L 8 SO 241/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 SO 33/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 241/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zu den Voraussetzungen eines Grundurteils im Erstattungsstreit zwischen Leistungsträgern der Sozialhilfe.
2. Eingliederungshilfe durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erfordert eine Ausrichtung auf die Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmung bei der Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn-und Lebensbereich.
3. Die Ausnahmeregelung des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG (Allzuständigkeit des überörtlichen Trägers, Leistungen aus einer Hand) ist einschränkend auszulegen.
4. Zur Abgrenzung von Leistungen zur Pflege und solchen der Eingliederungshilfe bei Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz bzw. erweiterten Leistungen nach dem Pflegeneuausrichtungsgesetz (§§ 45a-c, 124 SGB XI).
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2014, S 15 SO 33/14, aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist im Erstattungsweg die sachliche Zuständigkeit für die Leistungsgewährung an den leistungsberechtigte Sozialhilfeempfängerin A. (Lb) nach dem 7. Kapitel des Sozialgesetzbuches XII (SGB XII) gemäß Art. 82 Abs. 2 BayAGSG i.V.m. § 97 Abs. 4 SGB XII.

Die Parteien streiten konkret über die Erstattung von Leistungen, welche der Kläger als örtlicher Sozialhilfeträger der Lb für die Zeit ab 01.07.2012 mit Bewilligungsbescheiden vom 04.07.2013, 07.08.2013, 12.02.2014, 26.02.2014, 27.08.2014, 16.10.2014, 14.11.2014, 12.12.2014 und 13.03.2015 gewährt hat.

Die 1955 geborene, verheiratete Lb leidet an Demenz und bezieht seit 01.10.2010 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung Bund (Zahlbetrag 2012: 957,89 EUR). Für sie wurde 2011 eine gesetzliche Betreuung angeordnet, die seit Oktober 2014 durch ihren Ehemann ausgeübt wird. Bei ihr wurden ein Grad der Behinderung von zunächst 60, ab Februar 2012 von 70 und die Merkzeichen G und B festgestellt. Nach den Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen vom 12.01.2011, 19.04.2012 und 08.02.2013 lag bei ihr seit September 2009 eine eingeschränkte Alltagskompetenz nach § 45 a SGB XI, aber keine erhebliche Pflegebedürftigkeit vor. Mit Bescheid der Pflegekasse vom 14.01.2011 wurden der Lb wegen der eingeschränkten Alltagskompetenz zusätzliche Betreuungsleistungen ab 01.09.2010 in Höhe von 200,00 EUR monatlich bewilligt. Seit Juni 2014 liegen die Voraussetzungen für die Pflegestufe 1 vor (MDK Gutachten vom 16.07.2014). Die damalige Betreuerin der Lb beantragte am 21.11.2011 (Eingang am 23.11.2011) beim Beklagten, dem überörtlichen Sozialhilfeträger, Sozialhilfeleistungen als persönliches Budget für die Aufnahme in ein neu zu gründendes betreutes Wohnprojekt, nachdem die Lb am 28.09.2011 stationär in das Bezirkskrankenhaus M-Stadt aufgenommen worden war. Der Beklagte leitete den Antrag am 23.11.2011 an den Kläger weiter, weil kein Bedarf an Eingliederungshilfe, sondern ausschließlich an Hilfe zur Pflege vorliege. Der Kläger sandte den Antrag am 29.11.2011 an den Beklagten zurück, weil er als örtlicher Sozialhilfeträger kein Rehabilitationsträger nach § 14 SGB IX sei und sehr wohl Eingliederungshilfen beantragt worden seien.

Mit Bescheid vom 09.11.2011 lehnte der Beklagte gegenüber der Lb den Antrag auf ein persönliches Budget ab, weil zum einen kein Bedarf an Eingliederungshilfe bestehe und zum anderen ein den Freibetrag übersteigendes Vermögen der Eheleute vorhanden sei. Den gegen die Ablehnung gerichteten Widerspruch wies die Regierung von Schwaben mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2013 als unbegründet zurück.

Am 13.02.2012 zog die Lb in die neu gegründete Wohngemeinschaft Schloss K., Gemeinde M., eine sog. "Demenz-WG", ein. Nach dem Konzept der Wohngemeinschaft (WG) handelt es sich um eine ambulante Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz. Allgemeine Zielsetzung ist u.a. die Alltagsorientierung und ein hoher Grad an Selbstbestimmung. Ziel ist es, Menschen mit Demenzerkrankung eine selbstbestimmte Alternative zur sonst erforderlichen stationären Unterbringung zu bieten. Die WG bietet Platz für bis zu 12 Bewohner. Beim Einzug in die WG schließt jeder Bewohner mit dem Verein F. 21 e.V. (nachfolgend: Verein F.) einen Untermietvertrag ab, weil der Verein die Räumlichkeit selbst lediglich angemietet hat. Zudem schließt jeder Bewohner eine "Vereinbarung des Gremiums der Selbstbestimmung Wohngemeinschaft Schloss K. Gemeinde M." ab. Darin sind u.a. Zusammensetzung dieses Gremiums, dessen Zuständigkeit, der Ausschluss und die Aufnahme von Wohngemeinschaftsmitgliedern sowie die Zahlung eines Haushaltsgeldes geregelt. Schließlich schließt jeder Bewohner einen separaten Betreuungsvertrag mit dem Verein F. über Alltagsbegleitung ab. An Kosten fallen jeden Monat 334,45 EUR für Miete, 185,00 EUR Nebenkosten, 300,00 EUR Haushaltsgeld und 950,00 EUR für "Alltagsbegleitung" an. Die von den J. erbrachten zusätzlichen ambulanten Pflegeleistungen werden von den Bewohnern mit diesen gesondert abgerechnet. Die für die vom Verein organisierte Alltagsbegleitung anfallenden Kosten in Höhe von 950,00 EUR werden von den Bewohnern an den Verein gezahlt. Alle Bewohner erhalten Leistungen der Pflegekasse nach § 45b und § 123 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI)

Am 24.02.2012 beantragte die Lb beim Kläger als örtlichem Sozialhilfeträger Grundsicherung bei Erwerbsminderung, Hilfe zur Pflege und die Übernahme der Betreuungskosten als Hilfe in anderen Lebenslagen.

Im August 2012 erstellte der beim Kläger angesiedelte Fachdienst auf der Basis eines Besuchs bei der Lb in der Wohngemeinschaft eine gemeinsame fachliche Stellungnahme (Stellungnahmen vom 01.08.2012 und 13.08.2012). Demnach muss die Lb bereits ab 7 Uhr angeleitet werden. Sie benötige Anleitung beim Frühstück und bei der Gestaltung der freien Zeit am Vormittag. Ihr Betreuungsbedarf (Alltagsbetreuung) betrage 11,83 Stunden täglich. Davon entfielen laut Gutachten des MDK (gemeint wohl: vom 19.04.2012) mindestens 57 Minuten auf pflegerischen Bedarf im Sinne des SGB IX, ca. 2 Stunden auf Teilhabe im Sinne von § 53 SGB XII, § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XI sowie ca. 8,88 Stunden auf sonstigen pflegerischen Bedarf im Sinne von §§ 61 ff. SGB XII.

Der Kläger ermittelte zu der Hilfebedürftigkeit der Lb, dass diese und ihr Ehemann im Herbst 2010 das Einfamilienhaus auf den Sohn übertragen hatten. Weitere Vermögenswerte (verschiedene Fahrzeuge, Risiko-Kapitalversicherung) wurden überprüft.

Am 06.05.2013 schloss der Kläger mit dem Verein F. eine Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach §§ 75 ff SGB XII über Begleitung und Betreuung der Bewohner der WG K ... Die Vereinbarung galt in der Zeit vom 01.01.2012 bis 31.12.2013 und wies einen Tagessatz von 31,50 EUR für Begleitung und Betreuung aus, wobei die Leistungen der Pflegekasse wegen eingeschränkter Alltagskompetenz hierauf angerechnet werden sollten. Weder pflegerische Leistungen nach dem SGB XI noch gewöhnliche Lebenshaltungskosten oder Kosten der Unterkunft waren Bestandteil der Vereinbarung. Auch für die Folgejahre wurden zwischen dem Kläger mit dem Verein F. Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach §§ 75 ff SGB XII über Begleitung und Betreuung der Bewohner der WG K. geschlossen. So am 19.02.2014 für das Jahr 2014 mit einem Tagessatz von 31,50 EUR, am 22.01.2015 mit einem Tagessatz von 35,51 EUR.

Mit Bescheid vom 04.07.2013 bewilligte der Kläger der Lb für den Zeitraum vom 01.07.2012 bis 31.10.2012 und ab 01.03.2013 bis auf Weiteres Hilfe zur Pflege für die Kosten der Begleitung und Betreuung in der "Wohngemeinschaft K.". Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wurden wegen übersteigenden Vermögens für die Zeit ab 01.02.2012, später wegen vorhandenen Einkommens (Erwerbsminderungsrente) abgelehnt. Für die Zeit ab Juli 2012 wurde ein Eigenanteil der Lb und ihres Ehemannes festgesetzt. Die Ablehnung für die Zeit November 2012 bis Februar 2013 wurde auf das damalige Erwerbseinkommen des Ehemannes in dieser Zeit gestützt. Im Bescheid wurde in den Gründen ausgeführt, dass der Kläger nach § 43 SGB I in Vorleistung gehe, da die sachliche Zuständigkeit nicht geklärt sei. Der Kläger änderte die Leistungsgewährungen an die Lb mit weiteren Bescheiden vom 07.08.2013, 12.02.2014, 26.02.2014, 27.08.2014, 16.10.2014, 14.11.2014, 12.12.2014 und 13.03.2015, weil der Eigenanteil infolge geänderter Einkommensverhältnisse des Ehemannes angepasst werden mußte. Sämtliche Folgebewilligungen enthielten anders als der Ausgangsbescheid vom 04.07.2013 keinen Zusatz hinsichtlich einer vorläufigen Bewilligung nach § 43 SGB I.

