L 32 AS 1626/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 115 AS 4728/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 1626/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. März 2013 geändert. Der Bescheid vom 24. November 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2011 sowie die Änderungsbescheide vom 26. März 2011 und vom 14. April 2011 werden hinsichtlich der Absenkung des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 28. Februar 2011 aufgehoben. Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Absenkung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 28. Februar 2011 in Höhe von 96,60 Euro monatlich.

Dem im April 1974 geborenen Kläger und den mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen, seiner im Januar 1973 geborenen Ehefrau S und den im Oktober 1999 und Dezember 2001 geborenen Kindern J und J, waren auf deren Weiterbewilligungsantrag mit Bescheid vom 7. September 2010 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. September 2010 bis 28. Februar 2011 in Höhe von 1.343,08 Euro monatlich (davon für den Kläger 323 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und 140,74 Euro für Unterkunft und Heizung) bewilligt worden. Mit Änderungsbescheid vom 30. September 2010 hatte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. November 2010 bis 28. Februar 2011 auf 1.330,75 Euro monatlich (für den Kläger 323 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und 137,68 Euro für Unterkunft und Heizung) festgesetzt.

Der Kläger und der Beklagte hatten am 30. September 2010 eine bis 29. März 2011 gültige Eingliederungsvereinbarung mit den Zielen einer Integration in Arbeit, Maßnahme intensive Vermittlung geschlossen. Der Beklagte bot dem Kläger die Teilnahme an der Maßnahme intensive Vermittlung nach § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 46 SGB III an. Für die Dauer der Teilnahme an der Maßnahme wurde dem Träger S- ein Zugriff auf die selektiven Bewerberdaten im Vermittlungs-/ Beratungs- und Informationssystem (VerBIS) eingeräumt. Der Kläger verpflichtete sich, an dieser Maßnahme zur beruflichen Eingliederung ab dem 4. Oktober 2010 teilzunehmen, insbesondere zur Einhaltung der mit diesem Träger vereinbarten Termine und zur aktiven Mitwirkung bis zum Ende der Zuweisungsdauer. Er verpflichtete sich außerdem, in den nächsten sechs Monaten, beginnend mit dem Datum der Unterzeichnung, mindestens drei monatliche Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen. In der Rechtsfolgenbelehrung war der Kläger über die Folgen bei Verstößen gegen die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten hingewiesen worden.

Nach einem Gesprächsvermerk des Beklagten vom 30. September 2010 war dem Kläger bei einem Gespräch am selben Tag ein Flyer und eine Wegebeschreibung (Informationen über die Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung bei der S GmbH- Vordruck F.2.1 Informationsblatt) ausgehändigt und ein Termin am 4. Oktober 2010 um 15.00 Uhr mitgeteilt worden.

Nachdem der Beklagte Kenntnis erlangt hatte, dass der Kläger die Maßnahme nicht angetreten hatte, gab er ihm mit Schreiben vom 19. Oktober 2010 Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Er wies darauf hin, dass, wenn der Kläger für sein Verhalten keinen wichtigen Grund habe, dies die Absenkung oder den Wegfall der Leistung zur Folge habe (Sanktion), die grundsätzlich drei Monate dauere und voraussichtlich zu einer Minderung des Leistungsanspruches in Höhe von 30 v. H. der Regelleistung führe.

Der Kläger meinte in seiner Stellungnahme, es handele sich um ein Missverständnis. Er habe den Bearbeiter des Beklagten so verstanden, dass sich jemand bei ihm für die Maßnahme melden werde, so wie dies bei einer früheren Maßnahme gewesen sei. Dieser Bearbeiter habe ihm absolut keine konkrete Auskunft gegeben, wie er sich verhalten solle. Er habe sich deswegen eine Tätigkeit gesucht, weswegen er nunmehr nicht an der Maßnahme teilnehmen könne. Der Kläger wies auf seine am 22. Oktober 2010 übermittelte Veränderungsmitteilung über die Aufnahme einer Tätigkeit als Auslieferungsfahrer ab 26. Oktober 2010 bei der Allrounder-Service M. GmbH mit einem Nettoentgelt von ca. 165 Euro monatlich hin.

Mit Änderungsbescheid vom 29. Oktober 2010 hatte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis 28. Februar 2011 nunmehr in Höhe von 1.278,75 Euro monatlich (für den Kläger 305 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und 137,68 Euro für Unterkunft und Heizung) festgesetzt. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 16. November 2010 waren Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 28. Februar 2011 in Höhe von 1.283,75 Euro (für den Kläger 305,02 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und 138,93 Euro für Unterkunft und Heizung) gewährt worden.

Mit Bescheid vom 24. November 2010 verfügte der Beklagte gegenüber dem Kläger, dass sein Arbeitslosengeld II (Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts) für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. März 2011 monatlich um 30 v. H. der maßgebenden Regelleistung (96,60 Euro monatlich) gesenkt wird. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Kläger am 4. Oktober 2010 trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die Maßnahme bei S- nicht angetreten habe. Gründe, die dieses Verhalten erklärten und als wichtig anerkannt werden könnten, seien nicht angegeben und nachgewiesen worden.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, der Nichtantritt einer Maßnahme bedeute schon begrifflich keinen Abbruch einer Maßnahme. Ihm sei von Mitarbeitern des Jobcenters mitgeteilt worden, der Träger würde sich mit ihm zwecks Vereinbarung eines Termins in Verbindung setzen. Weder dem ausgehändigten Informationsblatt (Informationen über die Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung) noch der Eingliederungsvereinbarung sei zudem zu entnehmen, dass er sich am 4. Oktober 2010 an irgendeinem Ort einfinden müsse bzw. sich initiativ zu melden habe. Dieses Informationsblatt enthalte zudem keine Rechtsfolgenbelehrung.

