L 6 KR 1417/13

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 41 KR 3516/11
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 1417/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 10. Juni 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Feststellung von Versicherungspflicht ab dem 6. Juli 2009 in der Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und sozialen Pflegeversicherung aufgrund von Beschäftigung, bezüglich der Kranken- und sozialen Pflegeversicherung endend am 31. Dezember 2010.

Der 1956 geborene Kläger ist Diplom-Chemiker und beantragte im Januar 2010 bei der Beklagten die Feststellung seines versicherungsrechtlichen Status aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. Diese wurde durch Gesellschaftsvertrag (GV) vom 3. April 2009 gegründet. Mit Gesellschafterbeschluss vom 30. Juni 2009 wurde das Stammkapital der Gesellschaft von 25.000 EUR auf 200.000 EUR erhöht. Gesellschafter sind der Kläger mit einem Geschäftsanteil von 97.750,00 EUR (48,875 v.H.) und die Sch. K. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Dr. Sch., mit einem Geschäftsanteil von 102.250,00 EUR (51,125 v.H.). Der Kläger und Dr. Sch. sind zugleich Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. Nach dem Beteiligungs-vertrag vom 14. Oktober 2009 ist die M. B. T. GmbH (MBG) als typisch stille Gesellschafterin mit einer Einlage von 200.000,00 EUR an der Beigeladenen zu 1. beteiligt. Der Kläger und die Sch. K. GmbH haben gegenüber der MBG selbstschuldnerische Garantien für die Rückzahlung der Einlage der MBG jeweils in Höhe ihrer Geschäftsanteile übernommen.

Der Gesellschaftsvertrag (GV) der Beigeladenen zu 1. vom 30. Juni 2009 enthält u.a. folgende Bestimmungen:

"§ 2 Gegenstand des Unternehmens (1) Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung und der Vertrieb von Kunststoffer-zeugnissen, insbesondere die Oberflächenbehandlung von Spritzgieß- und Formteilen von Thermoplasten sowie die Forschung, Entwicklung und Lösung technischer Probleme auf dem Kunststoff- und Spritzgießsektor, ferner alle damit direkt oder indirekt zusammen-hängender Geschäfte. § 3 Stammkapital, Stammeinlagen Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt EUR 200.000,00 (zweihunderttausend Euro). § 4 Geschäftsführung und Vertretung (1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. (2) Bei nur einem Geschäftsführer wird die Gesellschaft durch diesen allein, bei mehreren Geschäftsführern durch die Geschäftsführer allein vertreten. (3) Alle Geschäfte und Handlungen, die die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Ge-sellschaft erheblich beeinflussen oder die besonders risikobehaftet sind, bedürfen der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Der Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte im Einzelnen ist Bestandteil einer Geschäftsordnung, die die Gesellschafter gesondert beschließen. Zu den zustimmungsbedürftigen Maßnahmen und Handlungen zählen insbesondere: a) Erwerb und Veräußerung von Unternehmen und von Beteiligungen an anderen Unternehmen; b) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie Herstellung von Gebäuden; c) Veräußerung oder Verpachtung des Unternehmens oder eines Teils des Unternehmens; d) Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder ähnlichen Haftungen für Dritte sowie Stellung sonstiger Sicherheiten für Dritte; e) Wechsel des steuerlichen Beraters oder Abschlussprüfers der Gesellschaft. (5) Dr. E. Sch. ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. (6) Die Gesellschafter können die Vertretung und Geschäftsführung durch Gesellschaf-terbeschluss abweichend regeln und Einzel- statt Gesamtvertretung anordnen, die Ge-schäftsführungsbefugnis einschränken oder erweitern sowie Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilen. (7) Die Gesellschafter können Geschäftsführer durch Beschluss entgeltlich oder unentgeltlich von ihrem obliegenden Wettbewerbsverbot befreien. § 8 Gesellschafterversammlung (2) Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn sie ordnungsgemäß einberufen und mindestens 50 % des Stammkapitals vertreten sind. (3) Den Vorsitz in der Gesellschafterversammlung führen Herr Dr. E. Sch. und Herr O. B. im Wechsel.

