S 14 SF 7/16 E

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 14 SF 7/16 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers gegen den Vergütungsfestsetzungsbe-schluss des Urkundsbeamten des Sozialgerichts vom 09.02.2016 werden die zu er-stattenden Kosten auf 211,17 festgesetzt. Die weitergehende Erinnerung wird zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Höhe der von der Staatskasse zu erstattenden Vergütung des beige-ordneten Rechtsanwaltes.

Der Erinnerungsführer war bereits im Verwaltungsverfahren und im anschließenden Widerspruchsverfahren mit der Angelegenheit des zugrunde liegenden Klageverfah-rens befasst.

In diesem Verfahren (S 14 AS 694/15) war ein Aufhebungs- und Erstattungsbe-scheid, Grundsicherungsleistungen die Monate Februar und März 2015 betreffend, streitig. Im Laufe des Verfahrens hob der Beklagte seinen Aufhebungsbescheid in Bezug auf den Monat März 2015 teilweise auf. Die ursprüngliche Erstattungsforde-rung wurde entsprechend von ursprünglich 71,80 EUR auf 57,24 EUR reduziert. Das Ver-fahren endete daraufhin durch klägerseitige Erledigungserklärung vom 28.10.2015 am 29.10.2015 (Eingang bei Gericht), verbunden mit einem Antrag über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Auf Vorschlag des Gerichts einigten die Beteiligten sich darauf, dass der Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach zu 1/5 zu tragen habe. Antragsgemäß (Antrag vom 14.12.2015) brach-te der Beklagte letztlich Kosten für das Widerspruchs- und Klageverfahren in Höhe von insgesamt 252,28 EUR (brutto) zum Ausgleich, davon 211,82 EUR für das Klageverfahren. Bei der entsprechenden Kostenrechnung nahm der Erinnerungsführer eine Anrechnung gem. Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 VV RVG in Höhe der Hälfte der mit 300,00 EUR angesetzten Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren nach Nr. 2302 Nr. 1 VV RVG vor.

Dem Kläger war mit Beschluss vom 06.08.2015 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Erinnerungsführers bewilligt worden. Am 05.02.2016 beantragte dieser die Fest-setzung seiner Vergütung aus der Staatskasse wie folgt:

Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG 300,00 EUR Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG 270,00 EUR Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG 300,00EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG 201,40 EUR Gesamtsumme 1.059,10 EUR abzüglich Vorschüsse oder sonstige Zahlungen nach § 58 RVG 211,82 EUR Forderung 847,28 EUR

Am 09.02.2016 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die aus der Staats-kasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen unter Anrechnung der an den Erinne-rungsführer geleisteten Vorschusszahlung auf insgesamt 133,28 EUR fest. Dabei be-rücksichtigte er:

Verfahrensmittelgebühr nach Nr. 3102 VV RVG unter Anrechnung der Hälfte der ver-einnahmten Geschäftsgebühr in Höhe von 30,00 EUR (1/5 von 300,00 EUR./. 2) 270,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG 55,10 EUR Gesamtsumme 345,10 EUR abzüglich Vorschüsse oder sonstige Zahlungen nach § 58 RVG 211,82 EUR Festsetzung 133,28 EUR

Gem. Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG werde die Geschäftsgebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Im vorliegenden Verfahren habe der Erinnerungsführer von dem Beklagten auf die Geschäftsgebühr eine Zahlung in Höhe von 60,00 EUR (1/5 von 300,00 EUR) erhalten. Eine Terminsgebühr sei nicht entstanden. Das Verfahren habe mit Klagerücknahme nach Teilanerkennt-nis geendet. Eine Terminsgebühr komme nach Nr. 3106 S. 2 Nr. 3 VV RVG jedoch nur nach angenommenem Anerkenntnis in Betracht. Auch eine Einigungsgebühr sei nicht entstanden. Es mangele insoweit an der in Nr. 1000 VV RVG geforderten Ver-einbarung zur Entstehung der Einigungsgebühr.

Hiergegen legte der Erinnerungsführer am 15.02.2016 Erinnerung ein. Er habe ein Wahlrecht, bei welcher Gebühr er die Anrechnung durchführe. Hiervon habe er Ge-brauch gemacht und die Anrechnung gem. Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 VV RVG auf die Geschäftsgebühr vorgenommen. Es werde verkannt, dass der Rechtsstreit nicht mit Erledigungserklärung endete, sondern diese mit einem Kostenantrag verbunden gewesen sei. Das Verfahren sei daher erst mit der gerichtlich angeregten Einigung der Beteiligten hinsichtlich der Kostengrundquote beendet worden. Diese Einigung löse – unabhängig vom Verfahrensstadium - eine Einigungsgebühr aus.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß, die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung in der beantragten Höhe festzuset-zen.

Der Erinnerungsgegner beantragt sinngemäß, die Erinnerung zurückzuweisen.

Seiner Ansicht nach sei eine Einigungsgebühr nicht entstanden. Im Übrigen beziehe er sich auf die zutreffende Kostenfestsetzung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts-akte der Hauptsache, die PKH-Nebenakte und die Akte zum Erinnerungsverfahren Bezug genommen.

II.

I. Die Erinnerung ist zulässig.

Die Erinnerung ist nach § 56 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) statthaft. Der Erinnerungsführer ist der Klägerin des Hauptsacheverfahrens S 14 AS 694/15 durch Beschluss des erkennen-den Gerichts vom 06.08.2015 beigeordnet worden und daher zur Erhebung des Rechtsmittels berechtigt.

II. Die Erinnerung ist auch teilweise begründet (vgl. 1. und 3.).

1. Der Urkundsbeamte ist letztlich unzutreffend bei der Anrechnung der geltend ge-machten Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr gem. Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG im Ansatz von der vollen Gebührenhöhe (hier: 300,00 EUR) ausgegangen, nicht aber von der um eine Anrechnung nach Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 VV RVG re-duzierten Gebühr in Höhe von 150,00 EUR.

Nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG ist, soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 entsteht, diese Gebühr zur Hälfte, bei Wertgebüh-ren jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Bei Betragsrahmengebühren beträgt der Anrechnungsbetrag höchstens 175,00 EUR. Sind mehrere Gebühren entstanden, ist für die Anrechnung die zuletzt entstandene Gebühr maßgebend. Gem. Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 VV RVG ist, soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr für eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren entstanden ist, diese Gebühr zur Hälfte, bei Wertgebühren jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf eine Ge-schäftsgebühr für eine Tätigkeit im weiteren Verwaltungsverfahren, das der Nachprü-fung des Verwaltungsakts dient, anzurechnen. Bei einer Betragsrahmengebühr (wie hier; vgl. Nr. 2301 Nr. 1. i. V. m. Nr. 3102 VV RVG) beträgt der Anrechnungsbetrag höchstens 175,00 EUR.