Der Kläger hielt sich für die gewährten Sozialhilfeleistungen sachlich nicht für zuständig und wandte sich am 06.06.2013 und 13.08.2013 unter Hinweis auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 21.02.2013, Az. L 18 SO 85/10 an den Beklagten. Ausweislich der Stellungnahme des Fachdienstes vom 13.08.2013 sei in den täglichen 11,83 Stunden Alltagsbetreuung auch ein Anteil von 2 Stunden Eingliederungshilfe enthalten. Daher sei der Beklagte nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG sachlich zuständig. Der Beklagte lehnte die Übernahme des Falles am 27.01.2014 gegenüber dem Kläger ab, weil die Lb keinen Eingliederungshilfebedarf habe. Ausweislich der fachlichen Stellungnahme des Sozialpädagogischen Dienstes beim Beklagten vom 12.12.2013 liege bei der Lb eine Demenz in fortgeschrittenem Stadium vor, die eine Rund - um - die - Uhr - Betreuung notwendig mache. Ein pädagogischer Bedarf liege krankheitsbedingt nicht vor. Die Lb sei in der Demenz-WG richtig untergebracht. Sie sei gut in die Gemeinschaft eingebunden. Sie nehme gerne an allen Angeboten der WG teil, sei körperlich fit und aktiv und in ihren Bewegungsabläufen nicht eingeschränkt. Sie fühle sich sehr gut aufgehoben, in depressiven Phasen sei sie froh um die Gespräche mit den Mitarbeitern. Sie erhalte regelmäßige psychiatrische Versorgung und bekomme Medikamente. Ihre Demenz sei bei allen Äußerungen deutlich wahrnehmbar. Ihr fehle vollkommen die zeitliche Orientierung. Bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens brauche sie begleitende und assistierende Helfer. Schon bei den Grundverrichtungen wie beim Aufstehen und bei der Körperpflege brauche sie regelhaft Aufforderung, Erinnerung und Unterstützung. Sie könne nach Aufforderung bei vielen Dingen wie Kochen, Tisch abräumen usw. mithelfen, aber zu einem eigenständigen gezielten Handlungsablauf sei sie nicht in der Lage. Es liege eindeutig eine Demenz im fortgeschrittenen Stadium vor, die praktisch eine Rund - um - die - Uhr - Betreuung und Begleitung notwendig mache.

Am 07.02.2014 hat der Kläger Klage auf Erstattung der für die Zeit ab 01.07.2012 für die Lb erbrachten Sozialhilfeaufwendungen zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Es liege jedenfalls auch Eingliederungshilfe vor. Demenz sei eine seelische/psychische Behinderung. Die Ziele der Eingliederungshilfe könnten auch noch erreicht werden; denn dazu gehöre auch, eine Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, unabhängig vom Stand oder Fortschritt der Krankheit bzw. Behinderung. Die fehlende Alltagskompetenz sei durch den MDK festgestellt. Der ermittelte Bedarf an Eingliederungshilfe betrage zwei Stunden täglich. Die Selbstständigkeit und Selbstbestimmung sei ausweislich deren Konzepts das Ziel der Wohngemeinschaft. Das Argument des Beklagten, wonach die Leistungsempfängerin durch das von der WG organisierte Betreuungs- und Präsenzpersonal bedarfsgerecht versorgt sei, sodass keine weiteren Leistungen, auch nicht an Eingliederungshilfe zu erbringen seien, stellten einen Zirkelschluss dar. Es treffe jedoch zu, dass sie bedarfsgerecht versorgt sei. Ob ein Bedarf bestehe oder nicht, hänge nicht von einer Leistungsvereinbarung ab. Nach SGB XI zu erbringende Betreuungsleistungen bei eingeschränkter Alltagskompetenz würden Leistungen der Eingliederungshilfe nicht ausschließen, § 13 SGB XI, § 26 SGB IX. Im Übrigen gäbe es hier neben den in § 124 Abs. 2 SGB IX genannten Tätigkeiten auch Ausflüge, Feste, Geburtstage etc., die sicher nicht zur Pflege zu rechnen seien. Demgegenüber ordnet der Beklagte die ständige Begleitung ausschließlich als Betreuungsleistungen im Sinne § 45b und § 123 SGB X ein. Ein weiterer Bedarf an Leistungen der Eingliederungshilfe bestehe nicht. Auf die Frage einer nicht bestehenden Leistungsvereinbarung komme es daher nicht an. Die nach dem SGB XI bei eingeschränkter Alltagskompetenz zu erbringenden Betreuungsleistungen ließen keine Assistenzleistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe zu. Die Begründung BT-DRs. 17/9369 (Pflegeneuausrichtungsgesetz; zu § 124 Abs. 2 SGB XI) nenne zur Erleichterung der praktischen Umsetzung bis zur Leistungsgewährung aufgrund eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs Beispiele einer häuslichen Betreuung. Diese umfasse u.a. persönliche Hilfeleistungen durch Unterstützung im Haushalt des Pflegebedürftigen, zur Orientierung und Gestaltung des Alltags sowie zur Aufrechterhaltung sozialer Kontakte des Pflegebedürftigen. Die WG sei auf Betreuung von Demenzerkrankten zugeschnitten. Es sei nicht vorgesehen, zusätzliches Betreuungspersonal aus der Eingliederungshilfe in Anspruch zu nehmen. Dies widerspräche auch der Konzeption und dem Bedarf von Demenzerkrankten, da bei diesem Personenkreis eine Förderung nicht mehr zum Erfolg führe und eine Erhaltung der noch vorhandenen Fähigkeiten im Vordergrund stehe. Die Alltagsbegleitung werde der Leistungsempfängerin aus gepoolten Betreuungsleistungen nach § 124 Abs. 2 Satz 3 SGB XI und aufstockenden Pflegeleistungen nach § 61 SGB XII finanziert. In diesen Hilfen sei keine "versteckte" Eingliederungshilfe enthalten. Voraussetzung für die Inanspruchnahme nach SGB XI sei, dass die Alltagsbegleitung vertraglich nach § 72 bzw. 77 SGB XI gebunden sei (§ 124 Abs. 4 SGB XI). Um Leistungsumfang und Qualität sicherzustellen, könne Eingliederungshilfe nicht von zugelassenen Pflegediensten nach SGB XI angeboten und erbracht werden. Für diese Leistungen bedürfe es einer Leistungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII, die hier fehle.

Das SG hat in der mündlichen Verhandlung vom 12.08.2014 Herrn S. V., den ehemaligen 1. Vorsitzenden des Vereins F. als Zeugen einvernommen und sich die Struktur der WG erläutern lassen. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift des SG verwiesen.

Mit Urteil vom 12. August 2014 hat das SG den Beklagten verurteilt, dem Kläger für die Zeit ab 01.07.2014 für die Lb angefallenen Sozialhilfeaufwendungen zu erstatten, weil der Kläger einen Anspruch nach § 102 SGB X gegen den sachlich nach § 97 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 SGB XII, Art. 82 Abs. 2 BayAGSG zuständigen Beklagten habe. Nach der Rechtsprechung des LSG (vgl. Urteil vom 21.02.2013, L 18 SO 85/10) sei Voraussetzung, aber auch auseichend, dass überhaupt - wenn auch nur zu einem kleinen Teil - Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht würden. Dies sei hier der Fall. Die Hilfeempfängerin befinde sich in einer Wohngemeinschaft für Demenzkranke, die gerade darauf ausgerichtet sei, den Tagesablauf der Hilfeempfängerin zu strukturieren und ein möglichst selbstbestimmtes Wohnen zu gewährleisten. Nach den Ausführungen des Vorstandes des Vereins F. würden mit den Bewohnern u.a. zusammen gekocht, Geburtstage arrangiert, Spaziergänge unternommen und musiziert. Diese Tätigkeiten könnten nicht unter den Begriff der Pflege gefasst werden. Vielmehr würden zumindest auch Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, insbesondere Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX tatsächlich erbracht. Hilfe zur Pflege und Eingliederungsleistungen schlössen sich dabei nicht gegenseitig aus (vgl. § 13 Abs. 3 SGB IX, sehr ausführlich zum Thema: Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. vom 21.09.2012 "Zum Verhältnis von Leistungen der Eingliederungshilfe zu Leistungen der Pflege nach dem SGB XI im ambulant betreuten Wohnen" sowie Beschluss der LSG Baden-Württemberg vom 19.03.2012, L 2 SO 72/12 ER-B). Dem Argument des Beklagten, dass das Ziel der Eingliederungshilfe nicht mehr erreicht werden könne und deshalb keine Eingliederungshilfe vorliege, folge das SG nicht. Aus § 53 Abs. 1 und 3 SGB XII lasse sich nicht schließen, dass eine Möglichkeit oder gar Aussicht auf eine Verbesserung des behinderungsbedingten Status quo Voraussetzung der Eingliederungshilfe sei. Vielmehr reiche nach § 53 Abs. 3 SGB XII bereits das "Mildern" der Behinderungsfolgen aus, sodass es für einen Anspruch auf Eingliederungshilfe genüge, wenn durch entsprechende Leistungen eine als Verbesserung der Gesamtsituation des Leistungsempfängers anzusehende Erleichterung seiner behinderungsbedingten Lage erreicht werde. § 124 SGB XI, zum 01.01.2013 neu eingeführt, stehe der Einordnung als Eingliederungshilfe nicht entgegen. Mit dieser Übergangsregelung würden Leistungen der Pflegekasse ausgeweitet. Die nach § 123 SGB XI gewährte Leistung könne auch für in § 124 SGB XI aufgeführte Zwecke verwendet werden. Damit sollte die Situation der Pflegebedürftigen verbessert werden. Eine Änderung der Abgrenzung und Verschiebung der Leistungen, die bisher der Eingliederungshilfe zugeordnet waren, in den Bereich der Hilfe zur Pflege dürfte damit aber (jedenfalls zunächst) nicht gewollt gewesen sein. Dass zwischen dem Beklagten und dem Verein keine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung abgeschlossen sei, stehe dem Erstattungsanspruch nicht entgegen. Zwar sei eine solche vertragliche Grundlage grundsätzlich Voraussetzung für einen Leistungsanspruch des Hilfeempfängers. Es hindere jedoch nicht den Erstattungsanspruch nach § 102 Abs. 1 SGB X. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) habe entschieden, dass es für einen Erstattungsanspruch nach der Gesetzessystematik genüge, dass in der Person des Berechtigten die wesentlichen und unverzichtbaren Grundvoraussetzungen des Anspruchs gegen den auf Erstattung in Anspruch genommenen Träger vorlägen. Der Abschluss einer Leistungs- und Vergütungsvereinbarung im Sinne des § 75 SGB XII sei gerade keine in der Person der Hilfeempfängerin liegende Voraussetzung (vgl. BVerwG Urteil vom 23.01.2014, Az.: 5 C 8/13 zur Frage, ob Kenntnis im Sinne des § 18 SGB XII vorliegen muss). Der Umfang des Erstattungsanspruchs richte sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Vorschriften, § 102 Abs. 2 SGB X. Grundlage sei hier u.a. die vom Beklagten abgeschlossene Leistungsvereinbarung.