Mit Änderungsbescheid vom 22. Dezember 2010 bewilligte der Beklagte nach Wegfall der Anrechnung von Einkommen ab Januar 2011 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. Januar 2011 von 1.233,85 Euro (für den Kläger 323 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und 137,68 Euro für Unterkunft und Heizung) und für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 28. Februar 2011 von 1.238,85 Euro (für den Kläger 323 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und 138,93 Euro für Unterkunft und Heizung). Dabei wies er für beide Monate einen Minderungsbetrag von jeweils 96,90 Euro für den Kläger aus.

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2011 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. November 2010 zurück: Bei dem persönlichen Gespräch am 30. September 2010 seien dem Kläger ein Flyer und eine Wegbeschreibung für einen Termin am 4. Oktober 2010,15.00 Uhr beim Maßnahmeträger ausgegeben worden. Seiner Verpflichtung zur Kontaktaufnahme und Vorstellung sei er nicht nachgekommen. Soweit er einwende, er habe den Anruf des Maßnahmeträgers erwartet, stelle dieser Umstand, unterstellt er träfe zu, keinen wichtigen Grund dar. Nach der eindeutigen Verpflichtung in der Eingliederungsvereinbarung habe die Verpflichtung zur Teilnahme an dieser Maßnahme bestanden. Gerade vor dem Hintergrund der konkreten Terminierung widerspreche es jeder Lebenswirklichkeit, dass der Kläger auf einen Anruf gewartet haben wolle. Im Übrigen hätte er sich zeitnah erkundigen können, als er gemerkt habe, dass dieser Anruf auch in den Folgetagen ausgeblieben sei. Der Vortrag des Klägers sei insoweit unglaubhaft und als reine Schutzbehauptung zu werten.

Dagegen hat der Kläger am 18. Februar 2011 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben.

Er hat vorgetragen, es sei mit den Mitarbeitern des Beklagten besprochen worden, dass sich der Maßnahmeträger bei ihm melden werde, um den ersten Gesprächstermin zu vereinbaren. Weder in der Eingliederungsvereinbarung noch in dem ausgehändigten Informationsblatt sei eine konkrete Verpflichtung des Klägers, sich am 4. Oktober 2010 um 15.00 Uhr beim Maßnahmeträger einzufinden, formuliert. Darüber hinaus sei die Vorschrift des § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II missachtet worden, da der Sanktionsbeginn erst am 1. Januar 2011 eintrete, der Sanktionsbescheid jedoch bereits am 27. November 2010 wirksam geworden sei. Dies könnte möglicherweise die Rechtswidrigkeit der Festsetzung des gesamten Sanktionszeitraumes zur Folge haben (Hinweis auf Bundessozialgericht – BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010 – B 14 AS 92/09 R).

Mit Änderungsbescheid vom 26. März 2011 bewilligte der Beklagte wegen Neufestsetzung der Regelbedarfe Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. Januar 2011 von 1.243,85 Euro (für den Kläger 328 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und 137,68 Euro für Unterkunft und Heizung) und für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 28. Februar 2011 von 1.248,85 Euro (für den Kläger 328 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und 138,93 Euro für Unterkunft und Heizung). Dabei wies er als Minderungsbetrag für die beiden Monate jeweils 96,90 Euro für den Kläger aus.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 14. April 2011 gewährte der Beklagte unter Berücksichtigung der vollen Kosten der Unterkunft und Heizung (561,19 Euro monatlich, bestehend aus 419,32 Euro Grundmiete, 110,82 Euro Vorauszahlung für Betriebskosten und 31,05 Euro Vorauszahlung für Heizung/Warmwasser und ab 1. Februar 2011 566,19 Euro monatlich, bestehend aus 424,32 Euro Grundmiete, 110,82 Euro Vorauszahlung für Betriebskosten und 31,05 Euro Vorauszahlung für Heizung/Warmwasser) ohne Abzug der Warmwasserkosten Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. Januar 2011 von 1.254,29 Euro (für den Kläger 328 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und 140,29 Euro für Unterkunft und Heizung) und für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 28. Februar 2011 von 1.259,29 Euro (für den Kläger 328 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und 141,54 Euro für Unterkunft und Heizung). Dabei wies er für die beiden Monate einen Minderungsbetrag von jeweils 96,90 Euro für den Kläger aus.

Bei seiner persönlichen Anhörung hat der Kläger eingeräumt, von dem Termin am 4. Oktober 2010 gewusst zu haben. Er habe jedoch gedacht, dass er angerufen würde. Er könne sich nicht erinnern, ob er selbst beim Maßnahmeträger angerufen habe. Er habe die Vereinbarung nicht genau gelesen. Im Jobcenter sei ihm bei dem Gespräch aber nicht gesagt worden, wo und wann er sich zu melden habe. Da er später etwas anderes gefunden habe, habe er nicht mehr an die Maßnahme gedacht.

Nach einem gerichtlichen Hinweis hat der Beklagte den Bescheid vom 24. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2011 insoweit aufgehoben, als er eine Minderung für die Zeit vom 1. März 2011 bis 31. März 2011 feststellt. Der Beklagte hat sich außerdem verpflichtet, die Kosten des Klägers zu einem Drittel zu tragen.