Soweit der Erinnerungsführer mit seiner Erinnerungsbegründung auf sein nach § 15 a RVG bestehendes Wahlrecht bei der Anrechnung nach Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 VV RVG verweist, versteht die Kammer dies im Zusammenhang mit der Beanstan-dung der Anrechnung durch den Urkundsbeamten nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG so, dass der Erinnerungsführer der Ansicht ist, der Urkundsbeamte habe lediglich von der Hälfte der Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2302 Nr. 1 VV RVG ausge-hen dürfen, da die Geschäftsgebühr in Folge der Anrechnung nach der Vorbemer-kung 2.3 Abs. 4 VV RVG effektiv nur noch 150,00 EUR, nicht aber 300,00 EUR betragen habe. So hätten im Ergebnis nur 15,00 EUR statt 30,00 EUR nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG angerechnet werden dürfen (150,00 EUR./. 5./. 2).

Dies ist im Ergebnis zutreffend. Die Kammer hat mit Beschluss vom 21.02.2017 (S 14 SF 80/15 E) ausgeführt:

"Für eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr reicht nicht allein, dass die Geschäftsgebühr "entstandenen" ist, vielmehr ist eine tatsächliche Zahlung erforderlich (str., vgl. wie hier: Hess. LSG, Beschluss vom 03.02.2015, juris; LSG NRW, Beschluss vom 04.01.2016 – L 10 SB 57/15 B, juris; OLG Stuttgart, Be-schluss vom 15.01.2008 - 8 WF 5/08, juris; SG Aachen, Beschluss vom 20.11.2015 – S 11 SF 82/15 E –, Rn. 22, juris; VG Berlin, Beschluss vom 23. Januar 2008 – 35 KE 39.07 –, juris; a.A. VG Berlin, Beschluss vom 14.05.2012 - 35 KE 40.11, 23 X 27.06, juris; Hess. LAG, Beschluss vom 10.05.2010 - 13 Ta 177/10, juris m ...w.N.; Beschluss der Kammer vom 21.02.2017 - S 14 SF 80/15 E).

a) Mit der Anwendung der durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kosten-rechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I 2586) eingefügten amtlichen Vorbemerkungen 3 Abs. 4 VV RVG ist nun-mehr auch im sozialgerichtlichen Verfahren, in dem Betragsrahmengebühren entste-hen, auf eine echte Anrechnungsregelung umgestellt worden (vgl. auch z.B. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., 2015, Vorbemerkung 3 VV RVG, Rn. 4). ( ) Die in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgeschriebene Anrechnung führt dazu, dass im Rahmen der Kostenerstattung auch § 15a RVG unmittelbar Anwen-dung findet (so auch der Beschluss des Hessischen LSG vom 03.02.2015, Az.: L 2 AS 605/14 B-, Rn. 5, juris.; vgl. z.B. auch Müller-Rabe, a.a.O.-). Dies folgt bereits aus den Erwägungen der Vorbemerkung (BT-Drs 17/11471 (neu): "Durch die Anrechnungsregelung ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren § 15a RVG anwendbar ( )"; ferner:; BR-Drs 517/12, S. 423 f.).

Maßgeblich im Verhältnis zwischen der Staatskasse und dem Rechtsanwalt ist hier-nach § 15a Abs. 1 RVG. Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt im Wege der PKH beigeordnet worden ist (vgl. Hessisches LSG, a.a.O., Müller- Rabe, Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl. 2015, § 15a, Rn. 11; BT-Drs. 16/12717, S. 68). ( ).

b) Zwar spricht ( ) für eine Anrechnung unabhängig von einer solchen zunächst der Wortlaut der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG. "Nach diesem gilt: "Soweit we-gen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 entsteht, wird diese Gebühr zur Hälfte ( ...) auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens ange-rechnet." Danach kommt es nicht auf die tatsächliche Zahlung an, sondern nur auf das Entstehen einer Geschäftsgebühr. Auch könnte der Regelungszweck von § 15a RVG – die Vermeidung von Überzahlungen und damit die Absicht einer Kostendämp-fung - für eine Anrechnung unabhängig von einer erfolgten Zahlung sprechen.

Diese Aspekte vermögen jedoch nicht eine Anrechnung unabhängig von der Zahlung der Geschäftsgebühr zu rechtfertigen. Denn eine derartige Auslegung wäre weder mit dem weiteren, zentralen Regelungszweck von § 15a RVG, nämlich der vom Ge-setzgeber intendierten Wahlfreiheit des Rechtsanwalts, noch mit weiteren Vorschrif-ten des RVG in Einklang zu bringen.

§ 15a RVG ist durch Art. 7 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im an-waltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 in das RVG als gesetzgeberische Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesge-richtshofs aus den Jahren 2007/2008 eingeführt worden (BT-Drs. 16/12717, S. 58; vgl. z.B. Müller-Rabe, a.a.O., § 15a, Rn. 7, m.w.N.). ( )

Der Gesetzgeber hat in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG für sozialgerichtliche Ver-fahren keine besondere Anrechnungsregel geschaffen, welche die anwaltliche Wahl-freiheit hinsichtlich der Anrechnung einschränkte. Denn ein solches Verständnis der genannten Vorschriften ist mit der Systematik des RVG nicht in Einklang zu bringen. Während das RVG an verschiedenen Stellen - wie z.B. in der genannten Vorbemer-kung - regelt, welche Gebühren aufeinander anzurechnen sind, hat § 15a RVG die Funktion, zu regeln, welche Folgen eine solche Anrechnung im Innenverhältnis nach Abs. 1 (und im Verfahren zu ersatz- oder erstattungspflichtigen Dritten im Sinne von Abs. 2) hat (vgl. z.B. Müller-Rabe, a.a.O., Rn. 8). Die genannte Vorbemerkung kann also nicht als lex specialis gegenüber der Regelung des § 15a RVG verstanden wer-den; vielmehr handelt es sich insoweit um unterschiedliche Regelungsbereiche. § 15a RVG ist immer dann anwendbar, wenn der Anwalt mehrere Gebühren verdient hat und wenn das Gesetz eine Anrechnung der einen auf eine andere Gebühr vor-sieht (vgl. z.B. Hartmann, Kostengesetzte, 45. Aufl., 2014, § 15a, Rn. 3).