Gegen das am 05.09.2014 zugestellte Urteil des SG hat der Beklagte am 29.09.2014 (Eingang beim LSG) Berufung erhoben. Der Beklagte sei nicht nach Art. 82 Abs. 2 AGSG sachlich zuständig, weil die Lb in der betreuten Wohnform tatsächlich keine Leistungen der Eingliederungshilfe von dem Verein F. erhalte. Die WG K. sei eine ambulante WG nach §§ 38 a, 45 e SGB XI für Menschen mit Demenz. Die vom Verein F. organisierte Demenzbegleitung erfülle die Voraussetzungen des § 45 c Abs. 3 SGB XI, die Anschubfinanzierung entsprechend der Richtlinie des STMAS sei erfolgt, weil es sich um eine ambulant betreute Wohngemeinschaft nach Art. 2 Abs. 3 PflWoqG handle (für Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf; nicht nach Art. 2 Abs. 4 PfleWoqG für Menschen mit Behinderung). Durch den Einsatz ehrenamtlicher Helfer werde ein niedrigschwelliges Betreuungsangebot nach § 45 b SGB XI organisiert. Dazu gehörten auch die zusätzlichen pflegerischen Betreuungsleistungen im häuslichen Umfeld nach § 124 SGB XI, wie es auch in BT-Drucksache 17/9369 S. 53 erläutert werde. Die Lb erhalte Leistungen nach § 45 a SGB XI und aufstockend ambulante Hilfe zur Pflege nach § 61 Abs. 1 S. 2 SGB XII. Eingliederungshilfe werde tatsächlich nicht erbracht. Im Übrigen bestehe keine Leistungsvereinbarung mit dem Verein F. über die Erbringung von Eingliederungshilfe nach §§ 75 ff SGB XII. Auf Grund der Demenzerkrankung sei die Lb nicht mehr Leistungsberechtigte nach § 53 SGB XII.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Nach Auffassung des Klägers ergänzen sich § 45 b SGB XI und § 124 SGB XI. Entscheidend sei der tatsachliche Bedarf der Lb und die Art der Leistungen, die tatsächlich erbracht würden. Es sei nicht angebracht, der Lb auf Grund ihrer kognitiven Einschränkungen die Teilhabefähigkeit abzusprechen.

Der Kläger hat seine Forderung nach Aufforderung des Senats für die Zeit vom 01.07.2012 bis 31.03.2015 auf 11.893,18 EUR und für die Zeit bis 31.12.2016 auf 14.452,32 EUR beziffert.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Klägers und des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Erstattungsanspruch, so dass das Urteil des SG vom 12. August 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen ist.

A. Gegen die Entscheidung des SG vom 12. August 2014 ist die Berufung zulässig, insbesondere ist der für die Statthaftigkeit bei Erstattungsstreitigkeiten erforderliche Beschwerdewert von 10.000 EUR überschritten, § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG. Das SG hat hierzu bereits ausgeführt, dass der Kläger in der Zeit vom 01.07.2012 bis 31.07.2014 Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 10.041,91 EUR zur Erstattung forderte. Die Berufung ist zulässig und form- und fristgemäß vom Beklagten am 29.09.2014 gegen das ihm am 05.09.2014 zugestellte Urteil des SG eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG).

1. Der Senat legt das Klagebegehren dahingehend aus, dass sowohl erstinstanzlich als auch im Berufungsverfahren ausschließlich Kostenerstattung und nicht auch die gerichtliche Feststellung des sachlich zuständigen Sozialhilfeträgers für den Leistungsfall der Lb (sog. Fallübernahme) beantragt wird (§ 123 SGG). Auch wenn eine objektive Klagen-häufung nach § 56 SGG sinnvoll gewesen wäre, kann das eindeutige Klagebegehren des Klägers, der auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 12.08.2014 ausdrücklich seinen Klageantrag vom 21.02.2014 wiederholt hat, nicht nachträglich entgegen des Wortlautes ausgelegt werden. Auch im Termin vor dem Senat hat der Kläger seinen Antrag ausschließlich auf die Zurückweisung der Berufung gerichtet, obwohl er zuvor mitgeteilt hat, dass der Beklagte unverändert die Bearbeitung des Falles trotz des Urteils des SG und der fehlenden aufschiebenden Wirkung der Berufung nach § 154 SGG nicht übernommen hat.

2. Soweit der Kläger erstinstanzlich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG einen unbezifferten Leistungsantrag gerichtet auf die Erstattung der für die Lb erbrachten Leistungen der Hilfe zur Pflege ab 01.07.2012 gestellt hat, hat das SG hier im Wege eines Grundurteils nach § 130 Abs. 1 S. 1 SGG entschieden, ohne das Urteil als ein solches zu bezeichnen und ohne dass ein solches beantragt war (wobei ein solcher Antrag nicht erforderlich ist, Meyer-Ladewig, SGG Kommentar, 11. Auflage, § 130 Rn. 2 e). Der Senat kann an dieser Stelle daher offenlassen, ob er der vom 18. Senat im Urteil vom 21.02.2013, L 18 SO 85/10 vertretenen Rechtsansicht zur Zulässigkeit eines unbezifferten Leistungsantrages im Erstattungsstreit zwischen Sozialhilfeträgern folgt, weil die Berufung des Beklagten ohnehin erfolgreich ist. Anzumerken ist hier aber, dass ein Grundurteil nach § 130 SGG für eine Feststellungsklage bzw. eine Klage auf Übernahme des Falles nicht zulässig wäre.

3. Es handelt sich bei der Klage auf Kostenerstattung um eine echte Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 5 SGG. Diese erfordert keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen, denn die Beteiligten stehen einander nicht in einem Über-, Unterordnungsverhältnis, sondern in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber (Meyer-Ladewig, SGG Kommentar, 11. Auflage, § 54 Rn. 41).

4. Hinsichtlich der ausschließlich geltend gemachten Erstattungsforderung bedurfte es keiner Beiladung der Lb nach § 75 Abs. 2 1. Alt SGG (sog echte notwendige Beiladung) oder des Leistungserbringers (Verein F. 21 e.V.). Es kann daher dahinstehen, ob die Rechtsprechung zur Erstattung von Leistungen nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX (keine Beiladung des Leitungsempfängers, weil die Anspruchsnorm des § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen den Sozialhilfeträgern betrifft vgl. BSG vom 25.04.2013 - B 8 SO 6/12 R - Rn. 10 m.w.N., zuletzt BSG, Urteil vom 23.07.2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 Rn. 9) auf Erstattungsansprüche nach § 105 SGB X zu übertragen ist, oder dies wegen der Wirkung der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X hier anders zu beurteilen ist. Der Leistungserbringer war nicht beizuladen, weil dessen finanzielle Forderungen hinsichtlich der Kosten der Betreuung und der ambulanten Pflege der Lb in der Zeit vom 01.07.2012 bis 31.12.2016 durch den Kläger beglichen wurden und er somit kein berechtigtes Interesse i.S. § 75 SGG hat, das durch die Entscheidung berührt werden kann. Eine Beiladung des Leistungserbringers ist nach der Rechtsprechung nur im Rechtsstreit zwischen dem Sozialhilfeempfänger und dem Sozialhilfeträger erforderlich, nicht aber im Erstattungsstreit (Leitherer in Meyer/Ladewig, SGG Kommentar, 11. Auflage, § 75, Rn. 10 k).

B. Die Berufung ist begründet, weil der Kläger ungeachtet der Rechtsgrundlage und der rechtzeitigen Anmeldung (siehe dazu unter 1) keinen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten hat. Er war nach § 97 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 98 Abs. 1 SGB XII i.V.m. Art. 80, 82 BayAGSG originär sachlich (siehe dazu 2 - 4) und örtlich (siehe dazu 5, 6) zuständiger Sozialhilfeträger für die der Lb. erbrachten Leitungen.