Mit Urteil vom 8. März 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Rechtsgrundlage für die verhängte Sanktion sei § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung. Der Kläger habe die in der Eingliederungsvereinbarung benannte Maßnahme "intensive Vermittlung" nicht angetreten. Dabei könne dahinstehen, ob er in dem persönlichen Gespräch am 30. September 2010 von dem Beklagten einen konkreten Termin beim Maßnahmeträger erhalten habe. Der Kläger habe gewusst, dass er an der Maßnahme ab dem 4. Oktober 2010 teilzunehmen gehabt habe, denn er habe sich in der Eingliederungsvereinbarung dazu verpflichtet. Der Maßnahmeträger S GmbH werde zwar dort nicht genannt. Dieser Maßnahmeträger, der Veranstaltungsort, ein persönlicher Ansprechpartner nebst Telefonnummer, der zeitliche Umfang und die pflichtigen Anwesenheitszeiten ergäben sich jedoch aus dem ausgehändigten Informationsblatt, durch das die Eingliederungsvereinbarung konkretisiert werde. Der Kläger habe sich in Kenntnis seiner Teilnahmeverpflichtung weder am 4. Oktober 2010 noch danach beim Maßnahmeträger gemeldet und die Maßnahme aufgenommen, obwohl er gewusst habe, dass diese 8 Wochen dauern solle und obwohl der nach seinem Vortrag von ihm erwartete Anruf von dem Maßnahmeträger ausgeblieben sei. Er habe damit seine fehlende Bereitschaft, den vereinbarten Pflichten nachzukommen, zum Ausdruck gebracht und die Aufnahme verweigert. Der erwerbsfähige Leistungsberechtigte habe nicht lediglich passiv, sondern gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB II aktiv an seiner Eingliederung in Arbeit mitzuwirken. Ein wichtiger Grund für sein Verhalten sei nicht ersichtlich. Eine Vereinbarung dahingehend, dass der Maßnahmeträger sich beim Kläger telefonisch melde, sei nicht erkennbar. Angesichts der Teilnahmeverpflichtung und der Kenntnis des Ortes und eines persönlichen Ansprechpartners sei das Verhalten des Klägers nicht gerechtfertigt. Indem der Beklagte den Beginn der Sanktion ab dem 1. Januar 2011 festgestellt habe, habe er gegen § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II a. F. verstoßen, denn bei Zugang des Sanktionsbescheides bereits am 27. November 2010 sei die Minderung vom 1. Dezember 2010 bis 28. Februar 2011 festzustellen gewesen. Dies lasse jedoch die Rechtmäßigkeit der Sanktion für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 28. Februar 2011 unberührt. Dem stehe auch nicht die Entscheidung des BSG vom 15. Dezember 2010 – B 14 AS 92/09 R entgegen, wonach gegebenenfalls eine Rechtswidrigkeit der Festsetzung des Sanktionszeitraumes in jenem Einzelfall insgesamt zu erwägen sei. Der Sanktionsbescheid sei hinsichtlich der monatlichen Minderungszeiträume teilbar, so dass nach Aufhebung des rechtswidrigen Teils der "Rest-Verwaltungsakt" selbständig bestehen bleiben könne.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 28. März 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger wegen der Nichtzulassung der Berufung am 11. April 2013 Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 19. Juni 2013 hat der Senat die Berufung zugelassen.

Der Kläger meint, der Beklagte wolle Maßnahmen bei verschiedenen Trägern (im Ausgangsbescheid Träger S, im Widerspruchsbescheid Träger FTEC) sanktionieren. Es werde weiter bestritten, dass ihm Zeit und Ort eines Gesprächs beim fraglichen Träger mitgeteilt worden seien. Es liege kein vorsätzliches Verhalten des Klägers vor. Dieser habe schlüssig dargelegt, dass er davon ausgegangen sei, der Träger werde sich mit ihm zwecks Terminvereinbarung in Verbindung setzen. Die Eingliederungsvereinbarung enthalte, auch nach Auslegung mithilfe des ausgehändigten Merkblattes, keine Vorgabe, dass sich der Kläger initiativ beim Maßnahmeträger melde solle. Im Gegenteil werde der beim Kläger dann auch aufgetretene Eindruck erweckt, er habe die mit dem Träger vereinbarten Termine wahrzunehmen. Eine solche Terminvereinbarung habe es jedoch nicht gegeben. Im Übrigen werde vom Urteil des BSG vom 15. Dezember 2010 – B 14 AS 92/09 R abgewichen. Dem Kläger sei nicht mehr erinnerlich, welcher Mitarbeiter bzw. welche Mitarbeiterin ihn seinerzeit entsprechend informiert habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. März 2013 zu ändern und den Bescheid vom 24. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung entgegenstehender Bescheide zu verpflichten, dem Kläger auch für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 28. Februar 2011 Leistungen ohne Absenkung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Er weist darauf hin, dass es keine zwei verschiedenen Träger gebe. Die Bezeichnung FTEC stehe für Feststellungs-, Trainings- und Erprobungscenter und bezeichne die Art der Maßnahme, die der Kläger bei dem Träger S-GmbH habe absolvieren sollen. Der Vermerk vom 30. September 2010 stamme von R L.

R L ist am 5. August 2016 als Zeuge durch den Berichterstatter vernommen worden. R L ist erneut in der mündlichen Verhandlung des Senats als Zeuge vernommen worden, nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, er sei vom Beweistermin am 5. August 2016 nicht in Kenntnis gesetzt worden.

In der mündlichen Verhandlung des Senats haben sich die Beteiligten weiter eingelassen.

Der Kläger weist bezugnehmend auf die Rechtsprechung des BSG darauf hin, dass die nach dem Bescheid vom 24. November 2010 erlassenen Änderungsbescheide ebenfalls verfahrensgegenständlich geworden seien. Die Eingliederungsvereinbarung sei unwirksam, da ihr ein plausibles Eingliederungskonzept nicht zugrunde liege, so dass darauf keine Sanktion gestützt werden könne. Nach dem Vermerk vom 30. September 2010 sei auch eine AGH als sinnvoll erschienen. Wie der Zeuge L bestätige, bedeute AHG Arbeitsgelegenheit.

