L 17 U 747/16 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 18 U 105/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 747/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 22.11.2016 wird verworfen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig.

Gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Dortmund (SG) vom 22.11.2016, wonach die Zwangsvollstreckung gegen die Antragstellerin aus dem Prozessvergleich vom 15.07.2015 bis zum Erlass des Urteils in dem Verfahren des Sozialgerichts Dortmund mit dem Az. S 18 U 106/16 eingestellt wird, ist kein Rechtsmittel gegeben. Entgegen der Rechtsmittelbelehrung der angegriffenen Entscheidung, wonach die Beschwerde gegeben sei, kann ein sozialgerichtlicher Beschluss, mit dem die Einstellung der Zwangsvollstreckung entsprechend §§ 767, 769 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) vorläufig angeordnet wird, in entsprechender Anwendung von § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 198 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht mit Rechtsmitteln angefochten werden.

Aus der Verweisung in § 198 Abs. 1 SGG auf die Bestimmungen des Achten Buches der Zivilprozessordnung folgt nicht nur die entsprechende Anwendbarkeit der auch dem angegriffenen Einstellungsbeschluss zugrunde liegenden §§ 767, 769 Abs. 1 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren, sondern auch die Unanfechtbarkeit sozialgerichtlicher Entscheidungen über Anträge auf einstweilige Anordnungen nach diesen Vorschriften gemäß § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO (a.A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 09.01.2017, Az. L 3 LA 87/16 B ER, juris Rn. 23 ff.; wie hier für das verwaltungsgerichtliche Vollstreckungsverfahren OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.08.2013 - OVG 1 L 128.12 - juris Rn. 3 ff.; VGH BW, Beschluss vom 26.02.2014 - 5 S 2583/13 - juris Rn. 2 ff.; HessVGH, Beschluss vom 30.04.2009 - 7 B 675/09 - juris Rn. 12 ff.; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.01.2017 - OVG 3 K 135/16 -, juris Rn 2 ff.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 21.04.2004 - XII ZB 279/03 - BGHZ 159, 14; juris Rn. 6 ff. m.w.N) schließt § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Anfechtung einer Entscheidung über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht nur in den in §§ 707 Abs. 1 und 719 Abs. 1 Satz 1 ZPO ausdrücklich geregelten Fällen, sondern - in entsprechender Anwendung der Vorschrift - auch im Falle des § 769 Abs. 1 ZPO aus. Maßgebend für die analoge Anwendung des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist vor allem die Erwägung, dass Verfahren nach § 769 ZPO mit Verfahren, für die der Rechtsmittelausschluss nach § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO unmittelbar gilt, insoweit vergleichbar sind, als in diesen ebenfalls ein schon vollstreckbarer Titel abgeändert und die Entscheidung in der Hauptsache nicht durch Rechtsmittel gegen die Nebenentscheidung über die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung verzögert werden soll. Daneben entspricht es auch der Wertung des Gesetzgebers, dass das mit der Hauptsache befasste erstinstanzliche Gericht am besten beurteilen kann, ob eine und gegebenenfalls welche einstweilige Regelung erforderlich ist. Schließlich spricht nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die analoge Anwendung des Rechtsmittelausschlusses nach § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch der Umstand, dass einstweilige Anordnungen nach den genannten Vorschriften in jeder Instanz frei abänderbar sind und jeweils mit der Entscheidung in der Hauptsache enden. Die Erwägungen, die der Bundesgerichtshof für den auf eine analoge Anwendung des § 707 Abs. 2 Satz 2 gestützten Rechtsmittelausschluss im Hinblick auf erstinstanzliche Entscheidungen über Anträge nach § 769 Abs. 1 ZPO angeführt hat, sind wegen der vergleichbaren Interessenlage auch auf das sozialgerichtliche Vollstreckungsverfahren zu übertragen.

Dem stehen weder die Regelungen des Sozialgerichtsgesetzes noch Besonderheiten des sozialgerichtlichen Vollstreckungsverfahrens entgegen, die eine Abweichung von der zivilprozessualen Rechtslage rechtfertigen könnten (a.A. LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.). Die Verweisung in § 198 Abs. 1 SGG schließt grundsätzlich die besonderen Rechtsbehelfe des zivilprozessualen Zwangsvollstreckungsverfahrens ein. Die Erwägungen des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 21.04.2004 (a.a.O.) gelten in gleicher Weise auch für das sozialgerichtliche Vollstreckungsverfahren; dies gilt insbesondere für den Gesichtspunkt, dass im Hinblick auf die Effektivität der Vollstreckung gerichtlicher Titel die Entscheidung in der Hauptsache nicht durch Rechtsmittel gegen Nebenentscheidungen verzögert werden soll. Auch Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens rechtfertigen - im Hinblick auf die in § 198 Abs. 1 SGG nur subsidiär und entsprechend angeordnete Anwendung der Vorschriften des Achten Buchs der ZPO - keine andere Beurteilung. Zwar verdrängt gemäß § 198 Abs. 3 SGG die Beschwerde nach §§ 172 bis 177 SGG die in § 793 ZPO vorgesehene sofortige Beschwerde. Da aber im Falle der hier mit der Beschwerde angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts nach § 769 Abs. 1 ZPO die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde gem. § 793 ZPO nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 21.04.2004, a.a.O.), nicht gegeben ist, kann insoweit auch die sofortige Beschwerde nach dieser Vorschrift nicht durch die Beschwerde nach § 172 SGG ersetzt werden. Vielmehr ergibt sich aus der Regelung des § 198 Abs. 3 SGG, dass im Rahmen von Vollstreckungsentscheidungen nicht generell das Beschwerdeverfahren des SGG anwendbar sein soll, sondern nur dann, wenn die sofortige Beschwerde statthaft ist, an deren Stelle die Beschwerde nach §§ 172 bis 177 SGG tritt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183 Abs. 1, 193 Abs. 1 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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