§ 9 Gesellschafterbeschlüsse (2)Abweichend von § 47 Abs. 4 GmbHG hat ein Gesellschafter nur dann kein Stimmrecht, wenn darüber Beschluss gefasst wird, ob er zu entlasten oder von einer Verbindlichkeit zu befreien ist oder ob die Gesellschaft gegen ihn einen Anspruch geltend machen soll. § 11 Verfügung über Geschäftsanteile (1) Die Belastung von Geschäftsanteilen und die Bestellung eines Nießbrauchs hieran bedürfen der Zustimmung aller anderen Gesellschafter. (2) Geschäftsanteile dürfen nicht ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung entgeltlich oder unentgeltlich zu Lebzeiten oder von Todes wegen übertragen werden. (3) Im Übrigen bedarf die Übertragung eines Geschäftsanteils der Zustimmung aller an-deren Gesellschafter. Dies gilt auch dann, wenn der Geschäftsanteil auf eine Mehrheit von Personen übertragen wird, unter denen sich auch solche Personen befinden, die nicht dem Personenkreis gemäß § 11 Abs. 2 angehören. (4) Die Übertragung, der Rechtsübergang sowie die Belastung von Geschäftsanteilen und die Bestellung einer Unterbeteiligung oder eines Nießbrauchs hieran sind unwirksam, wenn vorbestehende Bestimmungen verletzt sind. § 15 Schriftform- und Salvatorische Klausel (1) Alle das Gesellschaftsverhältnis betreffenden Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern oder zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, soweit nicht kraft Gesetzes notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist. Dies gilt auch für einen etwaigen Verzicht auf das Schriftformerfordernis. "

Mit "Dienstvertrag" vom 3. April 2009 wurde der Kläger zum Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. bestellt. Er enthält u.a. folgende Regelungen:

" § 1 Aufgabenbereich 1. Herr O. B. wird mit Wirkung ab 03.04.2009 zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. 2. Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Ihm stehen Einzelvertretungs- und Einzelgeschäftsführungsbefugnis zu. Die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers bestimmen sich nach Maßgabe dieses Vertrages, des Gesellschaftsvertrages und der ergänzenden gesetzlichen Vorschriften und einer gegebenenfalls erlassenen Geschäftsordnung. 3. Der Geschäftsführer wird sein Amt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns führen. Er hat Beschlüsse der Gesellschafterversammlung auszuführen, soweit Vereinbarungen in diesem Vertrag dem nicht entgegenstehen. 4. Zur Vornahme von Rechtsgeschäften, welche über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen, muss die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung eingeholt werden. Dies gilt insbesondere für: - Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken - Errichtung und Aufgabe von Zweigniederlassungen - Erwerb, Veräußerung und Belastung von Beteiligungen an anderen Unternehmen - Erwerb, Veräußerung und Verpachtung von Betrieben und Teilbetrieben - Aufgabe und Neuaufnahme von Geschäftszweigen - Kreditaufnahmen und Kreditgewährung im Volumen von über EUR 100.000 im Einzelfall - Abschluss von Miet- und Pachtverträgen mit einem Volumen von über EUR 50.000 im Jahr oder über EUR 100.000 über die Laufzeit - Erstellung von Neubauten oder erheblichen Umbauten - Bestellung und Abberufung von Prokuristen - Abschluss von Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft einerseits und Geschäftsführern andererseits - Abgabe von Patronatserklärungen, Stellung von Sicherheiten, Übernahme von Bürgschaften mit Ausnahme von Anzahlungs- und Gewährsleistungsbürgschaften - Erwerb, Veräußerung, Belastung oder Nutzungsüberlassung von Patenten, Patentanmel-dungen, Marken, Markenanmeldungen, Urheberrechten, sonstigen gewerblichen Schutzrechten oder geheimen technischen Wissens - Abschluss, Änderung oder Kündigung von Lizenzverträgen - Verträge mit Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und sonstigen Beratern - Gewährung von Pensionszusagen, Maßnahmen der betrieblichen Altersversorgung, Einführung einer allgemeinen Gewinnbeteiligung