Der Beklagte meint, das Eingliederungskonzept basiere auf einem in sich schlüssigen Plan. Es sei darauf ausgerichtet, den Kläger mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in Arbeit zu vermitteln.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 5. August 2016 und auf Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 23. Februar 2017 Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten (Band IV ), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 24. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dies gilt ebenfalls für die zum Gegenstand des Vorverfahrens bzw. des gerichtlichen Verfahrens gewordenen Änderungsbescheide vom 22. Dezember 2010, vom 26. März 2011 und vom 14. April 2011. Die Minderung des Arbeitslosengeldes II ist rechtsfehlerhaft, denn der Kläger war zur Teilnahme an der Maßnahme Intensive Vermittlung nicht verpflichtet, da die Eingliederungsvereinbarung mangels eines schlüssigen Eingliederungskonzepts insgesamt nichtig ist.

Allein zulässige Klageart ist die Anfechtungsklage.

Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann durch Klage die Aufhebung des Verwaltungsaktes begehrt werden.

Das klägerische Begehren ist darauf gerichtet, für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 28. Februar 2011 nicht abgesenkte Leistungen zu erhalten. Dieses Klageziel ist bereits durch die Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu erreichen, so dass die vom Kläger daneben erhobene Leistungsklage mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig ist.

Der Kläger hat zwar die Änderungsbescheide nicht in seinen Antrag aufgenommen. Dies ist jedoch unschädlich, denn sein Antrag ist auslegungsfähig. Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Wie der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung des Senats ausgeführt hat, hält er die Änderungsbescheide für verfahrensgegenständlich. Sein Begehren ist daher auch auf die entsprechende Aufhebung dieser Änderungsbescheide gerichtet.

Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X.

Danach gilt: Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.

Nach der Rechtsprechung des BSG zur bis 31. März 2011 geltenden Rechtslage (wegen der ab 1. April 2011 maßgebenden Rechtslage vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 19/14 R) bilden ein Bewilligungsbescheid und ein den Bewilligungszeitraum betreffender Absenkungsbescheid eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheides zur Höhe des Arbeitslosengeldes II in dem von der Absenkung betroffenen Zeitraum, da die Verfügungssätze dieser beiden Bescheide miteinander korrespondieren (BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 68/09 R, Rdnr. 9, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 31 Nr. 4). Ein Sanktionsereignis bzw. ein Sanktionsbescheid stellen dementsprechend keinen abtrennbaren Streitgegenstand dar, der isoliert von den übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II überprüft werden kann (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010 – B 14 AS 92/09 R, Rdnr. 13, zitiert nach juris). Dies hat zur Folge, dass mit einem Sanktionsbescheid zugleich der Bescheid, mit dem Leistungen für solche Zeiträume, die von diesem Sanktionsbescheid erfasst werden, bewilligt wurden, (konkludent) geändert wird. Mit einem solchen Sanktionsbescheid wird nämlich unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass für den Zeitraum, für den der Sanktionsbescheid Geltung beansprucht, Leistungen nicht mehr in unveränderter Höhe zustehen sollen.

Wegen des einheitlichen Streitgegenstandes und der miteinander korrespondierenden Verfügungssätze werden Bescheide, die nach Erteilung des Sanktionsbescheides für die Zeiträume ergehen, zu denen der Sanktionsbescheid eine Regelung trifft, zum Gegenstand des Vorverfahrens bzw. des gerichtlichen Verfahrens.

Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens (§ 86 erster Halbsatz SSG). Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt (§ 96 Abs. 1 SGG).

Ausgehend davon wurde der Änderungsbescheid vom 22. Dezember 2010 zum Gegenstand des Vorverfahrens und sind die Änderungsbescheide vom 26. März 2011 und vom 14. April 2011 zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden, denn mit ihnen wurde das Arbeitslosengeld II unter Beibehaltung des Minderungsbetrages neu festgesetzt.

Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 7. September 2010 zuletzt in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. November 2010 vorgelegen haben, ist nicht eingetreten, denn nicht alle Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe c SGB II (in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung des Gesetzes vom 9. Dezember 2010; BGBl I 2010, 1885) a. F. sind erfüllt.

§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe c SGB II a. F. bestimmt: Das Arbeitslosengeld II wird in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung gemindert, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, eine mit einem Beschäftigungszuschuss nach § 16e SGB II geförderte Arbeit, ein zumutbares Angebot nach § 15a SGB II oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen.

Dies gilt nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II a. F. nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist.

Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe c SGB II a. F. liegen nicht vollumfänglich vor.

Beim Kläger handelte es sich zwar um einen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in seinem Leistungsvermögen eingeschränkt war, liegen nicht vor; auch vom Kläger wird solches nicht geltend gemacht. Der Kläger war hilfebedürftig, denn er und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen verfügten über kein Vermögen; als Einkommen standen ihnen lediglich Kindergeld für die beiden Kinder von jeweils 184 Euro und vom 26. Oktober 2010 bis 15. Dezember 2010 Arbeitsentgelt des Klägers von 195 Euro monatlich (Nettoentgelt) zur Verfügung.

Der Kläger nahm auch eine in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme nicht auf.