1. a. Der Kläger hätte seinen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten rechtzeitig am 06.06.2013 und am 13.08.2013 geltend gemacht, als er diesen dem Grunde nach angemeldet hat. Nach § 111 SGB X ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Der Kläger hat hier erstmals ab 01.07.2012 mit Bescheid vom 04.07.2013 Leistungen der ambulanten Pflege nach § 61 ff SGB XII bewilligt und diese vorsorglich bereits am 06.06.2013 und 13.08.2013 beim Beklagten unter Hinweis auf das Urteil des LSG vom 21.02.2013, L 18 SO 85/10 zur Erstattung angemeldet. Am 21.02.2014 hat der Kläger dann Klage zum SG erhoben. Der Beklagte könnte sich nicht auf die Verjährung der für die Zeit ab 01.07.2012 geltend gemachten Leistungen berufen (§ 113 SGB X).

b. Es kann unentschieden bleiben, ob der Kläger einen Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X, nach § 105 SGB X oder nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX gegen den beklagten Bezirk geltend macht. Soweit das SG den Erstattungsanspruch des Kläger auf § 102 SGB X gestützt hat, hat es übersehen, dass der Kläger nur in dem Bewilligungsbescheid vom 04.07.2013 eine vorläufige Bewilligung nach § 43 SGB I ausgesprochen hat. Der Kläger berichtigte die Leistungsgewährungen an die Lb mit weiteren Bescheiden vom 07.08.2013, 12.02.2014, 26.02.2014, 27.08.2014, 16.10.2014, 14.11.2014, 12.12.2014 und 13.03.2015, wobei sich der Eigenanteil infolge geänderter Einkommensverhältnisse des Ehemannes änderte. Sämtliche Folgebewilligungen enthielten anders als der Ausgangsbescheid vom 04.07.2013 keinen Zusatz hinsichtlich einer vorläufigen Bewilligung nach § 43 SGB I. Es braucht hier aber nicht entschieden werden, ob die vorläufige Bewilligung nach § 43 SGB I aus dem ersten Bewilligungsbescheid auch für die Folgebescheide weiter wirkte. Jedenfalls war der Beklagte nicht ein zur Leistung verpflichteter Leistungsträger nach § 102 SGB X.

c. Es kann nämlich unentschieden bleiben, ob der Kläger einen Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X, nach § 105 SGB X oder nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX gegen den beklagten Bezirk geltend macht. Denn sowohl der Wortlaut von § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX verlangt, dass festgestellt wird, dass ein anderer Leistungsträger für die Leistung zuständig ist, wie das auch bei § 105 SGB X der Fall ist. Dort wird verlangt, dass ein unzuständiger Träger Sozialleistungen erbracht hat. (§ 105 Abs. 1 S. 1 SGB X). § 102 Abs. 1 SGB X erfordert, dass der der Beklagte der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger ist. Es muss damit nicht entschieden werden (vgl. so auch in ähnlicher Konstellation BSG, Urteil vom 25. April 2013 - B 8 SO 6/12 R -, Rn. 12, juris), ob der Kläger aufgrund des vom Beklagten an ihn - als zweitangegangenen Trägers - weitergeleiteten Antrages vom 21.11.2011 auf Kostenübernahme als Budget für die Leistungen in der WG K. in M.; Demenz-WG in (denkbar als Leistung der Eingliederungshilfe nach § 19 Abs. 3, §§ 53 und 54 Abs. 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX) gegenüber dem Leistungsempfänger im Außenverhältnis zuständiger Leistungs- und Rehabilitationsträger (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX i.V.m. § 5 Nr. 4 SGB IX) geworden ist. Auch das Verhältnis der Befassens - Wirkung des Budgetantrages vom 21.11.2011 zu dem späteren Antrag auf Pflege Betreuungsleistungen vom 24.02.2012 direkt bei Kläger braucht nicht geklärt zu werden, denn dieser ist für alle erbrachten Leistungen der originär sachlich und örtlich zuständige Leistungsträger (§ 97 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 98 Abs. 1 SGB XII i.V.m. Art. 82 Bay AGSG.).

2. Der Kläger ist als örtlicher Sozialhilfeträger sachlich zuständig, weil eine sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers nicht gegeben ist. Weder wurden Leistungen stationär erbracht (siehe dazu unter 3), noch liegt eine landesrechtliche Sonderzuständigkeit des Bezirks für Eingliederungshilfe durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft vor (siehe dazu unter 4). Der Kläger ist nach § 97 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1SGB XII i.V.m. Art. 80, 82 BayAGSG für die erbrachte Hilfe zur ambulanten Pflege nach § 65 SGB XII sachlich zuständig. Gem. § 97 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ist dann, wenn das Gesetz keine andere Bestimmung trifft, der örtliche Träger der Sozialhilfe für die Erbringung der Leistungen nach dem SGB XII zuständig; dies ist hier der Kläger. Ein Fall des § 97 Abs. 4 SGB XII (stationäre Leistungen) liegt nicht vor (siehe dazu unter 3).

Nach § 97 Abs. 2 SGB XII ist eine abweichende Festlegung der Zuständigkeit durch Landesrecht möglich. Dabei soll gem. § 97 Abs. 2 Satz 2 SGB XII "soweit wie möglich" eine einheitliche sachliche Zuständigkeit für die Leistungen (im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 SGB XII) geschaffen werden. Die sachliche Zuständigkeit, d.h. die Abgrenzung zwischen überörtlichem und örtlichem Sozialhilfeträger ergibt sich aus Art 82 i.V.m. 81 BayAGSG (in der Fassung des zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze vom 27.12.2007). Nach Art 82 Abs. 1 Satz 1 BayAGSG sind die überörtlichen Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig für (Nr. 1) alle Leistungen der Sozialhilfe nach dem 6. Kapitel SGB XII und (Nr. 2) alle übrigen Leistungen der Sozialhilfe, die in stationären oder teilstationären Einrichtungen gewährt werden. Nach Art 82 Abs. 2 AGSG gilt § 97 Abs. 4 SGB XII entsprechend, wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird. In diesem Fall ist also der überörtliche Sozialhilfeträger zuständig und zwar für sämtliche Leistungen nach dem SGB XII, die an den Leistungsempfänger erbracht werden.

3. Bei der Versorgung der Lb in der Demenz - WG in M. handelt es sich um eine ambulante, und nicht um eine stationäre (oder teilstationäre) Leistung nach § 13 Abs. 1 SGB XII. Der Beklagte war daher nicht nach § 97 Abs. Abs. 2 SGB XII i.V.m. Art 82 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1 S. 2 BayAGSG als überörtlicher Träger sachlich zuständig.

a. Von einer vollstationären Einrichtung im Sinne von § 13 SGB XII und damit auch im Sinne von Art 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayAGSG kann nur dann gesprochen werden, wenn der gesamte Bedarf des Hilfebedürftigen nach § 9 Abs. 1 SGB XII in der Einrichtung in einrichtungsspezifischer Weise befriedigt wird. Eine stationäre Einrichtung übernimmt für den Hilfebedürftigen - von dessen Aufnahme bis zur Entlassung - die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung (vgl Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand November 2014, K § 13 RdNr 58, 59 mwN). Das BSG betont in ständiger Rechtsprechung, dass es bei der Abgrenzung von stationären zu ambulanten Angeboten für die rechtliche Qualifikation der Leistung ohne Belang ist, ob und wie sich eine Einrichtung bezeichnet und es ebenso wenig von Belang ist, wie die Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen bezeichnet werden (BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 19, 20). Wesentlich für den Einrichtungsbegriff ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (ständige Rechtsprechung des BVerwGE zuletzt mit Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; sowie des BSG, BSGE 106, 264 ff Rn. 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr. 2 und Urteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 18) und der der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfen oder der Erziehung dient (vgl. § 13 Abs. 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr. 1 Rn. 15).

b. Der Verein F. übernahm nicht die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung der Lb. Das Konzept der Demenz-WG wird durch bis zu drei unterschiedliche Verträge verwirklicht. Die Betreuerin der Lb hat mit dem Verein F. einen Mietvertrag nach § 535 BGB vom 13.02.2012 über ein unmöbliertes 16,8 qm großes Zimmer (334,45 EUR monatliche Miete) geschlossen. Daneben bestehen Verträge mit dem Verein F. über die Betreuungsleistungen und mit dem jeweiligen Pflegedienst über ambulanten Pflegeleistungen. Diese Erkenntnis ergibt sich aus dem in den Verwaltungsvorgängen dokumentierten Vollzug der Vertragsbeziehung mittels Vorlage des Konzepts und der Entwicklung der entsprechenden Vergütungen. Es besteht keine rechtliche Einheit zwischen den drei Verträgen. Die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung der Bewohner sollte, entsprechend dem Konzept, bei den Lb selbst bzw. bei ihren Betreuern liegen. Damit lag keine stationäre Leistung vor.

c. Für das Vorliegen einer ambulanten Leistung spricht auch das Fehlen von Verträgen nach §§ 75 ff SGB XII über stationäre Leistungen und die Leistungserbringung durch die zuständige Krankenkasse/Pflegekasse als Leistungen der ambulanten Pflege im häuslichen Bereich für Versicherte mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf und eingeschränkter Alltagskompetenz. Gegen die Annahme einer stationären Leistung spricht auch die Abrechnungspraxis mit der Pflegekasse, die für häusliche Pflege als Sachleistung im Sinne von § 36 SGB XI erfolgte und nicht für Pflege in vollstationären Einrichtungen (§ 43 SGB XI).

d. Es lag auch keine teilstationäre Leistung vor. Die Lb lebt hier am Ort der Hilfeerbringung und suchte die Wohngemeinschaft nicht nur für einen Teil des Tages auf. Im Übrigen hat das BSG erhebliche Zweifel daran geäußert, ob ein betreutes Wohnen überhaupt in teilstationärer Form erbracht werden kann (BSG Urteil vom 23.07.2015, B 8 SO 7/14 R, Rn. 18 ff). Diese Zweifel teilt der Senat.

e. § 1 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) enthält demgegenüber kein verlässliches Abgrenzungskriterium. Während früher der Anwendungsbereich des HeimG an eine institutionelle Form des Wohnens oder Betreut-Werdens anknüpfte und sich beschränkte auf die herkömmlichen Formen stationärer Pflege, stellt das WBVG dagegen auf eine Verbindung von Verträgen zur Überlassung von Wohnraum mit Pflege- und Betreuungsleistungen für ältere sowie pflegebedürftige oder behinderte volljährige Personen ab. Damit erstreckt sich sein Anwendungsbereich auch auf neue Betreuungs- und Wohnformen.

