S 13 KR 272/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 272/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 10.03.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2016 verurteilt, der Klägerin vom 04.02. bis 10.05.2016 Krankengeld zu gewähren. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Krankengeld für die Zeit vom 04.02. bis 10.05.2016.

Die 0000 geborene Klägerin stand vom 10.10.1988 bis 31.03.2015 als kaufmännische Angestellte/Sekretärin in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis; dieses endete aufgrund eines zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber geschlossenen Auflösungsvertrages. Vom 17.03.2015 bis 10.05.2016 bescheinigten verschiedene Ärzte wegen verschiedener Krankheiten Arbeitsunfähigkeit (AU) der Klägerin, im Einzelnen:

Datum bescheinigt von AU wegen AU bis 17.03.2015 Dres. K./N. R10.4 02.04.2015 02.04. " " 30.04. 30.04 " R10.4 / T10.9 / K29.7 08.05. 05.05 Dr. I. F32.1 / F45.0 12.05. 12.05 " " 02.06. 02.06 " " 11.06. 09.06. Dr. J. H26.9 23.06. 23.06. " " 10.07. 07.07. " " 07.08. 03.08. Dr. F. M54.4 15.08. 07.08. Dr. J. H26.9 24.08. 17.08. Dr. L. M47.2 31.08. 28.08. " " 25.09. 15.09. " " 04.10. 01.10. " " 20.10. 19.10. " " 11.11. 10.11. " " 30.11. 30.11. " " 15.12. 15.12. " " 08.01.2016 08.01.2016 " " 12.01. 13.01. – 03.02.2016 Rehabilitation M54.4 / M53.1 03.02 04.02. Dr. I. F32.1 23.02. 22.02. " " 04.03. 29.02. " " 15.03. 15.03. Dr. I.-O. " 30.03. 30.03. " " 11.04. 05.04. Universitätsklinik AC H26.4 06.05. 11.04. Dr. L. M47.2 22.04. 21.04. " " 10.05.

ICD10: Krankheit: F32.1 Mittelgradige depressive Episode F45.0 Somatisierungsstörung H26.4 Cataract secundaria H26.9 Katarakt M47.2 Spondylose mit Radikulopathie / deg. Lumbalsyndrom / Facettensyndrom M53.1 Zervicobrachial-Syndrom M54.4 Lumboischialgie R10.4 Bauchschmerzen T10.9 Armbruch

Die Beklagte zahlte nach dem Ende der Entgeltfortzahlung Krankengeld vom 01.04.2015 bis 12.01.2016. Während einer Rehabilitations-(Reha-)Maßnahme vom 13.01. bis 03.02.2016 erhielt die Klägerin Übergangsgeld. Im Entlassungsbericht der Reha-Klinik vom 03.02.2016 heißt es unter "Sozialmedizinische Epikrise": "Aus sozialmedizinischer Sicht besteht für Frau M. grundsätzlich ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung. Diese Leistungseinschätzung wurde mit ihr besprochen und nicht geteilt. Frau M. meint, dass sie aus psychischer und körperlicher Sicht die Tätigkeit als Sekretärin nicht mehr aufnehmen kann. Am 03.02.2016 entließen wir Frau M., die zuletzt arbeitslos war, mit genannten Einschränkungen arbeitsfähig in die weitere ambulante Betreuung".

Am 08.02.2016 erhielt die Beklagte eine von dem Neurologen/Psychiater Dr. I. am 04.02.2016 ausgestellte Bescheinigung über die an diesem Tag festgestellte AU; Dr. I. attestierte, dass die Klägerin am 04.02.2016 in seiner Praxis behandelt worden sei und "aufgrund ihrer Erkrankung weiterhin bis zum 23.02.2016 arbeitsunfähig" sei.

Durch Bescheid vom 10.03.2016 lehnte die Beklagte unter Bezugnahme auf die AU-Bescheinigung vom 04.02.2016 die Zahlung von Krankengeld ab mit der Begründung, der Krankenversicherungsschutz umfasse keinen Anspruch auf Krankengeld mehr.

