L 9 AS 1742/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 168/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 1742/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das Jobcenter trägt die Kosten einer Räumungsklage, wenn es dem Leistungsberechtigten zu Unrecht Leistungen versagt, dadurch Mietrückstände entstehen und der Vermieter in der Folge Räumungsklage erhebt. Die dann anfallenden Gerichtskosten sind als (einmalig anfallende) Bedarfe der Unterkunft im SGB II zu berücksichtigen.
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. März 2014 sowie der Bescheid vom 7. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2013 aufgehoben, der Bescheid vom 24. September 2013 abgeändert und die Beklagte verurteilt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für Oktober 2013 in Höhe von weiteren 857,68 EUR zu gewähren.

Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme der Kosten einer Räumungsklage streitig.

Der 1953 geborene, alleinstehende Kläger bezog ab dem 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Seit Dezember 2014 werden ihm Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) vom zuständigen Sozialhilfeträger gewährt, nachdem ihm von der Deutschen Rentenversicherung Bund nach Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens und ausgehend von einem Versicherungsfall am 25.11.2011 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.12.2011 bewilligt worden war. Diese Erwerbsminderungsrente ist nicht von der jeweiligen Arbeitsmarktlage abhängig und besteht auf Dauer, weil unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann (so die Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung Bund, beruhend auf der Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. B. vom 27.10.2014 [Bl. 979 ff. der Akten] und Bescheid vom 11.11.2014 mit monatlichem Rentenanspruch ab 01.01.2015 i. H. v. 193,22 EUR/Zahlbetrag: 172,36 EUR).

Hinsichtlich der Verpflichtung des Klägers, die Erwerbsfähigkeit mittels Gutachten abklären zu lassen, waren seit 2009 mehrere Verfahren vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) anhängig (vgl. insoweit die Ausführungen im Tatbestand des SG).

Am 29.12.2011 teilte der Beklagte dem Kläger – erneut – mit, dass er dessen Leistungsfähigkeit für die Dauer von mindestens sechs Monaten für so weit gemindert halte, dass dieser nur noch Beschäftigungen in einem Umfang von weniger als 15 Stunden wöchentlich (kurzzeitige Beschäftigung) ausüben könne oder mehr als kurzzeitige, weniger als 30 Wochenstunden umfassende Beschäftigungen nicht mehr unter Bedingungen ausüben könne, die auf dem für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsmarkt üblich seien. Damit gehöre der Kläger nicht mehr zum Personenkreis der Berechtigten, die Leistungen nach dem SGB II erhalten könnten. Gleichwohl habe der Kläger grundsätzlich bis zur Entscheidung über das Vorliegen der Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Diese Leistungen würden jedoch ab sofort vorläufig erbracht. Die Feststellung, ob eine Erwerbsminderung vorliege, treffe der zuständige Rentenversicherungsträger. Lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vor, entscheide das Jobcenter anhand des vorliegenden Gutachtens. Der Kläger wurde aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Schreibens Rente wegen Erwerbsminderung zu beantragen und die geforderten ergänzenden Angaben zu machen. Das Schreiben enthielt einen Hinweis darauf, dass für den Fall, dass der Kläger keinen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung innerhalb der Frist stelle, die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. § 9 Abs. 1 und § 2 SGB II wegen fehlender Hilfebedürftigkeit aufzuheben sei. Ferner wurde der Kläger aufgefordert, innerhalb der Frist einen Nachweis über diese Antragstellung vorzulegen. Für den Fall, dass ein solcher Nachweis innerhalb der Frist nicht eingegangen sei, würden die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) unmittelbar nach Fristablauf in vollem Umfange eingestellt. Ferner wies der Beklagte darauf hin, dass der Kläger gegenüber dem vorrangigen Leistungsträger bei der Feststellung, ob eine Erwerbsminderung vorliege, mitzuwirken habe. Komme er binnen der vom Rentenversicherungsträger gesetzten Frist dem nicht nach, werde der Rentenversicherungsträger dies mitteilen. Die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes würden dann gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i. V. m.§ 9 Abs. 1 und § 2 SGB II wegen fehlender Hilfebedürftigkeit aufgehoben.

In einem Schreiben vom 26.01.2012 an die Deutsche Rentenversicherung Bund, mit dem der Beklagte auch einen Erstattungsanspruch geltend machte, wurde ausgeführt, dass dieses Schreiben gleichzeitig als (Renten-)Antragstellung nach § 5 Abs. 3 SGB II gelte.

Mit einem weiteren Schreiben vom 26.01.2012 teilte der Beklagte der Stadt K., Sozialamt, die Zahlung von Leistungen an den Kläger mit und machte ebenfalls einen Erstattungsanspruch geltend. Er verwies auf ein Gutachten des Amtsarztes der Agentur für Arbeit vom 25.11.2011, in dem festgestellt worden sei, dass der Kläger nicht erwerbsfähig im Sinne des SGB II sei und nach eigener Auffassung ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII bestünde. Die Stadt K. wurde aufgefordert mitzuteilen, ob der ärztlichen Stellungnahme gefolgt werde. Auch der Stadt K. gegenüber wurde darauf hingewiesen, dass dieses Schreiben gleichzeitig als Antragstellung nach § 5 Abs. 3 SGB II gelte. Mit E-Mail vom 02.02.2012 erhob die Stadt K. Widerspruch gegen die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit und vertrat die Auffassung, dass allein die Feststellung des Rentenversicherungsträgers bindend sei. In dem Gutachten des Arztes der Agentur für Arbeit K. W. verwies dieser auf sein Vorgutachten vom 24.11.2009 und die dort erfolgte Untersuchung sowie auf ein aktuell nachgereichtes fachärztlich-orthopädisches Rentengutachten sowie auf einen ärztlichen Beratungsvermerk der Deutschen Rentenversicherung. Er führte aus, dass er in Übereinstimmung mit den beauftragten nervenärztlichen Kollegen damals von einem aufgehobenen Leistungsvermögen für den allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen sei. Er rate zu einer erneuten Antragstellung mit dem Hinweis auf eine seinerseits für erforderlich gehaltene nervenärztlich-psychiatrische Begutachtung.

Unter Verweis auf dieses ärztliche Gutachten vom 25.11.2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass nach den dort getroffenen Feststellungen eine Erwerbsfähigkeit nicht gegeben sei. Demnach falle er auch nicht mehr unter den Kreis der Leistungsberechtigten nach dem SGB II. Der Kläger wurde aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang dieses Schreibens einen Antrag auf Grundsicherung nach dem SGB XII beim Sozial- und Jugendamt der Stadt K. bzw. beim Landratsamt K. zu stellen. Für den Fall, dass der Kläger keinen Antrag auf Grundsicherung innerhalb der angegebenen Frist stelle, werde die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i. V. m. § 9 Abs. 1 und § 2 SGB II wegen fehlender Hilfebedürftigkeit aufgehoben.

Auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 20.01.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.03.2012 bis 30.04.2012 i. H. v. 643,70 EUR (Regelbedarf: 374,00 EUR und Übernahme der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung für die vom Kläger angemietete 33,99 m² große Wohnung i. H. v. 269,70 EUR).

Den gegen die Aufforderung, einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII beim Sozialamt der Stadt K. zu stellen, erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2012 zurück.

Am 14.02.2012 richtete der Beklagte ein Ersuchen nach § 44a SGB II an die Deutsche Rentenversicherung mit der Bitte um Prüfung, ob der Kläger erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II ist.

Eine Versagung von Leistungen durch den Beklagten mit Bescheid vom 20.04.2012 ab dem 01.05.2012 auf den Fortzahlungsantrag des Klägers vom 16.04.2012, die mit der fehlenden Vorlage einer unterschriebenen Schweigepflichtentbindung und dem fehlenden Nachweis über eine Antragstellung auf Erwerbsunfähigkeitsrente und "gegebenenfalls Grundsicherung SGB XII" begründet worden war, nahm der Beklagte auf den Widerspruch des Klägers, die so genannte Schweigepflichtentbindung sei 2011 bei Frau B. unterzeichnet worden, mit Bescheid vom 24.05.2012 wieder zurück. Dem Kläger wurden sodann Leistungen vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 i. H. v. 643,70 EUR "vorläufig" bewilligt. In derselben Höhe wurden ihm auf die Anträge vom 10.10.2012 und 19.12.2012 Leistungen für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis 30.11.2012 (Bescheid vom 08.11.2012) und nach einem gerichtlichen Eilverfahren (S 11 AS 2708/12 ER) mit Bescheid vom 28.11.2013 für Dezember 2012 und Januar 2013 (nach Erhöhung des Regelbedarfes im Januar auf 382,00 EUR jetzt 651,70 EUR) bewilligt. Mit Bescheid vom 15.01.2013 berücksichtigte der Beklagte für Januar 2013 zudem höhere (Neben-)Kosten für die Unterkunftskosten und legte insgesamt 284,50 EUR zugrunde.

Unter dem 03.09.2012 teilte die Deutsche Rentenversicherung Bund mit, dass aufgrund der Antragstellung des Beklagten vom 14.02.2012 am 23.08.2012 ein Rentenverfahren eingeleitet worden sei und die entsprechenden Antragsvordrucke an den Kläger gesandt worden seien. Über den Ausgang des Verfahrens werde der Beklagte zu gegebener Zeit informiert.

Mit Schreiben vom 29.11.2012 wies der Beklagte auf die Verpflichtung des Klägers zur Mitwirkung bei der Feststellung der Leistungsfähigkeit durch den Rentenversicherungsträger hin und führte aus, wenn dieser Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert werde, der Leistungsträger ohne weitere Ermittlung die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen könne, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen seien. Dem Kläger werde Gelegenheit gegeben, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen. Hierfür werde ihm eine Frist bis spätestens 27.12.2012 gesetzt. Ansonsten würden die Leistungen nach dem SGB II endgültig versagt.

Mit Bescheid vom 16.01.2013 verfügte der Beklagte, dass die "o. a. Leistungen ab 01.02.2013 ganz versagt" werden. Der Kläger sei mit Schreiben vom 29.11.2012 zur Mitwirkung im Rentenverfahren aufgefordert worden. Nach Mitteilung des Rentenversicherungsträgers habe er die Antragsunterlagen nicht eingereicht, so dass auch eine Begutachtung durch den Rententräger nicht habe erfolgen und damit letztlich die Erwerbsfähigkeit nicht habe festgestellt werden können. Der Kläger sei seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und habe damit die Klärung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II (Alg II) erheblich erschwert. Grundlage dieser Entscheidung seien die §§ 60 und 66 SGB I. Bei dieser Entscheidung habe er (der Beklagte) von seinem Ermessen Gebrauch gemacht. Er sei verpflichtet, wirtschaftlich zu handeln. Hierzu gehöre auch im Interesse der Gemeinschaft der Steuerzahler, nur bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit und nur in rechtmäßiger Höhe Leistungen zu erbringen. Ohne die Feststellung, ob ein Rentenanspruch bestehe und ob der Kläger tatsächlich erwerbsfähig bzw. erwerbsunfähig sei, könne über die Weiterbewilligung des Alg II ab Februar 2013 nicht abschließend entschieden werden. Die Grenzen der Mitwirkung würden nicht überschritten. Die erforderlichen Nachweise stünden in einem angemessenen Verhältnis zu der beantragten Leistung, die zeitlich nicht begrenzt sei. Nach Aktenlage sei kein wichtiger Grund zu erkennen, der es unzumutbar mache, die Mitwirkungspflicht zu erfüllen. Der Beklagte könne sich auch nicht durch geringeren Aufwand die erforderlichen Unterlagen bzw. Kenntnisse selbst beschaffen, weil das Jobcenter den Antrag für den Kläger nicht ausfüllen könne.

Der Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Konstanz blieb ohne Erfolg (Beschluss vom 06.02.2013, S 11 AS 271/13 ER).

Den Widerspruch gegen die Versagung der Leistung ab 01.02.2013 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2013 zurück.

Wegen der Meldeversäumnisse am 17.01.2013 und 14.02.2013 stellte der Beklagte zudem die Minderung des Alg II für die Zeit vom 01.03.2013 bis 31.05.2013 um 10 % des maßgebenden Regelbedarfes (38,20 EUR) monatlich mit Bescheid vom 22.02.2013 fest.

Unter dem 07.05.2013 teilte das Amtsgericht K. dem Beklagten mit, dass am 30.04.2013 eine Klage auf Räumung von Wohnraum eingegangen sei. Die Klage sei ausschließlich auf Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 569 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gestützt worden. Es würden Mietrückstände/Entschädigungen geltend gemacht i.H.v. 828,00 EUR.

Am 24.06.2013 beantragte der Kläger die Übernahme von Mietschulden. Zurzeit bestünden fünf offene Mietzahlungen.

Am 26.06.2013 bestätigte die Deutsche Rentenversicherung Bund, dass der Kläger einen ausgefüllten und unterschriebenen Rentenantrag vorgelegt hat. Mit den Bescheiden vom 01.08.2013 bewilligte der Beklagte nunmehr ab 01.02.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.02.2013 bis 31.08.2013 i. H. v. 666,50 EUR bzw. für die Zeit vom 01.03.2013 bis 31.05.2013 unter Berücksichtigung der verhängten Sanktion i. H. v. 628,30 EUR. In diesen Bescheiden wies der Beklagte darauf hin, dass die Bewilligung nunmehr monatsweise erfolge und abhängig sei vom weiteren Verfahren des Rententrägers. Der Kläger sei verpflichtet, einen möglichen Untersuchungstermin beim Arzt der Rentenversicherung wahrzunehmen. Ob ein solcher Untersuchungstermin tatsächlich stattfinden müsse oder ob eine Begutachtung nach Aktenlage erfolgen könne, müsse vom Rentenversicherungsträger noch entschieden werden. Dementsprechend erfolgte mit Bescheid vom 28.08.2013 die Bewilligung von Leistungen für den Monat September und mit Bescheid vom 24.09.2013 für Oktober 2013 in unveränderter Höhe (666,50 EUR).