§ 2 Bezüge 1. Für die Zeit von der Geschäftsführerbestellung bis zum 30. Juni 2009 wird keine Vergütung vereinbart. Beginnend ab 6. Juli 2009 erhält der Geschäftsführer als Vergütung für seine Tätigkeit ein festes Jahresgrundgehalt in Höhe von brutto EUR 75.000,00 (in Worten: fünfundsiebzigtausend Euro). 2. Das Gehalt wird nach Abzug der gesetzlichen Abgaben in zwölf gleichen Monatsraten jeweils am Ende des Monats sowie als 13. Gehalt, welches hälftig aufgeteilt wird auf eine Urlaubsgeldzahlung im Juni und eine Weihnachtsgeldzahlung im November. 3. Das Gehalt wird jährlich überprüft. Die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft sowie die Entwicklung der Lebenshaltungskosten sollen dabei angemessen berücksichtigt werden. 4. Die Gesellschaft trägt den Arbeitgeberanteil der Krankenversicherung. 5. Zur Finanzierung einer privaten Altersversorgung (nach dem Altereinkünftegesetz; sog. Basisversorgung) wird ein Sonder-Bezug von mtl. EUR 1000,- vereinbart und teilweise in den bestehenden Vertrag der A. direkt von S.-T. GmbH eingezahlt ... 6. Dem Geschäftsführer wird hiermit eine betriebliche (arbeitgeberfinanzierte) Altersversorgung zugesagt.Bei der Gesamtdotierung der betrieblichen Altersversorgung kann der Geschäftsführer einen arbeitnehmerfinanzierten Beitrag leisten.

§ 3 Nebenleistungen 1. Zusätzlich zu der Vergütung gemäß § 2 erhält der Geschäftsführer eine Tantieme in Höhe von 10 % der Bemessungsgrundlage gemäß nachstehenden Buchstaben a) bis d): 2. Die Gesellschaft stellt dem Geschäftsführer für die Dauer des Dienstvertrages einen ange-messenen Dienstwagen zur Verfügung, der auch zu Privatfahrten einschließlich Urlaub genutzt werden kann. Die Versteuerung des geldwerten Vorteils für die private Nutzung einschließlich der Fahrten von der Wohnung zur Betriebsstätte und zurück trägt der Geschäftsführer.

§ 5 Urlaub Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen bezahlten Jahresurlaub von 26 Arbeitstagen. Der Urlaub ist so festzulegen, dass die Belange der Gesellschaft nicht beeinträchtigt werden.

§ 6 Nebentätigkeit Der Geschäftsführer steht der Gesellschaft jederzeit zur Verfügung, wenn das Wohl der Ge-sellschaft es verlangt. Die Übernahme oder Fortsetzung jeder Nebentätigkeit bedarf der vor-herigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Das gilt auch für die Be-teiligung an anderen Unternehmen sowie die Mitwirkung in Aufsichtsorganen anderer Ge-sellschaften. Die Zustimmung wird erteilt, wenn keine wesentlichen Interessen der Gesellschaft entgegenstehen.

§ 9 Vertragsdauer und Kündigung 1. Der Vertrag tritt mit Wirkung ab 3. April 2009 in Kraft. 2. Jede Partei kann den Vertrag mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendermonats kündigen. 3. Die Abberufung des Geschäftsführers durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung ist unbeschadet der Ansprüche auf die Bezüge jederzeit möglich. Die Abberufung gilt als Kündigung des Dienstvertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Die Gesellschaft ist berechtigt, den Geschäftsführer nach Kündigung des Dienstvertrages unverzüglich freizustellen.

§ 10 Schlussbestimmungen 1. Vereinbarungen außerhalb dieses Vertrages wurden nicht getroffen. 3. Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für die Änderung oder Aufhebung dieser Schriftformklausel."

Am 25. September 2009 übernahm der Kläger zur Sicherung aller Forderungen der W.-Sp. gegenüber der Beigeladenen zu 1. eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 245.000,00 EUR. Am gleichen Tag gewährte er der Beigeladenen zu 1. ein Darlehen auf unbestimmte Zeit in Höhe von 100.000,00 EUR, zu verzinsen mit 6 v.H.; die Zinsen sind jeweils zum 30. Juni und 31. Dezember eines jeden Jahres zu zahlen. Die Kündigung des Darlehens durch den Kreditgeber wurde bis zum 30. Juni 2014 ausgeschlossen.

Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung gab der Kläger u.a. an, er erhalte eine monatliche Vergütung in Höhe von 6.250 EUR. Von der Vergütung werde Lohnsteuer entrichtet. Seine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 50 bis 60 Stunden. Unter dem 30. August 2010 teilte die Beigeladene zu 1. mit, der Kläger sei der faktisch praktizierende Geschäftsführer. Er sei vor Ort und übe keine Tätigkeit für andere Gesellschaften aus. Dr. Sch. sei gleichzeitig und hauptsächlich Geschäftsführer der Sch. K. GmbH sowie weiterer Gesellschaften. Er verwende nur einen geringen Teil seiner Zeit für die Tätigkeit bei ihr. Der Kläger sei der Unternehmer, die Sch.-K. GmbH sei weniger an dem Unternehmen der Beigeladenen zu 1. interessiert als an der Sicherung einer Zulieferquelle für das Lackieren von Kunststoffteilen. Der Kläger allein verfüge über die technische Kompetenz und die Marktkenntnis für das Lackieren, Konfektionieren und weitere Aktivitäten, die von der Sch.-K. GmbH nicht abgedeckt würden. Er habe einen Betrieb praktisch gleicher Ausrichtung über viele Jahre als Alleingeschäftsführer geleitet, der dann allerdings insolvent geworden sei. In der Gestaltung seiner Arbeit sei er nach Art, Zeit, Ort und Dauer frei. Die Geschäftsordnung sehe eine Arbeitsteilung zwischen den beiden Geschäftsführern vor, bei der Dr. Sch. Verantwortung für den finanziellen Part einschließlich Finanzen und Rechnungswesen trage und der Kläger alle übrigen Funktionen (Vertrieb, Marketing, Produktionsorganisation, Personalwesen usw.) wahrnehme. Ersterer sei grundsätzlich nicht vor Ort. Nur bei gravierenden Entscheidungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Geschäftsführern werde die Frage an die Gesellschafterversammlung verwiesen.

Mit Bescheid vom 27. November 2010 stellte die Beklagte nach § 7 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) fest, dass der Kläger in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. seit dem 3. April 2009 als Geschäftsführer mit einem Anteil von 49 v.H. am Stammkapital abhängig beschäftigt ist. Wesentliches Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses sei die persönliche Abhängigkeit. Nach Abwägung aller Fakten überwögen die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung. Es bestehe für ihn seit dem 3. April 2009 Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Beigeladene zu 1. sei aus dem Insolvenzverfahren der von ihm als Fremdgeschäftsführer geleiteten H.-Th. K. GmbH hervorgegangen. Er habe die Firma erwerben und fortführen wollen. Da eine alleinige Finanzierung schwierig geworden wäre, habe er Dr. Sch. als Eigner der Sch.-gruppe aufgenommen. Ausschließlich er selbst habe die Fach- und Branchenkenntnisse sowie die geschäftlichen Beziehungen, worauf sich seine tatsächliche persönliche Dominanz gründe. Diese müsse der Mehrheitsgesellschafter durch Rücksichtnahme bei gesellschaftsrechtlichen Entscheidungen beachten. Somit sei dieser von seiner Person wirtschaftlich abhängig und könne und werde nicht gegen konzeptionell korrekte Vorschläge votieren. Des Weiteren begründeten die eingegangenen finanziellen Verpflichtungen ein nicht unerhebliches Unternehmerrisiko. Er übe Arbeitgeberfunktion aus und könne eigenverantwortlich Personal einstellen.

Mit Bescheid vom 23. März 2011 änderte die Beklagte ihren Bescheid vom 27. November 2010 dahingehend ab, dass für den Kläger aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. ab dem 6. Juli 2009 Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung, vom 6. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2010 daneben Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung bestand. Seit 1. Januar 2011 sei er in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei. Der Kläger hielt seinen Widerspruch aufrecht. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2011 wies die Beklagte diesen im Übrigen zurück.