§ 15a Abs. 1 RVG sieht jedoch ausdrücklich eine Wahlfreiheit des Rechtsanwalts hinsichtlich der Geltendmachung der Gebühren vor; dies ist ausdrücklicher Rege-lungsgehalt der Vorschrift zur Vermeidung der durch die vorherige BGH-Rechtsprechung verursachten Folgen. Insofern hat der Bundestagsrechtsausschuss ausgeführt (Bundestagsdrucksache 16/12717, S. 58): "Absatz 1 soll die Anrechnung im Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und dem Auftraggeber regeln. Die Vorschrift beschränkt die Wirkung der Anrechnung auf den geringstmöglichen Eingriff in den Bestand der betroffenen Gebühren. Beide Gebührenansprüche bleiben grundsätzlich unangetastet erhalten. Der Rechtsanwalt kann also beide Gebühren jeweils in voller Höhe geltend machen. Er hat insbesondere die Wahl, welche Gebühr er fordert und - falls die Gebühren von verschiedenen Personen geschuldet werden - welchen Schuldner er in Anspruch nimmt. Ihm ist lediglich verwehrt, insgesamt mehr als den Betrag zu verlangen, der sich aus der Summe der beiden Gebühren nach Abzug des anzurechnenden Betrags ergibt. Soweit seine Forderung jenen Betrag überschreitet, kann ihm der Auftraggeber die Anrechnung entgegenhalten. Mehr ist nicht erforderlich, um die Begrenzung des Vergütungsanspruchs zu erreichen, die mit der Anrechnung bezweckt wird." (hierzu: SG Aachen, Beschluss vom 20.11.2015 – S 11 SF 82/15 E –, Rn. 22, juris)

Zweck des § 15a Abs. 1 RVG ist es insoweit, jedenfalls im Innenverhältnis von Auf-traggeber" (an dessen Stelle die Staatskasse im Falle der Vergütung aufgrund einer PKH-Bewilligung tritt - vgl. auch Hessisches LSG, a.a.O.; Hessischer VGH, Be-schluss vom 27.06.2013, Az.: 6 E 600/13, 6 E 602/13, 6 E 601/13-, juris; Hansens, RVGreport 2015, 299 ff.; LSG NRW, Beschluss vom 04.012016 – L 10 SB 57/15 B –, Rn. 56, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.05.2013, Az.: 18 W 68/13, juris) "und Rechtsanwalt dem Letzteren die volle Wahlfreiheit zu lassen, welche Gebühr er in voller Höhe fordern will und welche er dann infolge der Deckelung durch die Höchstsumme infolge der Anrechnung nur beschränkt verlangt. Dabei besteht der Vergütungsanspruch des Rechtsanwaltes gegenüber dem Mandanten grds. ungeachtet einer Verpflichtung Dritter immer voll.

Es träte jedoch dann genau das Ergebnis ein, das der Gesetzgeber durch § 15a Abs. 1 RVG vermeiden hat wollen - nämlich ein von vornherein nur beschränkter An-spruch auf die um die Anrechnung reduzierte Verfahrensgebühr -, wenn man einen Rechtsanwalt durch eine gegebenenfalls rein fiktive Anrechnung darauf verweisen würde, die Zahlung der Geschäftsgebühr bei seinem Mandanten oder dem Prozess-gegner zu erwirken. Da die Staatskasse an die Stelle des Auftraggebers tritt und, wie dargelegt, nicht Dritter ist, betrifft die Entscheidung, von der Staatskasse zunächst die volle Verfahrensgebühr im Wege der Vergütungsfestsetzung zu fordern, genau die Wahlfreiheit im Innenverhältnis, die durch § 15a Abs. 1 RVG gesichert wird (vgl. Müller-Rabe, a.a.O., § 58, Rn. 35 sowie § 15a, Rn. 12). ( )"

c) Hieran hält die Kammer mit dem Hinweis fest, dass mit den vorstehenden Ausfüh-rungen im Verfahren S 14 SF 80/15 E gerade die vom hiesigen Erinnerungsgegner vertretene Auffassung bestätigt wurde. Auch die seitens des Urkundsbeamten in der Festsetzung vom 09.02.2016 zitierte Rechtsprechung des LSG Hessen (Beschluss vom 03.02.2015 – L2 AS 605/14 B) ist gerade mit der hier vertretenen Auffassung deckungsgleich.

Eine andere Beurteilung ist vorliegend auch nicht deshalb geboten, weil aufgrund der Vertretung des Rechtsanwaltes im Ausgangsverwaltungsverfahren, im Wider-spruchsverfahren und im Klageverfahren zwei Geschäftsgebühren und eine Verfah-rensgebühr angefallen sind, und nicht nur eine Verfahrensgebühr auf die Geschäfts-gebühr (so in S 14 SF 80/15 E), sondern auch die eine Geschäftsgebühr auf die an-dere hälftig anzurechnen ist (vgl. Hansens RVGreport 2009, S. 8). Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass eine der beiden Anrechnungen im Ergebnis zur Hälfte entfalle. Vielmehr entfiele eine Gebühr vollständig, wenn die Ge-schäftsgebühr im Widerspruchsverfahren ungeachtet der Wahl des Rechtsanwaltes, die Geschäftsgebühr aus dem Ausgangsverwaltungsverfahren zur Hälfte auf die Ge-schäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens anzurechnen, in entstandener Höhe zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr angerechnet würde. Der Rechtsanwalt verdiente nicht mehr, als er im Falle einer Vertretung ausschließlich im Widerspruchs – und Klageverfahren erhalten hätte (anders ist die Konstellation in BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2010 – VII ZB 116/09 –, Rn. 6 ff., juris = NJW 2011, S. 1368; vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/ Schmidt, 22. Aufl. 2015, VV Vorb. 3, Rn. 308 ff., 317 m.w.Nachw., da dort eine der Gebühren vollständig auf eine andere anzurechnen ist. In diesem Fall geht die gesetzliche Regelung von einer vollständigen Deckungsgleichheit dieser gebührenauslösenden Tätigkeiten aus.). Anders gewendet würde eine Gebühr vollständig auf eine zweite angerechnet, obwohl sowohl durch Teil 2 Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 VV RVG als auch in Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG eine hälftige Anrechnung vorgesehen ist.