Durch die Bewilligung der Leistungen und den Ausgleich der offenen Mietforderungen der Vermieterin (der W., einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft in K.) konnte erreicht werden, dass die Räumungsklage vor Durchführung eines Gütetermins zurückgezogen wurde. Dabei übernahm der Beklagte mit Bescheid vom 21.08.2013 auch eine Betriebskostennachforderung für 2012 i. H. v. 16,90 EUR.

Am 14.10.2013 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Alg II und am 05.11.2013 die Übernahme der Kosten für die Räumungsklage, welche ihm mittels eines Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 21.10.2013 vom Amtsgericht K. in Rechnung gestellt wurden (857,68 EUR).

Am 07.11.2013 bewilligte der Beklagte unter Berücksichtigung eines Regelbedarfes i. H. v. 382 EUR und der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 294,50 EUR (unter Berücksichtigung einer Mieterhöhung zum 01.11.2013 um 10 EUR) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für November 2013. Den Antrag auf Übernahme der Gerichtskosten lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 07.11.2013 mit der Begründung ab, die beantragte Leistung sei keine Leistung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.

Hiergegen legte der Kläger am 29.11.2013 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2013 zurückwies.

Am 08.01.2014 hat der Kläger hiergegen Klage zum SG erhoben und geltend gemacht, dass die Räumungsklage und deren Kosten durch das unrechtmäßige Versagen der Leistungen des SGB II vom Jobcenter K. verursacht worden seien. Er bezog sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), nach der die Leistungen bei einer fehlenden Mitwirkung bei der Stellung des Rentenantrages nicht versagt werden dürften. Im vorliegenden Fall sei die Leistung wegen der fehlenden Mitwirkung versagt worden, was zu einer Räumungsklage geführt habe.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19.03.2014 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung der in dem zivilrechtlichen Verfahren mit seiner Vermieterin entstandenen Kosten. Kosten eines Räumungsverfahrens gehörten nicht zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung, weil es sich nicht um Aufwendungen handele, die entstünden, damit eine Unterkunft bewohnt werden könne, sondern weil eine Verpflichtung aus dem Mietvertrag, nämlich die Entrichtung der fälligen Miete, nicht erfüllt worden sei. Die Kosten der zivilrechtlichen Auseinandersetzung fielen gleichfalls nicht unter die Vorschrift des §§ 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II, wonach Wohnungsbeschaffungskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden könnten. Unter den Begriff der Wohnungsbeschaffungskosten fielen alle Kosten, die mit dem Finden und Anmieten einer Wohnung verbunden seien. Hier gehe es jedoch nicht um das Finden oder Anmieten einer neuen Wohnung, sondern um den Rechtsschutz im Hinblick auf die Räumung einer vorhandenen Wohnung, nachdem die Miete nicht bezahlt worden sei. Ebenfalls nicht einschlägig sei die Vorschrift des § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II, da zumindest nicht erkennbar sei, dass die Bezahlung der Kosten des Rechtsstreits zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt sei. Im Übrigen würden die Leistungen als Darlehen erbracht, während der Kläger offenbar von dem Beklagten die Gewährung als Zuschuss begehre. Für die Entscheidung über einen Amtshaftungsanspruch seien die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nicht zuständig.

Gegen den ihm am 21.03.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.04.2014 Berufung eingelegt. Er hat ausgeführt, dass im Räumungsklageverfahren die Mietrückstände unerwartet und anstandslos ausgeglichen worden seien. Offensichtlich habe man gravierende Fehler in der juristischen Verfahrensweise korrigiert, die Räumungsklagekostenübernahme aber abgelehnt; ein Zeichen, dass es schwere Verwerfungen innerhalb des Rechtsstaates gebe. Er ist ferner der Auffassung, dass die durch eine Räumungsklage entstandenen Kosten Unterkunftskosten im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II sind und die Versagung, gestützt auf § 66 SGB I, rechtswidrig gewesen ist. Er sei zur Mitwirkung im Rentenverfahren nicht verpflichtet gewesen. Die Vorgehensweise des Beklagten zur Klärung der Erwerbsfähigkeit sei von Anfang an rechtsfehlerhaft und rechtswidrig gewesen und habe ihn in seinen Rechten verletzt. Nach § 44a Abs. 1 Satz 1 SGB II stelle die Agentur für Arbeit fest, ob die oder der Arbeitsuchende erwerbsfähig sei. Nach Satz 2 könnten der kommunale Träger bzw. ein anderer Träger, der bei voller Erwerbsminderung zuständig wäre, der Entscheidung der Agentur für Arbeit widersprechen. Im Widerspruchsfalle entscheide nach Satz 3 die Agentur für Arbeit, nachdem sie beim zuständigen Träger der Rentenversicherung eine gutachterliche Stellungnahme eingeholt habe. Diesen Weg habe der Beklagte indessen nicht beschritten. Vielmehr habe er bereits mit dem Schreiben an den Kläger vom 29.12.2011, in dem er dem Kläger mitgeteilt habe, dass er ihn für voll erwerbsgemindert halte, zu Unrecht darauf hingewiesen, dass die Feststellung, ob eine volle Erwerbsminderung vorliege, der zuständige Rentenversicherungsträger treffe, und dass der Kläger gemäß § 44a SGB II verpflichtet sei, einen Rentenantrag zu stellen und die geforderten ergänzenden Angaben zu machen. In einem Verfahren nach § 44a SGB II dürfe der SGB II-Träger eine fehlende Erwerbsfähigkeit indes nicht annehmen, ohne zuvor den zuständigen Sozialhilfeträger eingeschaltet zu haben. Der SGB II-Träger habe ab dem Zeitpunkt der negativen Feststellung über die Erwerbsfähigkeit durch die Agentur für Arbeit Nahtlosigkeitsleistungen nach § 44a Abs. 1 Satz 7 SGB II zu erbringen, bis der andere Träger seine Zuständigkeit anerkannt habe, sein Widerspruchsrecht erloschen sei oder die Arbeitsagentur über den Widerspruch entschieden habe. Bis dahin gelte der Antragsteller als erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II. Der Beklagte habe den Kläger damit nicht einfach unter Hinweis auf den ärztlichen Beratungsvermerk der Agentur für Arbeit K. vom 25.11.2011 auf den Sozialhilfeträger verweisen dürfen, sondern hätte zunächst selbst den Sozialhilfeträger am Verfahren nach § 44a SGB II beteiligen und anfragen müssen, ob er mit der Beurteilung übereinstimme oder Widerspruch erhebe.