Nach der zwischen dem Kläger und dem Beklagten am 30. September 2010 geschlossenen Eingliederungsvereinbarung bot der Beklagte die Teilnahme an der Maßnahme intensive Vermittlung nach § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 46 SGB III an. Der Kläger verpflichtete sich, an dieser Maßnahme ab dem 4. Oktober 2010 teilzunehmen. Dabei zählten zu seinen Mitwirkungspflichten u. a. die Einhaltung der mit dem Träger vereinbarten Termine und die aktive Mitwirkung bis zum Ende der Zuweisungsdauer. Der Eingliederungsvereinbarung war auch der Träger dieser Maßnahme, die S D, zu entnehmen, denn diese wird im Zusammenhang mit dem Zugriff auf die selektiven Bewerberdaten im Vermittlungs-/Beratungs- und Informationssystem (VerBIS) genannt. Die weiteren Einzelheiten zu dieser Maßnahme ergaben sich aus dem dem Kläger zugleich am 30. September 2010 ausgehändigten Flyer mit Wegebeschreibung (Vordruck F.2.1 Informationsblatt), in dem ebenfalls der Maßnahmeträger, die S D GmbH, deren Anschrift und Erreichbarkeit, ein persönlicher Ansprechpartner für den Kläger nebst Telefonnummer sowie neben der Kurzbeschreibung dieser Maßnahme Folgendes angegeben war: Die individuelle Zuweisungsdauer eines Teilnehmers wurde vom Bedarfsträger festgelegt, sie beträgt 8 Wochen. Für die Teilnehmer besteht eine tägliche Anwesenheitspflicht (Präsenzzeit). Eine Teilnahme in Vollzeit umfasst 39 Stunden pro Woche. Die festgelegte individuelle Zuweisungsdauer bezieht sich auf die tatsächliche Teilnahme an der Maßnahme. Fehlzeiten, wie zum Beispiel Zeiten der Arbeitsunfähigkeit verlängern die tatsächliche Teilnahme an der Maßnahme entsprechend. Anwesenheitszeiten täglich: Montag von 08.00 bis 16.00 Uhr, Dienstag bis Freitag von 08.00 bis 15.45 Uhr. Teilzeitzuweisungen werden individuell besprochen.

Es blieb danach allerdings offen, ob sich der Kläger am 4. Oktober 2010 bereits um 08.00 Uhr, wie im Vordruck F. 2.1 Informationsblatt vorgesehen oder erst um 15.00 Uhr, wie im Vermerk vom 30. September 2010 niedergelegt, beim Maßnahmeträger S- einzufinden hatte. Der Zeuge L, derjenige Sachbearbeiter des Beklagten, der den Gesprächsvermerk vom 30. September 2010 fertigte, hat bei seiner Vernehmung am 23. Februar 2017 bekundet, der 4. Oktober 2010 sei der Vorstellungstermin beim Maßnahmeträger gewesen. Über diesen Termin sei der Kläger lediglich mündlich am 30. September 2010 informiert worden. Im Übrigen hat der Zeuge bekundet, dass, wenn der Hinweis auf den Beginn der Maßnahme schriftlich mitgeteilt worden sein sollte, dies dann nur in der Eingliederungsvereinbarung geschehen sei. Die Eingliederungsvereinbarung vom 30. September 2010 weist insoweit den 4. Oktober 2010 aus, ohne allerdings eine genaue Uhrzeit zu nennen. Ungeachtet dessen stand jedenfalls fest, dass der Kläger ab 4. Oktober 2010 an der Maßnahme intensive Vermittlung beim Maßnahmeträger S- teilzunehmen hatte.

Das vom Kläger abverlangte Verhalten war somit nach Art, Umfang, Zeit und Ort noch so hinreichend konkretisiert, dass für ihn ersichtlich war, was von ihm erwartet wurde.

Der Kläger hat die Aufnahme dieser in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarten Maßnahme verweigert.

Das Merkmal "weigert" bedeutet die vorsätzliche ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich entsprechend der in der Eingliederungsvereinbarung getroffenen Regelung zu verhalten. Die Weigerung bedeutet im Rahmen des Sanktionstatbestandes des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe c SGB II a. F. die vorsätzliche Nichtaufnahme der vereinbarten Maßnahme. Die Weigerung kann gegenüber dem zuständigen Leistungsträger oder einem Dritten, wie dem Träger der Maßnahme, erfolgen. Sie kann auch konkludent in der Nichtaufnahme der vereinbarten Maßnahme liegen (Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, Kommentar, 2. Auflage, § 31 Rdnrn. 17 und 14).

Der Kläger wusste aufgrund der Eingliederungsvereinbarung vom 30. September 2010, dass er ab dem 4. Oktober 2010 an der Maßnahme intensive Vermittlung beim Träger S D GmbH teilzunehmen hatte. Bei seiner persönlichen Anhörung beim Sozialgericht hat der Kläger ausdrücklich eingeräumt, von dem Termin am 4. Oktober 2010 gewusst zu haben. Die Eingliederungsvereinbarung macht die Aufnahme dieser Maßnahme nicht von der vorherigen Vereinbarung eines Termins durch diesen Träger oder von einer entsprechenden Aufforderung dieses Trägers abhängig, denn solches ist ihr nicht zu entnehmen. Angesichts dessen ist die Nichtaufnahme der Maßnahme am 4. Oktober 2010 (ob um 08.00 Uhr oder erst um 15.00 Uhr) als vorsätzliches Verhalten des Klägers zu werten. Der Annahme von Vorsatz könnte zwar entgegenstehen, dass und wenn dem Kläger seitens eines Mitarbeiters des Beklagten mitgeteilt worden wäre, er dürfe ungeachtet des in der Eingliederungsvereinbarung genannten Zeitpunkts des 4. Oktober 2010 mit der Aufnahme der Maßnahme zu warten, bis sich der Maßnahmeträger bei ihm meldet, um den ersten Gesprächstermin zu vereinbaren. Für das diesbezügliche Vorbringen des Klägers ist ein entsprechender Beweis jedoch nicht erbracht. Der als Zeuge vernommene R Lhat dieses Vorbringen des Klägers nicht bestätigt. Dieser Zeuge, der sich an das Gespräch mit dem Kläger am 30. September 2010 nicht mehr hat erinnern können, hat jedenfalls auf der Grundlage seines Gesprächsvermerks bekundet, dass die dort niedergelegte Mitteilung des Termins 4. Oktober 2010, 15.00 Uhr bedeutet, dass sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt bei der Träger S D GmbH einzufinden hat. Dass er sich zu diesem Termin dort melden muss, hat der Zeuge dem Kläger seinerzeit so auch mitgeteilt. Der 4. Oktober 2010 war nach den Bekundungen dieses Zeugen der Vorstellungstermin beim Maßnahmeträger. Der Zeuge hat es als unwahrscheinlich bezeichnet, dass er geäußert habe solle, dass sich der Maßnahmeträger mit dem Kläger in Verbindung setzen würde. Dies hat der Zeuge nachvollziehbar damit begründet, dass er anderenfalls dem Kläger den Termin und die Uhrzeit nicht mitgeteilt hätte. Diese Bekundungen des Zeugen L sind glaubhaft.