4. Der Beklagte ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe nicht nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG - mit der Folge der Gesamtfallzuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers - sachlich zuständig, weil keine Eingliederungshilfe durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird. Zwar gehört die Lb aufgrund ihrer schweren Demenzerkrankung grundsätzlich zu dem von § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII erfassten Personenkreis; weil sie ein geistig behinderter Mensch i.S. § 2 Abs. 1 S.1 SGB IX, § 2 EingHV ist. Das Zusammenleben in der Demenz - WG in M. ist auch eine Wohngemeinschaft i.S. Art. 82 Abs. 2 BayAGSG (unten unter a und b), es fehlt aber entscheidend an dem zusätzlichen Merkmal des Erbringens der Eingliederungshilfe durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft (unten unter c).

a. Der Senat hat sich bereits im Urteil vom 22. November 2016, L 8 SO 221/14 umfassend zum Begriff des ambulant betreuten Wohnens geäußert und schon früher entschieden, dass der Begriff des betreuten Wohnens nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG anders auszulegen ist, als der (weitere) Begriff des betreuten Wohnens in § 98 Abs. 5 SGB XII (Urteil des Senats vom 21 Januar 2016, L 8 SO 235/14, Rn.57). In Art. 82 Abs. 2 BayAGSG wird schon dem anderen Wortlaut nach "Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen" gefordert und Ziel der Vorschrift ist, im Interesse des Leistungsempfängers entsprechend dem Gesamtfallgrundsatz die Leistung aus einer Hand zu erbringen. § 98 SGB XII hat keine Auswirkungen auf die Frage der sachlichen Zuständigkeit (BT-Drs. 16/2711, S. 11). Ist für die betreute Wohnmöglichkeit (etwa eines behinderten Menschen) der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig, geht eine für die vorherige Hilfeleistung bestehende Zuständigkeit des örtlichen Trägers daher auf ihn über (Adolph in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 45. UPD 11/2015, § 98 Örtliche Zuständigkeit, Rn. 74).

Der Wille des Landesgesetzgebers zeigt sich hier insbesondere in der Entstehungsgeschichte, die den Schluss auf eine weit gezogene Auslegung im Sinne des Gesamtfallgrundsatzes erlaubt. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens (Änderungsantrag vom 8.12.2007, Drucksache 15/9458 des Bayer. Landtags) sind zuvor vorgesehene einschränkende Tatbestandsmerkmale gestrichen worden. Zuvor hieß es noch im Entwurf zu Art. 82 Abs. 2 AGSG: "wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer therapeutischen Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht wird." Dann wurden unter Nummer 4 b) der Gesetzesbegründung (Drucksache 15/8865, Gliederungspunkt 1.3, S. 10 vom 4.12.2007 des bayerischen Landtags betreffend Art. 82 Abs. 2 BayAGSG) die Zusätze "therapeutisches bzw. vergleichbar intensives" bei "in einer betreuten Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht" gestrichen. Dies bedeutete damals, dass die Bezirke, die zusätzlich zu ihrer Zuständigkeit für die teilstationäre und stationäre auch die Zuständigkeit für die gesamte ambulante Eingliederungshilfe erhalten haben, für die übrigen Leistungen (z.B. Pflege) auch zuständig werden sollten, wenn in der Form einer betreuten Wohngemeinschaft auch Eingliederungshilfe geleistet wurde. Der Rechtsprechung des 18. Senats des Bayer. LSG (Urteil vom 21.2.2013, Az.: L 18 SO 85/10) ist daher beizupflichten. Der 18. Senat sieht den Gesetzeszweck infrage gestellt, wenn es darauf ankäme, in welchem Umfang Leistungen der Eingliederungshilfe, der Hilfe zur Pflege, der sozialen Pflegeversicherung und gegebenenfalls der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, um zu bestimmen, welcher Sozialhilfeträger für die Erbringung von Leistungen nach dem SGB XII zuständig ist, zumal der anteilige Bedarf in Folge von Änderungen im Gesundheitszustand des Hilfebedürftigen zeitlich variieren könne. Diesem Gedanken hat sich der erkennende Senat angeschlossen. Auch auf die Auslegung durch den Verband der Bezirke kommt es nicht an, wonach der überörtliche Träger nur leisten solle, wenn der Anteil der Eingliederungshilfe in der gesamten Hilfe mehr als unerheblich ist und ein Ausmaß von 2 Stunden erreicht (Ergebnisprotokoll einer Sitzung des Fachausschusses für Soziales des Verbandes der bayerischen Bezirke in Füssen im April 2010). Dabei ist ausgeführt, dass es insbesondere notwendig sei, dass die Eingliederungshilfeleistungen regelmäßig und kontinuierlich erbracht würden, einen Betreuungsschlüssel von mindestens 1 zu 12 bzw. mindestens zwei Fachleistungsstunden direkte Klientenleistung pro Woche umfassten und diese Betreuungsleistungen dem Zweck dienten, die eigenbestimmte Lebensführung durch Unterstützung in der täglichen Lebenswirklichkeit zu verbessern und damit die Fähigkeit im häuslichen nicht stationären Leben zu sichern (Seite 4 des Protokolls).

b. Bei der Demenz-WG in M. handelt es sich um eine Betreuung in einer Wohngemeinschaft i.S. Art. 82 Abs. 2 BayAGSG. Auch wenn die Begrifflichkeit in Art. 82 Abs. 2 BayAGSG anders gewählt ist als in § 98 Abs. 5 SGB XII (Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten) kann man zur Orientierung die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu der bundesrechtlichen Regelung des § 98 Abs. 5 SGB XII heranziehen. So führt auch das BSG mit Urteil vom 25.08.2011 (B 8 SO 7/10 R Rn. 15) an, dass der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten im Gesetz nicht näher definiert werde, sich allerdings über den Verweis in § 54 Abs. 1 SGB XII an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu orientieren habe (BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93). Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen hat deshalb in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen muss die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein. In der Demenz-WG erfolgt eine Betreuung in einer Wohngemeinschaft. Bei den vom Verein F. angebotenen Leistungen handelt es sich um solche des ambulant betreuten Wohnens i.S. einer wohnbezogenen Betreuung. Dies ergibt sich zum einen aus der Leistungsvereinbarung, die der Verein mit dem Kläger erstmals am 06.05.2013 geschlossen hat. Dort ist ausdrücklich geregelt, dass der Verein Begleitung und Betreuung als niedrigschwelliges Betreuungsangebot erbringt, die Qualität der bedarfsgerechten Leistungen entspricht den Erfordernissen der ambulant betreuten Wohngemeinschaft. Nach dem Konzept der Demenz-WG hat diese ein hohes Maß an Selbstbestimmung der Nutzer zum Ziel. Zu den Grundprinzipien zählen daher die Selbstständigkeit und Selbstbestimmung der Bewohner, Alltagsvertrautheit, Versorgungssicherheit und Gemeindebezug. Die Bewohner werden bei der individuellen Tagesstrukturierung unterstützt und werden über 24 Stunden im Alltag begleitet. Pflegeleistungen werden von einem separaten ambulanten Pflegedienst erbracht.

Anders als der Beklagte meint, hat die behinderungsbedingte massive Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten der Lb nicht zur Folge, dass diese nicht mit ihren verbliebenen Restmöglichkeiten ein ihren Fähigkeiten entsprechendes selbstbestimmtes Leben führen kann. (vgl. hierzu Rechtsprechung des BSG zu Regelsatzstufe 3, BSG, Urteil vom 24.02.2016, B 8 SO 13/14 R, Urteile vom 23.07.2014, B 8 SO 31/12 R, B 8 SO 14/13 R)

Das BSG hält die Vorschrift des § 98 Abs. 5 SGB XII für wenig durchdacht und inkonsistent und regt eine gesetzliche Neuregelung an (BSG Urteil vom 20.04.2016, B 8 SO 8/14 R, Rn. 11). Gleichwohl ist die Vorschrift geltendes Recht und anzuwenden, wobei entscheidend auf das Ziel der Hilfe abzustellen ist, wie das BSG im Urteil vom Urteil vom 30. Juni 2016 (B 8 SO 7/15 R -, Rn. 19, juris) erneut betont hat: Es genüge, sei aber auch erforderlich, dass durch die geleistete Hilfe das selbständige Leben und Wohnen ermöglicht werden solle, indem z.B. einer Isolation bzw. Verwahrlosung, einer relevanten psychischen Beeinträchtigung oder einer stationären Unterbringung entgegengewirkt werde, die mit einer Übernahme der Gesamtverantwortung für die gesamte Lebensführung des behinderten Menschen durch eine Einrichtung einhergehe, damit der behinderte Mensch durch den Verbleib in der eigenen Wohnung einen Freiraum für die individuelle Gestaltung seiner Lebensführung erhalte. Nach dem Konzept der Demenz -WG geht es hier um die Unterstützung der selbstständigen Lebensführung. Vergütet werden die Betreuungsleistungen mit einer täglichen Pauschale von 31,50 EUR (später 35,51 EUR). Nach dem Ziel der Hilfe war hier die Verselbstständigung bzw. der Erhalt der Selbstständigkeit der Lebensführung der Bewohner mit Gedächtnisstörungen und erhöhtem allgemeinen Betreuungsbedarf in ihrem eigenen Wohn- und Lebensumfeld Ziel der Maßnahme.