Im Klageverfahren hat der Kläger seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und argumentiert, die operative Umsetzung sämtlicher zum Geschäftsbetrieb gehörenden Aktivitäten erfolgten vor Ort unter seiner ausschließlichen Anleitung und Kontrolle. Damit obliege ihm im Wesentlichen die eigenverantwortliche Geschäftsführung im engeren Sinne. Die Aufgabe des weiteren Geschäftsführers Dr. Sch. bestehe im Wesentlichen darin, gemeinsam mit ihm die lang- und mittelfristigen Fragen der Finanzierung und des Rechnungswesens vorzubereiten und zu begleiten und die zukünftige strategische Ausrichtung der Gesellschaft mitzubestimmen. Neben den bereits genannten finanziellen Verpflichtungen habe er gegenüber der Th. A. im Rahmen eines öffentlich-rechtlich Schuldbeitritts in Höhe von 66.150 EUR persönlich die Haftung übernommen. Im Zeitraum 3. April bis 6. Juli 2009 habe er auf jegliches Entgelt für seine Geschäftsführertätigkeit verzichtet. Zudem habe er sich gegenüber der stillen Gesellschafterin MBG verpflichtet, für die Dauer von deren Beteiligung kein Privatvermögen von erheblichem Wert ohne deren vorherige Zustimmung auf Dritte zu übertragen und keine Verpflichtungen einzugehen, die eine solche Übertragung zum Gegenstand habe. Einen derartigen Durchgriff von Pflichten aus dem Dienstverhältnis in die private Sphäre würde ein Angestellter niemals zulassen oder auch nur ansatzweise in Erwägung ziehen. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts Erfurt vom 12. Oktober 2012 über das Vermögen der H.-Th. AG sei er nunmehr noch zu deren Abwickler bestellt. Eine Urlaubsregelung sei durchaus üblich, wenn mehr als eine Person als Unternehmer tätig sei. Die Möglichkeit der Abberufung als Geschäftsführer sei direkte Folge des § 38 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG). Hiervon zu unterscheiden sei die Möglichkeit, das Anstellungsverhältnis als Geschäftsführer durch Kündigung zu beenden. Diese sei nur mit einer Frist von sechs Monaten möglich.

Mit Urteil vom 10. Juni 2013 hat das Sozialgericht (SG) den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2010, abgeändert durch Bescheid vom 23 März 2011 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 28. April 2011 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seit dem 6. Juli 2009 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Er sei als Geschäftsführer nicht derart in die Arbeitsorganisation eines Weisungsgebers eingegliedert, sondern seine Arbeitsleistung sei im Gegensatz dazu vor allem durch ein eigenes unternehmerisches Risiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit geprägt. Er sei zunächst tragender Mitbegründer der Beigeladenen zu 1. gewesen. Es gebe eine zwischen den Gesellschaftern einvernehmlich vereinbarte Geschäftsverteilung. Dr. Sch. sei grundsätzlich nicht vor Ort anwesend. Dem Kläger obliege die eigenverantwortliche Geschäftsführung im engeren Sinne. Darüber hinaus trage er ein erhebliches unternehmerisches Risiko, was ein sehr starkes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit sei. Zudem habe er in dem Zeitraum 3. April bis 6. Juli 2009 auf jegliches Entgelt für seine Geschäftsführertätigkeit verzichtet, eine Weisungsgebundenheit sei ebenfalls nicht feststellbar. Er verfüge über die notwendigen Fach- und Branchenkenntnisse und sei daher zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes unentbehrlich. Auch der Urlaubsanspruch spreche nicht für eine abhängige Beschäftigung, ebenso nicht die Möglichkeit der sofortigen Abberufung als Geschäftsführer.

Hiergegen hat die Beigeladene zu 2. Berufung eingelegt und ausgeführt, Gesellschafterbe-schlüsse würden mit der (einfachen) Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht das Gesetz oder der GV eine andere Mehrheit vorschrieben. Bei den insgesamt im GV und Dienstvertrag aufgeführten Rechtsgeschäften und Handlungen, für die die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich sei, handele es sich hauptsächlich um Beschlüsse, die die Unternehmenspolitik beträfen. Gesellschafter-Geschäftsführer, die weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine umfassende Sperrminorität verfügten, seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) grundsätzlich als Arbeitnehmer im Sinne der Sozialversicherung zu qualifizieren. Sie seien nicht in der Lage, sich gegenüber Weisungen der Mehrheit in Bezug auf Zeit, Dauer, Art und Ort der Geschäftsführertätigkeit, die ihnen nicht genehm seien, zur Wehr zu setzen. Der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossene Dienstvertrag enthalte wesentliche Regelungen, die regelmäßig für abhängig beschäftigte leitende Angestellte getroffen würden. Nach § 1 GV sei der Kläger bei der Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit an geltendes Recht, die Bestimmungen der Satzung, den Dienstvertrag, eine etwaige Geschäftsordnung und die Weisungen der Gesellschafter gebunden. Seine Aufgaben könnten durch Gesellschafterbeschluss abgeändert werden. Die Gesellschaft könne jederzeit die Bestellung des Geschäftsführers widerrufen, weitere Geschäftsführer bestellen und/oder die Vertretungsmacht in Bezug auf die Gesellschaft neu festlegen. Der Dienstvertrag sei nicht formlos abdingbar. Auch das feste Jahresgrundgehalt sowie die jährliche Tantieme in Höhe von 10 v.H. der Bemessungsgrundlage und der Anspruch auf 26 Urlaubtage pro Kalenderjahr deuteten ebenso wie auch die Tatsache, dass nach den im Feststellungsbogen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung gemachten Angaben von der Vergütung Lohnsteuer entrichtet wurde, auf das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Lohnsteuerpflicht und Beitragspflicht in der Sozialversicherung beruhten auf dem gleichen Rechtsbegriff des "entgeltlichen" Beschäftigungsverhältnisses. Dass der Kläger als Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. ein gewisses Unternehmerrisiko trage, liege in der Natur der Sache. Das den Darlehensgeber oder Bürgen treffende Ausfallrisiko bzw. das daraus folgende Risiko der Haftung mit dem privaten Vermögen sei vom Kapitalrisiko des Unternehmens zu unterscheiden; es trete gegenüber den Gesichtspunkten, die für eine versicherte Beschäftigung sprächen, eher in den Hintergrund. Das bereits bestehende unternehmerische Risiko als Gesellschafter der GmbH werde durch das weitere finanzielle Engagement nicht verändert.

