1) und der Antragstellerin zu 2) am 14. September 2015.

Das Grundstück ist nach den Angaben der Antragsteller mit einem Einfamilienhaus mit 120 qm Wohnfläche bebaut. Die Berechnung der Wohngebäudeversicherungsbeiträge erfolgt auf der Grundlage einer Wohnfläche von 135 qm. Nach den Angaben der Antragsteller werden 10 qm des Gebäudes gewerblich genutzt. Das Haus wird mit Gas beheizt. Die Warmwassererwärmung erfolgt dezentral über Strom.

Der Antragsteller zu 1) und die Antragstellerin zu 2) sind als Fotografen selbstständig tätig. Für die Antragsteller zu 3) und 4) wird Kindergeld gezahlt.

Im Antrag auf Leistungen nach dem SGB II vom 7. Januar 2016 gab der Antragsteller zu 1) an, der Verkehrswert des Grundstücks betrage 40.000 EUR. So hoch seien auch die Belastungen.

Der Antragsgegner bewilligte Leistungen nach dem SGB II ab Januar 2016 (vorläufig) unter Berücksichtigung von in den Kaufpreisraten enthaltenen Zinsen.

Bereits am 14. März 2016 übersandte der Antragsteller zu 1) dem Antragsgegner zwei Angebote aus März 2016 für den Austausch der Heizkesselanlage. Die Endsumme aus dem Angebot der M ... H GmbH belief sich auf 6.718,42 EUR, diejenige aus dem Angebot der Sanitär- und Heizungsbau GmbH W ... auf 8.624,81 EUR. Für weitere Einzelheiten der Angebote wird auf Blatt 197 und 198 f. der Verwaltungsakten Bezug genommen.

Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller zu 1) mit, dass er eine Bestätigung über die nicht mehr mögliche Reparatur und den dringend notwendigen Einbau einer neuen Heizungsanlage benötige. Weiter forderte er mit Schreiben vom 4. April 2016 einen dritten Kostenvoranschlag und erklärte, ein Außendienstmitarbeiter werde die Notwendigkeit der Reparatur ermitteln. Der Antragsteller zu 1) übermittelte nochmals das Angebot der M ...H GmbH, nunmehr mit dem Zusatz: "Kesseltausch ist nötig da der Reparaturstau an der Altanlage wirtschaftlich nicht vertretbar ist". Am 18. April 2016 legte er Widerspruch gegen das Schreiben vom 4. April 2016 ein: Die Kosten für die Erneuerung der defekten Heizungsanlage seien zu übernehmen. Am 19. April 2016 erklärte er nach einem Aktenvermerk des Antragsgegners, er erwarte die Zahlung der gesamten Summe als Zuschuss und wolle kein Darlehen.

Mit Bescheid vom 19. April 2016 lehnte der Antragsgegner die Gewährung eines Zuschusses zum Austausch der Heizung ab. Ein Zuschuss sei in Höhe von 1.487,78 EUR möglich. Diesen Betrag überstiegen die eingereichten Angebote. Eine Übernahme des Restbetrags als Darlehen habe der Antragsteller zu 1) abgelehnt. Sie scheitere im Übrigen daran, dass die Darlehensgewährung nur in Betracht komme, wenn der größere Teil der Aufwendungen bereits als Zuschuss anerkannt worden sei. Den Widerspruch gegen die Ablehnung der Übernahme der Kosten für die Erneuerung der Heizungsanlage wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2016 zurück. Gegen diese Entscheidung haben die Antragsteller am 6. Mai 2016 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben, die dort unter dem Aktenzeichen S 7 AS 1409/16 geführt wird.

Im Fortzahlungsantrag vom 14. Juni 2016 gaben die Antragsteller an, mit der selbstständigen Tätigkeit im ersten Halbjahr 2016 sei durch den Antragsteller zu 1) ein Verlust in Höhe von 1.308,08 EUR und durch die Antragstellerin zu 2) ein Verlust in Höhe von 5.678,61 EUR erwirtschaftet worden. Die Ausgaben für die selbstständige Tätigkeit beinhalten Raumkosten in Höhe von 747,56 EUR (Antragsteller zu 1) beziehungsweise 686,24 EUR (Antragstellerin zu 2). Die Antragsteller erklärten, Mehrausgaben seien durch private Darlehen aus dem Familienkreis gedeckt worden. Da diese in bar getätigt worden seien, gebe es keine Nachweise. Für das zweite Halbjahr 2016 rechne der Antragsteller zu 1) mit einem Gewinn von 137 EUR (bei Raumkosten in Höhe von monatlich 128 EUR) und die Antragstellerin zu 2) mit einem Verlust von 273 EUR (ebenfalls bei Raumkosten in Höhe von monatlich 128 EUR).