c. Der Beklagte hat aber keine Eingliederungshilfe i.S. Art. 82 Abs. 2 BayAGSG "durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen" für die Lb erbracht, so dass es bei der sachlichen Zuständigkeit des Klägers verblieben ist.

aa. Der Beklagte bewilligte der Lb in der Vergangenheit keinerlei Leistungen der Eingliederungshilfe (ambulante Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft). Insoweit unterscheidet sich dieser Sachverhalt von dem unter dem Az. L 8 SO 312/14 ebenfalls am 20.12.2016 entschiedenen Fall.

bb. Es kann dahinstehen, ob Art. 82 Abs. 2 BayAGSG auch dann anzuwenden ist, wenn zwar keine Eingliederungshilfe tatsächlich erbracht, aber zu erbringen gewesen wäre (es also einen Anspruch darauf gäbe, vgl. dazu den vom Senat am 22. November 2016 entschiedenen Fall, L 8 SO 221/14). Denn selbst wenn die Lb hier, wofür nach den sozialpädagogischen Stellungnahmen einiges spricht, tatsächlich einen Anspruch auf Eingliederungshilfe in Form der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 54 SGB XII , § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX z.B. für die Freizeitgestaltung hätte (vgl. Engagement der Lb bei der Theateraufführung des Landestheaters Schwaben vom 18.06.2014), würden diese Leistungen nicht die Anwendung der Ausnahmevorschrift von Art. 82 Abs. 2 BayAGSG begründen, weil es sich nicht um an Behinderte i.S. § 53 Abs. 1, 2 SGB XII erbrachte Eingliederungshilfe "durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen" handeln würde. Denn Art. 82 Abs. 2 AGSG kann jedenfalls nicht so ausgelegt werden, dass stets dann, wenn irgendeine (beliebige) Leistung der Eingliederungshilfe erbracht werde, unabhängig von den sonstigen Umständen der Betreuung, die "Gesamtfallzuständigkeit" des überörtlichen Trägers ausgelöst werde. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG anhand des Wortlautes, der Entstehungsgeschichte und des systematischen Regelungszusammenhanges. Nach dem eindeutigen Wortlaut der landesrechtlichen Norm setzt die Zuständigkeit (für die Leistungen nach den anderen Kapiteln des SGB XII) voraus, dass Eingliederungshilfe durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird. Es ist sachgerecht, eine (selbst angemietete) Wohnung dann als betreute Wohnmöglichkeit anzusehen, wenn der behinderte Mensch dort Angebote zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erhält, er also dort nicht nur Hilfen bekommt, die gesundheitsbedingte Defizite ausgleichen sollen (Majerski-Pahlen in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, Kommentar, 12. Aufl. 2010, § 55 Rn. 21). Darüber hinaus muss die Eingliederungshilfe in Form des betreuten Wohnens auf die Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmung bei der Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn-und Lebensbereich gerichtet sein. Dies ergibt sich aus § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, wonach Hilfen "zu selbstbestimmtem Leben" in betreuten Wohnmöglichkeiten geleistet wird. Die ausschließliche Erbringung von Hilfen am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben genügt dem gegenüber für eine Anwendung von Art. 82 Abs. 2 AGSG nicht.

Der Sinn und Zweck des betreuten Wohnens liegt darin, trotz der behinderungsbedingten Beschränkungen ein möglichst eigenständiges und unabhängiges Leben führen zu können. Da die Lb in dem von ihr angemieteten Zimmer in der Demenz-WG keine Angebote der Eingliederungshilfe erhält, welche auf die Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmung bei der Erledigung ihrer alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich gerichtet sind, bleibt es bei der sachlichen Zuständigkeit des Klägers.

Der Senat hält die Auslegung des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG, wonach nur Eingliederungshilfemaßnahmen i.S. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX das Merkmal "durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft" erfüllen, nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG (Allzuständigkeit des überörtlichen Trägers, Leistungen aus einer Hand) für zutreffend. Der Landesgesetzgeber hat die bloße Erbringung von Eingliederungshilfen nach dem eindeutigen Wortlaut nicht ausreichen lassen. Auch legt die sprachliche Gestaltung "durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft" anstelle von "in einer Wohngemeinschaft" eine Verknüpfung der gewährten Eingliederungshilfe mit dem betreuten Wohnen zwingend nahe. Nach dem Sinn und Zweck der Norm sollten bei bestimmten Leistungsformen ("Betreutes Wohnen") die Leistungen nach den unterschiedlichen Kapiteln des SGB XII von einem überörtlichen Träger erbracht werden. Nachdem Art. 82 Abs. 2 BayAGSG eine Ausnahmevorschrift zu Art. 81, 82 Abs. 1 BayAGSG ist, hat eine einschränkende Auslegung zu erfolgen. Für eine einschränkende Auslegung spricht auch der Gesetzentwurf der Staatsregierung Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze vom 10.09.2007 (LT-Drucksache 15/8865 S. 2). Dort wird ausgeführt, dass die Staatsregierung an ihrem Ziel festhält, auch die Zuständigkeit für die stationären und ambulanten Angebote der Hilfe zur Pflege zusammenzuführen. Dies soll jedoch erst in einem weiteren Schritt erfolgen. Nachdem die Bezirke über Art. 82 Abs. 1 Nr. 2 BayAGSG die sachliche Zuständigkeit für die Leistungen in stationären und teilstationären Einrichtungen haben, wäre eine weite Auslegung des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG, wonach jede Form der Eingliederungshilfe ausreichte, eine (ungewollte) Vorwegnahme des für die Zukunft anvisierten Zusammenlegungsziels bei den Hilfen zur Pflege. Zudem sollte mit der Neuregelung des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG eine Förderung des ambulanten Sektors erzielt werden (Landtags-DS aaO S. 10). Auch dies spricht für eine restriktive Auslegung, denn nur diese ermöglicht, dass die örtlichen Träger, die wohnortnah das Angebots- und Leistungsspektrum in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich steuern, bei der ambulanten Pflege weitgehenden Gestaltungsfreiraum erhalten und behalten. Schließlich spricht auch die Geschichte der Gesetzesänderung (historische Auslegung) gegen eine Anwendung der Vorschrift bei jeglicher Art der Eingliederungshilfe. Durch den Änderungsantrag vom 04.12.2007 (Drucksache 15/9458) sind frühere, zusätzliche Beschreibungen der Intensität ("therapeutische" Wohngemeinschaft oder "vergleichbar Intensiv betreutes" Einzelwohnen) weggefallen. Diese Hilfen sollen auch den Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung zugute kommen. Dies besagt der Änderungsantrag vom 4.12.2007 (Drucksache 15/9458). Gleichzeitig wird ausgeführt, dass damit keine substantielle Ausdehnung der umfassenden Sonderzuständigkeit verbunden sei. Es wird also erkannt, dass die Rechtsfolge zu einer umfassenden Sonderzuständigkeit führt (alle weiteren Hilfen der Sozialhilfe). Eine "substantielle Ausdehnung" sollte aber nicht erfolgen. Das bedeutet, dass die Tatbestandsvoraussetzungen eng begrenzt bleiben sollten im Sinne einer Sonderform der Betreuung.

cc. Das zu Art. 82 Abs. 2 BayAGSG gefundene Auslegungsergebnis steht auch in Übereinstimmung mit der hier entscheidungsrelevanten Abgrenzung zwischen den Leistungen der Hilfen zur Pflege und den Eingliederungshilfen. Zur Überzeugung des Senats handelt es sich bei den vom Verein F. erbrachten, vereinbarten und abgerechneten Leistungen, um solche, die als Pflegeleistungen und zwar als Leistungen der zusätzlichen (§ 45b SGB XI) bzw. häuslichen Betreuung (§ 124 SGB XI) zu qualifizieren sind. Es besteht bei der Lb diesbezüglich schon gar kein Bedarf an Eingliederungshilfe i.S. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten).