Dagegen erhob die Klägerin am 14.03.2016 Widerspruch. Sie trug vor, sie sei durchgehend arbeitsunfähig. Sie habe am Tag nach der Entlassung aus der Reha-Maßnahme, also am 04.02.2016, den Arzttermin bei ihrem Psychiater wahrgenommen. Sie habe sich bereits mehrere Monate zuvor – auch schon 2015 – in psychiatrischer Behandlung befunden. Die Behandlungstermine beim Psychiater waren konkret am 05.05., 12.05., 02.06. und 17.11.2015 sowie am 04.01., 04.02., 22.02. und 29.02.2016. Seit 15.03.2016 werde sie von der Tochter des Vorbehandlers therapiert.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 18.08.2016 zurück. Sie erklärte unter Bezugnahme auf § 46 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), dass der Krankengeldanspruch bis zu dem Tag bestehen bleibe, an dem die weitere AU wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt werde, wenn diese Feststellung spätestens am nächsten Werktag erfolge. Wegen der psychischen Krankheiten sei der Klägerin im Jahre 2015 nur bis zum 11.06.2015 AU bescheinigt worden; danach sei eine AU wegen eines Kataraktes und später auch wegen einer Lumboischalgie attestiert worden; aus der wegen orthopädischer Beschwerden durchgeführten Reha-Maßnahme sei die Klägerin am 03.02.2016 als arbeitsfähig entlassen worden. Als am 04.02.2016 Arbeitsunfähigkeit wegen psychischer Krankheiten festgestellt worden sei, habe bereits keine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld mehr bestanden; der Anspruch auf Krankengeld wegen psychischer Krankheiten habe zuvor schon am 11.06.2015 geendet; der Krankengeldanspruch wegen der orthopädischen Krankheiten (Lumbalbereich) habe am 03.02.2016 geendet. Am 04.02.2016 sei eine neue Erstbescheinigung wegen psychischer Krankheiten ausgestellt worden. Eine dauerhafte AU habe somit nicht vorgelegen. Die Beklagte meinte, um den Anspruch auf Krankengeld aufrecht zu erhalten, hätte die weitere AU wegen der psychischen Krankheiten "spätestens am 11.06.2015 erneut ärztlich attestiert werden müssen".

Dagegen hat die Klägerin am 23.08.2016 Klage erhoben. Sie meint, die AU-Bescheinigung vom 04.02.2016 sei rechtzeitig (im Hinblick auf § 46 Satz 2 SGB V) ausgestellt und (im Hinblick auf § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) der Beklagten vorgelegt worden, um einen über den 03.02.2016 fortbestehenden Krankengeldanspruch sicherzustellen. Die AU habe bis zum 10.05.2016 angedauert. Während des gesamten AU-Zeitraumes vom 17.03.2015 bis 10.05.2016 habe "dieselbe Krankheit" vorgelegen. Ihre psychische Krankheit sei nicht ausgeheilt gewesen und habe immer wieder zu Behandlungsbedürftigkeit und/oder AU geführt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.03.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2016 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 04.02. bis 10.05.2016 Krankengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, am 04.02.2016 sei nicht weitere AU wegen derselben Krankheit festgestellt worden. Die Feststellung der AU für die Zeit vom 13.01. bis 03.02.2016 habe auf der Diagnose einer Radikulopathie im Lumbalbereich beruht, während die darauf folgende Feststellung der AU für den Zeitraum ab 04.02.2016 auf der Diagnose einer depressiven Störung und Somatisierungsstörung beruhe. Das Tatbestandsmerkmal "derselben Krankheit" in § 46 Satz 2 SGB V habe dieselbe Bedeutung wie in § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 46 Satz 2 SGB V vorliegen, dürfte nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin am 03.02.2016 als arbeitsfähig aus der Reha-Maßnahme entlassen worden sei. Somit habe nicht, wie § 46 Satz 2 SGB V dies fordere, eine Feststellung fortdauernder AU vorgelegen; vielmehr sei am 04.02.2016 erneut AU festgestellt worden. Bei der am 04.02.2016 festgestellten psychischen Erkrankung handele es sich auch nicht um den Hinzutritt einer Erkrankung im Sinne von § 48 SGB V; für den Hinzutritt einer Krankheit im Sinne dieser Vorschrift sei erforderlich, dass zumindest an einem Tag gemeinsam beide Erkrankungen zeitgleich vorgelegen haben müssen; dies sei hier nicht der Fall gewesen. Obwohl die Beklagte bereits im vorprozessualen Schriftsatz vom 06.04.2016 die AU wegen der psychischen Krankheit anerkannt hatte ("Ab dem 04.02.2016 besteht eine neue Arbeitsunfähigkeit wegen psychischer Probleme."), hat sie es zuletzt (und erstmals) im Schriftsatz vom 03.03.2017 für klärungsbedürftig gehalten, ob überhaupt der Tatbestand der AU ab dem 04.02.2016 vorliegt.