Der Antragsgegner bewilligte mit Bescheid vom 14. Juli 2016 (für Juli 2016 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 7. September und 24. Oktober 2016; für August bis Dezember 2016 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24. Oktober 2016) vorläufig Leistungen nach dem SGB II für Juli bis Dezember 2016. Dabei ließ er die geltend gemachten Raumkosten unberücksichtigt. Hiergegen wandten sich die Antragsteller mit ihrem Widerspruch vom 21. Juli 2016.

Bereits am 6. Juli 2016 haben die Antragsteller auf einen Hinweis des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Juni 2016 im Verfahren S 7 AS 1409/16 mitgeteilt, dass die Klage für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erhoben worden sei und gleichzeitig ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt werde. Sie haben vorgetragen: Der Austausch der Heizungsanlage führe nicht zu einer Wertsteigerung. Es handele sich nicht um eine Instandhaltung im Sinne des § 20 Abs. 1 SGB II, sondern lediglich um eine Gebäudereparatur, die nicht mit der Anschaffung von Haushaltsgegenständen gleichzusetzen sei. Eine Wohnung ohne funktionierende Heizung und Warmwasserbereitung habe keinen Wohnwert. Die defekte Heizungsanlage sei im Jahr 2000 installiert worden. Die Unterkunft sei angemessen. Von der Wohnfläche von 120 qm würden 20 qm gewerblich genutzt. Bislang seien Sanierungsarbeiten mit einem finanziellen Gesamtaufwand von 10.000 EUR durchgeführt worden. Es stünden noch Arbeiten zu einem Gesamtaufwand von etwa 1.500 EUR an. Auf Anfrage des Sozialgerichts zur Gewährung eines Darlehens hat der Antragsgegner ausgeführt: Aus seiner Sicht wären bei der Sanierung des Hauses andere Prioritäten zu setzen gewesen. Bei dem Kauf sei schon absehbar gewesen, dass erhebliche Mängel zu beseitigen und dafür Eigenmittel einzusetzen seien. Die derzeitige Situation hätten die Antragsteller selbst verschuldet. Außerdem könne aus der Mitteilung des Heizungsunternehmens M ... nicht geschlossen werden, dass eine Reparatur der Heizungsanlage nicht wirtschaftlich sei. Hier sei auch das wirtschaftliche Interesse des Heizungsunternehmers am Austausch der Kesselanlage zu bewerten. Hierauf haben die Antragsteller entgegnet: Beim Kauf des Hauses sei die Heizungsanlage funktionstüchtig gewesen. Sie seien davon ausgegangen, dass die Anlage eine Betriebsdauer von 30 Jahren habe. Ein Darlehen sei ihnen zwar angeboten worden, aber nicht in einer Höhe, mit der ein Austausch des Kessels hätte bewerkstelligt werden können.

Mit Beschluss vom 26. Oktober 2016 hat das Sozialgericht Magdeburg den Antrag abgelehnt: Es fehle an einem Anordnungsanspruch. Der begehrte Austausch der Heizungsanlage falle nicht unter § 22 Abs. 2 SGB II, weil er den angemessenen Bedarf übersteige. Maßgeblich sei, dass bereits bei Erwerb des Hauses ein erheblicher Investitionsbedarf erkennbar gewesen sei. Dem entsprechend seien bereits bei Erwerb der Immobilie offensichtlich unangemessene Kosten der Unterkunft angefallen. Der Erwerb habe die vorhandenen Mittel des Antragstellers zu 1) und der Antragstellerin zu 2) überstiegen und sei somit unwirtschaftlich gewesen. Der Ausgleich einer selbst verschuldeten finanziellen Situation zu Lasten der Allgemeinheit komme nicht in Betracht. Auch eine darlehensweise Leistungsgewährung sei nicht vorzunehmen. Bei Gewährung eines Darlehens und insgesamt unangemessenen Kosten der Unterkunft sei eine Abwägung vorzunehmen, bei der das Interesse des Leistungsberechtigten an der Beibehaltung des Lebensmittelpunkts den Interessen der Allgemeinheit, also des Steuerzahlers, gegenüberzustellen sei. Auch hier sei den Antragstellern vorzuhalten, dass sie Mittel für die Reparatur der Heizungsanlage hätten zurückbehalten müssen. Das sei offensichtlich nicht erfolgt, vielmehr sei Geld in andere Sanierungsarbeiten gesteckt worden. Daher gehe die Abwägung zu Lasten der Antragsteller aus. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht worden.

Dagegen haben die Antragsteller am 14. November 2016 Beschwerde beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt.