Der Beklagte belehrte im Anschluss an die Eingliederungsvereinbarung vom 30. September 2010 schließlich auch zutreffend über die Rechtsfolgen bei Verstoß gegen die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten, wie das Sozialgericht im Einzelnen dargelegt hat.

Einen wichtigen Grund für die Nichtaufnahme der Maßnahme am 4. Oktober 2010 hat der Kläger schon nicht geltend gemacht. Ein solcher ist auch nicht ersichtlich.

Allerdings durfte der Beklagte gleichwohl die Minderung des Arbeitslosengeldes II nicht auf die Verweigerung des Klägers zur Aufnahme der in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarten Maßnahme stützen. Es liegt keine Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe c SGB II a. F. vor, denn diese Eingliederungsvereinbarung ist insgesamt nichtig. Es ist nicht ersichtlich, dass ihr ein schlüssiges Eingliederungskonzept zugrunde liegt.

Die Verletzung der Pflicht, eine in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen, die ihrer Rechtsqualität nach eine Obliegenheit ist, kann die Rechtsfolge einer Sanktion nur nach sich ziehen, wenn sich im Rahmen der Prüfung einer angefochtenen Sanktionsentscheidung bei einer inzidenten Prüfung der in der Eingliederungsvereinbarung bestimmten Obliegenheit erweist, dass diese Grundlage einer Sanktion bei ihrer Verletzung sein kann. Der Maßstab für die Prüfung einer in einer Eingliederungsvereinbarung bestimmten Obliegenheit folgt aus § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. dem Recht der öffentlich-rechtlichen Verträge nach den §§ 53 ff. SGB X, denn Eingliederungsvereinbarungen sind ihrer Rechtsqualität nach öffentlich-rechtliche Verträge in der Form des subordinationsrechtlichen Austauschvertrages nach § 53 Abs. 1 Satz 2, § 55 SGB X. Danach ist eine Eingliederungsvereinbarung wirksam, wenn sie nicht nichtig ist. Sie ist über die Prüfung, ob Nichtigkeitsgründe vorliegen, hinaus nicht auch darauf hin zu prüfen, ob sie rechtswidrig ist (BSG, Urteil vom 23. Juni 2016 - B 14 AS 30/15 R, Rdnrn. 15 und 16, zitiert nach juris).

Im Hinblick auf ihren Charakter als öffentlich-rechtlicher Vertrag in der Form des subordinationsrechtlichen Austauschvertrages muss eine Eingliederungsvereinbarung ein ausgewogenes Verhältnis der wechselseitigen Verpflichtungen des Leistungsberechtigten und des Leistungsträgers aufweisen, denn fehlt es daran, stehen also die sanktionsbewerten Obliegenheiten des Leistungsberechtigten in einem unangemessenen Verhältnis zu den vom Leistungsträger übernommenen Leistungsverpflichtungen, liegt insoweit eine unzulässige Gegenleistung im Sinne des § 55 SGB X vor, die wegen des so genannten Kopplungsverbotes nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X zur Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung nach § 58 Abs. 3 SGB X führt. Für strenge Anforderungen an das Erfordernis eines ausgewogenen Verhältnisses der wechselseitigen Verpflichtungen spricht, dass die Verletzung der vereinbarten Obliegenheit in der Eingliederungsvereinbarung sanktionsbewehrt ist und dass die Ausgewogenheit gerade wesentliches Element des gesetzgeberischen Regelungskonzepts (des Fordern und Förderns) ist (BSG, Urteil vom 23. Juni 2016 – B 14 AS 30/15 R, Rdnrn. 21, 22).

§ 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 5 SGB II a. F. regelte: Die Eingliederungsvereinbarung soll insbesondere bestimmen, 1. welche Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, 2. welche Bemühungen der erwerbsfähige Hilfebedürftige in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form er die Bemühungen nachzuweisen hat, 3. welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, der erwerbsfähige Hilfebedürftige zu beantragen hat. Die Eingliederungsvereinbarung soll für sechs Monate geschlossen werden. Danach soll eine neue Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden. Bei jeder folgenden Eingliederungsvereinbarung sind die bisher gewonnenen Erfahrungen zu berücksichtigen.