2. Zutreffend ist der Urkundsbeamte davon ausgegangen, dass eine Terminsgebühr nicht entstanden ist. Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 VV RVG entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Ziffer 3106 VV RVG sieht in Satz 2 vor, dass die Terminsgebühr auch entsteht, wenn 1. in einem Verfahren, für das mündliche Ver-handlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird, 2. nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG durch Gerichtsbescheid ent-schieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann oder 3. das Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet.

Im vorliegenden Fall endete das Klageverfahren, ohne dass zuvor eine mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht stattgefunden hatte. Die Wahrnehmung von au-ßergerichtlichen Terminen und Besprechungen durch den Erinnerungsführer wurde weder vorgetragen noch ist sie ersichtlich. Für die Entstehung der Terminsgebühr ist hier daher allein eine Prüfung der Ziffer 3106 Satz 2 VV RVG maßgeblich.

Von den dort genannten drei Varianten kommen lediglich die Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 VV RVG und die Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG in Betracht, weil das Verfah-ren nicht durch Entscheidung ohne mündliche Verhandlung oder Gerichtsbescheid beendet wurde.

a) Die Terminsgebühr ist nicht nach Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 VV RVG entstanden. Der Rechtsstreit wurde weder durch ein Urteil ohne mündliche Verhandlung ent-schieden noch haben die Beteiligten des Ausgangsklageverfahrens einen schriftli-chen Vergleich (unter Mitwirkung des Sozialgerichts) geschlossen. Vielmehr hat der Erinnerungsführer das Verfahren für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte dem Kla-gebegehren mit Schriftsatz vom 08.10.2015 teilweise entsprochen hat.

aa) Dass in der Hauptsache hierdurch nicht etwa durch übereinstimmende Willenser-klärungen ein (zweiseitiger) Vergleichsvertrag im Sinne von § 54 Abs. 1 Sozialge-setzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) geschlossen worden ist, erkennt im Grunde offenbar auch der Erinnerungsführer an, soweit er den Gebühren auslösenden Tatbestand in einer folgenden Einigung der Beteiligten in Bezug auf die Kostengrundquote auf gerichtlichen Vorschlag sieht. So-weit er aber offensichtlich der Auffassung ist, der Rechtstreit sei durch die (einseitige) Erledigungserklärung der Klägerin noch nicht beendet gewesen, sondern die Hauptsache habe sich erst mit der Verständigung über die Kostengrundquote erledigt, geht er fehl.

Der Beklagte hat zunächst mit Schriftsatz vom 08.10.2015 eine Teilerfüllung des Kla-gebegehrens - unabhängig von einem Entgegenkommen der Klägerin - vorgenom-men. Die Klägerin hat sodann ebenfalls durch einseitige Erklärung die weitergehende Klage unbedingt, insbesondere ohne die Bedingung einer Einigung über die Kosten, also wirksam für beendet erklärt. Die Rechtshängigkeit der Klage stand zu ihrer Dis-position. In der Erklärung, "der Rechtsstreit" werde "in der Hauptsache" für erledigt erklärt kommt entsprechend §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont unmissverständlich zum Ausdruck, dass das Ver-fahren unmittelbar beendet sein soll (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 102, Rn. 2). Dies ist auch daraus zu schließen, dass die zugleich "nunmehr" erfolgte Beantragung einer Kosten(grund)entscheidung gem. § 193 S. 3 SGG gerade die Situation eines beendeten Verfahrens betrifft. Die Erledigungserklärung ist in der Sache hiernach als Klagerücknahme (vgl. § 102 Abs. 1 SGG) aufzufassen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17. März 2014 – L 5 SF 43/14 B E –, Rn. 15, juris; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. März 2015 – L 9 AL 277/14 B –, Rn. 18, juris; Leitherer, a.a.O, Rn. 3). Da für das Verfahren gem. § 183 SGG keine Ge-richtskosten angefallen sind, war es für die Klägerin auch ohne Bedeutung, ob das Verfahren durch Klagerücknahme sofort oder erst durch zustimmende Erledigungs-erklärung des Beklagten enden würde, weil die Klagerücknahme keine nachteilige Kostenfolge – wie im Falle des § 197a Abs. 1 i. V. m. § 155 Abs. 2 Verwaltungsge-richtsordnung (VwGO) hatte (vgl. Leitherer, a.a.O.).

Ist das Verfahren aber danach bereits beendet gewesen, als die Beteiligten sich über eine Kostengrundquote verständigt haben, kommt die Auslösung einer fiktiven Terminsgebühr nach Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 VV RVG nicht mehr in Betracht. Ein Vergleich i. S. d. Nr. 3106 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG verlangt eine Verständigung in der Hauptsache. Der schriftliche Vergleich i. S. d. Norm muss zu einer Beendigung des Klageverfahrens führen. Dies ergibt sich aus der Teleologie und der Systematik der Vorschrift. Nach der Gesetzesbegründung soll die Entstehung der fiktiven Terminsgebühr konsequent auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Anwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann, weil nur in diesem Fall eine Steuerungswirkung notwendig ist (BT-Drs. 17/11471, S. 275). Nach dem die Hauptsache beendet ist, ist aber keine mündliche Verhandlung mehr erzwingbar, weil noch über die Kosten zu entscheiden bliebe (vgl. § 193 S. 3, 124 Abs. 1, 3 SGG). Auch Nr. 2 und 3 der Nr. 3106 VV RVG betreffen ausdrücklich Konstellationen, in denen durch den Gebühren auslösenden Tatbestand ein Abschluss der Hautsache erreicht wird.

bb) Ein "schriftlicher Vergleich" im Sinne der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. VV RVG ist ferner nur ein unter Mitwirkung oder auf Veranlassung des Gerichts geschlossener Vergleich nach § 202 SGG in Verbindung mit § 278 Abs. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) und ab dem 25. Oktober 2013 nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG (ebenso Landessozialgericht – LSG - Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 20.07.2015 – L 7/14 AS 64/14 B -, juris, Rn. 18 ff. unter Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 11.03. 2015 - L 9 AL 277/14 B, juris -, Rn 18; LSG NRW, Beschluss vom 05.01.2015 – L 19 AS 1350/14 B -, juris, Rn. 30; Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.05.2015 - L 15 SF 115/14 E -, juris, Rn. 21).

Dies – so hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in seiner Entschei-dung vom 20.07.2015 zutreffend herausgearbeitet - folgt aus der Entstehungsge-schichte, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der Ge-bührenziffer (Landessozialgericht – LSG - Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 20.07.2015 – L 7/14 AS 64/14 B, juris, Rn. 18 ff.).