Die Beigeladene zu 2. beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 10. Juni 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die erstinstanzliche Entscheidung. Die Kreditgewährungen an die Beigeladene zu 1. seien durch die jeweiligen Finanzierungsgeber nur deshalb erfolgt, weil Sicherheiten in der Gesamtgrößenordnung durch ihn sowie die weitere Gesellschafterin erbracht wurden. Er könne damit auch ohne formell Mehrheitsgesellschafter zu sein tatsächlich Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft nehmen und ihm nicht genehme Weisungen verhindern. Sein gesamtes finanzielles Engagement bei der Beigeladenen zu 1. betrage ca. 600.000 EUR. Dem stehe eine Jahresgrundgehalt als Geschäftsführer in Höhe von 75.000 EUR brutto gegenüber. Dass das Vertragsverhältnis faktisch ganz anders gelebt werde als formell vereinbart, sei unstreitig. Sofern dem schriftliche Vereinbarungen entgegengestanden haben sollten, könnten die Beteiligten selbstverständlich konkludent oder mündlich von ihnen abweichen; dies gelte insbesondere für die Aufhebung einer eventuellen auch qualifizierten Schriftformklausel. Er habe durch seinen finanziellen/wirtschaftlichen Einfluss faktisch eine Sperrminorität.

Die Beigeladene zu 1. beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 3., 4. und 5. haben keinen Antrag gestellt.

Die Berichterstatterin des Senats hat mit den Beteiligten am 29. Mai 2000 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beigeladenen zu 2. ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2010, abgeändert durch Bescheid vom 23. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Urteil der Vorinstanz war daher aufzuheben.

Gegenstand eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV ist die Feststellung der Versicherungspflicht bzw. der Versicherungsfreiheit und nicht einzelne Elemente des jeweiligen Versicherungspflichttatbestandes wie das Vorliegen einer Beschäftigung oder "Versiche-rungspflicht dem Grunde nach" (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2009 - Az.: B 12 R 6/08, nach juris). Dem Bescheid vom 27. November 2010, abgeändert durch Bescheid vom 23. März 2011, kann zumindest in den Gründen entnommen werden, dass die Beklagte Versicherungspflicht des Klägers aufgrund seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. feststellen wollte.

Im streitigen Zeitraum ab 6. Juli 2009 unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, in der Kranken-, sozialen Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versi-cherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V); § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI); § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), § 25 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III)). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt sie voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Allerdings kann dies - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbe-dingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - Az.: B 12 KR 25/10 R m.w.N., Rn. 15, 16, nach juris).

Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft ist nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen. Bei am Stammkapital beteiligten Geschäftsführern ist der Umfang der Betei-ligung und das Ausmaß des sich daraus für sie ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben. Vergleichbares muss auch bei Geschäftsführern gelten, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine sogenannte Sperrminorität verfügen. Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalles den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2007 - Az.: B 11a AL 5/06 R m.w.N., Rn. 16, nach juris).