Nach dem mit § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 5 SGB II a. F. verfolgten gesetzlichen Regelungskonzept konkretisiert eine Eingliederungsvereinbarung das Sozialrechtsverhältnis und enthält "verbindliche Aussagen" zum Fördern und Fordern einschließlich der abgesprochenen Leistungen zur Eingliederung in Arbeit; durch die Befristung von Eingliederungsvereinbarungen soll "intensive Betreuung" und zeitnahe "kritische Überprüfung" der Eignung der für die berufliche Eingliederung eingesetzten Mittel sichergestellt werden. Damit dienen Eingliederungsvereinbarungen dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel einer aktivierenden Arbeitsmarktpolitik im Sinne einer "maßgeschneiderten" Ausrichtung der Eingliederungsleistungen auf den Leistungsberechtigten, bei der aufbauend auf die "konkrete Bedarfslage" ein "individuelles Angebot" unter aktiver Mitwirkung des Leistungsberechtigten geplant und gesteuert wird (BSG, Urteil vom 23. Juni 2016 – B 14 AS 30/15 R, Rdnr. 18, unter Hinweis auf Bundestag-Drucksache 15/1516, S. 54 und 44).

Die Regelung des § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 5 SGB II a. F. knüpft hierbei an § 3 Abs. 1 SGB II an.

Die Eingliederungsvereinbarung muss daher auf den Leistungsgrundsätzen des § 3 Abs. 1 Satz 2 SGB II beruhen, wonach bei den Leistungen zur Eingliederung in Arbeit 1. die Eignung, 2. die individuelle Lebenssituation, insbesondere die familiäre Situation, 3. die voraussichtliche Dauer der Hilfebedürftigkeit und 4. die Dauerhaftigkeit der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zu berücksichtigen sind. Insbesondere die Eignung und die individuelle Lebenssituation des Leistungsberechtigten müssen berücksichtigt werden. Die Eingliederungsvereinbarung hat individuelle, konkrete und verbindliche Leistungsangebote des Leistungsträgers zur Eingliederung in Arbeit zu enthalten. Ihr muss zu entnehmen sein, ob und inwieweit eine Eignungsanalyse unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Leistungsberechtigten durchgeführt und die bisher gewonnenen Erfahrungen bei der (jeweils weiteren) Eingliederungsvereinbarung berücksichtigt wurden (BSG, Urteil vom 23. Juni 2016 – B 14 AS 30/15 R, Rdnr. 19).

Zur Verwirklichung dessen ist ein schlüssiges Eingliederungskonzept erforderlich, denn, um eine schnelle und passgenaue Vermittlung der Betroffenen in Arbeit und damit eine schnellstmögliche Überwindung der Hilfebedürftigkeit zu erreichen, bedarf es einer "maßgeschneiderten Ausrichtung der Eingliederungsleistungen" auf den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Kernelement dieser neuen Leistung ist nach der Gesetzesbegründung deshalb das Fallmanagement. Im Rahmen des Fallmanagements wird die konkrete Bedarfslage des Betroffenen erhoben; darauf aufbauend wird dann ein individuelles Angebot unter aktiver Mitwirkung des Hilfebedürftigen geplant und gesteuert (Bundestag-Drucksache 15/1516, S. 44). Dies setzt notwendigerweise ein individuelles Eingliederungskonzept voraus (BSG, Urteil vom 23. Juni 2016 – B 14 AS 42/15 R, Rdnr. 14, zitiert nach juris), das in sich plausibel sein muss, da nur dadurch dem gesetzgeberischen Anliegen hinreichend Rechnung getragen werden kann.

Ausgehend davon ist die Eingliederungsvereinbarung vom 30. September 2010 insgesamt nichtig. Es ist nicht ersichtlich, dass ihr ein schlüssiges Eingliederungskonzept zugrunde liegt, so dass sie dem Kläger Verpflichtungen auferlegt, ohne ihm eine angemessene Gegenleistung zu verschaffen.

Der Eingliederungsvereinbarung selbst ist schon nicht zu entnehmen, ob und inwieweit eine Eignungsanalyse unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Klägers durchgeführt wurde und die bisher gewonnenen Erfahrungen bei dieser Eingliederungsvereinbarung berücksichtigt wurden. Die Verwaltungsakte des Beklagten enthält ebenfalls keine Hinweise darauf, dass solches erfolgt wäre.

Die Eingliederungsvereinbarung vom 30. September 2010 und der Vermerk vom 30. September 2010 unter Berücksichtigung der dazu abgegebenen Erklärung des Zeugen L lassen vielmehr die Schlussfolgerung zu, dass es an einem schlüssigen Eingliederungskonzept mangelte, denn die angebotenen und erwogenen Maßnahmen zeigen eher ein planloses Handeln des Beklagten.

Die Eingliederungsvereinbarung benennt als Ziele die Integration in Arbeit und die Maßnahme intensive Vermittlung. Die Maßnahme intensive Vermittlung soll nach dem Inhalt der Eingliederungsvereinbarung die berufliche Eingliederung durch eine Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt unterstützen. Nach dem dazu dem Kläger übergebenen Vordruck F.2.1 Informationsblatt dient diese Maßnahme nach ihrer Kurzbeschreibung der "Erstellung moderner Bewerbungsunterlagen". Im Rahmen dieser Maßnahme werden Workshop-Angebote zu den Themen "aktuelle Informationen zum Arbeitsmarkt, Bewerbungsstrategien, Bewerbung per Mail und per Telefon, EDV-gestützte Eigenrecherche, Vorbereitung auf Assessmentcenter und Arbeitszeugnisse richtig lesen" gemacht. Dies deutet darauf hin, dass der Beklagte bei Abschluss der Eingliederungsvereinbarung der Auffassung gewesen ist, dass mit den beim Kläger vorhandenen Kenntnissen und Fähigkeiten eine erfolgversprechende Bewerbung auf Arbeitsplätze nicht erfolgen kann, es also erst einer "Heranführung an den Arbeitsmarkt" bedarf, die mittels der Maßnahme intensive Vermittlung erreicht werden soll. Unter dieser Annahme bleibt dann allerdings unverständlich, weswegen der Kläger nach der Eingliederungsvereinbarung mindestens drei monatliche Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen hatte, denn solche Bewerbungsbemühungen konnten mit nur unzureichend bzw. nicht vorhandenen Kenntnissen und Fähigkeiten von vornherein kaum oder nicht erfolgversprechend sein. Vom Kläger wurde insoweit etwas verlangt, was er erst nach Durchführung der angebotenen Maßnahme intensive Vermittlung zu leisten in der Lage wäre. Sollte demgegenüber der Beklagte der Ansicht gewesen sein, solche Bewerbungsbemühungen seien auch mit den beim Kläger seinerzeit (schon bzw. noch) vorhandenen Kenntnissen und Fähigkeiten über Bewerbungen erfolgreich, erschlösse sich nicht, warum er dann an der angebotenen Maßnahme intensive Vermittlung hätte teilnehmen sollen. Ihm wäre für diesen Fall eine überflüssige Maßnahme angeboten worden, zu deren Teilnahme er folglich nicht hätte verpflichtet sein können.