Das LSG führt aus: "Nach der Begründung des Entwurfs zum 2. Kostenrechtsmoder-nisierungsgesetz (KostRMoG) sollte durch die Ergänzung der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. VV RVG eine Angleichung an Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1, 3. Alt. VV RVG erfol-gen (vgl. BT-Drucks 17/11471, S. 275, zu Nr. 29, zu Buchstabe a, zu Doppelbuch-stabe aa). Nach der ganz herrschenden Rechtsprechung zu Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1, 3. Alt. VV RVG ist ein "schriftlicher Vergleich" nur ein solcher, der nach § 278 Abs. 6 ZPO oder § 106 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) unter konstitutiver Mit-wirkung des Gerichts geschlossen wird (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 27.10.2005 - III ZB 42/05 -, juris Rn. 9 und Leitsatz; Beschl. v. 03.07.2006 - II ZB 31/05 -, juris 8 und Leitsatz; Beschl. v. 10.07.2006 - II ZB 28/05 -, juris Rn. 6 und Leitsatz 1; OVG Berlin, Beschl. v. 16.03.2009 - OVG 1 K 72.08 -, juris Rn. 8; VG Berlin, Beschl. v. 23.06.2008 - 14 KE 227.06, 14 V 29.05 -, juris Rn. 6). Es ist davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber diese herrschende Praxis bekannt war und er diese in die Neufassung von Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. VV RVG übernehmen wollte (vgl. LSG Nordrhein Westfalen, aaO., und Bayerisches LSG, aaO.).

Bei der Auslegung der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. VV RVG ist der systematische Zusammenhang insbesondere zu der Ziffer 1000 VV RVG zu beachten. Ziffer 1000 VV RVG nennt die dort geregelte Gebühr, die "Einigungsgebühr", die für die Mitwir-kung beim Abschluss eines Vertrags entsteht, durch den u.a. der Streit oder die Un-gewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Diese Formulierung stellt die fast wörtliche Wiedergabe des "Vergleichs" im Sinne des § 779 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar. Lediglich das Kriterium des "gegenseitigen Nachgebens" wird nicht er-wähnt. Der Gesetzgeber hat bereits bei der Einführung des RVG bewusst das Krite-rium des gegenseitigen Nachgebens aufgegeben, um den unter der Geltung des frü-heren § 23 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) häufig ausgetragenen Streit darüber, welche Abrede noch und welche nicht mehr als gegenseitiges Nach-geben zu werten ist, im Rahmen der Kostenfestsetzung zu vermeiden (BT-Drucks. 15/1971, S. 147 und S. 204, zu Nummer 1000). Vor dem Hintergrund dieser Entste-hungsgeschichte muss die Verwendung des Terminus "Vergleich" in Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. VV RVG und Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. VV RVG einen bereits sei-ner äußeren Form nach als "Vergleich" erkennbaren Prozessvergleich meinen. Wür-de in Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. VV RVG und Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. VV RVG dagegen jeder außergerichtliche Vergleich eine fiktive Terminsgebühr auslösen, würde der Streit über die Frage, ob die Anforderungen des § 779 BGB erfüllt sind, den der Gesetzgeber bei der Einigungsgebühr nach Ziffer 1000 VV RVG vermeiden wollte, bei der Terminsgebühr wieder aufflammen (diese Prüfung explizit verlangend: Hartmann, Kostengesetze, 45. Auflage 2015, 3104 VV Rn. 30). Damit würde das Anliegen des Gesetzgebers jedoch konterkariert (so schon VG Berlin, Beschluss vom 23.06.2008 - 14 KE 227.06, 14 V 29.05 - juris, Rn. 6; LSG Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 11. März 2015 - L 9 AL 277/14 B, juris, Rn 21). Von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers, weil dieser statt des Begriffs der "Einigung" in Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. VV RVG den Begriff des "Vergleichs" verwendet hat (so Bischof in: Bischof/Jungbauer, RVG, 6. Auflage 2014, Nr. 3104 VV Rn. 54), kann daher nicht ausgegangen werden. Ergänzend zeigt das Erfordernis der "Schriftlichkeit", dass nur Vergleiche nach § 278 Abs. 6 ZPO, § 106 Satz 2 VwGO und § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG gemeint sein können. In diesen Vorschriften wird gleichfalls die "Schriftlichkeit" des Vergleichsvorschlags bzw. seiner Annahme betont. Dies legt nahe, dass nur die in diesen Vorschriften geregelten "schriftlichen" Prozessvergleiche eine fiktive Terminsgebühr nach Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. VV RVG und Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. VV RVG auslösen können. Anderenfalls wäre die Formulierung eine überflüssige, weil auf eine Selbstverständlichkeit bezogene Forderung, wenn die geforderte "Schriftlichkeit" auch außergerichtlich durch Einhaltung der einfachen Schriftform erfüllbar wäre (so auch VG Berlin, a.a.O.; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).

Schließlich entspricht die Beschränkung auf gerichtliche Vergleiche nach § 278 Abs. 6 ZPO, § 106 Satz 2 VwGO und § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG auch dem Sinn und Zweck von Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 und Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 VV RVG. Dieser besteht nicht etwa darin, einen Anreiz dafür zu setzen, dass der Rechtsanwalt auf eine gütliche Einigung hinwirkt (so aber Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage 2013, VV 3104 Rn. 69;). Diesen Zweck verfolgen allein die Ziffern 1000 ff. VV RVG (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.) sowie die Vorbemerkung 3 Abs. 3, 3. Alt. VV RVG, wonach die Terminsgebühr auch für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts entsteht (BT-Drucks. 15/1971, zu Teil 3, S. 209). Die fiktive Terminsgebühr dient dagegen allein dazu, dem Anwalt das gebührenrechtliche Interesse an der Durchführung eines Termins zu nehmen (BT-Drucks. 17/11471, S. 275, zu Nummer 28 Buchstabe a, S. 276, zu Doppelbuchstabe dd). Dies wird besonders deutlich durch die Änderungen der Ziffern 3104 Abs. 1 Nr. 2 und 3106 Satz 2 Nr. 2 VV RVG durch das 2. KostRMoG vom 23. Juli 2013 - BGBl. I Nr. 42, 2586 -, wonach die fiktive Terminsgebühr bei Entscheidungen durch Gerichtsbescheid nur noch entsteht, wenn die mündliche Verhandlung beantragt werden kann. Nach der Gesetzesbegründung soll die Entstehung der Terminsgebühr dadurch konsequent auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Rechtsanwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann, weil nur in diesem Fall eine Steuerungswirkung notwendig sei (BT-Drucks. 17/11471, S. 275, Zu Nummer 28, zu Buchstabe a). Zentrales Anliegen der fiktiven Terminsgebühr ist also die Schonung gerichtlicher Ressourcen (so auch T. Winkler in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2014, Nr. 3104 VV RVG Rn. 18).

