S 10 AY 32/16 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
10
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 10 AY 32/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AY 69/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Antragsteller begehren im Wege einer einstweiligen Anordnung die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (Leistungen zum Lebensunterhalt sowie für Unterkunft und Heizung).

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht begründet.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines bestehenden Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Erforderlich ist in beiden Fällen, dass dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund zusteht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 86 b RdNr. 27 ff). Dies ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Bei dem Erlass einer einstweiligen Anordnung ist von dem Grundsatz auszugehen, dass diese lediglich der Sicherung, nicht aber bereits der Befriedigung von Rechten dient. Sie darf eine Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorwegnehmen. Deshalb dient sie nicht dazu, einem Hilfesuchenden schneller, als es in dem Hauptsacheverfahren möglich ist, zu seinem vermeintlichen Recht zu helfen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz der Unzulässigkeit der Vorwegnahme der Hauptsache gilt nur dann, wenn es zur Vermeidung unzumutbarer Folgen und eines nicht wieder gut zu machenden Schadens für den Antragsteller notwendig ist, dass seinem Begehren sofort entsprochen wird (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, SGG- Kommentar, 10. Auflage, § 86b Rn. 29 ff). Außerdem muss der Antragsteller vor der Inanspruchnahme von Leistungen im einstweiligen Rechtsschutz selbst alles Erforderliche getan haben, um Leistungen zu erhalten.

Vorliegend kann dahinstehen, ob die Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat.

Jedenfalls besteht kein Anordnungsgrund auf Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG im einstweiligen Rechtsschutz.

Dies würde im Ergebnis die Hauptsache vorweggenommen. Dies ist jedoch nur dann zulässig, wenn es zur Vermeidung unzumutbarer Folgen und eines nicht wieder gut zu machenden Schadens für die Antragsteller notwendig ist, dass ihrem Begehren sofort entsprochen wird und keine anderen Möglichkeiten der vorübergehenden Abhilfe bestehen.

Die Antragsteller haben hier jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, alle in ihrer Macht stehenden Möglichkeiten zur Leistungsinanspruchnahme genutzt zu haben.

Bei den Antragstellern handelt es sich um Yeziden aus dem Irak, die im Jahre 2015 im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland zu ihrem damals minderjährigen Sohn gekommen sind. Sie waren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz für Eltern eines minderjährigen Kindes. Mit Vollendung des 18. Lebensjahres des Sohnes am 00.00.2016 endete die Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Aufenthaltsgesetz. Bis einschließlich Juli 2016 haben die Antragsteller (noch aufgrund des vorherigen ausländerrechtlichen Status) Leistungen nach dem SGB II erhalten.

Nachdem die Antragsteller zunächst erklärt hatten, keinen Asylantrag stellen zu wollen, haben sie dann am 27.06.2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen schriftlichen Asylantrag gestellt.

Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz hat die Antragsgegnerin bei einer Vorsprache am 15.08.2016 mündlich abgelehnt, da der Aufenthaltsstatus der Antragsteller ungeklärt sei. Der Asylantrag sei nicht rechtswirksam, da er schriftlich gestellt worden sei. Im Übrigen seien die Antragsteller vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darauf hingewiesen worden, dass sie innerhalb von drei Arbeitstagen die Ausstellung der Aufenthaltsgestattung bei der zuständigen Ausländerbehörde beantragen sollten. Dies sei bislang nicht geschehen. Im Übrigen hätten die Antragsteller es in der Hand, durch eine Vorsprache in der ZAB C als Erstaufnahmestellte für Asylsuchende kurzfristig Leistungen (zu Lasten des Landes Nordrhein-Westfalen) zu erhalten.

Entgegen des Vortrages der Antragsteller ist nicht glaubhaft gemacht, dass diese bereits mehrfach in der ZAB C als Erstaufnahmestelle vorgesprochen haben. Nach Mitteilung des Ausländeramtes C sind die Antragsteller bereits mehrfach zur Vorsprache und Asylantragstellung bei der ZAB C aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sind die Antragsteller nicht nachgekommen, insbesondere ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass am 27.06.2016 eine persönliche Vorsprache stattgefunden hat. Die vorgelegte Kopie der Niederschrift zu einem Asylantrag (Teil 1) vom 27.06.2016 ist zum Beweis der persönlichen Vorsprache nicht geeignet. Der Asylantrag vom 27.06.2016 ist schriftlich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellt worden. Bei der Niederschrift handelt es sich offenbar um eine Anlage zu dem Schreiben des Bundesamtes vom 02.08.2016. Der angebotene Beweis, der Sohn der Antragsteller könne eidesstattlich versichern, dass er am 27.06.2016 bei Herrn E von der Ausländerbehörde vorgesprochen habe, ist ebenfalls nicht geeignet, eine persönliche Vorsprache der Antragsteller in der Erstaufnahmeeinrichtung zu beweisen. Herr E arbeitet in der Abteilung Ausländerangelegenheiten bei der Antragsgegnerin und nicht in der Zentralen Ausländerbehörde, in deren Erstaufnahmestelle die Antragsteller vorsprechen sollen. Auch ist ausweislich der beigezogenen Ausländerakte der Asylantrag am 27.06.2016 schriftlich und nicht von den Antragstellern persönlich gestellt worden.

Die Antragsteller haben es hier selbst in der Hand, durch eine persönliche Vorsprache bei der ZAB C als Erstaufnahmestelle kurzfristig Leistungen zum Lebensunterhalt zu bekommen. Nach § 47 Abs. 1 Asylgesetz sind Ausländer, die einen Asylantrag gestellt haben, zunächst verpflichtet, in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. In diesen Unterbringungseinrichtungen werden Leistungen nach dem AsylbLG bis zu einer Zuweisungsentscheidung der zuständigen Bezirksregierung zu Lasten des Landes, überwiegend durch Sachleistungen und Taschengeld nach § 3 AsylbLG als Barleistung, erbracht. Die Antragsteller haben somit selbst die Möglichkeit, ihre geltend gemachte Notlage durch die Vorsprache in der ZAB C als Erstaufnahmestelle für Asylsuchende zu beenden. Diese sind offensichtlich nicht bereit, sich entsprechend der Verpflichtung nach § 47 Abs. 1 Asylgesetz in eine Erstaufnahmeeinrichtung zu begeben. Da sie es jedoch selbst in der Hand haben, dort kurzfristig Leistungen in Anspruch nehmen zu können, besteht keine Notwendigkeit, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Leistungsgewährung zu verpflichten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Rechtskraft
Aus
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