Unter Anwendung dieser Rechtsprechung war der Kläger im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw. Unterneh-mensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschaftern dahinter stehenden juristischen oder natürlichen Personen und deren verwandtschaftlichen - was hier nicht in Betracht kommt - oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - Az.: B 12 KR 25/10 R, nach juris). Aufgrund seiner Kapitalbeteiligung ist der Kläger nicht in der Lage, im Konfliktfall ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschaft zu verhindern. Er ist am Stammkapital der Gesellschaft von 200.000 EUR mit einer Stammeinlage von 98.000,- EUR (48,175 v.H.) beteiligt. Da der GV zur Beschlussfassung mit Ausnahme des § 9 Abs. 2 GV keine Regelung enthält, gilt § 47 GmbHG, wonach die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erfolgen (Absatz 1) und jeder Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme gewährt (Absatz 2). Der Kläger kann aufgrund seines Geschäftsanteils die für ein Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit nicht vermeiden. Auch eine Sperrminorität steht ihm nicht zu, denn die Gesellschafterbeschlüsse werden nach § 47 Abs. 1 GmbHG mit einfacher Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen gefasst. Die Gesellschafterversammlung ist nach § 7 Nr. 5 GV beschlussfähig, wenn sie ordnungsgemäß einberufen ist und mindestens 50 v.H. des Stammkapitals vertreten sind. Schutzklauseln für die Minderheit sind im GV nicht vorgesehen. Soweit in § 4 Abs. 3 GV Geschäfte und Handlungen benannt werden, die der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen, ist diesbezüglich keine von § 47 Abs. 1 GmbHG abweichende Regelung getroffen. Dagegen bedarf die Belastung oder Übertragung von Geschäftsanteilen und die Bestellung eines Nießbrauchs nach § 11 GV der Zustimmung aller anderen Gesellschafter. Die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot wurde nur dem weiteren Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. Sch. erteilt. Der Kläger könnte den weiteren Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter Dr. Sch. als Geschäftsführer nicht gegen seinen Willen nach § 46 Nr. 5 GmbHG abberufen oder entlassen und sich gegebenenfalls auf diesem Weg seinen Weisungen entziehen (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015 - Az.: B 12 KR 9/14 R, Rn. 30, nach juris). Umgekehrt hätte er keine gesellschaftsrechtliche Möglichkeit, die eigene Abberufung oder Entlassung zu verhindern.

Es liegen auch sonst keine besonderen Umstände vor, die die Abhängigkeit des Klägers von der Beigeladenen zu 1. beseitigen.

Seiner Tätigkeit liegt die als "Dienstvertrag" bezeichnete schriftliche Vereinbarung vom 3. April 2009 zu Grunde. Danach wurde er mit Wirkung von diesem Tag als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. tätig. Der Vertrag erlaubt von seinem Wortlaut her keine uneingeschränkte Zuordnung zum Typus der abhängigen entgeltlichen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit. Er wurde nicht als Arbeitsvertrag, sondern ausdrücklich als "Dienstvertrag" geschlossen. Allerdings enthält er eine Reihe von Regelungen, die typisch für Bestandteile von Arbeits- und Dienstverträgen abhängig Beschäftigter sind (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - Az.: B 2 U 35/98 R, Rn. 24, nach juris) und für einen Arbeitsvertrag mit einem leitenden Angestellten sprechen: • Der Kläger erhält ab dem 1. Juli 2009 (tatsächlich erst ab dem 6. Juli 2009) ein festes Jahresgrundgehalt in Höhe von 75.000 EUR brutto (§ 2 Abs. 1), ausgezahlt nach Abzug der gesetzlichen Abgaben - unabhängig von einer etwaigen Schlechtleistung oder z.B. Nichtleistung wegen Krankheit - in zwölf gleichen Monatsraten (§ 2 Abs. 2). • Die Beigeladene zu 1. trägt den Arbeitgeberanteil der Krankenversicherung (§ 2 Abs. 4). • Dem Kläger wurde eine betriebliche und eine ausdrücklich als "arbeitgeberfinanziert" bezeichnete Altersversorgung zugesagt, zu der er einen "arbeitnehmerfinanzierten" Beitrag leisten kann (§ 2 Abs. 6). Zur Finanzierung einer privaten Altersversorgung erhält er zusätzlich einen "Sonder-Bezug" von monatlich 1.000 EUR (Absatz 5). • Die Beigeladene zu 1. stellt dem Kläger einen angemessenen Dienstwagen zur Verfügung und übernimmt die Erstattung von Kosten anlässlich von Dienstreisen, die Versteuerung der geldwerten Vorteile für die private Nutzung einschließlich der Fahrten von der Wohnung zur Betriebsstätte und zurück trägt der Kläger (§ 3 Abs. 2). • Der Jahresurlaub beträgt 26 Arbeitstage; der Urlaub ist so festzulegen, dass die Belange der Gesellschaft nicht beeinträchtigt werden (§ 5). • Es gelten die Verschwiegenheitspflicht und ein Zustimmungsvorbehalt zu Nebentätigkeiten (§ 6). • Eine Kündigung kann mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendermonats erfolgen (§ 9 Abs. 2). • Eine Abberufung durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung, der unbeschadet der Ansprüche auf die Bezüge jederzeit möglich ist, gilt als Kündigung des Dienstvertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt (§ 9 Abs. 3). • Bei den Regelungen zur betrieblichen bzw. privaten Altersversorgung und bei der Krankenversicherung wird der Kläger ausdrücklich als Arbeitnehmer bzw. die Beigeladene zu 1. als Arbeitgeberin bezeichnet (§ 5).