In den Fällen, in denen die Beteiligten einen Vergleich bereits außergerichtlich ge-schlossen haben und damit die mündliche Verhandlung entbehrlich geworden ist, gibt es keine Notwendigkeit mehr für die Gewährung einer fiktiven Terminsgebühr, weil auch hier die Steuerungswirkung der fiktiven Terminsgebühr nicht benötigt wird. Lediglich in den Fällen, in denen die Beteiligten einen gerichtlichen Vergleich wün-schen, zum Beispiel um einen vollstreckbaren Titel zu erhalten, ist die fiktive Terminsgebühr als Steuerungsinstrument erforderlich. Durch die Zusprechung der fiktiven Terminsgebühr auch bei Abschluss des gerichtlichen Vergleichs im schriftli-chen Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO, § 106 Satz 2 VwGO und § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG wird dem Rechtsanwalt der Anreiz genommen, allein zwecks Protokollierung des Vergleichs in die mündliche Verhandlung zu gehen. Nur in diesem Fall erscheint die fiktive Terminsgebühr zur Schonung der gerichtlichen Ressourcen geboten und angemessen."

Die Kammer schließt sich diesen - bereits vom LSG Nordrhein-Westfalen mit Be-schluss vom 11.03. 2015 (L 9 AL 277/14 B juris, Rn. 16 ff. = NZS 2015, S. 560) erar-beiteten - Darlegungen an (vgl. bereits Beschluss der 18. Kammer des SG Aachen vom 25.05.2016 - S 18 SF 21/16 E).

Ein Vergleichsschluss auf gerichtliche Anregung führt (ungeachtet der Tatsache, dass dies vorliegend in Bezug auf die Kostengrundquote nach Erledigung der Haupt-sache erfolgte) nicht zu einem schriftlichen Vergleich im dargelegten Sinne. Soweit das LSG NRW mit Beschluss vom 11.03.2015 – L9 AL 277/14 B, Rn. 18,- juris aus-führt, mit einem schriftlichen Vergleich i. S. d. Ziffer 3106 S. 2 Nr. 1 Alt. 2 VV RVG sei in jedem Fall nur ein "unter Mitwirkung oder auf Veranlassung des Gerichts" ge-schlossener Vergleich nach § 202 SGG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO gemeint, bedeutet dies ausweislich der weiteren, den oben zitierten Ausführungen des LSG Nds-HB entsprechenden, Gründe des Beschlusses nicht, dass jede gerichtliche Anregung zu einem Vergleichsschluss ausreicht (vgl. auch LSG NRW, Beschluss vom 05.01.2015 – L 19 AS 1350/14 B, juris, Rn. 5, 30). Vielmehr muss der Vergleich entweder in Be-schlussform gem. § 101 Abs. 1 S. 2 SGG vorgeschlagen worden sein, oder das Zu-standekommen und der Inhalt eines Vergleiches muss nachträglich gem. § 202 SGG i. V. m. § 278 Abs. 6 S. 2 SGG in Beschlussform festgestellt worden sein. Darin be-steht die in Rn. 19 des Beschluss des LSG NRW vom 11.03.2015 – L 9 AL 277/14 B, juris, beschriebene konstitutive Mitwirkung des Gerichts. Denn nur durch eine derar-tige gerichtliche Leistung außerhalb einer Protokollierung in einem Termin wird ge-währleistet, dass der Vergleich i. S. der Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. VV RVG und Ziff. 3106 S. 2 Nr. 1 Alt. 2 VV RVG bereits seiner äußeren Form nach als Prozess-vergleich erkennbar ist, wie es der in der Entstehungsgeschichte dokumentierten gesetzgeberischen Intention entspricht. (ferner VG Berlin, Beschluss vom 23. Juni 2008 – 14 KE 227.06, 14 V 29.05 –, Rn. 6, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. März 2009 – OVG 1 K 72.08 –, Rn. 8, juris; jeweils zitiert von LSG NRW im Beschluss vom 11.03.2015 – L 9 AL 277/14 B, juris, Rn. 19).

b) Auch ein Fall der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG liegt nicht vor. Es ist bereits dargelegt worden (vgl. b)), dass das Verfahren durch – als Klagerücknahme (§ 102 Abs. 1 SGG) auszulegende – einseitige Erledigungserklärung nicht aber durch ange-nommenes Anerkenntnis (§ 101 Abs. 2 SGG) beendet worden ist.

3. Entgegen der Ansicht des Urkundsbeamten und des Erinnerungsgegners ist vor-liegend hingegen eine Einigungsgebühr nach Ziff. 1006, 1005, 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG angefallen, allerdings nicht in der beantragten Höhe der Mittelgebühr. Unter Berücksichtigung der nachfolgend dargestellten Besonderheiten des Einzelfalles nach den Kriterien des § 14 RVG hält die Kammer vielmehr eine Einigungsgebühr in Höhe der Mindestgebühr von 50,00 EUR für angemessen.

a) Eine Einigungsgebühr (Nrn. 1006, 1000 VV RVG) setzt voraus, dass ein Vertrag zustande kommt, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhält-nis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein An-erkenntnis oder einen Verzicht (Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV RVG). Der Sondertatbe-stand Nr. 1006 VV RVG für das sozialgerichtliche Verfahren, in dem regelmäßig Betragsrahmen- anstatt Streitwertgebühren entstehen, ändert an den Voraussetzun-gen des Nr. 1000 VV RVG für das Entstehen einer Einigungsgebühr nichts. Durch die zusätzliche Gebühr soll die mit der Einigung verbundene Mehrbelastung und er-höhte Verantwortung des beteiligten Rechtsanwalts vergütet werden; zudem soll die Belastung der Gerichte gemindert werden (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06. Oktober 2016 – L 19 AS 646/16 B –, Rn. 79, juris; BGH, Urteil vom. 20.11.2008 - IX ZR 186/07 - FamRZ 2009, 30) (BT-Drs. 15/1971, S. 204).

