S 10 SO 222/15

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
10
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 10 SO 222/15
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da die Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht hat, § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Zivilprozessordnung.

Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist nur dann gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auf. 2014, § 73a Rn. 7a), wenn es mit anderen Worten also ein Obsiegen des Klägers für mindestens ebenso wahrscheinlich hält, wie ein Unterliegen.

Das ist vorliegend nicht der Fall. Die zulässige Klage wird aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben.

Der streitgegenständliche Bescheid vom 02.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2015, mit dem die Beklagte Bestattungskosten iHv 3.408,85 EUR übernommen hat, erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme weiterer, im Zusammenhang mit der Beerdigung seines Sohnes entstandener Kosten iHv 2.321,10 EUR gegen die Beklagte nach § 74 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

Der Kläger ist als Vater seines am xxxxx1997 geborenen und am xxxxx2014 verstorbenen Sohnes Verpflichteter iSv § 74 SGB XII, da er ordnungsrechtlich zur Bestattung und zur Tragung der hierfür erforderlichen Kosten verpflichtet war. Dies folgt aus § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 3 iVm § 22 Abs. 4 Satz 1 lit. h) Hamburgisches Bestattungsgesetz, wonach die Angehörigen, zu denen u.a. die Eltern des Verstorbenen gehören, für die Bestattung zu sorgen haben. Derjenige, dem in Erfüllung seiner ordnungsrechtlichen Bestattungspflicht Kosten entstehen, ist auch iSv § 74 SGB XII zur Kostentragung verpflichtet (LSG Hamburg, Urteil vom 20.11.2014 – L 4 SO 22/12 –, juris).

Die Beklagte hat durch Übernahme von Kosten iHv 3.408,85 EUR auch anerkannt, dass dem Kläger die Tragung der Bestattungskosten nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten war.

Der Kläger hat aber über den bewilligten Betrag hinaus keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Kosten. Dies folgt bereits daraus, dass an ihn vom "I. Bestattungshilfeverein e.V.", dessen Mitglied der Kläger war, ein Betrag von 2.999,58 EUR ausgezahlt wurde. Der Kläger hat insoweit klargestellt, dass die im Schreiben des Vereins vom 28.07.2015 enthaltene Bezeichnung als "Überführungskosten" falsch sei und dass der Zweck des Vereins in der Betreuung und Begleitung muslimischer Sterbender und ihrer Familien sowie "in der Gewährleistung einer Bestattung nach islamischen Bestattungsvorschriften" bestehe. Die dem Kläger durch das Bestattungsinstitut A. in Rechnung gestellten Bestattungskosten von 5.710,40 EUR (Rechnung vom 20.11.2014) konnten demnach durch den von der Beklagten bewilligten Betrag und der vom Bestattungshilfeverein ausgezahlten Summe gedeckt werden, selbst wenn man noch die Kopierkosten für die Fotos vom Sohn iHv 19,55 EUR hinzunehmen wollte. Die vom Kläger zur Begründung eines weitergehenden Anspruchs gegen die Beklagte angeführte "Deckungslücke" zwischen den aus Sozialhilfemitteln übernommenen und den tatsächlich angefallenen Bestattungskosten bestand demzufolge nicht.

Ein solcher ungedeckter Bedarf lässt sich auch nicht mit den vom Kläger angeführten Kosten für die "Bewirtung der Trauergäste im Rahmen mehrerer Trauerfeiern ( ) auch in anderen Städten" sowie für Unterkunft und Verpflegung von Angehörigen im Rahmen von Beileidsbesuchen begründen. Denn diese Kosten sind nicht als Bestattungskosten iSd § 74 SGB XII berücksichtigungsfähig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind Bestattungskosten nur jene Kosten, die unmittelbar der Bestattung (unter Einschluss der ersten Grabherrichtung) dienen bzw. mit der Durchführung der Bestattung untrennbar verbunden sind, nicht jedoch solche für Maßnahmen, die nur anlässlich des Todes entstehen, also nicht final auf die Bestattung selbst ausgerichtet sind (etwa Todesanzeigen, Danksagungen, Leichenschmaus, Anreisekosten, Bekleidung). Bestattungskosten sind mithin von vornherein nur all die Kosten, die aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften resultierend notwendigerweise entstehen, damit die Bestattung überhaupt durchgeführt werden kann oder darf, sowie jene, die aus Maßnahmen oder Handlungen vor oder bis zum Ende des Bestattungsvorganges aus religiösen Gründen erwachsen (BSG, Urteil vom 25.08.2011 – B 8 SO 20/10 R –, juris; Greiser, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 74 Rn. 84).

Dazu gehören die vom Kläger angeführten Bewirtungskosten u.ä. offenkundig nicht. Es bedarf deshalb in der Hauptsache auch nicht, wie vom Kläger angeregt, der Einholung eines Sachverständigengutachtens "zur Frage der erforderlichen Kosten einer muslimischen Bestattung". Denn dass die Bestattung selbst – nach o.g. Begriffsverständnis iRd § 74 SGB XII – mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nach muslimischem Ritus durchgeführt werden konnte und ausweislich der Rechnung des Bestattungsunternehmens auch durchgeführt wurde, ist unbestritten.
Rechtskraft
Aus
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