Sie tragen vor, es habe sich nicht um ein stark sanierungsbedürftiges Haus, sondern nur um ein sanierungsbedürftiges Haus gehandelt. Der Vorhalt, die finanzielle Lage durch die selbstständige Tätigkeit selbst verschuldet zu haben, sei unangebracht. Ein Anordnungsgrund liege in der begonnenen Heizperiode sowie der fehlenden Nutzbarkeit des Hauses ohne Heizung und Möglichkeit der Aufbereitung des Warmwassers. Bei der begehrten Übernahme der Kosten für die Heizungsreparatur handele es sich um einen von der Entscheidung über die Regelleistung und die laufenden Kosten der Unterkunft abtrennbaren Verfügungssatz.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Oktober 2016 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für den Austausch der Heizungsanlage zu übernehmen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er hält die Ausführungen des Sozialgerichts Magdeburg – auch zur selbstverschuldeten finanziellen Lage der Antragsteller – für zutreffend. Im Übrigen teilt er mit, angesichts angemessener Gesamtaufwendungen aus seiner Unterkunftsrichtlinie 1/2008 in der derzeit geltenden Fassung seien monatlich 464,10 EUR für Schuldzinsen und kalte Betriebskosten angemessen. Das entspreche einem Jahreswert von 5.559,20 EUR, von dem bereits 4.240,42 EUR im Jahr 2016 "verbraucht" worden seien. Mithin sei noch ein Betrag in Höhe von 1.328,78 EUR für die Heizungsreparaturkosten angemessen.

Die Berichterstatterin hat die Antragsteller mit Schreiben vom 25. November 2016 beauflagt, drei Kostenvoranschläge für eine Reparatur der alten Heizungsanlage (Heizkessel) einzureichen. Dann werde der Senat zu beurteilen haben, ob eine Reparatur wirtschaftlich vertretbar sei oder nicht. Weiter sollten die Antragsteller die Kontoauszüge für alle drei Girokonten und die Zeit vom 1. September 2016 bis laufend in Kopie einreichen. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2016 hat die Berichterstatterin den Antragstellern eine Frist zur Erledigung der Auflage vom 25. November 2016 bis zum 20. Dezember 2016 gesetzt und mitgeteilt, dass bei fehlendem Eingang der Unterlagen bis zu diesem Tag ohne weitere Ermittlungen entschieden werde.

Die angeforderten Unterlagen haben die Antragsteller nicht eingereicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakten des Antragsgegners sowie der beigezogenen Gerichtsakte zum Klageverfahren S 7 AS 1409/16 verwiesen. Diese Akten haben bei der Entscheidungsfindung des Senats vorgelegen.

II.

Die Beschwerde der Antragsteller ist form- und fristgerecht gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben.

Sie ist auch statthaft gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Der Wert des Beschwerdegegenstands beträgt nach dem Begehren der Antragsteller mehr als 750,01 EUR. Das ist der gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstands. Die Beschwerde ist nach dieser Vorschrift ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte. Die Berufung bedarf gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt.

Prozessualer Ansatzpunkt für die Bestimmung des Gegenstands einer zugrunde liegenden Klage – der Hauptsache – ist das mögliche Begehren der Antragsteller. Die Antragsteller begehren die "Übernahme" der bei einem Austausch der Heizungsanlage entstehenden Kosten. Schon der geringere Betrag aus den Kostenvoranschlägen aus März 2016 übersteigt diesen Wert deutlich.

Es kann daher offen bleiben, ob es sich bei der Regelung zur Ablehnung der Übernahme von Kosten für eine Reparatur der Heizungsanlage um einen "abtrennbaren Verfügungssatz" handelt. Hierfür spricht, dass der Antragsgegner über die Ablehnung des geltend gemachten Bedarfs für Unterkunft und Heizung mit Bescheid vom 19. April 2016 gesondert entschieden hat. Er hat damit entweder die Abänderung seines vorläufigen Bewilligungsbescheids vom 28. Januar 2016 für März 2016 im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - abgelehnt (SGB X). Bestand hingegen der Bedarf schon bei Erlass des Bescheids vom 28. Januar 2016, liegt in der Entscheidung vom 19. April 2016 die Ablehnung der Rücknahme nach § 44 Abs. 1 SGB X. In jedem Fall ist eine abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch noch offen. Der Antragsgegner wird im Rahmen der endgültigen Festsetzung über die Höhe der Leistungen abschließend zu entscheiden haben. Dieser Verwaltungsakt beinhaltet auch die (Teil-)Entscheidung über die Übernahme des geltend gemachten Bedarfs für den Austausch der Heizungsanlage, der dann keine gesonderte Regelungswirkung mehr zukommt.