Im Übrigen räumt der Geschäftsführervertrag dem Kläger keine besonderen Freiheiten ein. Das Fehlen von festen Arbeitszeiten verliert angesichts der Tatsache, dass er sein "Amt" mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu führen hat, an Gewicht. Auch ist er nach eigenen Angaben nicht für sämtliche Geschäftsbereiche der Beigeladenen zu 1. verantwortlich. Vielmehr besteht eine Aufgabenteilung zwischen ihm und dem weiteren Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. Der Anspruch auf Gewährung einer Tantieme schließt eine Beschäftigung dagegen nicht aus. Dies kann lediglich ein Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen sein, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht entscheidend ist. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R, Rn. 28, nach juris). Aufgrund des erfolgsunabhängigen monatlichen Grundbetrages ist die Bedeutung nur gering (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2014 - Az.: L 6 R 1488/13, nach juris).

Mangels einer im Gesellschaftsrecht wurzelnden Rechtsmacht rechtfertigen zudem weder das der Beigeladenen zu 1. gewährte Darlehen in Höhe von 100.000 EUR, noch die abgegebenen Bürgschafts- bzw. Garantieerklärungen und der Schuldbeitritt ein anderes Ergebnis. Wirt-schaftliche Einflussmöglichkeiten sind beachtenswert, soweit sie dem Geschäftsführer einer GmbH selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (vgl. BSG, Urteil vom 8. August 1990 - Az.: 11 Rar 77/89, nach juris). Hierfür ist nichts ersichtlich, zumal das im August 2009 gewährte Darlehen auf unbestimmte Zeit gewährt wurde und eine Kündigung erstmals zum 30. Juni 2014 möglich war. Ebenso führt die Übernahme von Bürgschaften zu keiner unmittelbaren Einflussnahme, weil sie in der Regel nur zur Absicherung weiterer Verbindlichkeiten dienen und selbst im Falle ihrer Kündigung bzw. Rücknahme allenfalls mittelbare Auswirkungen haben können (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 - Az.: B 12 KR 23/13 R, nach juris). Dies gilt entsprechend für Garantieerklärungen und Schuldbeitritte. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass aus der gegenüber der MBG abgegebenen Garantieerklärung des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. nicht ersichtlich ist, dass tatsächlich Einschränkungen bezüglich der Verwertung seines Privatvermögens bestehen. Sie bezieht sich auf das Vermögen der Beigeladenen zu 1.

Schließlich rechtfertigt die vom Kläger geltend gemachte "faktische Machtposition" aufgrund seiner Anwesenheit vor Ort bzw. seiner Fachkenntnisse nicht die Annahme seiner Selbstständigkeit. Allein weiterreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen ihn nicht schon zu einem Selbstständigen (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 2013 - Az.: B 12 KR 19/11 R, nach juris). Anhaltspunkte dafür, dass allein der Kläger über einen derart hohes Fachwissen verfügt, dass nur er in der Lage wäre, die konkrete Tätigkeit zu verrichten, sind nicht ersichtlich.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Die Revision hat der Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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