Aus dem Aktenvermerk vom 30. September 2010 geht darüber hinaus hervor: "AGH scheint sinnvoll." Wie der Zeuge L bei seiner Vernehmung bekundet hat, steht "AGH" für Arbeitsgelegenheit.

Nach § 16d Satz 1 SGB II (in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2008, BGBl I 2008, 2917) sollen Arbeitsgelegenheiten für erwerbsfähige Hilfebedürftige geschaffen werden, die keine Arbeit finden können.

Die Funktion der Arbeitsgelegenheiten als Eingliederungsleistung liegt in erster Linie darin, erwerbsfähige Hilfebedürftige, die bereits über einen längeren Zeitraum keine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr ausgeübt haben, wieder an eine regelmäßige Arbeitstätigkeit zu gewöhnen und zu erproben, ob der Leistungsempfänger den sich daraus ergebenden Belastungen gewachsen ist (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 4 AS 60/07 R, Rdnr. 23, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 102, 201 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 4). Wenn nach dem Aktenvermerk vom 30. September 2010 auch eine Arbeitsgelegenheit als sinnvoll erschien, bedeutet dies, dass der Beklagte an der Beschäftigungsfähigkeit des Klägers Zweifel hatte. Bei einer nicht gegebenen Beschäftigungsfähigkeit machen jedoch weder die Teilnahme an der Maßnahme intensiver Vermittlung noch Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse Sinn. Der Kläger wäre zwar nach der Teilnahme an der Maßnahme intensive Vermittlung in der Lage gewesen, moderne Bewerbungsunterlagen zu erstellen. Er hätte auch infolge von Bewerbungsbemühungen um einen Arbeitsplatz von einem Arbeitgeber in Betracht gezogen werden können. Beides (die Teilnahme an der Maßnahme intensiver Vermittlung bzw. Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse) wäre jedoch nicht zielführend gewesen, wenn wegen fehlender Beschäftigungsfähigkeit eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht hätte durchgehalten werden können, der Kläger also den Arbeitsplatz deswegen nicht erhalten hätte, weil schon absehbar war, dass er den dortigen Belastungen nicht gewachsen ist, oder der Kläger nach Aufnahme einer Beschäftigung diesen Arbeitsplatz deswegen wieder verloren hätte, weil sich herausgestellt hätte, ihm nicht gewachsen zu sein.

Stand mithin nach dem Aktenvermerk vom 30. September 2010 seinerzeit die Beschäftigungsfähigkeit des Klägers in Zweifel (nach dem Inhalt dieses Aktenvermerks lag die letzte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Jahr 2003), wäre es vornehmlich geboten gewesen aufzuklären, ob der Kläger beschäftigungsfähig ist oder nicht. Eine Eingliederungsvereinbarung, die ungeachtet dessen den Kläger verpflichtet, an einer Maßnahme intensive Vermittlung teilzunehmen und ihm aufgibt, Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen, beruht mithin nicht auf einem schlüssigen Eingliederungskonzept. Sie ist vielmehr Ausdruck dessen, irgendwelche Maßnahmen, die nach dem Gesetz als Maßnahmen zur Integration in Arbeit in Betracht kommen, mit dem Ziel auf einen möglichen Erfolg beim Kläger auszuprobieren. Wie die Ausführungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vermuten lassen, mag zwar eine solche Handlungsweise einer täglichen Praxis des Beklagten entsprechen. Eine solche Handlungsweise widerspricht jedoch ersichtlich dem gesetzlichen Anliegen nach einer maßgeschneiderten Ausrichtung der Eingliederungsleistungen auf den jeweiligen Leistungsberechtigten.

Nach alledem entbehrt die Eingliederungsvereinbarung vom 30. September 2010 eines schlüssigen Eingliederungskonzepts, so dass sie dem Kläger Verpflichtungen auferlegt, ohne ihm eine angemessene Gegenleistung zu verschaffen. Sie ist mithin insgesamt nichtig, so dass darauf eine Minderung des Arbeitslosengeldes II nicht gestützt werden kann.

Für eine solche Minderung des Arbeitslosengeldes II kommt als Rechtsgrundlage ebenfalls nicht § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II a. F. in Betracht, wonach das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 v. H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt wird, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit abgebrochen oder Anlass für den Abbruch gegeben hat.

Zum einen liegt schon kein Abbruch einer solchen Maßnahme vor. Zum anderen fehlt es an einer entsprechenden Belehrung der Rechtsfolgen.

Die Berufung hat daher Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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