Verfügt wird im Rahmen der endgültigen Festsetzung über die Höhe der Leistungsansprüche für jeden einzelnen Antragsteller, wobei die Antragsteller ihren Rechtsbehelf auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung insgesamt beschränken können. Auch bei Abtrennbarkeit des Verfügungssatzes über die Ablehnung der Übernahme von Kosten für den Austausch der Heizungsanlage sind indes die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch insgesamt zu prüfen. Das betrifft auch die Hilfebedürftigkeit und damit – neben Einkommen und Vermögen – die grundsätzlich in die Anspruchsberechnung einzustellenden Bedarfe (vgl. § 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Insoweit ist der "Antrag auf Übernahme" der Kosten für den Austausch der Heizungsanlage richtig verstanden ein Antrag auf Berücksichtigung weiterer Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bei der Ermittlung der Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II.

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Verfahrensrechtliche Grundlage für eine Verpflichtung des Antragsgegners ist in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, in denen es – wie hier – nicht um die Geltendmachung einer bereits gewährten, zwischenzeitlich aber aberkannten Rechtsposition geht, der Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920

Abs. 2 ZPO stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs (der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) und eines Anordnungsgrunds (der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile).

Weil die Antragsteller weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund glaubhaft gemacht haben, hat das Sozialgericht Magdeburg im Ergebnis zu Recht den Antrag abgelehnt.

Ein Anordnungsanspruch ist nicht ersichtlich.

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Gemäß § 22 Abs. 2 SGB II in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung werden als Bedarf für die Unterkunft auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll.

§ 22 Abs. 2 SGB II ist jedenfalls nicht unmittelbar anzuwenden, weil die Antragsteller kein selbst genutztes Wohneigentum im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II bewohnen. Wie der Verweis auf § 12 SGB II zeigt, muss das selbst bewohnte Hausgrundstück Vermögen des Leistungsberechtigten sein. Die Antragsteller haben aber kein Eigentum an dem Hausgrundstück erworben; eingetragen im Grundbuch ist lediglich eine Auflassungsvormerkung. Diese sichert lediglich einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums am Grundstück (wohl für den Fall der vollständigen Kaufpreiszahlung, die nach dem Ratenplan erst im Jahr 2023 zu erwarten ist).

Ob § 22 Abs. 2 SGB II entsprechend anzuwenden ist oder sich der von den Antragstellern behauptete Anspruch allenfalls aus § 22 Abs. 1 SGB II ergeben kann, kann offen bleiben. Denn zum einen verschafft § 22 Abs. 2 SGB II nur einen Anspruch auf Anerkennung unabweisbarer Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur. Unabweisbar sind nur zeitlich besonders dringliche Aufwendungen, die absolut unerlässlich sind (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, BT-Druck. 17/3404, S. 98). Dass solche Aufwendungen in Bezug auf den Austausch der Heizungsanlage als "unerlässlich" anfallen, haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Durchaus möglich erscheint nämlich auch die Wiederherstellung der Beheizbarkeit – für die Warmwasseraufbereitung greifen die Antragsteller nach ihren eigenen Angaben im Erstantrag auf Strom zurück – durch Reparatur der vorhandenen Heizungsanlage. Dass diese Reparatur tatsächlich nicht möglich ist, haben die Antragsteller nicht behauptet. Sie haben lediglich auf die Erklärung der wirtschaftlichen Unvertretbarkeit des "Reparaturstaus" an der Anlage abgestellt. Welche Kosten bei einer Reparatur der vorhandenen Anlage anfallen würden, haben sie hingegen trotz Aufforderung des Gerichts nicht dargelegt. Zum anderen werden nach § 22 Abs. 1 SGB II Bedarfe für Unterkunft und Heizung nur soweit sie angemessen sind in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt. Auch über § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II müssen die Antragsteller also im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung glaubhaft machen, dass die Übernahme anstehender Kosten sich auf angemessene Kosten bezieht. In diesem Rahmen gelten dieselben Ausführungen zur Reparatur anstelle des Austauschs wie bei einer entsprechenden Anwendung des § 22 Abs. 2 SGB II.

Ein Anordnungsgrund ist nicht glaubhaft gemacht, weil das Gericht die aktuelle wirtschaftliche Situation der Antragsteller nicht kennt. Es kann daher nicht beurteilt werden, ob den Antragstellern eine (Teil- oder Voll-)finanzierung von Reparatur- oder Austauschkosten während des laufenden Hauptsacheverfahrens ohne wesentliche Nachteile durch eigene Mittel möglich ist. Hierzu waren die Kopien der Kontoauszüge für alle drei Girokonten angefordert worden. Diese haben die Antragsteller nicht vorgelegt.

Im Hinblick auf das offene Hauptsacheverfahren ist auszuführen, dass – anders als das Sozialgericht Magdeburg und der Antragsgegner meinen – Verschuldensgesichtspunkte bei der Feststellung eines Hilfebedarfs keine Rolle spielen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16. April 2013 - B 14 AS 55/12 R - juris, Rn. 18 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Diese Entscheidung kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde zum BSG angefochten werden.
Rechtskraft
Aus
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