Der Kläger beantragt zuletzt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. März 2014 sowie dem Bescheid des Beklagten vom 7. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm im Zivilrechtsstreit mit der W. städtische Wohnungsbaugesellschaft mbH K. gemäß Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts K. vom 21. Oktober 2013 entstandene Kosten i.H.v. 847,68 EUR als Kosten der Unterkunft zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die Versagung rechtmäßig gewesen sei.

Nachdem der Kläger eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung laut der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund verweigert hatte, versagte der Beklagte die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab 01.02.2014 bzw., nachdem dem Kläger in einem gerichtlichen Eilverfahren Leistungen für Februar 2014 zugesprochen wurden, ab 01.03.2014 ganz. Wegen Mietrückständen kam es erneut zur fristlosen Kündigung und am 19.09.2014 zur Zwangsräumung der Wohnung. Für die nunmehr vom Sozialamt der Stadt K. unter Anrechnung der Erwerbsminderungsrente zu gewährenden Grundsicherungsleistungen werden 320 EUR an Kosten der Unterkunft und Heizung für ein 10 m² großes Zimmer in den Bedarf des Klägers eingestellt. Ferner hatte der gerichtliche Eilantrag des Klägers zumindest insoweit Erfolg, als neben den Kosten für den Umzug auch die Kosten der Einlagerung des Mobiliars in Höhe von 180 EUR monatlich sowie eine geforderte Einlagerungspauschale i.H.v. 1.240 EUR netto – vorläufig – zu übernehmen waren. Das Hauptsacheverfahren hierzu ist ebenfalls beim Senat anhängig (L 9 AS 1151/17).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung ist auch begründet, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Er hat Anspruch auf die Erstattung des von ihm geltend gemachten Zahlbetrages.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der zulässigerweise mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte Anspruch auf Erstattung von Räumungskosten, bzw. der Gerichtskosten, die dem Kläger vom Amtsgericht K. wegen der von der Vermieterin erhobenen Räumungsklage auferlegt wurden.

Insoweit stellt der Senat zunächst fest, dass es sich bei diesen Kosten nicht um Wohnungsbeschaffungskosten im Sinne des § 22 Abs. 6 SGB II handelt und auch nicht um Schulden oder um Forderungen, die mit Schulden im Zusammenhang stehen, weshalb auch § 22 Abs. 8 SGB II nicht als Anspruchsgrundlage herangezogen werden kann, worauf das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zu Recht hingewiesen hat, weshalb der Senat, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, hierauf verweist (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist hierzu lediglich anzuführen, dass die Abgrenzung, ob Schulden im Sinne des § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II vorliegen oder tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung i. S. d. § 22 Abs. 1 SGB II geltend gemacht werden, unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung nach dem Sinn und Zweck der Leistungen nach dem SGB II zu beurteilen ist. Es ist deshalb danach zu unterscheiden, ob es sich um einen während der Hilfebedürftigkeit eingetretenen und noch nicht gedeckten Bedarf handelt oder ob der Bedarf in der Vergangenheit bereits vom Jobcenter gedeckt war und Forderungen aufgrund eines pflichtwidrigen Verhaltens bestehen, die ausgeglichen werden sollen (BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 62/09 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 38). Hier beruhten die Mietrückstände auf der Versagung von Leistungen mit Bescheid vom 16.01.2013, zu einem Zeitpunkt also, als Hilfebedürftigkeit eingetreten war und vorgelegen hat. Ferner handelt es sich um einen grundsätzlich vom SGB II-Träger zu deckenden Bedarf, der für die Zeit vom 01.02.2013 bis 31.07.2013 auch nicht anderweitig gedeckt war. Dem folgend handelt es sich damit nicht um Schulden, sondern um einen Anspruch auf Bedarfsdeckung nach § 22 Abs. 1 SGB II, nichts anderes gilt für die mit der Nichterfüllung der Bedarfsdeckung verbundenen Aufwendungen (vgl. hierzu noch unten).

Als Anspruchsgrundlage kommt daher allein § 22 Abs. 1 SGB II in Betracht, dessen Voraussetzungen erfüllt sind, weswegen der Kläger die Gerichtskosten der Räumungsklage als Kosten der Unterkunft und Heizung erstattet verlangen kann.

Davon ausgehend ist der Antrag des Kläger dahingehend zu fassen, dass er für den Monat Oktober 2013 einen weiteren Bedarf in Höhe von 857,68 EUR aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts K. vom 21.10.2013 geltend macht, der mangels anderweitiger Regelung in diesem Beschluss sofort zur Zahlung fällig gewesen ist. Mit seinem Antrag vom 05.11.2013 hat der Kläger damit zumindest konkludent die Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 24.09.2013, gerichtet auf die Anerkennung eines höheren Bedarfes durch die Kosten der Räumungsklage, geltend gemacht. Über diesen Antrag hat der Beklagte auch entschieden, da er einen solchen Bedarf mit Bescheid vom 07.11.2013 und Widerspruchsbescheid vom 17.12.2013 verneinte und damit konkludent die Abänderung des Bewilligungsbescheides ablehnte.

Der Kläger erfüllte im streitgegenständlichen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind und (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).

Diese Voraussetzungen liegen bei dem Kläger vor. Er war im streitgegenständlichen Zeitraum 60 Jahre alt und mangels Einkommens und eines berücksichtigungsfähigen Vermögens auch hilfebedürftig (§ 9 SGB II). Er hatte zudem seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und für den Monat Oktober auch den nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB II erforderlichen Antrag gestellt.

Ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II scheitert auch nicht deshalb, weil der Kläger nach den Feststellungen des Rentenversicherungsträgers seit November 2011 voll erwerbsgemindert ist. Denn der Kläger war im maßgeblichen Zeitraum noch als erwerbsfähig im Sinne der § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 8 SGB II anzusehen.