Der Urkundsbeamte hat im angefochtenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss die Berücksichtigung einer Einigungsgebühr abgelehnt, da – was, wie bereits dargelegt zutrifft – das Verfahren durch Klagerücknahme endete, nachdem der Beklagte einseitig einen Teil des Klageanspruchs anerkannt hatte. Insoweit mangelte es die Hauptsache betreffend zwar tatsächlich an der in Ziffer 1000 VV RVG für die Entstehung einer Einigungsgebühr geforderten Vereinbarung. Dabei hat der Urkundsbeamte allerdings den der Klagerücknahme nachfolgenden Kostenvergleich außer acht gelassen, für dessen Abschluss der Erinnerungsführer die Einigungsgebühr geltend macht. Der Erinnerungsgegner hat sich hiermit trotz konkretisierter Aufforderung der Kammer und einer Bearbeitungsdauer von über einem Jahr nicht auseinandergesetzt und lediglich mitgeteilt, nach seiner Auffassung sei eine Einigungsgebühr nicht entstanden. Im Übrigen beziehe er sich vollumfänglich auf die zutreffende Festsetzung des Urkundsbeamten.

Dagegen beruft sich der Erinnerungsführer in der Erinnerung auch nach Auffassung des Gerichts zu Recht darauf, dass die Beteiligten sich im Anschluss an die Erledi-gung in der Hauptsache über die Kostengrundquote geeinigt haben.

aa) Der Wortlaut der Nr. 1000 Abs. 1Nr. 1 VV RVG steht dem nicht entgegen. Dieser ist vielmehr nicht auf eine Einigung hinsichtlich des Streitgegenstandes in der Haupt-sache beschränkt, sondern verlangt lediglich die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis be-seitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Aner-kenntnis oder einen Verzicht (SG Berlin, Beschluss vom 14. Januar 2011 – S 165 SF 1919/09 E –, juris).

Vom Begriff des Rechtsverhältnisses in diesem Sinne ist auch (nur) die Frage der Kostentragung dem Grunde nach erfasst (Hanseatisches Oberlandesgericht Ham-burg, Beschluss vom 04. August 1998 – 8 W 189/98 –, Rn. 4, juris; VG München, B. v. 18.12.2014 – M 8 M 14.5277; Hartmann, 44. Aufl. 2014, Kostengesetze, 1000 VV-RVG Rn. 33; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, 22. Aufl. 2015, RVG, 1000 VV-RVG Rn.181). Unter einem Rechtsverhältnis versteht man die Rechtsbeziehungen zwi-schen Personen bzw. der Beteiligten, die sich aus einem Sachverhalt aufgrund einer Norm für das Verhältnis der Personen/Beteiligten untereinander ergeben (vgl. BSG NZS 96, S. 39; BVerwG NVwZ 2009, S. 1170). Zwischen den Beteiligten besteht nach Erledigung der Hauptsache nach Beantragung einer Kostengrundentscheidung durch den Erinnerungsführer ein Rechtsverhältnis nach § 193 SGG, der regelt, dass das Gericht darüber entscheidet, in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben und welche Kosten erstattungsfähig sind (vgl. VG Regensburg, Beschluss vom 10. Juni 2015 – RN 6 M 15.717 –, Rn. 18, juris).

Gründe dafür, dass eine vorangegangene Klagerücknahme, ein Anerkenntnis oder ein Verzicht in der Hauptsache der Klärung des Streites oder der Ungewissheit über die Kostenfrage als Rechtsverhältnis durch Kostenvergleich entgegenstehen sollte, lassen sich nicht finden. Dass das Sozialgerichtsgesetz in § 193 SGG anders als andere Verfahrensordnungen keine zwingende Kostentragungslast des (Teil)unterliegenden kennt, vielmehr u.U. weiter streitige oder unsichere Änderungen der Rechtslage oder der tatsächlichen Umstände bei den Ermessenserwägungen berücksichtigt werden (BSG SozR 3 1500 § 193 Nr. 2) müssen, aber auch, inwieweit der Beklagte Veranlassung zur Klage gegeben hat und wie er auf eine während des Klageverfahrens eingetretene Änderung reagiert, spricht vielmehr dafür, dass eine Einigung über die Kostengrundquote von Ziff. 1006, 1005, 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG erfasst wird. Denn hierdurch wird eine abschließende Klärung der vorstehenden Gesichtspunkte durch das Gericht nicht weiter erforderlich (SG Berlin, Beschluss vom 14. Januar 2011 – S 165 SF 1919/09 E –, Rn. 6, juris).

Daher besteht auch nach Sinn und Zweck der Regelung bzw. dem Willen des Ge-setzgebers (BT-Drs. 15/1971, S. 204) kein Grund zur Annahme, dass die Vergabe einer Einigungsgebühr für einen Kostenvergleich zur gerichtsentlastenden Vermei-dung einer streitigen Entscheidung über die Kostentragung versagt werden sollte (SG Berlin, Beschluss vom 14. Januar 2011 – S 165 SF 1919/09 E –, Rn. 7, juris). Auch entsteht durch die Mitwirkung an einem Kostenvergleich eine Mehrbelastung und eine erhöhte Verantwortung des Rechtsanwaltes im Vergleich zu einer gerichtli-chen Kostengrundentscheidung.

bb) Der Rechtsanwalt hat vorliegend auch tatsächlich beim Abschluss eines Vertra-ges mitgewirkt, durch den der Streit oder die Ungewissheit über die Kostengrundquo-te beseitigt worden ist. Nach dem Vorschlag des Gerichts, sich dahingehend zu eini-gen, dass der Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach zu einem Sechstel tragen solle, stimmte der Beklagte dem zunächst zu, der Erinne-rungsführer hingegen lehnte den Vergleichsvorschlag mit der Begründung ab, die Klägerin habe zum überwiegenden Teil obsiegt. Der Beklagte stellte daraufhin dar, dass die verbleibende Erstattungsforderung des Beklagten 79,72 % den vor dem Teilanerkenntnis in der Hauptsache festgesetzten Betrages ausmache. Nachdem daraufhin das Gericht die Darlegungen des Beklagten für zutreffend hielt, hat es den Beteiligten vorgeschlagen, sich hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Kläge-rin zu einer Kostengrundquote von einem Fünftel zulasten des Beklagten zu einigen. Unter Bezugnahme auf diesen Vergleichsvorschlag erklärte der Beklagte sich hierzu schriftsätzlich bereit. Der Erinnerungsführer wiederum erklärte unter Bezugnahme auf den Vorschlag des Gerichts und den Schriftsatz des Beklagten sein Einverständ-nis. Hierin ist die Annahme eines Angebotes zur Einigung über eine Kostengrund-quote zu erkennen. Unerheblich ist die umstrittene Frage, ob – zur Abgrenzung eines bloßen Kostengrund(teil)anerkenntnisses - zumindest ein geringfügiges Nachgeben i. S. d. § 779 Abs. 1 BGB notwendig ist (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl. 2015, 1000 VV, Rn. 174 ff. m.w.Nachw.). Denn ein derartiges beiderseitiges Nachgeben ist vorliegend zu erkennen. Während der Beklagte sich zunächst zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten in Höhe von einem Sechstel bereit erklär-te, hat der Erinnerungsführer dies abgelehnt und sinngemäß eine Obsiegensquote von über 50 % begehrt.