Der Senat teilt die Auffassung des SG in seinem Urteil vom 20. Mai 2016, S 22 SO 186/15 (anhängig unter L 8 SO 155/16), wonach diejenigen teilhaberelevanten Leistungen, die in den §§ 45 b, 124 SGB XII erfasst und vom Gesetzgeber ausdrücklich der Pflege zugewiesen sind, nicht zur Eingliederungshilfe gehören und für die Eingliederungshilfe dagegen Leistungen und Angebote in Frage kommen, die über den in §§ 45b, 124 SGB XI umschriebenen Leistungskatalog hinausgehen. Auch verbietet es sich, die in den Leistungen der zusätzlichen (§ 45b SGB XI) und häuslichen Betreuung (§ 124 SGB XI) zweifellos enthalten teilhabebezogenen Aspekte isoliert zu betrachten und allein deshalb unter Bezugnahme auf Art 82 AGSG die Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers zu reklamieren. Dazu hebt der Senat den Umstand hervor, dass der Kläger als örtlicher Sozialhilfeträger mit dem Verein F. am 06.05.2013 eine Vereinbarung nach §§ 75 ff. SGB XII über Leistungen der Begleitung und Betreuung des ambulant betreuten Wohnens geschlossen hat. Daraus ergibt sich, dass die Vertragsparteien (der Kläger und der Verein) übereinstimmend davon ausgehen, dass auf die vom Kläger zu tragenden Leistungen der Begleitung und Betreuung mit einem Tagessatz von 31,50 EUR die Leistungen der Pflegekasse wegen eingeschränkter Alltagskompetenz nach §§ 45 b SGB XI angerechnet werden. Daraus gewinnt der Senat die Überzeugung, dass die Rund- um- die- Uhr -Betreuung und Versorgung der Lb vertraglich und auch faktisch unter den erweiterten Leistungskatalog der Hilfen zur ambulanten Pflege erfolgt, für die der Kläger sachlich und örtlich zuständig ist. Es verwundert in diesem Zusammenhang, dass der Verein F. einerseits ein passgenaues Angebot für Demenzerkrankte unter Inanspruchnahme der Fördergelder der Anschubfinanzierung des § 45 c Abs. 3 SGB XI (Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen bei niederschwelligen Betreuungsangeboten) und unter Anrechnung der zusätzlichen Betreuungsleistungen nach § 45 b SGB XI offensichtlich kostendeckend anbietet, nachträglich aber (weitere bzw. andere) Gelder über einen (schon finanzierten) Anteil an Teilhabeleistungen rekrutieren will. Zur Überzeugung des Senats hat die Lb in der Wohngemeinschaft M. reine Pflegeleistungen i.S. des erweiterten Pflegebegriffs erhalten. Dies ergibt sich aus der gemeinsamen fachlichen Stellungnahme vom 01.08.2012 und 13.08.2012 des sozialpädagogischen Fachdienstes. Daraus ergibt sich, dass der umfangreiche Bedarf der Lb an 24 stündiger Tages- und Freizeitgestaltung durch begleitende und übende Unterstützung im Rahmen der Demenz-WG abgedeckt wird. Demnach muss die Lb bereits ab 7 Uhr angeleitet werden und benötigt Anleitung beim Frühstück und bei der Gestaltung der freien Zeit am Vormittag. Ihr Betreuungsbedarf (Alltagsbetreuung) beträgt 13,5 Stunden täglich, wobei nur die Nachtruhe (dort aber Unterstützung bei 3 Toilettengängen nachts) und ein 2 stündiger Mittagsschlaf von der Rund- um- die- Uhr- Betreuung und Begleitung ausgenommen sind. Beschrieben wird ein Pflegebedarf, der ausschließlich auf die Linderung der infolge der starken Demenz verlorenen gegangenen Fähigkeiten und Kompetenzen gerichtet ist.

(1). Der Gesetzgeber hat in §§ 45b, 124 SGB XI entschieden, dass die dort subsumierbaren zusätzlichen Betreuungsleistungen und Leistungen der häuslichen Betreuung zum Leistungssystem der Pflegeversicherung rechnen. Ausdrücklich heißt es in § 124 Abs. 2 SGB XII: "Leistungen der häuslichen Betreuung werden neben Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung als pflegerische Betreuungsmaßnahmen erbracht. Sie umfassen Unterstützung und sonstige Hilfen im häuslichen Umfeld des Pflegebedürftigen oder seiner Familie und schließen insbesondere das Folgende mit ein:1.Unterstützung von Aktivitäten im häuslichen Umfeld, die dem Zweck der Kommunikation und der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte dienen, 2.Unterstützung bei der Gestaltung des häuslichen Alltags, insbesondere Hilfen zur Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur, zur Durchführung bedürfnisgerechter Beschäftigungen und zur Einhaltung eines bedürfnisgerechten Tag-/Nacht-Rhythmus.

(2). Die vom Verein F. im Rahmen der vertraglichen Beziehung mit der Lb. erbrachten Leistungen (vgl. Konzept der Wohngemeinschaft K. vom 05.12.2011 und Entwurf: Inhalte der Begleitung, Betreuung und Pflege der Bewohner der WG K. in der Gemeinde M. Stand 05.05.2014) lassen sich ohne weiteres diesem Leistungsspektrum zuordnen. Sie decken sich mit der zwischen dem Kläger und dem Verein F. geschlossenen Vereinbarung nach § 75 ff SGB XII vom 06.05.2013. Gegenstand der Vereinbarung sind Leistungen der Begleitung und Betreuung. Ausdrücklich ausgenommen von der Regelung sind pflegerische Leistungen i.S. SGB XI, gewöhnliche Lebenshaltungskosten und Kosten der Unterkunft. Aus der in der Vereinbarung vom 06.05.2013 angeordneten Anrechnung von Leistungen der Pflegekasse wegen eingeschränkter Alltagskompetenz nach § 45 b SGB XI schließt der Senat, dass mit den ausgenommenen pflegerischen Leistungen i.S. SGB XI solche der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung nach § 36 SGB XI gemeint sind. Jedenfalls werden Leistungen der Eingliederungshilfe weder in der Vereinbarung vom 06.05.2013 noch in dem Konzept der Wohngemeinschaft ausdrücklich als solche beschrieben.

(3) Auch der Verein F. selbst geht davon aus, dass es sich bei den vom ihm erbrachten Leistungen um erweiterte Pflegeleistungen handelt. So hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich um eine ambulante Wohnform i. S. §§ 38 a i.V.m. § 45 e SGB XI für pflegebedürftige Menschen bzw. für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz i.S. SGB XI handelt. Die vom Verein organisierte Demenzbegleitung erfüllt die Voraussetzungen des § 45 c Abs. 3 SGB XI (niederschwelliges Betreuungsangebot durch z.T. ehrenamtliche Betreuungspersonen). Die Anschubfinanzierung der Demenz-WG erfolgte hier mit Fördermitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung als förderfähige ambulant betreute Wohngemeinschaft i.S. Art. 2 Abs. 3 PflWoqG. Dabei handelt es sich um Wohngruppen für Menschen mit Pflege - und Betreuungsbedarf in Abgrenzung zu Wohngruppen nach Art. 2 Abs. 4 PfleWoqG (Wohngruppen für Menschen mit Behinderungen). Das Konzept der Demenz-WG M. Stand 05.12.2011 beschreibt die Aufnahmevoraussetzungen und den Leistungsrahmen. Zielgruppe sind Senioren ab dem 55. Lebensjahr mit Gedächtnisstörungen und erhöhtem allgemeinen Betreuungsbedarf, die Unterstützung bei der Orientierung im Alltag benötigen und zur Wahrnehmung ihrer existenziellen Bedürfnisse permanent auf fremde Hilfe angewiesen sind. Voraussetzung für den Einzug in die Demenz-WG bei Personen, die ergänzend Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen müssen, ist die Anerkennung der Pflegestufe 1 oder eines allgemeinen Betreuungsbedarfes nach dem SGB XI. Die Pflege und Betreuung erfolgt nach Ziffer 6 des Konzepts durch nach dem SGB XI anerkannte Pflege- und Betreuungsdienste. Das ehrenamtliche Engagement erfolgt nach Ziffer 8 des Konzepts aus Gründen der Qualitätssicherung durch den Einsatz eines als niederschwelliges Betreuungsangebot nach § 45 b SGB XI anerkannten Dienstes. Nach dem Entwurf: "Inhalte der Begleitung, Betreuung und Pflege der Bewohner der WG K. in der Gemeinde M." Stand 05.05.2014, sichert die Ehrenamtliche Demenzhilfe M-Stadt/Unterallgäu die "Rund um- die- Uhr-Alltagsbegleitung". Dabei handelt es sich um einen nach § 45 b SGB XI anerkannten Besuchsdienst.

Die in der Demenz-WG konzeptionell vorgesehenen und tatsächlich im Alltag auch erbrachten Hilfen zur Betreuung decken den Bedarf der Bewohner und der Lb mit den im SGB XI definierten Hilfen für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz ab. Ein über die geleisteten Hilfen zur Betreuung nach § 45 a SGB XI bestehender Bedarf der Lb an Eingliederungshilfen wurde weder beantragt noch von der Beklagten bewilligt. Vielmehr deckt, nach der sozialpädagogischen Stellungnahme vom 01.08.2012 die Betreuung in der Demenz-WG die Bedarfe der Lb passgenau ab.

(4) Auch inhaltlich, handelt es sich um Betreuungsmaßnahmen und -angebote, die zwar über das Leistungsspektrum des § 36 SGB XI hinausgehen, die aber nicht auf eine Veränderung oder Erleichterung eines bestehenden Zustandes durch Förderung des behinderten Menschen und die dadurch sich verbessernde Teilhabe und soziale Eingliederung (Eingliederungshilfe) ausgerichtet sind. Daran ändert auch die Einschätzung in der sozialpädagogischen Stellungnahme vom 01.08.2012 nichts, worin der gesamte 24- Stunden- Betreuungsbedarf in grundpflegerischen und sonstigen Pflegebedarf nach § 61 SGB XII und einen täglichen 2 stündigen Teilhabebedarf nach § 53 SGB XII, § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX aufgeteilt wird. Zwar hat auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem SG als Zeuge vernommene frühere 1. Vorsitzende des Vereins F. Aktivitäten beschrieben, die im weitesten Sinne an einer Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ausgerichtet sind (z.B. Kegelgruppe, Gartenarbeit, Spaziergänge, Bekanntschaften pflegen). Die beschriebenen Aktivitäten entsprechen jedoch den Betreuungsleistungen, wie sie in § 45b Abs. SGB XI und § 124 SGB XI geregelt werden; sie entsprechen aber nicht den Leistungen, die im Rahmen der Teilhabe nach § 55 SGB IX und speziell § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht werden.