Das Gericht hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes den Entlassungsbericht der Reha-Klinik Bad Pyrmont vom 03.02.2016 und einen Befundbericht von Dr. I. vom 13.11.2016 nebst Patientenunterlagen und Arztberichte beigezogen. Wegen des Ergebnisses wird auf die genannten Unterlagen verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie rechtswidrig sind. Sie hat anlässlich der am 04.02.2016 festgestellten und bescheinigten AU über den 03.02.2016 hinaus weiter Anspruch auf Krankengeld bis 10.05.2016.

Gemäß § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Der Krankengeldanspruch besteht grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung für den Fall der AU wegen derselben Krankheit, jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren gerechnet vom Tag des Beginns der AU an (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Tritt während der AU eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Der Anspruch auf Krankengeld ruht, soweit und solange Versicherte Übergangsgeld beziehen (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V), wie die Klägerin in der Zeit vom 13.01. bis 03.02.2016. Bei ambulanter Krankenbehandlung entsteht der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der AU folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V in der bis 22.07.2015 geltenden Fassung) bzw. von dem Tag der ärztlichen Feststellung der AU an (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V in der ab 23.07.2015 geltenden Fassung). Der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere AU wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der AU erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage (§ 46 Satz 2 SGB V in der ab 23.07.2015 geltenden Fassung).

In Anwendung dieser gesetzlichen Vorschriften hat die Klägerin Anspruch auf Krankengeld nicht nur für die Zeit vom 18.03.2015 bis 03.02.2016, der in den Zeiträumen vom 18.03. bis 31.03.2015 wegen des Bezuges von Arbeitsentgelt gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und vom 13.01. bis 03.02.2016 wegen des Bezuges von Übergangsgeld gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V ruhte, sondern auch für die streitbefangene Zeit vom 04.02. bis 10.05.2016. Die Klägerin war in dieser Zeit arbeitsunfähig. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus den diesen Zeitraum abdeckenden AU-Bescheinigungen des Dr. I., der Dr. I.-O., der Ärzte des Universitätsklinikums Aachen und des Dr. L ... Dass ab 04.02.2016 AU bestand, hat auch die Beklagte im vorprozessualen Schriftsatz vom 06.04.2016 anerkannt. Soweit sie die AU ab 04.02.2016 grundsätzlich und erstmals im Schriftsatz vom 03.03.2017 infrage gestellt hat, bestand für die Kammer kein Klärungsbedarf. Die diesbezüglichen Zweifel sind nicht begründet; mit ihnen stellt sich die Beklagte in Widerspruch zu ihrer eigenen bis dahin vertretenen und erklärten medizinischen Einschätzung.