Dies ergibt sich aus § 44a Abs. 1 Satz 7 SGB II. Danach erbringen die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bis zu einer Entscheidung über den Widerspruch eines nach § 44a Abs. 1 Satz 2 SGB II widerspruchsberechtigten Trägers gegen die Feststellung der Agentur für Arbeit, ob ein Arbeitsuchender erwerbsfähig ist (§ 44a Abs. 1 Satz 1 SGB II). Im Außenverhältnis wird die Aufgabe von der gemeinsamen Einrichtung (und damit vom Beklagten) nach § 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II wahrgenommen. Nach zutreffender Auffassung des BSG setzt die Leistungspflicht des SGB II-Trägers bzw. Jobcenters nicht erst dann ein, wenn bereits Streit zwischen den Trägern über die Erwerbsfähigkeit eingetreten ist. Vielmehr ist der Antragsteller bereits im Vorfeld so zu stellen, als wäre er erwerbsfähig (BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R –, juris Rn. 20). Folglich hat der SGB II-Träger schon ab dem Zeitpunkt der negativen Feststellung über die Erwerbsfähigkeit durch die Agentur für Arbeit Nahtlosigkeitsleistungen nach § 44a Abs. 1 Satz 7 SGB II zu erbringen, bis der andere Träger seine Zuständigkeit anerkannt hat, sein Widerspruchsrecht erloschen ist oder die Arbeitsagentur über den Widerspruch entschieden hat (Korte in LPK-SGB II, 6. Aufl., § 44a Rn 23f., Knapp in jurisPK-SGB II, § 44a Rn 72; Bender, in Gagel, SGB II/SGB III, Stand: März 2017, § 44a Rn. 17).

Nach der Einbeziehung der Stadt K. mit Schreiben vom 26.01.2012 und deren Widerspruch am 02.02.2012 war das Verfahren nach § 44a SGB II im Oktober 2013 noch nicht beendet. Denn eine Entscheidung des Beklagten über den Widerspruch der Stadt K. lag noch nicht vor. Darüber hinaus hat diese weder ihre Zuständigkeit anerkannt noch war deren Widerspruchsrecht erloschen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund anerkannte erst auf die Stellungnahme ihres beratenden Arztes vom 27.10.2014 mit Bescheid vom 11.11.2014 eine arbeitsmarktunabhängige volle Rente wegen Erwerbsminderung. Nach dem Aktenvermerk des Beklagten (Bl. 770) wurde das hierfür maßgebliche Gutachten erst am 12.09.2014 erstellt. Der Beklagte ist damit auch vorliegend für den hier streitigen Zeitraum der zuständige Leistungsträger geblieben, obwohl die Deutsche Rentenversicherung Bund eine volle Erwerbsminderung rückwirkend seit 2011 festgestellt hat. Denn nach der zitierten Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, steht auch fest, dass es sich bei den aufgrund der Nahtlosigkeitsregelung gewährten Leistungen nicht (nur) um vorläufige Leistungen handelt, sondern um endgültige Leistungen nach dem SGB II (siehe auch Korte, a.a.O.). Damit ergibt sich auch für die ex-tunc-Betrachtung keine andere Wertung, weil die Fiktion der Erwerbsfähigkeit durch die Feststellungen des Rentenversicherungsträgers für die Vergangenheit nicht entfallen ist.

Daran ändert im Übrigen auch die vom Beklagten mit Schreiben vom 26.01.2012 erfolgte Antragstellung nichts. Die Zuständigkeit des Beklagten ist zu diesem Zeitpunkt aufgrund dieser Antragstellung nicht auf die Stadt K. übergegangen, weil – wie oben bereits ausgeführt – die Leistungsvoraussetzungen aufgrund der Nahtlosigkeitsregelung und der Fiktion der Erwerbsfähigkeit für Leistungsansprüche nach dem Vierten Buch des SGB XII noch nicht erfüllt waren (siehe hierzu auch BSG, Urteil vom 25.09.2014 – B 8 SO 6/13 R –, BSGE 117, 47-52, SozR 4-4200 § 44a Nr. 1).

Gründe, die zu einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, Abs. 4a, Abs. 5 SGB II führen, liegen zudem nicht vor.

Die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hängt maßgeblich davon ab, ob dem Kläger ein höherer Bedarf an Kosten der Unterkunft und Heizung zuzubilligen ist. Der Regelbedarf des alleinstehenden Klägers war in dem Bewilligungsbescheid vom 24.09.2013 für Oktober 2013 mit 382 EUR zutreffend festgestellt worden. Über Einkommen und Vermögen verfügte der Kläger nicht.

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt soweit diese angemessen sind. Als Kosten für Unterkunft und Heizung sind von dem Beklagten anerkannt und zwischen den Beteiligten zu Recht im streitgegenständlichen Zeitraum (zum 01.10.2013) unstreitig eine Grundmiete i. H. v. 258 EUR abzüglich einer Wohnraumförderung durch die Stadt K. in Höhe von 82 EUR und zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 100 EUR sowie 8,50 EUR monatlich für Kosten der Müllentsorgung. Der Kläger hatte daher eine Gesamtmiete 284,50 EUR zu entrichten, aus welcher sich ausgehend von 33,99 m² Wohnfläche ein Quadratmeterpreis von 8,37 EUR ergibt. Nach Auskunft des online abfragbaren Mietspiegels der Stadt K. für das Jahr 2013, der als qualifizierter Mietspiegel anerkannt ist und am 30.06.2013 vom Gemeinderat verabschiedet worden war, belief sich die durchschnittliche ortsübliche Vergleichsmiete auf 9,97 EUR (Bruttomiete) bei einer Wohnung mit einfachem Standard, sodass mit Blick auf die Wohnungsgröße und des deutlich günstigeren Quadratmeterpreises kein Zweifel an der Angemessenheit der angemieteten Wohnung besteht (vgl. zur so genannten Produkttheorie, also dem Produkt aus Wohnfläche und Standard: BSG, Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 10/06 R – juris Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R – juris Rdnr. 14; ebenso Luik, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 22 Rn. 76).

Zu den Aufwendungen, die über § 22 Abs. 1 SGB II zu erstatten sind, gehören die Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte in der Bedarfszeit für die Nutzung/Gebrauchsüberlassung einer bestimmten Unterkunft Dritten gegenüber kraft bürgerlichen oder öffentlichen Rechts aufzubringen hat. Dies bezieht sich zunächst auf den Mietzins, den der Leistungsempfänger dem Vermieter aufgrund der mietvertraglichen Vereinbarung schuldet. Insoweit könnte zweifelhaft sein, ob die hier im Streit stehenden, vom Kläger geltend gemachten Kosten der Räumungsklage vom Beklagten zu übernehmen sind. Das BSG führte in einem Rechtsstreit, der die Übernahme von Mietschulden zum Gegenstand hatte (Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 58/09 R –, BSGE 106, 190-199, SozR 4-4200 § 22 Nr. 41), aus, dass Schulden in dem Umfang zu übernehmen sind, in dem ihre Übernahme gerechtfertigt ist, und in dem sie zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig sind. Dazu können – so das BSG in der angeführten Entscheidung – auch die Kosten gehören, die an die Fortführung bzw. den Neuabschluss des Mietverhältnisses geknüpft werden, "wenn bei rechtzeitigem rechtmäßigem Handeln des Beklagten solche Mehrkosten nicht entstanden wären". In dem vom BSG entschiedenen Fall war dies die Übernahme von Rechtsanwalts-, Gerichts- und Vollstreckungskosten, die nicht mehr abwendbar waren und daher zur Sicherung der Wohnung notwendig waren.