b) Die Einigung über die Kostengrundquote ist auch vom Umfang des Vergütungsan-spruches des Erinnerungsführers aus § 45 RVG nach § 48 Abs. 1 RVG umfasst. Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist nach Grund und Höhe vom Umfang der Beiordnung abhängig. Mit Beschluss vom 06.08.2015 ist der Klägerin des Haupt-sacheverfahrens unter Beiordnung des Erinnerungsführers Prozesskostenhilfe "für diesen Rechtszug", d. h. für die erste Instanz bewilligt worden. Das Ende der Instanz fällt zwar mit dem Entfallen der Rechtshängigkeit der Klage zusammen (vgl. BGH NJW 95, 1095; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 94, Rn. 4). Die Rechtshängigkeit der Klage ist mit der Klagerücknahme am 29.10.2015 allerdings nur in der Hauptsache entfallen, wegen der Kosten ist sie hin-gegen erhalten geblieben (Leitherer, a.a.O., § 102, Rn. 9).

c) Bei der Bestimmung der angemessenen Gebühr ist allerdings zwingend zu be-rücksichtigen, dass der Erinnerungsführer im Rahmen der Einigungsgebühr nur noch den Kostenerstattungsanspruch gegen den Erinnerungsgegner durchzusetzen ge-sucht hat (SG Berlin, Beschluss vom 14. Januar 2011 – S 165 SF 1919/09 E –, Rn. 8, juris; vgl. VG Regensburg, Beschluss vom 10. Juni 2015 – RN 6 M 15.717 –, Rn. 19, juris m.w.Nachw.).

aa) Der sich aus Ziff. 1006, 1005, 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG i.V.m. Nr. 3102 VV RVG ergebende Gebührenrahmen beträgt 50,00 EUR bis 550,00 EUR. Innerhalb dieses Rahmens bestimmt der Erinnerungsführer als beigeordneter Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Höhe der Einigungsgebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere 1) der Bedeutung der Angelegenheit, 2) des Umfangs und der Schwie-rigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, 3) der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers, und 5) seinesbesonderen Haftungsrisikos (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). Die von einer beigeordneten Rechtsanwalt im Verfahren nach § 55 RVG ge-troffene Bestimmung ist nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Deshalb ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bzw. das Gericht ver-pflichtet, die Billigkeit der Gebührenbestimmung durch den Rechtsanwalt zu prüfen. Bei Angemessenheit der angesetzten Gebühr unter Berücksichtigung eines Tole-ranzrahmens i.H.v. 20 % (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R,- juris, Rn. 19 m.w.N) hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bzw. das Gericht den Kostenansatz zu übernehmen, bei Unbilligkeit die Höhe der Betragsrahmengebühr festzusetzen. Alle Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG sind geeignet, ein Abweichen von der Mittelgebühr nach oben oder unten zu begründen. Das Abweichen eines Bemessungskriteriums vom Durchschnittsfall kann von jedem anderem Bemessungskriterium kompensiert werden (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R,- juris, Rn. 24,38,39).

bb) Sämtliche Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG sind hier als deutlich unterdurchschnitt-lich zu qualifizieren. Daher erscheint die anwaltliche Tätigkeit beim Vergleichsab-schluss mit der Mindestgebühr ausreichend vergütet (vgl. SG Kiel, Beschluss vom 04. Januar 2016 – S 21 SF 167/14 E –, Rn. 22, juris).

Hinsichtlich der Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber folgt die deutliche Unterdurchschnittlichkeit daraus, dass es gerade nicht (mehr) um Hauptleistung existenzsichernder Art ging, sondern lediglich um einen die Kostengrundquote (SG Berlin, Beschluss vom 14. Januar 2011 – S 165 SF 1919/09 E –, Rn. 9, juris). Auch der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und deren Schwierigkeit beim Vergleichsab-schluss waren deutlich unterdurchschnittlich. Irgendwelche Schwierigkeiten tatsächli-cher oder rechtlicher Art sind dabei nicht ersichtlich. Der Sachverhalt war geklärt, es ging einzig um die Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klä-gers. Auf eine besondere Rechtsprechung kam es nicht an. Letztlich war für die Be-teiligten von Beginn an klar, dass sich die Kostengrundquote nach dem Obsiegen in der Hauptsache richten sollte. Hiernach war lediglich eine prozentuale Quote zu er-rechnen. Auch die Vermögens – und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers, der existenzsichernde Leistungen bezieht und auf PKH angewiesen gewesen ist, sind erheblich unterdurchschnittlich. Ein besonderes Haftungsrisiko bestand für den Rechtsanwalt nicht.

4. Hiernach ergibt sich folgende Festsetzung: Verfahrensmittelgebühr nach Nr. 3102 VV RVG unter Anrechnung der Hälfte der ver-einnahmten Geschäftsgebühr in Höhe von 15,00 EUR (1/5 von 150,00 EUR./. 2) 285,00 EUR Einigungsgebühr nach Nr. 1006, 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG 50,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG 67,45 EUR Gesamtsumme 422,45 EUR abzüglich Vorschüsse oder sonstige Zahlungen nach § 58 RVG 211,82 EUR Festsetzung 211,17 EUR

III. Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet, § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.

IV. Die Beschwerde gegen diese Entscheidung ist für den Erinnerungsgegner nicht statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR nicht übersteigt, § 59 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 66 Abs. 2 S. 1 GKG, wohl aber für den Erinnerungsführer (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl. 2015, § 59, Rn. 38; a. A. LSG NRW, Beschluss vom 09.02.2015 – L 9 AL 321/14 B, juris: § 59 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 197 Abs. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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