Die am 04.02.2016 wegen einer mittelgradigen depressiven Episode von Dr. I. festgestellten AU beruht – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht auf einer neuen Krankheit, die bei entsprechendem Versicherungsschutz einen neuen Krankengeldanspruch begründet hätte. Vielmehr beruht sie auf einer im Verlauf der seit 17.03.2015 bestehenden AU den Anspruch auf Krankengeld nicht verlängernden hinzugetretenen Krankheit im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Dies bedeutet, dass es sich bei allen seit dem 17.03.2015 festgestellten und AU-begründenden Krankheiten einschließlich der am 04.02.2016 festgestellten Krankheit um "dieselbe Krankheit" im Rechtssinne der § 48 Abs. 1 und § 46 Satz 2 SGB V handelt. Die Klägerin war zuvor im Jahre 2015 schon mehrfach wegen des psychiatrischen Krankheitsbildes behandelt worden. Dr. I. hatte deshalb früher auch schon AU vom 17.03. bis 11.06.2015 festgestellt und bescheinigt. Allein die Tatsache, dass ab 09.06.2015 andere Ärzte wegen anderer Krankheiten fortlaufend AU festgestellt und bescheinigt haben, wie sich aus der im Tatbestand dargestellten Übersicht ergibt, lässt nicht den Schluss zu, dass die AU zwischen dem 11.06.2015 und dem 03.02.2016 nicht (auch) auf dem psychiatrischen Krankheitsbild beruhte.

Arbeitsunfähigkeit ist die auf Krankheit beruhende Unfähigkeit, die zuletzt verrichtete oder eine ähnliche Beschäftigung oder Tätigkeit fortzusetzen (BSG, Urteil vom 30.05.1967 – 3 RK 15/65). Der Versicherte ist zur Ausübung der bisherigen Erwerbstätigkeit nicht nur dann unfähig, wenn sie ihm überhaupt nicht mehr möglich ist, sondern auch dann, wenn er sie nur noch auf die Gefahr hin verrichten, den Leidenszustand zu verschlimmern (BSG, a.a.O.; Urteil vom 19.06.1963 – 3 RK 37/59, Urteil vom 24.05.1978 – 4 RJ 69/77). Bei einer wiederholten Erkrankung handelt es sich im Rechtssinne um dieselbe Krankheit, wenn ihr dieselbe, nicht behobene Krankheitsursache zugrunde liegt. Dies heißt nicht, dass stets dieselbe Krankheitsbezeichnung vorliegen muss; auch muss es sich nicht um die gleiche oder eine gleichartige Krankheit handeln. Ausreichend ist vielmehr, dass sich ein Grundleiden gegebenenfalls auch in unterschiedlichen Erscheinungsformen äußert, sofern es medizinisch als Einheit zu werten ist. Dabei kann der erforderliche innere Zusammenhang schon dadurch begründet sein, dass die Entstehung der Krankheit jedes Mal durch eine gemeinsame Bedingung begünstigt oder herbeigeführt wird. Der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bildet, braucht dabei weder ständig Krankheitserscheinungen hervorzurufen noch fortlaufend Behandlungsbedürftigkeit zu bewirken. Es genügt vielmehr, wenn ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden latent weiter besteht und nach einem beschwerdefreien oder beschwerdearmen Intervall erneut Krankheitssymptome hervorruft (BSG, Urteil vom 07.12.2004, B 1 KR 10/03 R; LSG Berlin, Urteil vom 10.12.2003 – L 9 KR 472/01).