Wie oben bereits ausgeführt, handelt es sich vorliegend nicht um Schulden, da die hier streitigen Kosten im Zusammenhang mit einem tatsächlich eingetretenen, aber bisher nicht vom Leistungsträger gedeckten Bedarf entstanden sind (zur Abgrenzung: BSG, Urteil vom 17.06.2010, a.a.O.). Denn der Beklagte hat die Zahlung des Mietzinses an die Vermieterin ab Februar 2013 eingestellt und der Kläger war – aufgrund der Einstellung bzw. verweigerten Weiterzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes – selbst nicht mehr in der Lage, den geschuldeten Mietzins aufzubringen.

Der Senat wendet den Rechtsgedanken der oben genannten Entscheidung auch auf den vorliegenden Rechtsstreit an (ebenso, aber letztlich offengelassen: Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 676/13 –, juris). Für den Kläger war die Räumungsklage nicht abwendbar, da der Beklagte dem Kläger den Ausgleich des bestehenden Unterkunftsbedarfes durch die Versagung der Leistungen vorenthalten hat. Damit konnte die Mietzinsforderung nicht beglichen werden, was zur fristlosen Kündigung durch die Vermieterin und zur Räumungsklage führte. Die Versagung der Leistung war – unabhängig davon, dass der Beklagte diese Versagung zurückgenommen und Leistungen ab Februar 2013 einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt hatte, was zur Abwendung der Räumungsklage vor Anberaumung des Gütetermins führte – rechtswidrig, weshalb der Kläger unverschuldet Gefahr lief, seine Wohnung zu verlieren. Die Räumungsklage konnte er nicht vermeiden, da er hierfür nicht über die erforderlichen Mittel verfügte. Die Versagung der Leistungen war damit ursächlich für diese Aufwendungen, die – wie noch auszuführen sein wird – nur deshalb anfielen, weil der Beklagte die Leistungen zu Unrecht verweigerte. Ist die Übernahme von Gerichtskosten im Rahmen der Schuldenübernahme aber grundsätzlich gerechtfertigt, wenn und soweit sie zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig ist, kann erst recht nichts anderes gelten, wenn sich der Leistungsempfänger, dem eine Pflichtwidrigkeit in der Verwendung gewährter Mittel nicht vorgeworfen werden kann, diesen Kosten aufgrund einer unrichtigen Sachbehandlung des Leistungsträgers ausgesetzt sieht. Auch diese Kosten sind im Zusammenhang mit dem Bedarf an Wohnraum angefallen, der wegen der ausbleibenden Zahlungen durch das Jobcenter zu den zivilrechtlichen Folgen (Kündigung und Räumungsklage) führte. Es ist daher gerechtfertigt, diese als Bedarf in dem Monat anzuerkennen, in dem sie angefallen sind. Aufgrund der engen Verknüpfung mit dem Bedarf an Unterkunft und der Unfreiwilligkeit bezogen auf die Geltendmachung von Kosten durch ein von der Vermieterin angestrengtes Gerichtsverfahren, ist es angemessen, dass diese Kosten im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vom Jobcenter erstattet werden, weswegen der Kläger diesbezüglich auch nicht auf eine Amtshaftungsklage verwiesen werden muss. In diesem Fall ist auch die Übernahme dieser Kosten als Zuschuss und nicht nur als Darlehen, wie dies für die Schuldenübernahme nach § 22 Abs. 8 SGB II der Regelfall ist, gerechtfertigt.

Dem Kläger kann auch nicht entgegengehalten werden, eine Rechtfertigung der Übernahme scheide deshalb aus, weil er sich gegenüber dem Beklagten pflichtwidrig verhalten habe, die Versagung der Leistungen rechtmäßig und die Ablehnung der Übernahme gerade dieser Kosten (nicht auch der unmittelbaren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalten, da diese vom Beklagten rückwirkend erbracht wurden) damit nicht den Kosten der Unterkunft zugerechnet werden könnten. Denn die Versagung der Leistungen war rechtswidrig.

Rechtsgrundlage für die Versagung der Leistung mit Wirkung ab 01.02.2013 ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Der Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers als Grundlage für eine Leistungsversagung ergibt sich namentlich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3); soweit für die genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen indes gemäß § 65 Abs. 1 SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).

Die Versagungsentscheidung des Beklagten ist rechtswidrig, weil der Kläger seine Mitwirkungspflichten nicht dadurch verletzt hat, dass er die Antragsformulare für die Deutsche Rentenversicherung nicht ausgefüllt zurückgeschickt hat.

Es ist schon nicht ersichtlich, dass die Abgabe von Antragsformularen beim Rentenversicherungsträger zur Klärung des Sachverhalts überhaupt erforderlich gewesen ist. Jedenfalls ist die Sachverhaltsaufklärung hierdurch nicht wesentlich erschwert worden. Zwischen der unterlassenen Mitwirkung und der Erschwerung der Aufklärung muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (Seewald in Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2016, § 66 SGB I, Rdnr. 7a), also eine Kausalität, wie das Gesetz verlangt ("hierdurch"). Die Sachverhaltsermittlung war gerichtet auf die Klärung, ob der Kläger erwerbsgemindert im Sinne das § 8 SGB II war und damit auf die Frage, ob der Kläger Leistungen nach dem SGB II beanspruchen kann. Zu diesem Zweck hat der Beklagte den Rentenversicherungsträger auch bereits im Februar 2012 ersucht, eine gutachterliche Stellungnahme im Sinne des § 44a SGB II abzugeben und mit dem Argument der Unmöglichkeit der Feststellung der Erwerbsfähigkeit hat er den Versagungsbescheid vom 16.01.2013 auch begründet. Denn in diesem stellte der Beklagte darauf ab, der Kläger habe die Antragsunterlagen nicht eingereicht, so dass auch eine Begutachtung durch den Rentenversicherungsträger nicht habe erfolgen und damit die Erwerbsfähigkeit nicht habe festgestellt werden können. Dabei geht der Beklagte aber von unzutreffenden Zusammenhängen aus.