Zur Vermeidung von Missverständnissen stellt der Senat vorsorglich klar: Der Senat hat keineswegs den Eindruck, dass der Dienst Leistungen abrechnen will, die er tatsächlich nicht erbracht hat. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass die Betreuung der Bewohner umfänglich im Sinne einer dem Stand der Pflegewissenschaft entsprechenden aktivierenden Pflege erfolgt. Nur handelt es sich bei diesen Leistungen eben nicht um Eingliederungshilfe im Sinne des § 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX, sondern sie sind den Pflegeleistungen nach dem SGB XI ggf. auch dem SGB XII zuzurechnen.

(5). Die Abgrenzung von Leistungen der häuslichen Betreuung als Pflegeleistungen nach §§ 45b, 124 SGB XI zu den Leistungen der Eingliederungshilfe (§§ 53 ff. SGB XII) ist problematisch und in der Literatur umstritten (vgl. hierzu: Diskussionspapier des Deutschen Vereins zur Gestaltung der Schnittstelle zwischen der Eingliederungshilfe und der (Hilfe zur) Pflege unter Berücksichtigung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und der Reform der Eingliederungshilfe vom 21. September 2010, DV 23/09; Stellungnahme des Deutschen Vereins zum Entwurf eines 5. SGB XI-ÄndG vom 23.Juni 2014, NDV 2014, 481-485 und Gutachten G 14-11 vom 21.09.2012: Zum Verhältnis von Leistungen der Eingliederungshilfe zu Leistungen der Pflege nach dem SGB XI im ambulant betreuten Wohnen, vgl. auch zur gesetzlichen Neuregelung im Bundesteilhabegesetz: Stellungnahme des Deutschen Vereins zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Bundesteilhabegesetz, verabschiedet vom Präsidium vom 27.09.2016). Der Deutsche Verein mahnt seit Jahren eine gesetzgeberische Klärung der Schnittstellenproblematik an, betont aber den unterschiedlichen Zweck von Eingliederungshilfe und Pflege. Während die Leistungen der Pflegeversicherung vorrangig darauf gerichtet sind, verloren gegangene Fähigkeiten und Kompetenzen wieder zu gewinnen, soll die Eingliederungshilfe den Menschen befähigen, Kompetenzen für eine selbstbestimmte und selbstständige Lebensführung zu erlangen und ihn, soweit möglich, unabhängig von Pflege zu machen sowie die volle und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu fördern und sicherzustellen. Leistungen der Teilhabe sollen Pflegebedürftigkeit auch künftig vermeiden (§ 9 Abs. 3 SGB IX -E). Die Abgrenzungsnormen des § 13 Abs. 3 S. 3, Abs. 3 a SGB XI bringen hier nicht die notwendige Klarheit. Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege verfolgen zwar im Ausgangspunkt unterschiedliche Zielrichtungen. Eingliederungshilfe hat zum Ziel, auf eine Integration des behinderten Menschen in die Gesellschaft und auf eine entsprechende berufliche Rehabilitation hinzuwirken (vgl. die §§ 53 ff. SGB XII, § 35a SGB VIII). Mit der Hilfe zur Pflege wird nicht vornehmlich auf die Besserung des gesundheitlichen Zustands, sondern vielmehr auf die Erleichterung der Beschwerden zur Ermöglichung der erforderlichen Verrichtungen des Alltags abgestellt (Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 13 SGB XI Rn. 87 ff). Auch die Hinweise des Gesetzgebers in der Gesetzesbegründung zum Pflege- Neuausrichtungs- Gesetz (BT-Drucksache 17/9369 S. 103), wonach die Leistungen der Eingliederungshilfe durch die Einführung der Regelung des § 124 SGB XI unberührt bleiben und die Eingliederungshilfe im Verhältnis zur Pflegeversicherung nicht nachrangig sein soll, lösen das Spannungsverhältnis zwischen den Leistungen nach dem SGB XI und den Eingliederungsleistungen nach dem SGB XII nicht zweifelsfrei auf.

(aa) Wenn man, wie ein Teil der Literatur (Klie in LPK- SGB XI, 4. Auflage, § 124 SGB XI, dort Rn. 9, Kruse in LPK-SGB XI § 13 Rn. 30 ff) darauf abstellt, dass sich die Leistungen (Eingliederungshilfe / Pflege) in der Sache nicht voneinander trennen lassen, sondern ggf. die individuelle Bedarfsprüfung und Hilfeplanung (§ 58 SGB XII) zur Abgrenzung herangezogen werden muss, führt dies hier dazu, dass es bei Zuordnung zu den Leistungen der häuslichen pflegerischen Betreuung (§ 124 SGB XI) bleibt. Denn bei der Lb. lag nach der ersten Hilfeplanfeststellung vom 7.10.2011 - Sozialbericht mit Maßnahme-empfehlung - und der gemeinsamen sozialpädagogischen Stellungnahme vom 01.08.2012/ 13.08.2012 ausschließlich ein Bedarf an Unterbringung und Betreuung in der Demenz- WG vor.

(bb) Stellt man hingegen auf die Ziele der Leistungen der Eingliederungshilfe ab, die nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII noch erreichbar sein müssen, reicht hierfür nach § 53 Abs. 3 SGB XII die Erleichterung der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft und das Unabhängig - machen von der Hilfe zur Pflege aus. Hier resultiert die Rund- um -die- Uhr- Betreuungsnotwendigkeit der Lb aus einer bereits fortgeschrittenen Demenzerkrankung, die nach derzeitigem Stand der Medizin nicht revisibel ist. Es daher ausgeschlossen, dass die Lb durch Eingliederungsmaßnahmen unabhängig von der Hilfe zur Pflege werden könnte. Sämtliche Betreuungsleistungen in Form der übenden Unterstützung und Begleitung der Lb dienen dem Ziel der erweiterten Pflege, die infolge der Demenz verloren gegangenen Fähigkeiten und Kompetenzen zu kompensieren. Alles, was der Lb den Verein F. und die ehrenamtlichen Demenzhelfer an Hilfen und Unterstützung zuteil wird, ist "inhaltlich" (nach der Zielsetzung) keine Eingliederungshilfe, sondern Pflege. Dass darüber hinaus ein bislang nicht beantragter und bewilligter (isolierter) Teilhabebedarf z.B. für den Bereich der Mobilität oder für den Besuch kultureller Veranstaltungen bestehen könnte, für den der Beklagte zweifelsfrei sachlich und örtlich zuständig wäre, steht der gefundenen Wertung der bislang erbrachten Leistungen nicht entgegen. (cc). Zu berücksichtigen ist nach Auffassung des Senats zudem, dass die Regelungen der §§ 45b, 124 SGB XI, die im Vorgriff auf eine Neufassung des Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt wurden, Auswirkungen darauf haben müssen, was unter Eingliederungshilfe zu verstehen ist und was andererseits der Pflege zuzurechnen ist. Dies ist in einem gegliederten Sozialsystem mit unterschiedlichen Leistungs- und Finanzierungszuständigkeiten unumgänglich. Diejenigen teilhaberelevanten Leistungen, die in den §§ 45b, 124 SGB XII erfasst und vom Gesetzgeber ausdrücklich der Pflege zugewiesen sind, gehören nicht zur Eingliederungshilfe. Für die Eingliederungshilfe kommen dagegen Leistungen und Angebote in Frage, die über den in §§ 45b, 124 SGB XI umschriebenen Leistungskatalog hinausgehen. Es bleiben danach - auch in Fällen der ambulanten Pflege - noch vielfältige Anlässe für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn sie nur über die Zielsetzung der (häuslichen, vgl. dazu § 91Abs. 3 SGB IX E i.V.m. PSG III) pflegerischen Betreuung hinausreichen. Es ist nach Auffassung des Senats nicht zielführend, die in den Leistungen der zusätzlichen (§ 45b SGB XI) und häuslichen Betreuung (§ 124 SGB XI) zweifellos enthalten teilhabebezogenen Aspekte isoliert zu betrachten und allein deshalb unter Bezugnahme auf Art 82 AGSG die Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers zu reklamieren. Dies würde die Leistungen der Eingliederungshilfe und der Pflege endgültig ununterscheidbar machen und auch eine mit der Einführung des Art 82 Abs. 2 AGSG nicht beabsichtigte Zuständigkeitsausweitung für den überörtlichen Sozialhilfeträger zur Folge haben.

5. Der Kläger ist auch örtlich zuständiger (örtlicher) Sozialhilfeträger für die Leistungen der Hilfe zur ambulanten Pflege, die er beginnend mit dem 01.07.2012 und dem erstmaligen Bewilligungsbescheid vom 04.07.2013 der Lb als Leistungen der ambulanten Pflege nach § 61 ff SGB XII gewährt hat. Die Lb hält sich tatsächlich im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Klägers auf (§ 98 Abs. 1 SGB XII), so dass sich dessen örtliche Zuständigkeit ergibt. Eine abweichende örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 SGB XII kommt nicht in Betracht.

6. Ebenso wenig kommt eine örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 2 SGB XII in Betracht, weil es sich bei der Unterbringung in der Demenz-WG in M. nicht um eine stationäre Leistung handelt (siehe unter 3.).

Nachdem der Kläger örtlich und sachlich originär zuständiger Träger für die Leistungen der ambulanten Pflege der Lb ist, steht ihm kein Erstattungsanspruch gegen den Beklagten zu. Das Urteil des SG erging zu Unrecht. Die Berufung des Beklagten hat Erfolg, das Urteil des SG vom 12. August 2014 ist aufzuheben und die Klage ist abzuweisen.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. Der Kläger hat die gesamten Kosten zu tragen. Eine Befreiung von den Gerichtskosten (§ 2 Gerichtskostengesetz) besteht nicht (§ 64 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB X).

D. Die Revision wird nicht zugelassen. Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Streitentscheidend ist eine landesrechtliche Norm, die nicht revisionsrechtlich zu überprüfen ist.
Rechtskraft
Aus
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