Die Klägerin war nach dem 11.06.2015 weiterhin in psychiatrischer Behandlung. Konkrete Behandlungstermine sind für den 17.11.2015, 04.01.2016 und eben den 04.02.2016 sowie danach belegt. Dr. I. hat im Befundbericht vom 23.01.2016 ausgeführt, dass der psychische Zustand der Klägerin zwar in der Zeit vom 17.11.2015 bis 07.01.2016 relativ zufriedenstellend gewesen war; danach habe sich ihr psychischer Zustand jedoch relativ verschlechtert. Unmittelbar nach der am 03.02.2016 erfolgten Entlassung aus der Reha-Maßnahme hat Dr. I. sie am Folgetag (04.02.2016) behandelt, die AU festgestellt und attestiert, dass die Klägerin "aufgrund ihrer Erkrankung weiterhin arbeitsunfähig" sei. Dies kann nur so verstanden werden, dass die psychische Erkrankung zwischen der letzten Behandlung am 04.01.2016 und dem 04.02.2016 wieder aufgelebt ist bzw. sich verschlimmert hat in einem Ausmaß, dass dadurch (weiter) AU begründet wurde. Unter Berücksichtigung des Entlassungsberichts vom 03.02.2016 über die orthopädische Reha-Maßnahme vom 13.01. bis 03.02.2016, in dem es heißt, dass die Klägerin für leichte körperliche Tätigkeiten als "arbeitsfähig in die weitere ambulante Behandlung" entlassen werde, die Klägerin aber schon im Entlassungsgespräch deutlich machte, dass sie sich aus psychischer (und körperlicher) Sicht dazu nicht in der Lage sah, dürfte die von Dr. I. am Folgetag festgestellte AU wegen einer mittelgradigen (!) Depression nicht bereits – neu – an diesem Tag, sondern zumindest schon am Tag zuvor bestanden haben. Wäre die Klägerin bereits am Entlassungstag, einem Mittwoch, bei Dr. I. vorstellig geworden und hätte dieser die AU bereits an diesem Tag festgestellt, so wäre der Krankengeldanspruch unzweifelhaft (auch nach der bis 22.07.2015 geltenden Fassung des § 46 SGB V) über den 03.02.2016 hinaus bestehen geblieben. Nicht zuletzt um derartige nach früherem Recht immer wieder auftretende Zwangssituationen (Vorsprache beim weiterbehandelnden Arzt am letzten Tag der bis dahin bestehenden AU, z.B. noch am Tag der Entlassung aus einer Krankenhaus- oder Reha-Behandlung oder an einem Freitag oder an einem Tag vor einem Feiertag) zu vermeiden, hat der Gesetzgeber die ab 23.07.2015 geltende Neuregelung in § 46 Satz 2 SGB V geschaffen. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung (BT Drucksache 18/5123, S. 121): "Durch den neuen Satz 2 wird nunmehr geregelt, dass der Anspruch auf Krankengeld bestehen bleibt, wenn nach dem Ende der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit deren Fortdauer wegen derselben Krankheit erst am nächsten Tag – mit Ausnahme des Samstags – ärztlich festgestellt wird. Durch die ausdrückliche Klarstellung, dass Samstage insoweit nicht als Werktage gelten, ist die ärztliche Feststellung der fortdauernden Arbeitsunfähigkeit am Montag ausreichend, wenn die zuvor ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit an einem Freitag endet. Dabei ist von einer fortdauernden Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit auch dann auszugehen, wenn zwischen dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit und der ärztlichen Feststellung der weiteren Arbeitsunfähigkeit ein Wochenende liegt, an dem eine Krankheit hinzugetreten und die Arbeitsunfähigkeit nur noch von der hinzugetretenen Krankheit verursacht ist und zu keinem Zeitpunkt Arbeitsfähigkeit vorlag." Dies muss erst recht gelten, wenn zwischen dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit und der ärztlichen Feststellung der weiteren Arbeitsunfähigkeit kein Wochenende liegt, sondern diese am Folgetag getroffen wird.

Da die Klägerin bis 03.02.2016 (Mittwoch; Tag der Entlassung aus der Reha-Maßnahme) arbeitsunfähig war und am nächsten Werktag am 04.02.2016 (Donnerstag) der behandelnde Arzt Dr. I. weitere AU – wie oben dargelegt – wegen "derselben Krankheit" im Sinne des § 46 Satz 2 SGB V festgestellt hat, ist nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, wie er in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommt, von fortdauernder Arbeitsunfähigkeit der Klägerin über den 03.02.2016 hinaus auszugehen und der mit der Klage verfolgte Krankengeldanspruch begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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