In der Aufforderung zur Mitwirkung in dem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 29.11.2012 erläutert der Beklagte schon nicht hinreichend, weshalb das Ausfüllen der Antragsformulare zur Klärung der Erwerbsfähigkeit (auf die er einleitend [1. Absatz des Schreibens vom 29.11.2012] maßgeblich abstellt) erforderlich war. Nach einem Hinweis darauf, dass er (der Beklagte) den Kläger für erwerbsgemindert halte, führte er aus, zur Bearbeitung des Rentenantrags und zur Feststellung der Erwerbsminderung sei es erforderlich, dass der Kläger den bereits zugesandten Antrag ausfülle und an die Deutsche Rentenversicherung zurücksende. Die Mitwirkung sei erforderlich, damit das Jobcenter über den Anspruch auf Alg II entscheiden könne. Er sei verpflichtet, einen möglichen Untersuchungstermin beim Arzt der Rentenversicherung wahrzunehmen. Ob ein solcher Termin tatsächlich stattfinde, könne der Rentenversicherungsträger erst nach Vorlage des vollständigen Antrags entscheiden. Die Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Feststellung der Leistungsfähigkeit ergebe sich aus §§ 60, 62 SGB I. Er wies auf die Möglichkeit einer Versagung hin, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen seien (§ 66 SGB I). Ferner wies er darauf hin, dass ohne die Feststellung, ob ein Rentenanspruch besteht und ob der Kläger tatsächlich erwerbsfähig bzw. erwerbsunfähig sei, über die Weiterbewilligung des Alg II ab November 2012 nicht abschließend entschieden werden könne. Das Jobcenter könne sich auch nicht durch einen geringeren Aufwand die erforderlichen Unterlagen bzw. Kenntnisse selbst beschaffen, weil es diesen nicht für den Kläger ausfüllen könne. Komme der Kläger seiner Pflicht, die Unterlagen beim Rentenversicherungsträger vorzulegen, nicht nach, werde "hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts (hier: die Feststellung der Erwerbsfähigkeit) erheblich erschwert". Dem Kläger wurde Frist bis spätestens 27.12.2012 gewährt, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen.

Soweit es um die Antragstellung beim Rentenversicherungsträger ging, hat der Beklagte vor der eigenen Antragstellung gemäß § 5 Abs. 3 SGB II nach Aktenlage zumindest keine Anfrage beim Rentenversicherungsträger gestellt, ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente überhaupt vorlagen. Damit waren zum Zeitpunkt der Aufforderung neben den gesundheitlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ungeklärt. Ferner war schon aufgrund der langen Zeit der Arbeitslosigkeit überhaupt nicht absehbar, dass der Kläger Anwartschaften für einen Rentenanspruch in einem die Bedürftigkeit ausschließenden Umfang tatsächlich erworben hatte. Auch hierzu sind Anfragen des Beklagten an den Rentenversicherungsträgers nicht ersichtlich.

Die Verknüpfung der Antragsformulare mit der Klärung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen des eingeleiteten Verfahrens nach § 44a SGB II erschließt sich dem Senat nicht, zumal der Beklagte in der Begründung des Versagungsbescheides maßgeblich darauf abstellt, dass die Erwerbsfähigkeit nicht habe geklärt werden können. Zur Klärung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 SGB II und für das vom Beklagten eingeleitete Verfahren nach § 44a SGB II ist indes nicht ersichtlich, welche konkreten Unterlagen vom Rentenversicherungsträger benötigt wurden, um eine gutachterliche Stellungnahme abgeben zu können. § 44a SGB II verlangt lediglich eine gutachterliche Stellungnahme, für die das Ausfüllen von "Antragsformularen" zunächst nicht erforderlich erscheint. Dem Senat ist auch aus anderen Verfahren nicht bekannt, dass der Rentenversicherungsträger im Rahmen einer Anfrage nach § 44a SGB II ein ausgefülltes Antragsformular benötigt. In dem Aufforderungsschreiben vom 29.11.2012 werden keine konkreten Angaben dazu gemacht, welche Angaben dem Rentenversicherungsträger fehlen, um die gutachterliche Stellungnahme nach § 44a Abs. 1 Satz 4 SGB II abgeben zu können. Für die Klärung der Erwerbsfähigkeit dürfte ausreichend sein, dass der Kläger eine Entbindungserklärung vorlegt, worauf der Rentenversicherungsträger in die Lage versetzt wird, notwendige Unterlagen beizuziehen und zu entscheiden, ob ein Gutachten nach persönlicher Untersuchung erforderlich ist. Eine auf eine fehlende Entbindungserklärung gestützte Versagung (Bescheid vom 20.04.2012) hat der Beklagte mit Bescheid vom 24.05.2012 zurückgenommen, nachdem eine solche vom Kläger unter dem 11.05.2012 vorgelegt wurde. Es fehlen zudem konkrete Angaben des Rentenversicherungsträgers, inwieweit der Kläger Aufforderungen nicht nachgekommen ist und inwieweit diese gerade für die angeforderte gutachterliche Äußerung erforderlich waren. Erst dann könnte beurteilt werden, ob diese fehlenden Angaben – etwa durch eine Anfrage beim Hausarzt – nicht hätten auch selbst beschafft werden können. Die mit Bescheid vom 16.01.2013 auf nicht vorgelegte Antragsunterlagen gestützte Verletzung der Mitwirkungspflicht war daher rechtswidrig. Der Beklagte hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ohne diese Antragsunterlagen das Verfahren nach § 44a und damit die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen nicht betrieben werden konnte. Die telefonische Anfrage beim Rentenversicherungsträger vor der Entscheidung (07.01.2013, Bl. 617) bezog sich allein auf die Frage, ob der Kläger "zwischenzeitlich den Rentenantrag gestellt hat", worauf mitgeteilt wurde, dass keinerlei Unterlagen/Antrag eingereicht wurden. Nachfragen dazu, ob der Rentenversicherungsträger das Verfahren nach § 44a SGB II ohne diese Unterlagen abschließen könne, fehlten ebenso, wie die konkrete Feststellung, welche Angaben/Unterlagen zur Klärung der Erwerbsfähigkeit fehlen. Ferner ist nirgendwo vermerkt, dass der Rentenversicherungsträger den Kläger etwa zu einer gutachterlichen Untersuchung einbestellt und dieser eine solche verweigert hätte. Nach Mitteilung der Rentenversicherung hat man ein Rentenverfahren (!) dort erst zum 23.08.2012 eingeleitet, obwohl der Beklagte am 14.02.2012 nicht nur einen Rentenantrag, sondern auch ein Ersuchen nach § 44a Abs. 1 SGB II gestellt hatte. An dessen Erledigung hat der Beklagte den Rentenversicherungsträger mit Schreiben vom 24.05.2012 (Bl. 560 der Akten) im Übrigen auch erinnert, ohne dass den Akten diesbezügliche Maßnahmen des Rentenversicherungsträgers entnommen werden können.

Unter Berücksichtigung eines bereits gestellten Rentenantrags, der dem Beklagten auch sicherte, dass Leistungen des Rentenversicherungsträgers wegen Erwerbsminderung möglichst frühzeitig gewährt werden konnten, war vordringlich die Klärung des medizinischen Sachverhalts im Sinne des § 44a SGB II. Das Ausfüllen und die Vorlage von Rentenantragsformularen waren zur Klärung dieser Frage aber nicht wesentlich, sodass auf diese fehlende Mitwirkung keine Versagung von Leistungen gestützt werden durfte. Dies gilt umso mehr, als die Fiktion des § 44a SGB II fortbestand, es also vorrangig um die Klärung der Zuständigkeit ging, die allein davon abhing, ob der Kläger die Voraussetzungen des § 8 SGB II erfüllte oder nicht. So ist vollkommen unverständlich, weshalb vom Rentenversicherungsträger – wie im Aktenvermerk vom 30.07.2013 festgehalten (Bl. 671 der Akten) – erst zu diesem Zeitpunkt ein Bericht des behandelnden Arztes angefordert worden war. Nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund entscheide der Arzt nach Eingang, ob ein gesonderter Untersuchungstermin erforderlich sei.

Schließlich ist selbst dann, wenn man die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Versagung annehmen wollte, die Rechtswidrigkeit der Entscheidung wegen eines Ermessensdefizits festzustellen. Die Ermessensbetätigung ist gerichtlich auf Ermessensfehler hin zu kontrollieren. Insbesondere ist dabei zu prüfen, ob die Behörde für die zur Ausschöpfung ihres Ermessensspielraums notwendige Interessenabwägung alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen (öffentlichen und privaten) Abwägungsbelange ermittelt, in diese Abwägung eingestellt, mit dem ihnen zukommenden objektiven Gewicht bewertet und bei widerstreitenden (öffentlichen und privaten) Belangen einen angemessenen Ausgleich hergestellt hat. Dabei steht es der Behörde – in den gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens – grundsätzlich frei zu entscheiden, auf welche der abwägungsrelevanten Umstände sie die zu treffende Ermessensentscheidung im Ergebnis stützen möchte (BSG, Urteil vom 30.10.2013, – B 12 R 14/11 R –, juris). Nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheids und auch des Widerspruchsbescheids war sich der Beklagte seines Ermessenspielraums erkennbar bewusst. Er hat die Belange des Klägers bei seiner Entscheidung aber nicht hinreichend berücksichtigt.

Dies gilt zunächst einmal für den Umstand, dass der Kläger an einer psychischen Erkrankung leidet, die dem Beklagten zum Zeitpunkt der Versagungsentscheidung bekannt gewesen ist. Schon 2009 war in dem Agenturgutachten nach einer persönlichen Konsultation des Klägers auf eine ausgeprägte seelische Störung und Persönlichkeitsakzentuierung hingewiesen, von einer Chronifizierung ausgegangen und nicht mit dem Wiedereintritt eines relevanten Leistungsvermögens gerechnet worden. Die Diagnosen wurden im Gutachten vom 25.11.2011 dahingehend präzisiert, dass neben anderen Diagnosen Hinweise auf eine paranoide Persönlichkeitsstörung (DD: Querulantenwahn) bestanden. Insoweit fehlen bei der Abwägung, ob und ggf. in welchem Umfang Leistungen zu versagen sind, Ausführungen dazu, dass der Beklagte auch unter Berücksichtigung dieser Diagnosen davon ausgeht, das verlangte Verhalten könne vom Kläger gesundheitsbedingt abverlangt werden. Eine Anfrage hierzu – etwa bei dem das Gutachten erstellenden Arzt – findet sich in den Akten nicht. Ferner fehlen Ausführungen dazu, weshalb der Beklagte nur eine Versagung sämtlicher Leistungen und in vollem Umfang für notwendig erachtet hat. Es fehlen Hinweise in dem Bescheid darauf, dass der Beklagte erkannt hat, welche Auswirkungen eine vollständige Versagung für den Kläger haben wird (auch mit Blick auf eine drohende Wohnungslosigkeit) und Ausführungen dazu, dass eine solche gerechtfertigt und notwendig war, die geforderte Mitwirkungshandlung durchzusetzen. Dabei hätte auch eingestellt werden müssen, dass lediglich eine Zuständigkeitsfrage zu klären war, denn auch nach Auffassung des Beklagten stand nicht im Zweifel, dass der Kläger entweder Ansprüche nach dem SGB II oder Ansprüche auf Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII hatte. Liegt aber ein Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums unter jedem erdenklichen Gesichtspunkt vor, bedarf es einer nachvollziehbaren Begründung, wenn die Behörde dieses Existenzminimum aufgrund nicht erfüllter Mitwirkungspflichten nicht mehr gewährleisten will. Dies gilt umso mehr, als hier nicht nur der tägliche Bedarf, sondern der Lebensmittelpunkt einer seit Jahren bewohnten kleinen Wohnung betroffen wird. Abwägungen diesbezüglich lassen sich weder dem Versagungsbescheid noch dem Widerspruchsbescheid (vgl. zu möglichen Ermessenserwägung im Widerspruchsbescheid durch die Widerspruchsbehörde: BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 13 R 15/13 R –, juris) entnehmen. Die Entscheidung erschöpft sich vielmehr in der Darlegung der Erforderlichkeit der Mitwirkungshandlung für die Entscheidung, der schlichten Angabe, dass die Grenzen der Mitwirkung nicht überschritten seien, die erforderlichen Nachweise (welche, werden nicht genannt) in einem angemessenen Verhältnis zur beantragten Leistung stünden und sich das Jobcenter die erforderlichen Angaben nicht selbst verschaffen könne. Dies ist angesichts des gravierenden Grundrechtseingriffs aber nicht ansatzweise ausreichend und stellt ein Abwägungsdefizit dar, weswegen die Versagung rechtswidrig gewesen ist.

Soweit der Beklagte ausführt, es seien auch wirtschaftliche Belange zu berücksichtigen, so vermögen auch diese Ausführungen nicht zu überzeugen, weil der Beklagte hätte einstellen müssen, dass die völlige Versagung von Leistungen zu einer Kündigung und Räumung einer Wohnung führen kann, die für K.er Verhältnisse ausgesprochen günstig war und eine vergleichbare Wohnung für einen Alleinstehenden auf dem Konstanzer Wohnungsmarkt kaum zu finden sein dürfte. Werden daher nicht nur Regelbedarfe versagt, sondern auch Kosten der Unterkunft und Heizung, so verwundert nicht, dass der zuständige Sozialhilfeträger heute für ein deutlich kleineres Zimmer mehr bezahlt, als für den zuvor genutzten Wohnraum aufzuwenden war. Dabei sind Umzugskosten und Einstellkosten noch nicht berücksichtigt.

Der Beklagte ist daher zum Ausgleich des geforderten Betrages, der sich aus dem Kostenfeststellungsbeschluss des Amtsgerichts K. ergibt, aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verpflichtet.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da es sich um eine höchstrichterlich klärungsbedürftige, bislang nicht geklärte Rechtsfrage zum Umfang eines Anspruches aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt, die über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist.
Rechtskraft
Aus
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